Kommission will die Gründung von Aktiengesellschaften vereinfachen und Kapitalerhaltungsmaßnahmen
und -änderungen erleichtern
Brüssel (eu-int) - Die Europäische Kommission hat einen Richtlinienvorschlag vorgelegt,
der Aktiengesellschaften bestimmte Maßnahmen, die sich auf die Höhe und die Struktur ihres Kapitals
sowie auf ihre Eigentumsverhältnisse auswirken, erleichtern soll. Geändert würden durch diese Richtlinie
die Bestimmungen der zweiten Gesellschaftsrechtsrichtlinie von 1976, die sich auf die Gründung von Aktiengesellschaften
sowie die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals beziehen. Der Vorschlag ist Teil des von der Kommission im
Mai 2003 vorgelegten Aktionsplans für Gesellschaftsrecht und Corporate Governance (siehe IP/03/716 und MEMO/03/112)
und wird nun im Rahmen des 'Mitentscheidungsverfahrens' an den EU-Ministerrat und das Europäische Parlament
weitergeleitet.
Dazu Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein: "Wollen wir die europäische Wirtschaft so leistungs- und
wettbewerbsfähig wie möglich machen, müssen wir die EU-Kapitalvorschriften für Aktiengesellschaften
vereinfachen und verbessern, gleichzeitig aber auch wirksame Schutzvorkehrungen für Gläubiger und Anleger,
insbesondere für Minderheitsaktionäre, treffen.”
Die derzeitigen Kapitalvorschriften der zweiten Gesellschaftsrechtsrichtlinie werden von den Beteiligten in bestimmten
Punkten als zu starr und teuer empfunden. Aus diesem Grund sollen die Mitgliedstaaten nach der neuen Richtlinie
die Möglichkeit erhalten, unter bestimmten Bedingungen spezielle Berichtspflichten abzuschaffen und gewisse
Änderungen in der Besitzstruktur zu erleichtern. Gleichzeitig würde sie eine EU-weite Harmonisierung
der Gerichtsverfahren bewirken, auf die die Gläubiger im Falle einer Kapitalherabsetzung zurückgreifen
können.
Geändert werden soll unter anderem Folgendes:
- bei Gesellschaftsgründungen oder Kapitalerhöhungen soll in bestimmten Fällen von der Bewertung
der Sacheinlagen durch einen Experten abgesehen werden können,
- die derzeitigen Vorschriften über die Beschränkung oder den Ausschluss von Bezugsrechten sollen gelockert
werden, um den Verwaltungsaufwand bei der Emission neuer Aktien zu senken; gleichzeitig sollen die Aktionäre
vor einer Wertminderung ihres Aktienbestandes geschützt werden,
- das Verbot, wonach eine Gesellschaft Dritte beim Erwerb ihrer Aktien nicht finanziell unterstützen darf,
soll teilweise gelockert werden,
- es sollen Ausschluss- und Andienungsrechte eingeführt werden (d.h. Mehrheitsaktionäre sollen unter
bestimmten Bedingungen das Recht erhalten, Minderheitsaktionären ihre Anteile zu einem angemessenen Preis
abzukaufen während Minderheitsaktionäre das Recht erhalten sollen, vom Mehrheitsaktionär die Übernahme
ihrer Aktien zu verlangen),
- Aktiengesellschaften soll der Erwerb eigener Aktien bis in Höhe ihrer ausschüttungsfähigen Rücklagen
gestattet werden.
Diese Änderungen sollten die Gesellschaften in die Lage versetzen, rascher und kostengünstiger auf Marktentwicklungen
zu reagieren. Parallel dazu enthält der Vorschlag strenge Bestimmungen zum Aktionärsschutz.
Hintergrund
Die zweite Gesellschaftsrechtsrichtlinie stammt aus dem Jahr 1976. Mit ihr werden die nationalen Bestimmungen
über die Gründung von Aktiengesellschaften, das Mindestkapital, Ausschüttungen an Aktionäre
und die Kapitalerhöhung und -herabsetzung koordiniert. Sie schafft die Voraussetzungen dafür, dass das
Kapital der Gesellschaft im Interesse der Gläubiger erhalten bleibt. Darüber hinaus gewährleistet
die Richtlinie den Schutz der Minderheitsaktionäre und die Gleichbehandlung aller Aktionäre, die sich
in gleichen Verhältnissen befinden.
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