Finanzausgleich / Finanzierung des Gesundheitssystems  

erstellt am
12. 11. 04

Bundesregierung einigt sich auf Finanzausgleich
Schüssel: Gesundheitsstrukturpaket sichert Finanzierung des Gesundheitssystems
Wien (bpd) - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Vizekanzler Hubert Gorbach, Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat und Staatssekretärin Ursula Haubner präsentierten am Donnerstag (11. 11.) im Bundeskanzleramt die Einigung der Bundesregierung über den Finanzausgleich, die Finanzierung des Gesundheitssystems sowie den Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. "Wir haben in den letzten Tagen intensiv über die Reformmaßnahmen und wichtigen Weichenstellungen für die nächsten vier Jahre verhandelt. Es geht dabei um sehr viel Geld, das sozial gerecht verteilt werden soll. Diese Entscheidung reicht bis tief in die nächste Legislaturperiode hinein", betonte der Bundeskanzler. Die Einigung über den Finanzausgleich umfasst unter anderem Reformmaßnahmen zur finanziellen Unterstützung von finanzschwachen, kleinen Gemeinden sowie für regionale bildungspolitische Maßnahmen. Der Bund setzt zum Ausgleich des Bevölkerungsschlüssels 100 Millionen Euro ein, davon gehen 80% an Kleinstgemeinden. 50 Millionen Euro werden für die Erhaltung von kleinen Bildungsstandorten im ländlichen Raum verwendet. "Wir wollen bewusst von unserer Seite den Ländern in diesen Bereichen helfen", so der Bundeskanzler. Der Bundeskanzler hob auch hervor, dass durch den Stabilitätspakt, der die Länder und Gemeinden dazu verpflichtet, zum gesamtstaatlichen Finanzierungsziel beizutragen, das Budget für das Jahr 2005 gut abgesichert sei.

Als besonders wichtigen Punkt der Einigung bezeichnete der Bundeskanzler das Gesundheitsstrukturpaket, das Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat und Sportstaatssekretär Karl Schweitzer federführend verhandelt haben. "Zum ersten Mal wird hier nicht nur Geld umverteilt, sondern es werden wirkliche Reformen angedacht und umgesetzt - vor allem miteinander und nicht gegeneinander", betonte Schüssel. "Gesundheitsfragen sind besonders sensibel. Wir sind stolz auf die hohe Qualität des österreichischen Gesundheitssystems. Jeder ist davon betroffen. Die hohe Qualität des Gesundheitssystems bringt natürlich auch steigende Kosten mit sich. Wir haben eine gemeinsame Verantwortung für die Erhaltung des Gesundheitssystems. Daher ist die Frage der Finanzierung des Gesundheitssystems in den letzten Tagen besonders intensiv diskutiert worden.", so Schüssel weiter.

Zentrale Eckpunkte der vorliegenden Einigung sind: Zur Finanzierung stehen insgesamt zusätzlich 300 Millionen Euro zur Verfügung. Dem gegenüber stehen Kostendämpfungen und Effizienzsteigerungen im Gesundheitssystem in gleicher Höhe. Auf der Einnahmenseite wird eine einheitliche Rezeptgebühr von 4,45 Euro ab 1. Jänner 2005 festgelegt. Diese Erhöhung bringt 10 Millionen Euro Mehreinnahmen. Weitere Maßnahmen sind: Die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge um 0,1% - je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen. Diese in einer 15a Vereinbarung verankerte Maßnahme bringt 120 Millionen Euro. Die Tabaksteuer wird um 18 Cent je Zigarettenpackung erhöht, was zusätzliche 90 Millionen Euro bringt. Der Sehbehelfersatz wird auf Kinder und hochgradig sehbeeinträchtigte sowie sozial schutzbedürftige Personen eingeschränkt. Diese Maßnahme enthält ein Einsparungsvolumen von 35 Millionen Euro. Weiters kann der Spitalskostenbeitrag durch die Länder um 2,02 Euro auf 10 Euro angehoben werden. Die Höchstbeitragsgrundlage wird um 90 Euro angehoben. Das bringt 30 Millionen Euro. "Insgesamt wird das Paket von 300 Millionen Euro genau zur Hälfte geteilt. 150 Millionen Euro gehen an die Länder, 150 Millionen Euro an die Gesundheitskassen", so Schüssel.

 

 Gusenbauer: Verminderte Rezeptgebühren-Erhöhung Erfolg der SPÖ
SPÖ lehnt Gesamtpaket ab, weil es Kranke und sozial Schwache extrem belastet - "Soziale Schieflage wird verschärft" =
Wien (sk) - SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer erteilt der Einigung über das Gesundheitspaket eine klare Absage. "Die Erhöhung der Rezeptgebühr und des Spitalskostenbeitrages und die Streichung der Zuzahlungen zu Sehbehelfen treffen in erster Linie Kranke und sozial Schwache. Die SPÖ ist nicht bereit, dieses Belastungspaket, das die soziale Schieflage in diesem Land weiter verschärfen wird, mitzutragen", sagte Gusenbauer am Donnerstag (11. 11.) gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

Mit der Einschränkung der Leistungen der Sozialversicherung durch die Abschaffung der Mitfinanzierung von Brillen werde deutlich, wo die Regierung den Sparstift ansetzt, nämlich bei kleinen und mittleren Einkommensbeziehern. Gerade diese seien auf derartige Leistungen angewiesen und würden nun massive Verschlechterungen hinnehmen müssen.

