Einigung über Gehaltsabschluss und Pensionsharmonisierung  

erstellt am
18. 11. 04

Schüssel: "Die Harmonisierung wäre ohne Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst nicht möglich gewesen."
Wien (bpd) - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Vizekanzler Hubert Gorbach, Staatssekretär Alfred Finz und der Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Fritz Neugebauer, informierten am Mittwoch (17. 11.) Abend im Bundeskanzleramt über die erfolgreiche Einigung zur Pensionsharmonisierung und zur Gehaltsrunde. Der Gehaltsabschluss mit
2,3 Prozent berücksichtigt die Inflationsrate. Er kostet 214 Millionen Euro, darin sind die Kosten für die Landeslehrer in der Höhe von 62 Millionen bereits mit eingerechnet.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel begrüßte die heute erzielte Einigung mit den Vertretern des Öffentlichen Dienstes: "Ein großes Dankeschön an den öffentlichen Dienst. Wir konnten in der Vergangenheit stets auf die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst vertrauen, denn ohne ihre Zusammenarbeit wäre es nicht gelungen, die öffentliche Verwaltung schlanker zu machen. Es ist eine der großen Erfolgsgeschichten, dass die öffentliche Verwaltung in den letzten Jahren deutlich effizienter und produktiver geworden ist. Wir können diese Gehaltsabschlüsse durch die Effizienzsteigerung im öffentlichen Sektor herein verdienen. Eine solche Steigerung ist nur durch motivierte Mitarbeiter möglich, die in ihren Lebensgehaltskurven nicht gegenüber Beschäftigten in der Privatwirtschaft benachteiligt sein sollten. Wir werden auch ein einheitliches Bundesmitarbeiterrecht anstreben. Der Gehaltsabschluss wird einen Impuls für den Konsum bringen und er ist budgetär vertretbar und verkraftbar." Der Bundeskanzler betonte, dass mit der heute erzielten Harmonisierung der Pensionen das erste Mal ein einheitliches Pensionsanwartschaftsrecht für alle Berufsgruppen geschaffen worden sei. "Das ist tatsächlich ein gewaltiger Schritt, dessen Dimensionen erst in Zukunft begriffen werden. Das haben wir angestrebt und umgesetzt. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch die Zustimmung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst hervorheben. Sozialdemokraten und Christgewerkschafter haben wirklich erfolgreich zu Ende verhandelt.

Dieser Verhandlungsleistung und diesem staatspolitischen Verhalten zolle ich höchsten Respekt." Die Eckpunkte der Harmonisierung sind die aliquote Anrechnung bisher erworbener Ansprüche sowie die Vereinheitlichung des neuen Systems ab 1.1.2005.

Vizekanzler Hubert Gorbach dankte allen Verhandlungspartnern der letzten Wochen: "Wir haben ein Harmonisierungspaket beschlossen, das ein faires, gerechtes und auch verfassungsmäßig gesichertes Paket darstellt. Ich freue mich besonders, dass wir zeitgerecht diese Einigung erzielen konnten, sodass mit 1.1.2005 die Harmonisierung realisiert werden kann. Die Bundesregierung beweist damit, dass sie die wichtigsten Reformen nicht nur angegangen ist, sondern auch durchführen konnte. Diese Reformen erfüllen keinen Selbstzweck, sondern dienen dem Erhalt unserer hohen sozialen Standards."

Staatssekretär Finz betonte den ausgeglichenen Kompromiss bei den erzielten Ergebnissen. Finz: "Es waren zwei Paar Schuhe, die wir hier geschnürt haben. Zum einen die Gehaltsrunde, zum anderen das Jahrhundertwerk Pensionsharmonisierung. Diese Bundesregierung hat das erfüllt, worüber andere Jahrzehnte nur geredet haben. Ich stehe zu diesem Gehaltsabschluss. Das Geld ist für den öffentlichen Dienst gut angelegt." Die Verhandlungen zur Pensionsharmonisierung gestalteten sich etwas schwieriger. Nicht alle Wünsche seien erfüllt worden, jedoch konnte ein ausgewogener Abschluss erzielt werden, so Finz.

