Von Politikerpensionen und Pensionskürzungen  

erstellt am
19. 11. 04

Fragestunde im Nationalrat
Wien (pk) - In der Fragestunde am Donnerstag (18. 11.) stand Bundesminister Mag. Haupt den Abgeordneten Rede und Antwort.

Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S): Wie stehen Sie zur Forderung, die Kinder- und Jugendrechte als Grundrechte in der Verfassung zu verankern?

Bundesminister Herbert Mag. HAUPT betonte, dass ihm die Verankerung der Kinder- und Jugendrechte in der Verfassung ein besonderes Anliegen sei, und sein Ministerium voll hinter dieser Forderung stehe. Inwieweit es zu einer Realisierung komme, sei jedoch vom Österreich-Konvent abhängig. Jedenfalls werde er am nächsten Montag der Regierung den Bericht über den Nationalen Aktionsplan zur konkreten Umsetzung von Kinder- und Jugendrechten vorlegen. Auf die Bemerkung der Abgeordneten MANDAK (G), warum er nicht schon längst eine diesbezügliche Gesetzesinitiative ergriffen habe, stellte Haupt fest, dass er es im Hinblick auf die Diskussion im Konvent zu einer umfassenden Verfassungsreform nicht für sinnvoll erachte, die bereits unübersichtliche Verfassung mit weiteren Details im Vorfeld der Konvententscheidung anzureichern.

Sein Ziel sei es, so der Sozialminister auf eine Frage der Abgeordneten FUHRMANN (V), die Kinder- und Jugendverträglichkeitsprüfung von Gesetzen in allen Ministerien zu verankern. Sein Ressort unterstütze auch eine Reihe von Forschungsprogrammen zum Thema Jugend und fördere zahlreiche Organisationen, die sich mit der Jugendforschung befassen, antwortete er Abgeordnetem BUCHER (F).

Abgeordnete STEIBL (V): Welche Ergebnisse haben die Aktivitäten Ihres Ressorts anlässlich des 10. Jubiläums des „Internationalen Jahres der Familie 1994“ gebracht?

Am 10. Jahrestag des Internationalen Jahres der Familie habe sich aufgrund eines Ministerratsbeschlusses ein Nationalkomitee konstituiert, dem alle Parteien, Ministerien, entsprechende Institutionen der Bundesländer und NGOs angehören, berichtete Bundesminister HAUPT. In zehn Arbeitskreisen seien dann aktuelle familienpolitische Fragen diskutiert worden, die Ergebnisse seien am 14. Juni präsentiert worden. Nun ginge es darum, die Empfehlungen umzusetzen.

Jedenfalls werde man auf die regionalpolitischen Aspekte ein besonderes Augenmerk richten, hielt Haupt gegenüber Abgeordneter ROSENKRANZ (F) fest. Derzeit würden beispielsweise Pflegemodelle in einigen Regionen überprüft, und er sei insbesondere bemüht, ein lückenloses Netz für die Familienberatung zu errichten. Ihm sei es wichtig, dass die Beratungsstellen auch in ländlichen Gebieten leicht erreichbar seien, sagte Haupt und hob in diesem Zusammenhang besonders die Maßnahmen im Burgenland als positiv hervor. Zur Verbesserung der Situation von Kindern in Scheidungssituationen würden derzeit in drei Bundesländern so genannte Begegnungs-Cafes als Orte der Mediation geführt. Darüber hinaus gebe es Versuchsmodelle zur besseren Betreuung von Kindern mit logopädischem Förderungsbedarf. Die Kritik der Abgeordneten MANDAK (G) wegen einer zu geringen Subventionierung der Interventionsstellen konnte der Minister aus seiner Sicht nicht nachvollziehen. Sein Ressort fördere ausreichend, er sei aber nicht bereit, aus seinem Ministerium Mittel für andere Ministerien zur Verfügung zu stellen.

Das Familienbudget sei um 7,5 % erhöht worden, merkte Haupt auf eine weitere Frage der Abgeordneten Steibl an, womit man familienpolitische Akzente setzen könne. Darüber hinaus bringe die Pensionsharmonisierung eine weitere Erhöhung der Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten auf 1.350 €. Auch die Anrechnung von pensionsbegründenden Zeiten für Mehrlingsgeburten sei auf fünf Jahre angehoben worden, und die Regierung könne auch auf eine Erhöhung der Familienbeihilfen verweisen.

