Pensionsharmonisierung beschlossen  

erstellt am
19. 11. 04

 Schüssel: Erstmals Pensionsgesetz für alle
Bundeskanzler zur Pensionsharmonisierung im Plenum des Nationalrats
Wien (övp-pk) - Es ist wichtig, dass wir erstmals ein seriöses, transparentes und einfaches Gesetz für alle haben, in dem alle erfasst sind. Das ist ein ganz großer Wurf. Das sagte Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel am Donnerstag (18. 11.) zur Pensionsharmonisierung im Plenum des Nationalrats.

Schüssel ging auf die komplexe Materie ein. Ein Problem bestehe darin, dass es heute in rund einem Dutzend Gesetzen pensionsrechtliche Bestimmungen gebe. Das Übergangsrecht und das neue Allgemeine Pensionsversicherungsgesetz umfasse hingegen 15 Paragraphen und acht Seiten. "Das ist schon ein Quantensprung."

Die letzten Wochen hätten bewiesen, dass ein unglaublich intensives Arbeitsprogramm vorliege. Schüssel verwies unter anderem auf den Finanzausgleich, den Stabilitätspakt, das Gesundheitsstrukturprogramm, die Spitalsfinanzierung, das gestern beschlossene Budget 2005, sowie die zur Beschlussfassung vorliegende Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie. Jetzt komme auch die Pensionsharmonisierung mit einem einheitlichen Pensionskonto für alle dazu. "Das ist ein Beweis dafür, dass gearbeitet wird."

Schüssel ging auch auf die kritischen Bewertungen gegenüber der Pensionsreform ein. Der wichtigste Kritikpunkt sei gewesen, dass diese Reform bereits vor zehn Jahren hätte kommen müssen. "Das ist der eigentliche Punkt der Kritik. Nur wir trauen uns darüber", so der Kanzler.

"Wir haben uns intensiv mit dieser Materie auseinander gesetzt, erinnerte der Bundeskanzler an die ein Jahr andauernden Sozialpartnerverhandlungen. Er dankte in diesem Zusammenhang den vier Sozialpartnerpräsidenten für ihre Mitarbeit. Er, Schüssel, bedaure "keine Minute dieser Verhandlungen, da viele Anregungen in das Gesetz miteingeflossen seien. Schüssel dankte vor allem dem Sozialminister Herbert Haupt, der das Werk für Generationen vorgelegt habe sowie Staatssekretärin Haubner, Minister Bartenstein und Staatssekretär Finz. Schüssel hob dabei auch die im Hintergrund zur Verfügung stehende "unerhört engagierte Beamtenexpertise" hervor. "Das war eine ganz wichtige Arbeit für unser Land."

Der Kanzler hob zudem die gestrigen Aussagen des Pensionsexperten Bernd Marin in der ZiB II hervor, der die Pensionsharmonisierung als einen "ganz großen Sprung", den es in dieser Weise noch nie gegeben habe, bezeichnete.

Vielleicht werde man allerdings erst später begreifen, was hier strukturell für die Zukunft geschaffen wurde, denn es sei dies eine "Neuschöpfung des Pensionsrechtes". In Wahrheit würde sich die Formel "65 Jahre, 45 Beitragsjahre und 80 Prozent des Lebensdurchschnitts nicht vom grünen, roten oder dem ÖGB-Modell unterscheiden. Die Differenzen, die er, Schüssel, nicht kleinreden wolle, würden in Wahrheit im Übergangsrecht liegen, wo die SPÖ beispielsweise manches noch besser abgefedert hätte. "Auch wir sind hier Kompromisse eingegangen. Es sei dies eine "Gratwanderung in der Verantwortung gegenüber den ganz Jungen und auch gegenüber jenen, die knapp vor ihrer Pension stehen und ihre Lebensplanung nicht mehr umstellen können". Deswegen sei nicht nur das Pensionskonto wichtig, sondern auch die zweite Säule und eine höchst attraktive steuerliche Förderung der Eigenvorsorge. "Ein bisschen Etwas für die Eigenvorsorge ist zumutbar, und die Menschen wissen das", wies Schüssel auf den boomenden Markt in diesem Bereich hin.