Fritz Neugebauer lobte die inhaltliche Dichte der Regierungsarbeit: "Der Bundeskanzler und die Bundesregierung haben in ihrer Arbeit eine Vielzahl von Themen vorgegeben. Eine derartige Intensität habe ich in meiner langjährigen Laufbahn noch nie erlebt."

In Bezug auf die Pensionsharmonisierung betonte GÖD-Vorsitzender Neugebauer, dass das formulierte Ziel, nämlich die Schaffung eines Pensionskontos für alle, erreicht werden konnte. Neugebauer: "Es ist klar, dass die Schaffung eines Überganges aus verschiedenen Systemen in ein einziges neues mit Schwierigkeiten verbunden ist. Insbesondere gilt das für den Wechsel von einem Alimentationssystem im öffentlichen Dienst in ein klassisches Versicherungssystem. Wir haben jedoch alle in einem sehr fairen fachlichen Umgang miteinander die damit verbundenen Probleme gelöst. Die Kollegen beurteilen das Ergebnis als sehr positiv. Ich bedanke mich, dass dieses Ergebnis in einer sehr guten sozialen Partnerschaft zwischen der Bundesregierung als Arbeitgeber und der GÖD als Arbeitnehmervertreter erzielt worden ist."

 

 Blecha: "Für Hunderttausende schnappt die Armutsfalle zu"
Blecha fordert Anhebung des Ausgleichszulagen-Richtsatzes über die Armutsgrenze
Wien (sk) - Am Donnerstag (18. 11.) werde die ÖVP-FPÖ-Regierung unter dem Titel "Harmonisierung" die "größte Pensionskürzungsreform aller Zeiten" Gesetz werden lassen, sagte Karl Blecha, Präsident des Pensionistenverbandes Österreichs (PVÖ) in einer Pressekonferenz am Mittwoch (17. 11.). Die Armutsfalle schnappe für jene zu, die in den nächsten zwei Jahrzehnten in Pension gehen werden, und für jene, die sich bereits in Pension befinden. Der ÖVP stellte in diesem Zusammenhang folgende Forderungen: Einen sofortigen Belastungsstopp, eine stärkere Anpassung der Pensionen und die Anhebung des Ausgleichzulagenrichtsatzes über die Armutsgrenze. "Wir fordern für Morgen auch einen Stopp des laufenden Pensionskürzungspakets. Noch ist es Zeit, die neuerlichen Pensionskürzungen zu mildern, denn der Sozialminister muss bis zum 30. November die Pensionsanpassung für das darauf folgende Jahr mittels Verordnung festlegen."

"Die Beitragserhöhungen haben den Plafond erreicht", kritisierte Blecha. Es habe eine Erhöhung der Rezeptgebühr und der Spitalsaufenthaltsbeiträge stattgefunden, zudem seien die Mieten erhöht worden und die Preise für Brot, Gebäck, Fleisch und Gemüse seien auch gestiegen. Auch der Krankenversicherungsbeitrag wurde exklusiv für Pensionisten von 3,75 Prozent auf 4,85 Prozent erhöht, zählte Blecha weitere Belastungen auf. Zudem habe eine Streichung der Zuschüsse bei Brillen stattgefunden. "Der überwiegende Teil der 3,1 Millionen Brillenträger sind Pensionisten", sagte Blecha. Er, Blecha, frage sich, was noch an Belastungen auf Pensionisten zukommen werde. "Wird es in Zukunft keinen Zahnersatz, keine Hörgeräte, keinen Gehstock, keinen Rollstuhl und keine Operationen für alte Menschen mehr geben?"

Zudem müsse es zu einer Anhebung des Ausgleichszulagen-Richtsatzes über die Armutsgrenze geben, appellierte der Präsident des Pensionistenverbandes. Die Armutsgrenze für Alleinstehende betrage derzeit 670 Euro, erklärte Blecha. Der Ausgleichzulagen-Richtsatz für Alleinstehende betrage derzeit 653,19 Euro - er soll im Jahr 2005 um 1,5 Prozent erhöht werden, wobei er noch immer deutlich unter der Armutsgrenze liege, so Blecha: "Der ÖVP fordert, dass der Richtsatz auf zumindest 675 Euro angehoben wird."

