Industrie: Leitbetriebe brauchen Energiezukunft  

erstellt am
09. 11. 04

IV-Präsident Sorger: Unternehmen leiden unter Kostendruck - Fehlende Versorgungssicherheit gefährdet langfristig Investitionen
Wien (PdI) - „Der Kostenfaktor Energie wird für viele österreichische Leitbetriebe immer belastender, ebenso wichtig für Investitionen und Wachstum ist aber auch die Versorgungssicherheit mit Energie“, betonte der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Dr. Veit Sorger auf einer Pressekonferenz gemeinsam mit drei Unternehmensvertretern, die von hohen Energiekosten und unsicherer Energieversorgung massiv betroffen sind. Die daraus abgeleiteten politischen Notwendigkeiten sind, so Sorger, „das Einziehen eines Gesamtdeckels für Energiekosten - inklusive Kosten für den Emissionshandel und der Energiesteuer - sowie der Ausbau des Leitungsnetzes und der Stromerzeugung in Österreich.“

Nachdrücklich warnte der IV-Präsident davor, die Novellierung der Ökostromförderung, die auf sehr hohem Niveau gedeckelt wird, weiter zu verwässern: „Ein Abweichen von der Netzebenendifferenzierung im Verhältnis 1:3 ist für die Industrie absolut inakzeptabel“, betonte Sorger. Österreich dürfe nicht die Beschäftigungs- und Wachstumschancen rund um energieintensivere Unternehmen ignorieren, gerade in Zeiten höherer Arbeitslosigkeit und gedämpfter Konjunktur.

Das Thema Versorgungssicherheit strich Mag. Claus Repnik, Geschäftsführer des erfolgreichen steirischen Kühlkompressoren-Herstellers ACC Austria GmbH heraus: „ACC hat vor allem mit Spannungsabfällen zu kämpfen, die durch Gewitter in der Umgebung verursacht werden. Folgen sind Maschinenabschaltungen und Schäden an elektronischen Teilen. Ein Produktionsstillstand von einer Stunde kostet bis zu 12.000 € an Produktionsausfall, die schadhaft gewordenen Maschinenteile nicht mitgerechnet.“

ACC erwartet sich daher den raschen Bau der 380kV Leitung in der Steiermark, damit die Sicherheit der Stromversorgung in der Steiermark erhöht wird: „Es kann doch nicht sein, dass man sich im Industrieland Österreich, im Industrieland Steiermark, als produzierendes Unternehmen vor Gewittern fürchten muss!“, so Repnik.

Das niederösterreichische High-tech Industrieunternehmen Jungbunzlauer Austria AG hat besonders unter dem rasant steigenden Kostendruck aus dem Bereich Energie in den vergangenen fünf Jahren zu kämpfen: „Die Energieabgabe ist im Vergleich zum Durchschnitt der vergangenen 5 Jahre um 461% (!) gestiegen, zählt man sonstige Zuschläge und Förderbeiträge dazu, so sind die „politischen Kosten“ für Jungbunzlauer seit 1999 sogar um 926% in die Höhe geschnellt“, erklärte Dr. Stefan Radi, Vorstand der Jungbunzlauer Austria AG. Der Erzeugungsprozess von Zitronensäure und anderen biotechnologischen Produkten sei energieintensiv, Jungbunzlauer in Sachen Energieeffizienz an den Grenzen des technisch und ökonomisch Machbaren angelangt.

Dazu komme, dass Jungbunzlauer das Forschungszentrum des Konzerns in Österreich beherberge. Radi: “Wir arbeiten an Produkten, die man unter dem Begriff „green chemistry“ subsumieren könnte. Alle unsere Produkte sind biologisch leicht abbaubar.“ Der Kostendruck gefährde auch den Forschungsstandort in einer strukturschwachen Grenzregion, mit einem Investitionsstopp aus Energie-Kostengründen wäre Österreich auch als Forschungsstandort in Frage gestellt. Radi: „Wir brauchen daher eine steuerliche Besserstellung bei umweltfreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) Anlagen und einen Belastungsdeckel für Energiekosten.“

Dr. Ferdinand Fuhrmann, Vorstand der Nettingsdorfer Papierfabrik AG, unterstrich ebenso die schwierige Situation, die sich aus der Kumulierung verschiedenster Belastungs- und Förderungsmaßnahmen auf dem Energiesektor für Nettingsdorfer ergeben und forderte massiv eine Kostenbremse: „Wenn von uns verlangt wird, weiterhin zur Subventionierung von Ökostrom beizutragen, muss die Politik rasch die Kostenbremse ziehen und die Industrie entlasten. Das Ökostromgesetz darf nicht zum Selbstbedienungsladen wie etwa für öffentliche KWK werden, wie von der SPÖ gefordert. Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Fördernotwendigkeit der unterstützen Projekte müssen in Zukunft stärker beachtet werden.“

Die (Kosten-)Situation in der traditionsreichen und starken heimischen Papierindustrie demonstrierte Fuhrmann anhand seines Unternehmens: „Unser Unternehmen ist mit 800.000 Euro Ökostromzuschlag belastet. Mit Roadpricing, Energieabgabe und ab 2005 Emissionshandel steigen die Belastungen auf mehr als zehn Prozent unserer Personalkosten an. Um die Arbeitsplätze weiter sichern zu können, brauchen wir eine Netzebenendifferenzierung von mindestens 1:3 oder aber eine Deckelung dieser Kosten für energieintensive Betriebe.“ Damit unterstützt der Nettingsdorfer-Generaldirektor die Linie der Industrie in Sachen Ökostrom.

IV-Präsident Veit Sorger fasste zusammen: „Österreichische Industrie-Leitbetreibe produzieren unter Kostendruck und unter mittelfristig - zumindest in Südösterreich - unsicherer Versorgung. Die Belastungen müssen so rasch wie möglich gedeckelt, ein energiewirtschaftliches Gesamtkonzept entwickelt und umgesetzt werden.“ Sorger unterstrich auch nochmals den Vorstoß der Industrie nach einer Senkung des öffentlichen Eigentums unter 50 Prozent bei den heimischen EVUs, der auch von Vertretern aus der Energiewirtschaft geteilt werde. Damit würde der politische Einfluss bei den EVUS zurückgedrängt werden. „Das bringt mehr Wettbewerb und Kosteneffizienz. Im Endeffekt haben Kunden und Eigentümer mehr davon“.
     
zurück