Finanzminister Grasser warnt vor Platzen des Paktes
Wien (pk) - Die Beratungen des Budgetausschusses über das Kapitel Finanzen standen am Freitag
(29. 10.) fast ausschließlich im Zeichen des Finanzausgleiches. Während die Vertreter der SPÖ
ihre Ablehnung des gesundheitspolitischen Teiles bekräftigten und Neuverhandlungen verlangten, warfen die
Sprecher der Regierungsparteien den Sozialdemokraten vor, zu dem vereinbarten Pakt nicht zu stehen. Die Grünen
wiederum plädierten für eine Vier-Parteien- Lösung über die noch strittigen Punkte.
Abgeordneter Hannes Bauer (S) stellte klar, der einnahmenseitige Teil des Gesundheitspakets gelte nur unter
der Voraussetzung, dass die drei im Verhandlungsteam vertretenen Parteien diese Maßnahmen im Bundesrat gemeinsam
beantragen. Die SPÖ stehe zu den Grundfesten des Finanzausgleichs, trete aber dafür ein, die Maßnahmen
im Gesundheitsbereich, die bloß eine Nebenbedingung des Pakts darstellen, noch einmal neu zu verhandeln,
betonte er.
Abgeordneter Christoph Matznetter (S) sprach im Zusammenhang mit dem gesundheitspolitischen Teil von einer
"Krankensteuer", der die SPÖ nicht zustimmen werde. Dieser Abschnitt sei noch nicht fertig verhandelt.
Vorstellbar war für Matznetter anstelle der Beitragserhöhungen vor allem eine Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage.
Zum Vorgehen seiner Fraktion hielt er fest, Sepp Rieder habe als Chefverhandler der Länder und nicht als Mandant
der SPÖ agiert. Matznetter untermauerte ebenfalls, die SPÖ stehe zu dem paktierten Finanzausgleich, der
eine Summe von 305 Mill. € betrifft. Der SP-Budgetsprecher brachte jene Budgetänderungen, die sich auf die
Länder und Gemeinden sowie die Landeslehrer beziehen, in Form von Abänderungsanträgen ein, um, wie
er sagte, die Pakttreue seiner Fraktion zu unterstreichen.
Die Vereinbarungen des Finanzausgleichs unterstützte auch Abgeordneter Kurt Eder (S). Er verlangte
aber eine Finanzierung des Gesundheitsbereiches, "die nicht die sozial Schwächsten belastet".
Abgeordneter Günter Stummvoll (V) bemerkte hingegen, es sei einmalig, dass der Vorstand einer politischen
Partei seine eigenen Verhandler nun desavouiere. Die Haltung von Bürgermeister Häupl habe jedenfalls,
so Stummvoll, staatspolitische Verantwortung signalisiert.
Abgeordneter Hermann Schultes (V) meinte wiederum, er sehe nicht ein, warum er als Vertreter einer kleinen
Gemeinde einem Finanzausgleich zustimmen solle, der Wien überproportional begünstige, von der SPÖ
aber nicht mitgetragen werde.
Abgeordneter Josef Bucher (F) bekannte sich zu dem ausverhandelten Ergebnis, wenngleich er, wie er einräumte,
nicht glücklich über die gesundheitspolitischen Maßnahmen war. Die Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge
und der Rezept- und Spitalsgebühren sei aber moderat und angesichts der dynamischen Entwicklung im Gesundheitssektor
eine sinnvolle Investition, meinte er.
Abgeordneter Werner Kogler (G) gab zu bedenken, er könne in den Maßnahmen keine Ansätze
einer Gesundheitsreform erkennen. Einsparungspotentiale sah er vielmehr bei den Akutbetten, den Spitalsaufenthalten
und im Medikamentenbereich. Die Kompetenzzersplitterung würde aber zu zahlreichen Fehlsteuerungen führen,
bedauerte er. Im Übrigen vertrat Kogler die Ansicht, dass der Finanzausgleich nicht zwingend mit der Gesundheitsreform
zu verknüpfen sei. Kritisch stellte er fest, Maßnahmen des Pakts, die die Gebietskörperschaften
betreffen, würden nun parteipolitisch gebunden. Kogler plädierte dafür, in weiteren Verhandlungen
eine Vier-Parteien-Lösung zu finden, wobei auch er eine Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage als Alternative
in den Raum stellte.
Finanzminister Karl-Heinz Grasser betonte, von Beginn der Finanzausgleichsverhandlungen an sei gegenüber
allen Partnern klargestellt worden, dass es keinen rechtlich zwingenden Zusammenhang zwischen dem Finanzausgleich
und den gesundheitspolitischen Maßnahmen gebe. De facto sei aber allen Verhandlern bewusst gewesen, dass
über ein Gesamtpaket aus Finanzausgleich, Stabilitätspakt und gesundheitspolitischen Maßnahmen
verhandelt werde. Das Paket sei ein Gesamtkonsens und liege im staatspolitischen Interesse Österreichs.
Was die Rolle der SPÖ betrifft, präzisierte Grasser, neben Bundeskanzler und Vizekanzler sei auch Alfred
Gusenbauer vom Verhandlungsergebnis informiert worden. Der SP-Chef habe mitgeteilt, dass er keine endgültige
Zusage abgeben könne, habe sich aber bereit erklärt, in den Parteigremien dieses Paket positiv zu vertreten.
Auf Basis dieser Verwendungszusage Gusenbauers hätten dann die Repräsentanten der Länder und des
Städtebundes, Sepp Rieder und Heinz Schaden, das Ergebnis unterschrieben.
Grasser bezeichnete den Pakt als einen Kompromiss und meinte, er habe nicht mit der Ablehnung durch die SPÖ
gerechnet, zumal es sich um moderate Erhöhungen handle und Ausnahmen für kleine Einkommensbezieher und
chronisch Kranke vorgesehen seien. Er könne zudem heute noch nicht sagen, ob dieses Paket halten und die Zustimmung
der Verhandlungspartner finden werde. Aus diesem Grund sei es derzeit auch nicht möglich, mit Abänderungsanträgen
zu operieren. Der Finanzminister trat dafür ein, die notwendigen Abänderungen im Rahmen der Zweiten Lesung
einzubringen.
Klar war für Grasser aber, dass ein Scheitern des Finanzausgleichs zu einem Rückfall hinter das System
der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung führen und erhebliche Probleme für die Sozialversicherungsträger
und den Stabilitätspakt nach sich ziehen würde. Zu der von SPÖ und Grünen ins Spiel gebrachten
Alternative rechnete Grasser vor, die Höchstbeitragsgrundlage müsste um 360 € bis 400 € erhöht werden,
um den durch das Paket vorgesehenen Effekt zu erzielen. |