Dass die Rezeptgebühr nicht im ursprünglich geplanten Ausmaß erhöht wird und die Spitalskostenbeiträge voraussichtlich nicht flächendeckend kommen, sei auch auf den öffentlichen Druck und die Sensibilisierung durch die SPÖ zurückzuführen.

Mit der Ermächtigung der Länder, den Spitalskostenbeitrag auf 10 Euro zu erhöhen, schiebe die Regierung die Verantwortung ab. "Die Regierung stiehlt sich aus der Affäre und gibt den Finanzdruck an die Länder weiter", so Gusenbauer, "das ist wahrlich keine ambitionierte Lösung".

Gusenbauer verwies auf die Alternativvorschläge der SPÖ, wie die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage und die Besteuerung der Alkopops - "diese Maßnahmen wären bedeutend gerechter", so Gusenbauer abschließend.

 

 Rauch-Kallat: Paradigmenwechsel wurde vollzogen
Bundesregierung löste mit Gesundheitsreform Versprechen ein
Wien (övp-pd) - "Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, das Finanzausgleich-Paket zuzumachen und damit das Strukturpaket zu sichern. Nach der Arzneimittelreform konnte nun der zweite Teil der umfassenden Gesundheitsreform umgesetzt werden", sagte Gesundheits- und Frauenministerin Maria Rauch-Kallat am Donnerstag (11. 11.) im Nationalrat. Zum ersten Mal in der österreichischen Geschichte werde das von den Kompetenzen zersplitterte Gesundheitswesen zusammengeführt.

Mit diesem Finanzausgleichspaket und der Strukturreform sei es erstmals gelungen, einen wesentlichen Reformbereich des Gesundheitswesens zu fixieren. "Ich stehe nicht an, mich bei allen Verhandlerinnen und Verhandlern dieses Paketes zu bedanken. Es hat harte, aber konstruktive Verhandlungen gegeben", so Rauch-Kallat, die darauf hinwies, dass die Gesundheitspolitik nicht nur Österreich, sondern weltweit vor großen Herausforderungen stehe. Dies seien in erster Linie der medizinische Fortschritt und die demographische Entwicklung. "Beide führen zu enormen Kostensteigerungen, die aber nicht in Frage gestellt werden sollen", sagte Rauch-Kallat.

Die Bundesregierung stehe zu einem niederschwelligen Zugang zum Gesundheitssystem. "Das heißt, dass jeder, unabhängig von Einkommen und Alter, jene medizinischen Leistungen bekommmt, die er oder sie braucht. Mit diesem Paket ist das auch möglich", so die Ministerin. Das Strukturreformpaket gewährleiste einen niedrigeren Anstieg der prognostizierten Kosten um 300 Millionen Euro. "Das ist ein Einhalten eines Versprechens der Bundesregierung, dass für jeden Euro, der zusätzlich in das System fließen wird, auch mindestens ein Euro eingespart wird", sagte Rauch-Kallat.

Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik werde das von den Kompetenzen her zersplitterte Gesundheitswesen zusammengeführt. "Und zwar in einer gemeinsam Planung und Steuerung, sowohl des Spitalsbereiches als auch jenem der niedergelassenen Ärzte. Wir werden damit ein besseres Service für die Patientinnen und Patienten erreichen. Diese Maßnahme hilft den Patientinnen und Patienten Zeit zu sparen und dem System Geld zu sparen", betonte Rauch-Kallat.

Organisatorisch münde dies in der Installierung einer Bundesgesundheitsagentur und neun Gesundheitsplattformen auf Länderebene, in denen alle wichtigen Teilnehmer mit Sitz und Stimme im Gesundheitswesen vertreten sein sollen. Die Einsparung von 300 Millionen Euro werde durch verschiedene Maßnahmen erreicht. Einerseits durch eine Änderung des LKF-Punktesystems, das die bisherige Bestrafung von "tagesklinischen Leistungen" nicht mehr vorsehe, sondern eine entsprechende finanzielle Abgeltung dieser Leistungen erreichen werde.

"Die Reduktion von Spitalsbetten bedeutet nicht, dass Dutzende Spitäler geschlossen werden müssen, sondern, dass wir auf qualitätsgesicherter Basis eine flächendeckende medizinische Versorgung sicherstellen werden. Die Effizienzpotenziale, die im System stecken, müssen auch genützt werden", so Rauch-Kallat.

