Fragestunde im Nationalrat
Wien (pk) - In der Fragestunde am Donnerstag (18. 11.) stand Bundesminister Mag. Haupt den Abgeordneten
Rede und Antwort.
Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S): Wie stehen Sie zur Forderung, die Kinder- und Jugendrechte als Grundrechte
in der Verfassung zu verankern?
Bundesminister Herbert Mag. HAUPT betonte, dass ihm die Verankerung der Kinder- und Jugendrechte in der
Verfassung ein besonderes Anliegen sei, und sein Ministerium voll hinter dieser Forderung stehe. Inwieweit es zu
einer Realisierung komme, sei jedoch vom Österreich-Konvent abhängig. Jedenfalls werde er am nächsten
Montag der Regierung den Bericht über den Nationalen Aktionsplan zur konkreten Umsetzung von Kinder- und Jugendrechten
vorlegen. Auf die Bemerkung der Abgeordneten MANDAK (G), warum er nicht schon längst eine diesbezügliche
Gesetzesinitiative ergriffen habe, stellte Haupt fest, dass er es im Hinblick auf die Diskussion im Konvent zu
einer umfassenden Verfassungsreform nicht für sinnvoll erachte, die bereits unübersichtliche Verfassung
mit weiteren Details im Vorfeld der Konvententscheidung anzureichern.
Sein Ziel sei es, so der Sozialminister auf eine Frage der Abgeordneten FUHRMANN (V), die Kinder- und Jugendverträglichkeitsprüfung
von Gesetzen in allen Ministerien zu verankern. Sein Ressort unterstütze auch eine Reihe von Forschungsprogrammen
zum Thema Jugend und fördere zahlreiche Organisationen, die sich mit der Jugendforschung befassen, antwortete
er Abgeordnetem BUCHER (F).
Abgeordnete STEIBL (V): Welche Ergebnisse haben die Aktivitäten Ihres Ressorts anlässlich des
10. Jubiläums des „Internationalen Jahres der Familie 1994“ gebracht?
Am 10. Jahrestag des Internationalen Jahres der Familie habe sich aufgrund eines Ministerratsbeschlusses ein Nationalkomitee
konstituiert, dem alle Parteien, Ministerien, entsprechende Institutionen der Bundesländer und NGOs angehören,
berichtete Bundesminister HAUPT. In zehn Arbeitskreisen seien dann aktuelle familienpolitische Fragen diskutiert
worden, die Ergebnisse seien am 14. Juni präsentiert worden. Nun ginge es darum, die Empfehlungen umzusetzen.
Jedenfalls werde man auf die regionalpolitischen Aspekte ein besonderes Augenmerk richten, hielt Haupt gegenüber
Abgeordneter ROSENKRANZ (F) fest. Derzeit würden beispielsweise Pflegemodelle in einigen Regionen überprüft,
und er sei insbesondere bemüht, ein lückenloses Netz für die Familienberatung zu errichten. Ihm
sei es wichtig, dass die Beratungsstellen auch in ländlichen Gebieten leicht erreichbar seien, sagte Haupt
und hob in diesem Zusammenhang besonders die Maßnahmen im Burgenland als positiv hervor. Zur Verbesserung
der Situation von Kindern in Scheidungssituationen würden derzeit in drei Bundesländern so genannte Begegnungs-Cafes
als Orte der Mediation geführt. Darüber hinaus gebe es Versuchsmodelle zur besseren Betreuung von Kindern
mit logopädischem Förderungsbedarf. Die Kritik der Abgeordneten MANDAK (G) wegen einer zu geringen
Subventionierung der Interventionsstellen konnte der Minister aus seiner Sicht nicht nachvollziehen. Sein Ressort
fördere ausreichend, er sei aber nicht bereit, aus seinem Ministerium Mittel für andere Ministerien zur
Verfügung zu stellen.
Das Familienbudget sei um 7,5 % erhöht worden, merkte Haupt auf eine weitere Frage der Abgeordneten Steibl
an, womit man familienpolitische Akzente setzen könne. Darüber hinaus bringe die Pensionsharmonisierung
eine weitere Erhöhung der Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten auf 1.350 €. Auch die Anrechnung
von pensionsbegründenden Zeiten für Mehrlingsgeburten sei auf fünf Jahre angehoben worden, und die
Regierung könne auch auf eine Erhöhung der Familienbeihilfen verweisen.
