Jede Ampel in Österreich wird alle acht Minuten bei Rot überfahren
Wien (kfv) - Vor allem Stress und Zeitdruck dürften die Bereitschaft, bei Rot aufs Gas zu steigen,
enorm erhöhen. Denn Rotsünder Nummer Eins sind nicht junge Fahrer zwischen 18 und 25 Jahren, die ansonsten
als Risikolenker gelten, sondern Berufstätige zwischen 26 und 64. Das zeigt eine aktuelle Erhebung des Kuratorium
für Verkehrssicherheit. Diese Faktoren erklären auch die Tatsache, dass Kreuzungskollisionen gerade in
den Nachmittagsstunden Hochkonjunktur haben - das Unfallaufkommen ist hier sogar wesentlich höher als im Frühverkehr.
Drei Kategorien von Rotsündern sind dabei auffällig: Jene, die bewusst die Rotphase missachten, jene,
die geistesabwesend sind und so genannte "Frühstarter" - jene, die sofort nach Stillstand des Querverkehrs
die Kreuzung queren. Und: Vor allem Männer (85 Prozent aller Rotsünder) nehmen es mit den roten Ampeln
wesentlich weniger genau als Frauen.
Sechs Bundesländer (Wien, Oö., Slzb., Ktn., Stmk., Tirol) wurden in puncto "Anhaltebereitschaft
bei Rot" genau unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Im Schnitt wird das Rotlicht in Österreich pro
ampelgeregelter Kreuzung alle acht Minuten überfahren - in Wien sogar alle fünf Minuten. Die erlaubte
Höchstgeschwindigkeit hängt dabei eng mit der Risikobereitschaft zusammen: Höhere Geschwindigkeiten
verleiten automatisch zu häufigeren Gelb- oder Rotlichtübertretungen. 88 Prozent der Rotsünder queren
den Kreuzungsbereich in den ersten beiden Sekunden der Rotphase. Einige zeigen sich jedoch auch später risikobereit:
zwölf Prozent überfahren die Haltelinie noch in der dritten bis achten (!) Sekunde. Zumeist nicht ohne
Schaden, zeigt die Unfallstatistik: Im vergangenen Jahr verunglückten rund 1.200 Personen durch Rotlicht-Missachtungen,
120 wurden dabei schwer verletzt, sechs bezahlten mit dem Leben. Fußgänger sind besonders gefährdet:
Jeder Vierte, der in eine solche Kollision verwickelt wird, erleidet entweder schwere oder tödliche Verletzungen.
Das Kuratorium für Verkehrssicherheit fordert daher verstärkte Kontrollen an geregelten Kreuzungen. "Pilotprojekte
haben gezeigt, dass meist bereits die Ankündigung einer Kreuzungsüberwachung die Risikobereitschaft der
Lenker deutlich senkt", weiß KfV-Direktor Dr. Othmar Thann. Zusätzlich sollten Unfallhäufungsstellen
saniert sowie die Strafhöhen für Rotsünder dem europäischen Niveau angepasst werden. Auch verstärkte
Aufklärung - beispielsweise im Zuge der Führerscheinausbildung - spiele eine große Rolle, so Thann.
Bremsfaktor Rotlichtüberwachungskameras
Geregelte Kreuzungen, die bereits mit so genannten Rotlichtüberwachungskameras versehen sind - wie
beispielsweise die Kreuzung "Minimundus" in Klagenfurt - zeigen eindeutige Erfolge: Vor Installierung
der Überwachungskamera wurden an dieser Kreuzung überdurchschnittlich viele Rotsünder registriert.
Nach Bekanntmachung der Inbetriebnahme nahm diese Zahl deutlich ab. Das zeigt, dass allein das Wissen über
eine permanente Überwachung die Rotlichtmissachtungen reduziert.
Gelb als verlängerte Grünphase
Die Erhebung machte zusätzlich deutlich, dass die Gelbphase, die eigentlich bereits "Halt"
signalisiert, von vielen Lenkern als verlängerte Grünphase angesehen wird. Die StVO regelt zwar, dass
Lenker, denen ein sicheres Anhalten bei Gelb nicht mehr möglich ist, weiterfahren dürfen - 90 Prozent
der Gelblichtüberfahrer hätten jedoch problemlos vor der Ampel halten können. |