Mit dem Strukturpaket würden auch erstmals Kostendämpfungen in der Verwaltung der Spitäler erreicht. "Beispiele dafür sind etwa die Bereiche Küche und Wäscherei", so Rauch-Kallat, die eine Evaluierung der Kosten ankündigte. Wesentlich sei, dass dieses Strukturpaket auch ein Qualitätssicherungs- und Gesundheitstelematikgesetz enthalte. Die Entwicklung von der Gesundheitskarte hin zu einer elektronischen Gesundheitsakte bedeute eine neue Ära in der Gesundheitspolitik. "Damit wird wiederum ein besseres Service für die Patientinnen und Patienten erreicht. Langfristig werden Kosten eingespart und dem Arzt bringt dies den Vorteil, den Gesundheitsverlauf der Patientinnen und Patienten besser zu verfolgen. Dies ist eine Maßnahme, die von einer Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher begrüßt wird", so die Ministerin.

Rauch-Kallat betonte im Rahmen des Strukturpaketes die darin enthaltenen Vorsorgemaßnahmen: "3,5 Millionen Euro für ein flächendeckendes Screening für Stoffwechselerkrankungen bei Säuglingen. Weiters ein umfangreiches Mammographie-Screening, 2,9 Millionen Euro für das Transplantationswesen, bei dem Österreich führend ist", so Rauch-Kallat, die auf den österreichischen Strukturplan Gesundheit hinwies, der den österreichischen Krankenanstaltenplan ersetzen werde.

Die Änderungen im Bereich der Sehbehelfe betreffend, hob die Ministerin hervor, dass das "Gießkannenprinzip" gestrichen werden solle. "Das heißt, wer sich eine Designerbrille im Wert von 500 Euro leisten kann, braucht den Zuschuss der Krankenkasse, der bisher automatisch erfolgte, nicht. Kinder, sozial Schwache und stärker bzw. hochgradig Sehbehinderte, die Brillen brauchen, werden aber auch weiterhin diesen Zuschuss bekommen. Das halte ich für ausgewogen und daher lade ich auch die SPÖ ein, diesem Paket zuzustimmen."

"Wir machen sichtbar, dass in der Gesundheitspolitik ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat. Der Gesundheitsvorsorge wird künftig ein wesentlich höherer Stellenwert eingeräumt", sagte Rauch-Kallat und bedankte sich noch einmal bei allen Verhandlerinnen und Verhandlern für die gesamthafte Lösung, die ein wichtiger Schritt für die Erhaltung des hochqualitativen österreichischen Gesundheitssystems sei.

 

 Haubner: FPÖ hat sich letztendlich im zähen Ringen durchgesetzt!
Dem freiheitlichen Verhandlungsteam ist es einmal mehr gelungen den Koalitionspartner von der nun gerechten Lösung überzeugen!
Wien (fpd) - "Von Beginn an hatten für uns Freiheitliche Strukturreformen, Prävention und Verwaltungsvereinfachung oberste Priorität", erklärt die Parteiobfrau der FPÖ, Ursula Haubner. Mit dem Ergebnis, dass 500 Mio. in diesen Bereichen eingespart werden, wobei auf diesem Weg noch einige Schritte notwendig sein werden, um unser gutes Gesundheitssystem für die Zukunft nachhaltig zu sichern.

"Im nun ausverhandelten Paket wird es zu keiner Erhöhung der Rezeptgebühr kommen und auch der Spitalskostenbeitrag wird seitens des Bundes nicht erhöht, auch hier konnte sich die FPÖ durchsetzen", erklärt Haubner. Die Erhöhung um 10 Cent stellt eine jährliche Indexanpassung dar. Eine solche Valorisierung wäre auch bei der ursprünglich vorgesehenen Erhöhung der Rezeptgebühr auf fünf Euro der Fall gewesen.

"Es hat sich gezeigt, dass Termine nicht so wichtig sind wie die Inhalte. Dem freiheitlichen Verhandlungsteam: Haubner, Gorbach, Scheibner und Schweitzer ist es letztendlich gelungen, ein gutes, nachhaltiges und sozial ausgewogenes Paket für Gesundheit und Finanzausgleich zu schnüren", so Haubner abschließend.

 

Einigung absolute Augenauswischerei
Grünewald: Bund schiebt Verantwortung ab - Rest geht wieder zu Lasten der BeitragszahlerInnen
Wien (apa) - Gesundheitssprecher Kurt Grünewald hält die Koalitionseinigung über das Gesundheitspaket für eine "absolute Augenauswischerei". Gegenüber der APA sagte Grünewald, der Bund schiebe die Verantwortung an die Länder ab. Und der Rest der Maßnahmen gehe wieder zu Lasten der BeitragszahlerInnen.

Es sei nicht Ziel führend, den Spitalskostenbeitrag wieder den Ländern zu überantworten. Dies führe zu einer Ungleichheit der Behandlung und widerspreche völlig der Intention einer Vereinheitlichung in der Steuerung und Leistungsangebotsplanung, so Grünewald. Außerdem hätten die Länder schon längst ihre Effizienzpotenziale seit langem eruieren und nutzen können. "Jetzt da Geld reinzustopfen, ohne diese mit Strukturreformen zu verknüpfen, ist ein Freibrief, wieder nichts zu tun."

Die Grünen hätten jedenfalls als Alternative die Höchstbeitragsgrundlage auf 4.080 Euro angehoben. Damit würden außerdem nur zehn Prozent der Bevölkerung betroffen, nicht aber die Niedrigverdiener.
         
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