Durch die Maßnahmen der Steuerreform sowie durch erhöhte Familienförderungssätze für
Familien mit behinderten Kindern leiste die Bundesregierung einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der
Armut, beantwortete Haupt eine Frage der S-Abgeordneten BINDER. Leider habe es in Wien Missstände gegeben,
wo sich ein kleiner Personenkreis die erhöhte Familienforderung erschlichen habe.
Abgeordneter ÖLLINGER (G): Warum wird im alten Bezügerecht eine Frühpension für PolitikerInnen
ab 62 neu eingeführt, auf die schon nach 4 Jahres als Regierungsmitglied oder 10 Jahren als Abgeordnete Anspruch
besteht, während „Normalsterbliche“ erst nach 37,5 Jahren Versicherungsdauer Anspruch auf eine Pension mit
Abschlägen haben?
Dazu stellte der Bundesminister fest, dass die PolitikerInnen durch das Bezügegesetz den ArbeitnehmerInnen
in der entsprechenden Altersgruppe gleichgestellt worden seien. Dementsprechend werde der Pensionskorridor auch
für PolitikerInnen gelten. Die maßgeblichen Regelungen aus den Jahren 1995 und 1997 hätten aber
PolitikerInnen, deren Ansprüche zehn Jahre überschritten hätten, keine Möglichkeit geboten,
in das neue System zu wechseln. Dieser Rechtsanspruch sei auch hinsichtlich der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes
nur schwer zu ändern. Es sei jedoch gelungen, die alten Ansprüche um 15 % zu reduzieren. Haupt gab aber
Abgeordnetem Öllinger recht, dass eine Reduktion um 15 % für Leute mit höheren Pensionen leichter
zu verkraften sei. Für niedrigere Pensionen habe man daher Möglichkeiten geschaffen, die Kürzungen
zu begrenzen bzw. auszugleichen.
Das Bezügebegrenzungsgesetz bezeichnete Haupt gegenüber Abgeordnetem RIEPL (S) für sinnvoll.
Ein Problem sehe er jedoch im Bereich der Witwenpension, wo man unterschiedlich vorgehe, je nach dem, ob es sich
um Ansprüche aus dem öffentlichen Dienst oder anderen Bereichen handle.
Auf Ersuchen der Abgeordneten MAREK (V) fasste Haupt die Verschlechterungen für PolitikerInnen im Pensionssystem
zusammen. Unter anderem wies er auf Gleichstellung der PolitikerInnen durch die Reformen der Jahre 1995 und 1997
hin, wodurch diese nicht mehr mit 55 Jahren pensionsberechtigt und auch die für die Pensionsberechtigung kurzen
Versicherungszeiten abgeschafft worden seien. Es gebe nun auch eine Pensionskasse, die der Privatwirtschaft nachgebildet
sei, Mehrfachpensionen seien nicht mehr möglich und die Bezugshöhe sei verkürzt worden. Haupt wiederholte,
dass es noch einige wenige PolitikerInnen gebe, die im alten Recht verblieben seien, diese hätten aber dennoch
sukzessive Kürzungen hinnehmen müssen.
Für ZeitsoldatInnen bringe die Pensionsharmonisierung eine Verbesserung, bemerkte Haupt auf eine Frage des
Abgeordneten FAULAND (F). Er habe dieses Problem seit langem im Auge gehabt, deshalb seien die ZeitsoldatInnen
nun auch in den Krankenversicherungsschutz eingebunden worden und drei Jahre würden nun als Pensionszeiten
angerechnet. Weitere Zeiten sollen im Zuge der Pensionsharmonisierung geltend gemacht werden können.
Abgeordneter DOLINSCHEK (F): Wie hoch wäre der finanzielle Aufwand, wenn im Jahr 2005 alle Pensionen
mit der Inflationsrate erhöht würden?
Diese Mehrbelastung für die Pensionsversicherung bezifferte der Ressortchef mit 115 Mill. €. Würde es
keine Reformen geben, dann habe man in den Jahren 2025 bis 2034 mit Schwierigkeiten zu rechnen. Wichtige Aufgaben
im Bereich Soziales, Bildung, Forschung und Entwicklung etc. wären gefährdet, die Abgabenquote würde
über 50 % steigen. Die Pensionsreformen seien nicht aus Jux und Tollerei in Angriff genommen worden, sondern
man wolle die übermäßige Belastung künftiger Generationen vermeiden, sagte Haupt.