Durch die Maßnahmen der Steuerreform sowie durch erhöhte Familienförderungssätze für Familien mit behinderten Kindern leiste die Bundesregierung einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Armut, beantwortete Haupt eine Frage der S-Abgeordneten BINDER. Leider habe es in Wien Missstände gegeben, wo sich ein kleiner Personenkreis die erhöhte Familienforderung erschlichen habe.

Abgeordneter ÖLLINGER (G): Warum wird im alten Bezügerecht eine Frühpension für PolitikerInnen ab 62 neu eingeführt, auf die schon nach 4 Jahres als Regierungsmitglied oder 10 Jahren als Abgeordnete Anspruch besteht, während „Normalsterbliche“ erst nach 37,5 Jahren Versicherungsdauer Anspruch auf eine Pension mit Abschlägen haben?

Dazu stellte der Bundesminister fest, dass die PolitikerInnen durch das Bezügegesetz den ArbeitnehmerInnen in der entsprechenden Altersgruppe gleichgestellt worden seien. Dementsprechend werde der Pensionskorridor auch für PolitikerInnen gelten. Die maßgeblichen Regelungen aus den Jahren 1995 und 1997 hätten aber PolitikerInnen, deren Ansprüche zehn Jahre überschritten hätten, keine Möglichkeit geboten, in das neue System zu wechseln. Dieser Rechtsanspruch sei auch hinsichtlich der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nur schwer zu ändern. Es sei jedoch gelungen, die alten Ansprüche um 15 % zu reduzieren. Haupt gab aber Abgeordnetem Öllinger recht, dass eine Reduktion um 15 % für Leute mit höheren Pensionen leichter zu verkraften sei. Für niedrigere Pensionen habe man daher Möglichkeiten geschaffen, die Kürzungen zu begrenzen bzw. auszugleichen.

Das Bezügebegrenzungsgesetz bezeichnete Haupt gegenüber Abgeordnetem RIEPL (S) für sinnvoll. Ein Problem sehe er jedoch im Bereich der Witwenpension, wo man unterschiedlich vorgehe, je nach dem, ob es sich um Ansprüche aus dem öffentlichen Dienst oder anderen Bereichen handle.

Auf Ersuchen der Abgeordneten MAREK (V) fasste Haupt die Verschlechterungen für PolitikerInnen im Pensionssystem zusammen. Unter anderem wies er auf Gleichstellung der PolitikerInnen durch die Reformen der Jahre 1995 und 1997 hin, wodurch diese nicht mehr mit 55 Jahren pensionsberechtigt und auch die für die Pensionsberechtigung kurzen Versicherungszeiten abgeschafft worden seien. Es gebe nun auch eine Pensionskasse, die der Privatwirtschaft nachgebildet sei, Mehrfachpensionen seien nicht mehr möglich und die Bezugshöhe sei verkürzt worden. Haupt wiederholte, dass es noch einige wenige PolitikerInnen gebe, die im alten Recht verblieben seien, diese hätten aber dennoch sukzessive Kürzungen hinnehmen müssen.

Für ZeitsoldatInnen bringe die Pensionsharmonisierung eine Verbesserung, bemerkte Haupt auf eine Frage des Abgeordneten FAULAND (F). Er habe dieses Problem seit langem im Auge gehabt, deshalb seien die ZeitsoldatInnen nun auch in den Krankenversicherungsschutz eingebunden worden und drei Jahre würden nun als Pensionszeiten angerechnet. Weitere Zeiten sollen im Zuge der Pensionsharmonisierung geltend gemacht werden können.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F): Wie hoch wäre der finanzielle Aufwand, wenn im Jahr 2005 alle Pensionen mit der Inflationsrate erhöht würden?

Diese Mehrbelastung für die Pensionsversicherung bezifferte der Ressortchef mit 115 Mill. €. Würde es keine Reformen geben, dann habe man in den Jahren 2025 bis 2034 mit Schwierigkeiten zu rechnen. Wichtige Aufgaben im Bereich Soziales, Bildung, Forschung und Entwicklung etc. wären gefährdet, die Abgabenquote würde über 50 % steigen. Die Pensionsreformen seien nicht aus Jux und Tollerei in Angriff genommen worden, sondern man wolle die übermäßige Belastung künftiger Generationen vermeiden, sagte Haupt.