Im Rahmen der Pensionsharmonisierung gebe es vor allem für Frauen einige neue Details, wies Schüssel die immer wieder kehrende Legende zurück, dass Frauen die Benachteiligten seien. "Die Anrechnungen werden verdoppelt." Schüssel wies zudem auf die neue fünfjährige Anrechnung von Mehrlingsgeburten als besondere Anregung von Staatssekretärin Haubner. Schüssel ging auch auf die Regelung für Frauen unter 50 ein, die nun schon bereits einen eigenen Pensionsanspruch schon nach sieben Jahren in Erwerbstätigkeit mit 15 Beitragsjahren haben." Das ist ein Quantensprung - reden wir das doch nicht klein."

Zur Kritik der Opposition, dass der Abänderungsantrag zu umfangreich sei, wies Schüssel auf die 14 Seiten Text; der Rest seien Begründungen. Acht Seiten davon würden die Verlängerung der Langzeitregelung von 2014 auf 2015 umfassen und drei Seiten die Verringerung der Absenkung der Beitragssätze für die Beamten - also das Ergebnis mit der Beamtengewerkschaft. Dieses habe für den Staatshaushalt für die nächsten Jahre einen positiven Aspekt, und man könne den aktiven Beamten etwas vom Einkommenskuchen abgeben. Ich glaube, einheitliches Pensionsrecht und ein fairer Anteil am Erwerbseinkommen sind für die Zukunft sinnvoll", so Schüssel, der den Verhandlern dankte, die durchaus für ihre Kientel einiges herausgeholt haben. "Dieses Ergebnis beweist, dass man in Österreich gut leben und arbeiten und genauso wie bisher seinen Lebensabend genießen kann", schloss Schüssel. 

 

 Gusenbauer fordert gleiche Pensionsregelungen für alle
Klare Absage an "Pensionskürzungsreform Teil drei"
Wien (sk) - "Was für die Beamten recht und billig ist, wird auch für die Arbeiter und Angestellten richtig sein", betonte SPÖ-Parteivorsitzender Alfred Gusenbauer am Donnerstag (18. 11.) im Nationalrat - und forderte "gleiches Recht und gleiche Regeln für alle bei den Pensionen". In diesem Zusammenhang machte Gusenbauer darauf aufmerksam, dass die Regierung bei der Beamtenregelung in Wirklichkeit das "SPÖ-Fairnessmodell" übernommen habe. Anders als die Regierung wolle die SPÖ nicht nur für die Beamten, sondern für alle Berufsgruppen faire Pensionen. Ob Unselbständiger oder Gewerbetreibender oder Beamter, Bauer oder Freiberufler oder Politiker, für alle sollen die gleichen Regeln gelten.

"Anstatt für alle gleiche Beiträge und gleiche Leistungen bei den Pensionen zu schaffen, wird es weder auf der Beitrags- noch auf der Leistungsseite zu einer Vereinheitlichung kommen", kritisierte Gusenbauer - und sah damit eine "große Chance" vertan, zu einem fairen, gerechten und sozialen Pensionssystem zu kommen.

Besonderes Augenmerk legte Gusenbauer auf die Auswirkungen der "Pensionskürzungsreform Teil drei" auf die Frauen und warnte davor, dass das niedrige Niveau der Frauenpensionen noch weiter absinken werden. "Sie tragen die politische Verantwortung dafür, dass die Pensionen der Frauen, die die Hauptverliererinnen der Harmonisierung sind, in Zukunft näher an die Ausgleichzulage rücken werden", unterstrich Gusenbauer.

In Wirklichkeit sei die sogenannte Pensionsharmonisierung nichts anderes als eine Fortsetzung der schwarz-blauen Kürzungspolitik, machte Gusenbauer darauf aufmerksam, dass die Verluste von der Pensionskürzungsreform 2003 nunmehr verdoppelt werden. "Und das, obwohl Sie, wie auch schon 2003, gesagt haben, dass es zu keinen Kürzungen kommen werde", zeigte sich der SPÖ-Vorsitzende über die schwarz-blaue Methode empört, der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen und Tatsachen zu verschleiern. Diese Methode, die mittlerweile System geworden sei, gipfle darin, dass Dinge bewusst verkompliziert werden, um Unklarheit zu schaffen und um dafür zu sorgen, dass sich die Menschen nicht auskennen.