Die Forderung des Abgeordneten ÖLLINGER (G), bei Pensionen um 1.000 € eine Abgeltung der Inflationsrate
vorzunehmen, beantwortete Haupt mit dem Hinweis, dass nach der Umstellung auf die Nettoanpassung in den neunziger
Jahren die Pensionen noch schlechter ausgefallen wären. Die Umstellung auf die Medianpension stelle daher
eine Abfederung dar. In einem Sozialstaat hätten alle PensionistInnen im niedrigen Bereich ein Recht auf volle
Inflationsabgeltung, weshalb es gerade für diesen Personenkreis viele flankierende Maßnahmen, wie z.B.
die Erhöhung der Ausgleichszulagen, gebe.
Auf die Bemerkung des Abgeordneten DOBNIGG (S), 90 % der PensionistInnen würden keine Inflationsabgeltung
erhalten, erläuterte Haupt, dass die PensionistInnen die Inflationsabgeltung des vorigen Jahres und nicht
die des laufenden Jahres erhielten. Außerdem habe man für die Pensionsanpassung den Zeitraum August
bis August gewählt. In diesem Zeitraum sei die Inflation um 1,3 % gestiegen, die Pensionen jedoch um 1,5 %
erhöht worden, womit die Inflation des Vorjahres mehr als abgegolten worden sei. Die Ausgleichszulagen lägen
für Alleinstehende um 0,1 % über der Inflationsrate, bei Familien um knapp 7 %, stellte der Sozialminister
nach einer entsprechenden Frage der Abgeordneten MIKESCH (V) fest.
Abgeordnete SILHAVY (S): Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass von 31.740 zuerkannten Pensionen im Jahr
2004 (bis Ende September) lediglich 18 %, nämlich 5.715 NeupensionistInnen, keine Verluste erlitten haben,
also 26.025 NeupensionistInnen Kürzungen durch die Pensionsreform 2003 in Kauf nehmen mussten, ohne auch nur
irgend eine Möglichkeit gehabt zu haben, sich darauf einzustellen zu können?
Bundesminister Mag. HAUPT wies in Bezug auf diese Frage darauf hin, dass im Jahr 2004 nach der Pensionsreform
viele Personen, vor allem Frauen, sogar mehr Pension zuerkannt bekommen hätten. Die Deckelung der Pensionsverluste
mit 5 % sei verfassungsmäßig zumutbar, weshalb man auch im Rahmen der Pensionsharmonisierung die Verluste
mit 5 % begrenzt habe. Man dürfe auch nicht nur die monatlichen Pensionen in Betracht ziehen, sagte Haupt,
da die PensionistInnen des Jahres 2005 im Gegensatz zu jenen des Jahres 1995 eine höhere Lebenserwartung und
damit eine deutliche höhere Bezugsdauer aufzuweisen hätten. In der Gesamtsumme würden daher die
Bezüge deutlich höher ausfallen.
Den unterschiedlichen Prozentsatz bei den Beiträgen trotz Harmonisierung hielt der Sozialminister aufgrund
der unterschiedlichen Voraussetzungen für gerechtfertigt. So führte er beispielsweise bei den Bauern
ins Treffen, dass bäuerliche Betriebe, seit die Pension für Bauern und Bäuerinnen eingeführt
worden ist, eine eigene Steuer für die Betriebe zu entrichten hätten und man die Einheitswerte sowie
das 20%ige fiktive Ausgedinge berücksichtigen müsse. Darüber hinaus seien auch die Leistungen der
PartnerInnen im Betrieb mit einzurechnen. Ähnliches gelte für die Gewerbetreibenden, so die Antwort des
Ministers auf eine entsprechende Frage des Abgeordneten DI SCHEUCH (F).
Abgeordnetem DI MISSETHON (V) gegenüber kritisierte der Sozialminister die damalige Vorgangsweise bei
den Stahl- und Böhler-Pensionen. Die Betroffenen hätte Verluste zwischen 1.000 und 10.000 Schilling bei
einer einmaligen Abschlagzahlung von 10 % hinnehmen müssen. Angesichts der raschen Erholung des Betriebes
sei dies nicht gerechtfertigt, zumal die Manager aufgrund eines OGH-Erkenntnisses Zahlungen in mehrstelliger Millionenhöhe
erhalten hätten. Er, Haupt, trete daher für eine Gesetzesänderung ein, die auch den PensionistInnen
eine Rückerstattung ihrer Verluste ermögliche.
