Buchpräsentation im Hohen Haus
Wien (pk) - Nationalratspräsident Andreas Khol stellte am Dienstag (02.11.) Mittag ein neues
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Werk zur Geschichte der Zweiten Republik vor. Der von ORF-Chefredakteur Werner Mück herausgegebene Band befasst
sich mit den verschiedenen Facetten der Republiksgeschichte und spannt dabei den Bogen vom Kriegsende 1945 bis
zum Heute, durchleuchtet politische Wechselfälle wie sportliche Höhepunkte, kulturelle Streitthemen wie
wirtschaftliche Errungenschaften und vergisst auch nicht auf kriminalistische Aufreger in nahezu sechs Jahrzehnten
Österreich. An der Präsentation nahm ein ebenso zahlreiches wie prominentes Publikum teil, darunter Bundesratspräsidentin
Anna Elisabeth Haselbach, Staatssekretär Frank Morak, die ehemalige Zweite Präsidentin des Nationalrates
Marga Hubinek und Bundesminister a.D. Peter Jankowitsch sowie zahlreiche Mitglieder von National- und Bundesrat.
Khol erklärte in seinen Begrüßungsworten, eine Spitzencrew des ORF habe der Öffentlichkeit
ein Buch beschert, das an eine ganze Reihe großer Meilensteine der Republik erinnere. Und dies im Vorfeld
des Bedenkjahres 2005, in dem zahlreiche Jubiläen zu begehen seien. Nur wer die Vergangenheit kenne, könne
die Zukunft gestalten, meinte der Präsident, und zu dieser Kenntnis trage der wunderbare Bildband bei, für
den dem ORF Dank gebühre.
Khol nutzte die Gelegenheit, den Journalisten für ihre Arbeit zu danken, und zeigte sich zufrieden darüber,
dass in Bälde auch das Parlament zur Güte der Berichterstattung werde beitragen können. Bei der
Rampe sei gleichsam die Dachgleiche erreicht, und dort sei auch ein großes Studio für den ORF eingeplant,
mithin auch dies ein Dank für die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Politik und Medien. Abschließend
wünschte Khol dem Buch eine rege Verbreitung.
Herausgeber Mück betrachtete es als Auszeichnung, das Werk im Parlament vorstellen zu dürfen. Es handle
sich hierbei um ein Begleitbuch zu den zahlreichen Programmangeboten des ORF aus Anlass der vielen Jubiläen,
die 2005 zu begehen seien, erklärte Mück. Die Zweite Republik sei eine einzigartige Erfolgsgeschichte,
was aber auch Auftrag für die Zukunft sei. Mück erläuterte die einzelnen geplanten Sendungen des
ORF zum Thema und meinte, Ziel sei es, eine breite Bewusstseinsbildung im Sinne von Mitbeteiligung zu erzielen.
Es gehe gleichsam um die Schärfung des Gewissens der Nation, so Mück weiter, und dies sei umso wichtiger,
als immer weniger Menschen persönliche Erfahrung über diese Jahrzehnte hätten. Zufrieden zeigte
sich der Redner damit, dass dieses Gewissen der Nation sich zuletzt auch in wichtigen Schritten gezeigt habe, etwa
darin, dass nach 55 Jahren geraubtes Eigentum und Zwangsarbeit wenigstens symbolisch entschädigt worden seien.
Der Herausgeber dankte allen an dem Projekt Beteiligten und den Anwesenden für ihr Kommen.
Nach einer Stellungnahme des Geschäftsführers des Linde-Verlags fand Staatssekretär a.D. Ludwig
Steiner Worte zur Zeitgeschichte. Er schilderte in lebhaften Worte seine Erlebnisse im Mai 1945, als es gelungen
war, Innsbruck zu befreien und er erstmals in Kontakt mit den Amerikanern trat. Weiters berichtete er von seiner
Zeit an der Seite von Bundeskanzler Raab und ging dann insbesondere auf die Verhandlungen um den Staatsvertrag
ein. Dass diese im Mai 1955 zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden konnten, sei das wichtigste Ereignis
für die damals noch junge Republik gewesen, das diese Generation nachhaltig geprägt habe, hielt Steiner
fest, der sodann noch Gedanken über den Föderalismus und über die Beziehungen Österreichs zu
den seinerzeitigen Weltmächten anstellte.
Facetten einer Republik
Das vorliegende Werk "Österreich - Die Zweite Republik" ist wohl die erste Publikation, die aus
Anlass des Jubiläumsjahres 2005 erscheint. Unterteilt ist das Buch in vier Abschnitte, die sich mit der politischen
Geschichte, der wirtschaftlichen Entwicklung, den kulturellen Meilensteinen und den gesellschaftlichen Wegmarken
des Landes beschäftigen. Abgerundet wird der Band mit einem ausführlichen Register sowie zahlreichen
Abbildungen. Die Texte sind leicht zu lesen, gut aufbereitet und vermitteln einen guten Überblick über
die gestellten Themen. Einige kleinere Flüchtigkeitsfehler (so starb Friedrich Adler nicht schon 1954, sondern
erst 1960, und zwar nicht in New York, sondern in Zürich, so ließ Josef Stalin erwiesenermaßen
nicht nach Karl Renner suchen, dies war vielmehr ein von Renner selbst genährter Mythos, so wurde auch der
Parteiname der SPÖ anders als beschrieben gefunden, und mitunter fehlen Passagen, was beim Leser Verwirrung
auslösen könnte, wenn ihm die Hintergründe nicht bekannt sind, etwa, wenn beschrieben wird, dass
ein Feuerwehrmann die beiden NS-Adler entfernen musste, ohne dass erklärt wird, dass es sich dabei um jene
handelte, welche auf den Fahnenmasten des Parlaments angebracht waren, Friedrich Peter wurde schon 1958 Obmann
der FPÖ etc.) wären wohl leicht zu korrigieren gewesen und hätten den Wert einer an sich hervorragende
Publikation noch mehr gesteigert.
Davon abgesehen handelt es sich aber dank der luziden Texte - u.a. von Walter Sonnleitner, Anton Mayer und Roland
Schmidl - um ein schönes Werk, das "einen Überblick über all das, was diese Zweite Republik
bewegt und geprägt hat", bietet. Und dass dabei unverkennbar ein Schwerpunkt auf die allerjüngste
Vergangenheit gelegt wurde, verstärkt beim Leser den Identifikationsprozess und wohl auch den Erinnerungseffekt.
Mithin ein hoffnungsfroher Auftakt zu einem Jubiläumsjahr, das ausführlich Gelegenheit bieten wird, sich
mit der Geschichte unseres Landes eingehend auseinanderzusetzen.
Das Buch umfasst 284 Seiten, ist im Linde-Verlag erschienen und um 34 Euro 80 im Buchhandel erhältlich. |