Harsche Kritik erntete die Regierung von Gusenbauer für ihren Umgang mit der Arbeiterkammer und generell mit Kritikern. Dass das Zahlenmaterial der Arbeiterkammer, das die massiven unsozialen Auswirkungen der Harmonisierung verdeutliche, alles andere als "Gräuelpropaganda" sei, sei nun amtlich, betonte Gusenbauer - und verwies auf Zahlen des Sozialministeriums, die zu 100 Prozent die von der AK berechneten Kürzungen bestätigen.

Den Umgang der Regierung mit ihren Kritikern zeigte Gusenbauer auch anhand des Beispiels des Pensionsvolksbegehrens 2003 auf, das mehr als 600.000 Menschen unterschrieben haben. "Anstatt sich mit den Sorgen der Menschen konstruktiv auseinanderzusetzen, verschärfen Sie die Pensionskürzungen noch einmal."  

 

Scheibner: Verantwortungsvolle Politik für Österreich
Leistungen für die Zukunft sind garantiert
Wien (fpd) - Mit Kritik an der Opposition wartete FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner in der Nationalratsdebatte zur Pensionsharmonisierung auf. Wenn Van der Bellen ankündige, in Zukunft nur mehr an Debatten und Abstimmungen teilzunehmen über Gesetze, die er gelesen habe, stelle sich die Frage, wie oft man ihn im Parlament noch antreffen werde. Zur SPÖ meinte Scheibner, daß diese Angst bei den Pensionisten erzeugen wolle. "All jene, die jetzt in der Pension sind, werden diese Pension auch weiterhin genießen können."

Es handle sich bei der Harmonisierung um keine einfache, aber eine sehr wichtige Materie, sagte Scheibner. Es gehe darum, daß auch die heute Zwanzig- bis Dreißigjährigen noch ein finanzierbares und sicheres Pensionssystem erhalten würden. Die Opposition verstehe das nicht, sie habe immer nur den nächsten Pressedienst, die nächste Pressekonferenz und vielleicht noch die nächsten Wahlen vor Augen, denke aber nicht daran, für künftige Generationen ein System für Jahrzehnte abzusichern. "Dadurch unterscheiden wir uns von Ihnen, und auf diese Unterscheidung sind wir stolz."

Die Harmonisierung gehe leider nicht auf die Länder- und Gemeindeebene, weil die SPÖ die notwendige Verfassungsmehrheit verweigere, stellte Scheibner klar. Das SPÖ-regierten Wien habe vorgezeigt, was die Sozialdemokraten unter Pensionsgerechtigkeit verstünden. Dort habe man trotz eines Einspruchs der Bundesregierung mit Beharrungsbeschluß im Wiener Landtag ein ungerechtes Pensionssystem für die Landesbediensteten beschlossen, wo man die Privilegien im öffentlichen Dienst in der Bundeshauptstadt auf Jahrzehnte weiter zementiert habe. Dies sei der Grund, warum es heute keine Verfassungsmehrheit gebe. Daher könne man diese gerechte Harmonisierung nur auf Bundesebene vornehmen.

"Wir tragen Verantwortung für Österreich", sagte Scheibner. "Für uns ist nicht die Partei wichtig, für uns sind die Menschen in Österreich wichtig." Die FPÖ habe sich in den letzten Verhandlungen durchgesetzt. Die im Plenum gezeigten "Taferln" der SPÖ seien nicht einmal theoretisch richtig. Scheibner erinnerte daran, daß Sozialminister Dallinger schon vor dreißig Jahren eine Harmonisierung gefordert habe. Die SPÖ habe es sich aber nie getraut, sondern immer nur kurzfristige Reformen ohne Nachhaltigkeit gemacht.

Man habe auch Rahmenbedingungen geschaffen, führte Scheibner weiter aus. Die staatliche Säule solle auch in Zukunft die Grundversicherung sein, es solle aber auch eine betriebliche Vorsorge geben. So sei die Abfertigung neu eine der Ergänzungen zum staatlichen Pensionssystem.