Nachdem Abgeordneter ÖLLINGER (G) festgestellt hatte, dass der Pensionsaufwand bis 2010 trotz steigender
Zahl an PensionistInnen von 9 % auf 8,3 % des BIP sinke, machte Bundesminister Haupt darauf aufmerksam, dass diese
Berechnung nur für jene Personengruppe zutreffe, für die das Sozialministerium zuständig sei. Man
müsse aber die Pensionszahlungen insgesamt betrachten und da sehe die Entwicklung anders aus. Grundsätzlich
meinte er, dass die StaatsbürgerInnen ein Recht auf langfristige Planbarkeit hätten, und daher müsse
man mit den Reformen 10 bis 15 Jahre vorher ansetzen.
Abgeordnete RIENER (V): Welche Vorteile bringt die Pensionsharmonisierung für Frauen?
Bundesminister Mag. HAUPT betonte, dass es durch die Pensionsharmonisierung zu einer Besserstellung der
Frauen in folgenden Punkten komme: Erhöhung der Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten von derzeit
monatlich 650 € auf 1.350 €; Anhebung der pensionsbegründenden Kindererziehungszeiten von zwei auf vier Jahre
pro Kind; Verkürzung der Mindestversicherungszeit von 15 auf 7 Jahre der Erwerbstätigkeit; zu den Zeiten
der Erwerbstätigkeit seien auch Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes oder eines nahen Angehörigen
mit Anspruch auf Pflegegeld ab Stufe 3 sowie Zeiten der Familienhospizkarenz zu zählen; weitere Anwendung
der Bestimmungen zur vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer; diese Form der Frühpensionierung
laufe erst mit dem Jahr 2017 aus; Anhebung der Altersgrenze vom 30. Lebensjahr eines behinderten Kindes auf das
40. Lebensjahr, um die sozialrechtliche Situation der Mütter, die sich ausschließlich der Betreuung
eines behinderten Kindes widmen, zu verbessern. Schließlich werde durch die Einführung eines freiwilligen
Pensionssplittings ein weiterer Schritt zum Ausbau einer eigenständigen Pensionsversorgung der Frauen gesetzt.
Auf eine weitere Frage der Abgeordneten Riener zur Notstandshilfe sagte Haupt, dass diese zwar ab einem bestimmten
Einkommen des Partners auch weiterhin nicht ausbezahlt werde, sie werde aber auf das Pensionskonto gutgeschrieben.
Die Ermöglichung des Pensionskorridors für Frauen hielt der Minister für nicht sinnvoll, da Frauen
ohnehin mit 62 Jahren in Pension gehen könnten. Er bezweifle auch die Verfassungskonformität des Pensionskorridors
für Frauen, sagte Haupt auf eine Frage der Abgeordneten DI ACHLEITNER (F).
Die Kritik der Abgeordneten Mag. WEINZINGER (G), dass die Frauen aufgrund der Teilzeitarbeit und der langen
Jahren der Berufsunterbrechung sowie aufgrund des Durchrechnungszeitraumes einen hohen Nettoverlust hinzunehmen
hätten, konnte der Sozialminister nicht nachvollziehen. Bereits vor der Pensionsreform 2003 habe es eine verlängerte
Durchrechnung gegeben, außerdem habe man bei der Anrechnung der Kindererziehungszeiten eine wesentliche Verbesserung
vorgenommen, und man dürfe auch nicht die Lohnerhöhungen vergessen.
Abgeordneter KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S), die verlangt hatte, für die Teilzeitbeschäftigung Vorsorge
auf dem Pensionskonto zu treffen, entgegnete Haupt, dass Teilzeitbeschäftigung zunehmend auch zu einem Phänomen
bei den Männern werde und man sich beim Pensionskonto in einem Versicherungssystem befinde. Der Ausgleich
müsse daher über andere Instrumente, wie etwa Kollektivvertrag und Steuerrecht erfolgen. Man könne
nicht alle gesellschaftspolitischen Entwicklungen dem Pensionsrecht anrechnen. |