Belastungspakete demonstrieren die Kälte der Regierung
Die durch eine komplizierte Formel errechnete Nettoanpassungs-Richtsatz wurde Jahr für Jahr wegen angeblich "üppiger Pensionen" gekürzt; im Jahr 2005 fand eine Kürzung von 1,9 auf 1,5 Prozent statt, verwies Blecha auf den "Pensionsraub" der Bundesregierung. Zudem habe der Verfassungsgerichtshof zwar die Unfallrentenbesteuerung aufgehoben und eine Rückzahlung für 2002 veranlasst, doch "2003 wurde die Unfallrentenbesteuerung wieder eingehoben, es wurden 133 Millionen Euro kassiert und die Rückerstattung verweigert", kritisierte Blecha.

"Auch die Heizkosten 2004 sind explodiert", erinnerte Blecha, der sich für einen bundesweiten Heizkostenzuschuss aussprach. "Der Heizkostenzuschuss darf nicht davon abhängig gemacht werden, wo man wohnt." Finanzminister Grasser habe durch die Verteuerung der Energiekosten ein Körberlgeld in der Höhe von 370 Millionen Euro gemacht - "Das Geld für den Heizkostenzuschuss ist vorhanden", so Blecha.

Pensionisten wurden auch von der Negativsteuer ausgeschlossen, zählte Blecha ein weiteres Versagen der Bundesregierung auf. Erwerbstätige, die keine Steuer zahlen, würden einen Teil der von ihnen geleisteten Sozialversicherungsbeiträge als Gutschrift zurückerstattet bekommen. Es ginge nicht, so Blecha, dass die rund 800.000 Pensionisten, die keine Steuer zahlen, überhaupt nichts bekommen. "Wir fordern, dass Pensionisten, die keine Steuer zahlen, eine Gutschrift für die von ihnen geleisteten Krankenversicherungsbeiträge bekommen."

Auch von der Steuerreform würden Pensionisten nicht profitieren, rechnete Blecha vor. So bekomme ein Pensionist mit einer Brutto-Pension von 821 Euro heuer 775,29 Euro netto. Im Jahr 2005 betrage die Brutto-Pension 831,30 Euro; ein Plus von 10,30 Euro. "Netto bedeutet das 790,15 Euro, doch die Krankenversicherung frisst einen Großteil der Anpassung wieder auf", so Blecha. Wenn man die "normale" Teuerung von zwei Prozent zugrunde lege, dann erleide ein Pensionist mit einer Pension knapp über der Armutsgrenze einen Verlust von 10,85 Euro. Blecha: "Nimmt man die echte Teuerung für Pensionisten von 3,5 Prozent, weil ja Miete, Heizung, Strom, Brot und Gebäck teurer geworden sind, dann bedeutet das für ihn einen Wertverlust von 22,63 Euro." 

 

  Molterer: Wichtigstes sozialpolitisches Projekt der Regierung umgesetzt
ÖVP-Klubobmann begrüßt Einigung über Pensionsharmonisierung
Wien (övp-pk) - Mit der Einigung über die Pensionsharmonisierung wird das wohl wichtigste sozialpolitische Projekt der Koalitionsregierung in dieser Legislaturperiode umgesetzt. Damit stellen wir die Weichen für die soziale Balance, sagte ÖVP-Klubobmann Mag. Wilhelm Molterer am Mittwoch (17. 11.) in einer Pressekonferenz, in der er gemeinsam mit FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner, Staatssekretärin Ursula Haubner und den Sozialsprechern Walter Tancsits von der ÖVP und Sigisbert Dolinschek von der FPÖ die Einigung über die Pensionsharmonisierung präsentierte.

"Es war eines der großen Ziele der Bundesregierung, die Altersversorgung langfristig abzusichern, sie fair und gerecht zu gestalten und vor allem den jungen Menschen eine nachhaltige Perspektive zu geben. Durch den morgigen Beschluss im Nationalrat wird unser Konzept einer Pensionsreform und -harmonisierung mit drei funktionierenden Säulen umgesetzt", ist Molterer zufrieden.