Die Forderung des Abgeordneten ÖLLINGER (G), bei Pensionen um 1.000 € eine Abgeltung der Inflationsrate vorzunehmen, beantwortete Haupt mit dem Hinweis, dass nach der Umstellung auf die Nettoanpassung in den neunziger Jahren die Pensionen noch schlechter ausgefallen wären. Die Umstellung auf die Medianpension stelle daher eine Abfederung dar. In einem Sozialstaat hätten alle PensionistInnen im niedrigen Bereich ein Recht auf volle Inflationsabgeltung, weshalb es gerade für diesen Personenkreis viele flankierende Maßnahmen, wie z.B. die Erhöhung der Ausgleichszulagen, gebe.

Auf die Bemerkung des Abgeordneten DOBNIGG (S), 90 % der PensionistInnen würden keine Inflationsabgeltung erhalten, erläuterte Haupt, dass die PensionistInnen die Inflationsabgeltung des vorigen Jahres und nicht die des laufenden Jahres erhielten. Außerdem habe man für die Pensionsanpassung den Zeitraum August bis August gewählt. In diesem Zeitraum sei die Inflation um 1,3 % gestiegen, die Pensionen jedoch um 1,5 % erhöht worden, womit die Inflation des Vorjahres mehr als abgegolten worden sei. Die Ausgleichszulagen lägen für Alleinstehende um 0,1 % über der Inflationsrate, bei Familien um knapp 7 %, stellte der Sozialminister nach einer entsprechenden Frage der Abgeordneten MIKESCH (V) fest.

Abgeordnete SILHAVY (S): Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass von 31.740 zuerkannten Pensionen im Jahr 2004 (bis Ende September) lediglich 18 %, nämlich 5.715 NeupensionistInnen, keine Verluste erlitten haben, also 26.025 NeupensionistInnen Kürzungen durch die Pensionsreform 2003 in Kauf nehmen mussten, ohne auch nur irgend eine Möglichkeit gehabt zu haben, sich darauf einzustellen zu können?

Bundesminister Mag. HAUPT wies in Bezug auf diese Frage darauf hin, dass im Jahr 2004 nach der Pensionsreform viele Personen, vor allem Frauen, sogar mehr Pension zuerkannt bekommen hätten. Die Deckelung der Pensionsverluste mit 5 % sei verfassungsmäßig zumutbar, weshalb man auch im Rahmen der Pensionsharmonisierung die Verluste mit 5 % begrenzt habe. Man dürfe auch nicht nur die monatlichen Pensionen in Betracht ziehen, sagte Haupt, da die PensionistInnen des Jahres 2005 im Gegensatz zu jenen des Jahres 1995 eine höhere Lebenserwartung und damit eine deutliche höhere Bezugsdauer aufzuweisen hätten. In der Gesamtsumme würden daher die Bezüge deutlich höher ausfallen.

Den unterschiedlichen Prozentsatz bei den Beiträgen trotz Harmonisierung hielt der Sozialminister aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen für gerechtfertigt. So führte er beispielsweise bei den Bauern ins Treffen, dass bäuerliche Betriebe, seit die Pension für Bauern und Bäuerinnen eingeführt worden ist, eine eigene Steuer für die Betriebe zu entrichten hätten und man die Einheitswerte sowie das 20%ige fiktive Ausgedinge berücksichtigen müsse. Darüber hinaus seien auch die Leistungen der PartnerInnen im Betrieb mit einzurechnen. Ähnliches gelte für die Gewerbetreibenden, so die Antwort des Ministers auf eine entsprechende Frage des Abgeordneten DI SCHEUCH (F).

Abgeordnetem DI MISSETHON (V) gegenüber kritisierte der Sozialminister die damalige Vorgangsweise bei den Stahl- und Böhler-Pensionen. Die Betroffenen hätte Verluste zwischen 1.000 und 10.000 Schilling bei einer einmaligen Abschlagzahlung von 10 % hinnehmen müssen. Angesichts der raschen Erholung des Betriebes sei dies nicht gerechtfertigt, zumal die Manager aufgrund eines OGH-Erkenntnisses Zahlungen in mehrstelliger Millionenhöhe erhalten hätten. Er, Haupt, trete daher für eine Gesetzesänderung ein, die auch den PensionistInnen eine Rückerstattung ihrer Verluste ermögliche.