Scheibner erinnerte daran, daß die SPÖ die Sozialpartner, die der Reform hatte zustimmen wollen, bei einer gemeinsamen Präsidiumssitzung von SPÖ und ÖGB zurückgepfiffen hätte, weil sie die Pensionssicherung für ihre Parteipropaganda brauche. "Verantwortung ins Nachtkastl gestellt", kommentierte der freiheitliche Klubobmann diese Vorgangsweise und stellte an ÖGB-Präsident Verzetnitsch die Frage, was ihm wichtiger sei: Die Verantwortung für seine Mitglieder oder sein Sitz in der sozialdemokratischen Fraktion?

Mit dem Pensionskonto, das eingerichtet werde, seien die Leistungen für die Zukunft garantiert. "Gleiche Beiträge für gleiche Leistungen", so Scheibner. Für Frauen und Familien habe man einen Schwerpunkt gesetzt. So seien nur mehr sieben Jahre Arbeitsleistungen für einen Pensionsanspruch notwendig. Die Kindererziehungszeiten würden doppelt so hoch bewertet. Es gebe einen Pensionskorridor, der eine Wahlmöglichkeit schaffe, wann und mit welcher Pension man in den Ruhestand treten wolle. Es gebe durch die Schwerarbeiterregelung Sonderregelungen zusätzlich zur Invaliditäts- und Nachtschicht- und Schwerarbeiterpension und auch Sonderregelungen für Langarbeitende. Die Ungerechtigkeit bei den Zeitsoldaten konnte beseitigt werden.

Die Opposition könne weiterhin die Bevölkerung verunsichern und versuchen, nachhaltige Reformen für die Zukunft zu verhindern. Aber letztlich könne die Bevölkerung sehr gut unterscheiden zwischen einer falschen "Taferlpolitik" und einer richtigen verantwortungsvollen Politik für Österreich, erklärte Scheibner. Diese Bundesregierung sei im Jahr 2000 angetreten, die Wende in Österreich zu bewerkstelligen, um nicht mehr kurzfristige Abkassiermaßnahmen zu setzen wie die SPÖ in den Neunziger Jahren, sondern um Verantwortung für Österreich zu zeigen, für nächste Generationen zu denken und das Vertrauen der Gesellschaft und auch der jungen Generation in das Sozialsystem und in die öffentliche Hand zu stärken. "Dieses Angebot werden wir den Menschen auch in Zukunft machen. Bei der SPÖ gibt es Parteipolitik, bei FPÖ und ÖVP Verantwortung für Österreich und seine Bevölkerung." 

 

 Schade, was die Regierung aus dem Harmonisierungsprojekt gemacht hat
Wien (pk) - Der Klubobmann der Grünen, Prof. Dr. Van der Bellen, meinte im Plenum, der Jubel sei zwar groß, doch wüssten die Jubelnden nicht, was sie beschließen würden. Denn der dem Ausschuss vorliegende Entwurf habe 80 Seiten umfasst, der Abänderungsantrag umfasse mit 20 Seiten ein Viertel davon; er hoffe, dass wenigstens jene Abgeordneten den Abänderungsantrag gelesen hätten, deren Namen am Ende darauf stehen würden.

Es sei schade, was die Regierung aus dem Harmonisierungsprojekt gemacht habe, stellte Van der Bellen fest. Es gehe darum, eine Regelung zu finden, die alle umfasse, mit einem Sockel nach unten und einem Deckel nach oben, die transparent und einfach sei - etwa durch ein Pensionskonto. Dies hätte man mit einem Stichtagsmodell erreichen können, wie es auch die Weltbank vorgeschlagen habe; davon sei allerdings nichts übrig geblieben. Vielmehr würden jetzt nicht alle umfasst - Bedienstete der Länder und Gemeinden und manche Freiberufler blieben draußen, was der Durchlässigkeit des Arbeitsmarkts schade. Es gebe auch keinen Sockel nach unten und somit keine zusätzliche Existenzsicherung. Schließlich sei das System auch nicht einfach; Prof. Tomandl, immerhin der Vorsitzende der Pensionsreformkommission, habe konstatiert, es handle sich um das komplizierteste Pensionssystem der Welt. Aus der Vertuschung, die die Regierung mit ihren Schlagworten betreibe, resultiere Verunsicherung der Bevölkerung - so aber verliere die Politik ihre Glaubwürdigkeit und würde Vertrauen zerstört, schloss Van der Bellen.
     
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