"Diese Harmonisierung sichert die Zukunft, schafft Fairness und Gerechtigkeit, schafft Transparenz durch das Pensionskonto, bringt soziale Verbesserungen vor allem für Frauen, sorgt für Klarheit und enthält mit der Flexibilität der Selbstbestimmung über Pensionsalter und Pensionshöhe wesentliche, neue Elemente", fasste Molterer zusammen. "Wir schaffen EIN Pensionsrecht für alle. Die Bundesländer werden sich dieser Zielsetzung nicht verschließen können, weil sie alternativlos da steht", ist der Klubobmann sicher.

"Unser Ziel war, ab 1. Jänner 2005 ein gleiches Pensionssystem für alle - auch für den Öffentlichen Dienst - ohne übergroße Brüche für den einzelnen zu schaffen." Entscheidend ist für Molterer in diesem Zusammenhang das nun geschaffene Übergangsrecht für den Öffentlichen Dienst. Damit sei der Vertrauensschutz und die Verfassungskonformität gesichert", ist Molterer überzeugt. "Man sieht: Verhandeln lohnt sich. Nur wer den Verhandlungstisch frühzeitig verlässt, ist am Ende nicht dabei." 

 

Haubner: FPÖ hat Verbesserungen bei der Harmonisierung ausverhandelt
Gerade die Frauen profitieren - Ungerechtigkeiten beseitig
Wien (fpd) - FPÖ-Bundesparteiobfrau Ursula Haubner zeigte sich am Mittwoch (17. 11.) sehr erfreut über die klaren Verbesserungen die die FPÖ im Zuge der Pensionsharmonisierung ausverhandelt habe. "Jetzt können wir stolz die Harmonisierung beschließen, die wir Freiheitlichen seit Jahren gefordert haben. Nämlich ein in Zukunft faires, gerechtes und sicheres Pensionssystem für Alle", so Haubner. Die Harmonisierung der Pensionssysteme zähle zu den wichtigsten und weitreichendsten Reformen dieser Bundesregierung. Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf seien folgende klare Verbesserungen besonders für Frauen vorgenommen worden, betonte Haubner.

Für Mehrlingsgeburten werde es künftig 4 statt 5 Anrechnungsjahre geben. Das heißt es werden für 5 Jahre 1350 Euro als Bemessungsgrundlage additiv dem Pensionskonto gutgeschrieben.

Auch wird es vor Allem für Frauen unter 50 schon mit 7 Erwerbsjahren und 15 Jahren Versicherungszeit einen eigenen Pensionsanspruch geben. Bisher war dies nur für Neueintretende im System geplant und stellt eine klare Verbesserung speziell für Frauen dar.

Die Langzeit-Versichertenregel, die bisher 2010 abrupt ausgelaufen wäre, wird mit einem gleitenden Übergang versehen, womit in Halbjahres- beziehungsweise Jahresschritten bis 2018 das Regelpensionsalter von für Frauen 60 und Männer 65 Jahren erreicht wird.

"Wir haben ein Paket ausverhandelt, auf dass die FPÖ und die gesamte Bundesregierung stolz sein können. Woran SPÖ-geführte Regierungen gescheitert sind oder sich nie getraut haben, setzen wir um. Generationengerechtigkeit ist kein leeres Schlagwort. Die Zukunft des Pensionssystems steht auf festen Füßen," so Haubner abschließend.

 

 GÖD scheint Pensionsverlusten bis zu 50 Prozent zugestimmt zu haben
Öllinger: Verluste könnten auch mit Pensionskasse nicht aufgefangen werden
Wien (grüne) - "Das ja wohl nicht ernst gemeint sein, dass die Einigung mit Beamten bloß darin besteht, dass man im nächsten Jahr weiterverhandeln will. Wenn das alles ist, dann bedeutet das, dass die Beamtengewerkschaft die vor allem für knapp unter 50-Jährigen massiven Verluste bis zu 50 Prozent akzeptiert hat. Selbst das vage Versprechen auf eine Pensionskassa könnte nicht einmal im Ansatz diese Verluste auffangen", kommentiert Karl Öllinger, stv. Klubobmann und Sozialsprecher der Grünen, die bis jetzt bekannten Details zur Einigung über die Pensionsharmonisierung bei den Beamten.
      
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