Änderungen im Gesellschaftsrecht angestrebt  

erstellt am
04. 11. 04

Kommission will die Gründung von Aktiengesellschaften vereinfachen und Kapitalerhaltungsmaßnahmen und -änderungen erleichtern
Brüssel (eu-int) - Die Europäische Kommission hat einen Richtlinienvorschlag vorgelegt, der Aktiengesellschaften bestimmte Maßnahmen, die sich auf die Höhe und die Struktur ihres Kapitals sowie auf ihre Eigentumsverhältnisse auswirken, erleichtern soll. Geändert würden durch diese Richtlinie die Bestimmungen der zweiten Gesellschaftsrechtsrichtlinie von 1976, die sich auf die Gründung von Aktiengesellschaften sowie die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals beziehen. Der Vorschlag ist Teil des von der Kommission im Mai 2003 vorgelegten Aktionsplans für Gesellschaftsrecht und Corporate Governance (siehe IP/03/716 und MEMO/03/112) und wird nun im Rahmen des 'Mitentscheidungsverfahrens' an den EU-Ministerrat und das Europäische Parlament weitergeleitet.

Dazu Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein: "Wollen wir die europäische Wirtschaft so leistungs- und wettbewerbsfähig wie möglich machen, müssen wir die EU-Kapitalvorschriften für Aktiengesellschaften vereinfachen und verbessern, gleichzeitig aber auch wirksame Schutzvorkehrungen für Gläubiger und Anleger, insbesondere für Minderheitsaktionäre, treffen.”

Die derzeitigen Kapitalvorschriften der zweiten Gesellschaftsrechtsrichtlinie werden von den Beteiligten in bestimmten Punkten als zu starr und teuer empfunden. Aus diesem Grund sollen die Mitgliedstaaten nach der neuen Richtlinie die Möglichkeit erhalten, unter bestimmten Bedingungen spezielle Berichtspflichten abzuschaffen und gewisse Änderungen in der Besitzstruktur zu erleichtern. Gleichzeitig würde sie eine EU-weite Harmonisierung der Gerichtsverfahren bewirken, auf die die Gläubiger im Falle einer Kapitalherabsetzung zurückgreifen können.

Geändert werden soll unter anderem Folgendes:

  • bei Gesellschaftsgründungen oder Kapitalerhöhungen soll in bestimmten Fällen von der Bewertung der Sacheinlagen durch einen Experten abgesehen werden können,
  • die derzeitigen Vorschriften über die Beschränkung oder den Ausschluss von Bezugsrechten sollen gelockert werden, um den Verwaltungsaufwand bei der Emission neuer Aktien zu senken; gleichzeitig sollen die Aktionäre vor einer Wertminderung ihres Aktienbestandes geschützt werden,
  • das Verbot, wonach eine Gesellschaft Dritte beim Erwerb ihrer Aktien nicht finanziell unterstützen darf, soll teilweise gelockert werden,
  • es sollen Ausschluss- und Andienungsrechte eingeführt werden (d.h. Mehrheitsaktionäre sollen unter bestimmten Bedingungen das Recht erhalten, Minderheitsaktionären ihre Anteile zu einem angemessenen Preis abzukaufen während Minderheitsaktionäre das Recht erhalten sollen, vom Mehrheitsaktionär die Übernahme ihrer Aktien zu verlangen),
  • Aktiengesellschaften soll der Erwerb eigener Aktien bis in Höhe ihrer ausschüttungsfähigen Rücklagen gestattet werden.


Diese Änderungen sollten die Gesellschaften in die Lage versetzen, rascher und kostengünstiger auf Marktentwicklungen zu reagieren. Parallel dazu enthält der Vorschlag strenge Bestimmungen zum Aktionärsschutz.

Hintergrund
Die zweite Gesellschaftsrechtsrichtlinie stammt aus dem Jahr 1976. Mit ihr werden die nationalen Bestimmungen über die Gründung von Aktiengesellschaften, das Mindestkapital, Ausschüttungen an Aktionäre und die Kapitalerhöhung und -herabsetzung koordiniert. Sie schafft die Voraussetzungen dafür, dass das Kapital der Gesellschaft im Interesse der Gläubiger erhalten bleibt. Darüber hinaus gewährleistet die Richtlinie den Schutz der Minderheitsaktionäre und die Gleichbehandlung aller Aktionäre, die sich in gleichen Verhältnissen befinden.

     
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