Nachdem Abgeordneter ÖLLINGER (G) festgestellt hatte, dass der Pensionsaufwand bis 2010 trotz steigender Zahl an PensionistInnen von 9 % auf 8,3 % des BIP sinke, machte Bundesminister Haupt darauf aufmerksam, dass diese Berechnung nur für jene Personengruppe zutreffe, für die das Sozialministerium zuständig sei. Man müsse aber die Pensionszahlungen insgesamt betrachten und da sehe die Entwicklung anders aus. Grundsätzlich meinte er, dass die StaatsbürgerInnen ein Recht auf langfristige Planbarkeit hätten, und daher müsse man mit den Reformen 10 bis 15 Jahre vorher ansetzen.

Abgeordnete RIENER (V): Welche Vorteile bringt die Pensionsharmonisierung für Frauen?

Bundesminister Mag. HAUPT betonte, dass es durch die Pensionsharmonisierung zu einer Besserstellung der Frauen in folgenden Punkten komme: Erhöhung der Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten von derzeit monatlich 650 € auf 1.350 €; Anhebung der pensionsbegründenden Kindererziehungszeiten von zwei auf vier Jahre pro Kind; Verkürzung der Mindestversicherungszeit von 15 auf 7 Jahre der Erwerbstätigkeit; zu den Zeiten der Erwerbstätigkeit seien auch Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes oder eines nahen Angehörigen mit Anspruch auf Pflegegeld ab Stufe 3 sowie Zeiten der Familienhospizkarenz zu zählen; weitere Anwendung der Bestimmungen zur vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer; diese Form der Frühpensionierung laufe erst mit dem Jahr 2017 aus; Anhebung der Altersgrenze vom 30. Lebensjahr eines behinderten Kindes auf das 40. Lebensjahr, um die sozialrechtliche Situation der Mütter, die sich ausschließlich der Betreuung eines behinderten Kindes widmen, zu verbessern. Schließlich werde durch die Einführung eines freiwilligen Pensionssplittings ein weiterer Schritt zum Ausbau einer eigenständigen Pensionsversorgung der Frauen gesetzt.

Auf eine weitere Frage der Abgeordneten Riener zur Notstandshilfe sagte Haupt, dass diese zwar ab einem bestimmten Einkommen des Partners auch weiterhin nicht ausbezahlt werde, sie werde aber auf das Pensionskonto gutgeschrieben. Die Ermöglichung des Pensionskorridors für Frauen hielt der Minister für nicht sinnvoll, da Frauen ohnehin mit 62 Jahren in Pension gehen könnten. Er bezweifle auch die Verfassungskonformität des Pensionskorridors für Frauen, sagte Haupt auf eine Frage der Abgeordneten DI ACHLEITNER (F).

Die Kritik der Abgeordneten Mag. WEINZINGER (G), dass die Frauen aufgrund der Teilzeitarbeit und der langen Jahren der Berufsunterbrechung sowie aufgrund des Durchrechnungszeitraumes einen hohen Nettoverlust hinzunehmen hätten, konnte der Sozialminister nicht nachvollziehen. Bereits vor der Pensionsreform 2003 habe es eine verlängerte Durchrechnung gegeben, außerdem habe man bei der Anrechnung der Kindererziehungszeiten eine wesentliche Verbesserung vorgenommen, und man dürfe auch nicht die Lohnerhöhungen vergessen.

Abgeordneter KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S), die verlangt hatte, für die Teilzeitbeschäftigung Vorsorge auf dem Pensionskonto zu treffen, entgegnete Haupt, dass Teilzeitbeschäftigung zunehmend auch zu einem Phänomen bei den Männern werde und man sich beim Pensionskonto in einem Versicherungssystem befinde. Der Ausgleich müsse daher über andere Instrumente, wie etwa Kollektivvertrag und Steuerrecht erfolgen. Man könne nicht alle gesellschaftspolitischen Entwicklungen dem Pensionsrecht anrechnen.
     
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