Bundesdefizit 2,4 %, gesamtstaatliches Defizit 1,9 % des BIP
Wien (pk) - Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen wurde am Mittwoch (17. 11.) das Budget
2005 angenommen. Zuvor war als letzte Budgetgruppe der Haushalt des Finanzressorts debattiert worden. Die Neuverschuldung
des Bundes wird 2,4 % des BIP betragen, das Defizit des gesamtstaatlichen Haushalts infolge der Überschüsse
der Länder 1,9 %.
Abgeordneter Dr. MATZNETTER (S) bezweifelte, dass es sich bei diesem Budget um eines des Zukunftsoptimismus
handle und hier entsprechende Akzente gesetzt würden. In den 90er Jahren sei Österreich hinsichtlich
des Wirtschaftswachstums überdurchschnittlich gut gelegen, habe weit bessere Arbeitsmarktdaten aufgewiesen
und sei in Bezug auf die Preise besser dagestanden als heute. Anstatt Impulse zu setzen, habe man nun aber restriktive
Budgets gemacht, und anstatt umzukehren, gehe die Regierung weiter auf dem falschen Weg. Die Steuerreform komme
zur falschen Zeit und richte sich an die falschen Adressaten, was beachtliche Probleme für die heimische Finanzpolitik
ergebe, zumal auch sonst falsche Akzente gesetzt würden, schloss der Redner.
Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) zog eine Bilanz über den bisherigen Verlauf der Budgetdebatte und meinte,
zum vorliegenden Budget gebe es keine Alternative. Die Opposition habe keine Konzepte vorgelegt, während die
Regierung auf dem richtigen Weg sei. Die Opposition ergehe sich in Schwarzmalerei, die Regierung setze die richtigen
Initiativen. Österreich sei gut unterwegs, heute stehe man wesentlich besser da als noch 1999. Die Konsolidierungspolitik
der Regierung habe exzellente Ergebnisse gezeitigt, und das vorliegende Budget setze diesen Kurs fort. Die Kaufkraft
werde gestärkt, das Wirtschaftswachstum gefördert, die Wachstumspolitik werde in diesem Budget fortgeschrieben
und in die Zukunft investiert. Das Ergebnis könne sich sehen lassen, gab sich der Redner überzeugt.
Abgeordneter Mag. KOGLER (G) würdigte eingangs die qualitätvolle Arbeit der Beamten im Finanzressort
und zeichnete sodann ein weniger optimistisches Bild als sein Vorredner. Wachstum, Beschäftigung und dergleichen
müsse man hinsichtlich der Veränderungsraten betrachten und vor allem mit Ländern ähnlicher
Größe und ähnlicher Struktur vergleichen. Es sei zu bezweifeln, ob die Zielsetzung "Aufschwung
durch Entlastung" mit diesem Budget zu erreichen sei. Aus diesem Grunde habe man schon seinerzeit gefordert,
jenen Teil der Steuerreform, der wirklich die Kaufkraft gestärkt hätte, vorzuziehen, doch diesem Rat
sei die Regierung damals nicht gefolgt. Auch in anderen Punkten habe die Regierung den Ratschlägen nicht Folge
geleistet und ein Budget vorgelegt, dessen Schwerpunkten seine Fraktion die Zustimmung nicht erteilen könne.
Abgeordneter BUCHER (F) konstatierte, die Opposition habe verhältnismäßig wenig substantielle
Kritik an diesem Budget vorzubringen vermocht, und dies sei auch nicht verwunderlich, müsse man doch neidlos
anerkennen, dass dieses Budget absolut richtig ist. Es sende die richtigen Signale aus und setze die richtigen
Akzente für eine erfolgreiche Zukunft. So sei die Steuerreform zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Mit diesem
Budget werde der Aufschwung in Österreich eingeleitet. Österreich stehe im internationalen Vergleich
gut da, und das vorliegende Budget lege die Basis für weitere Erfolge.
Bundesminister Mag. GRASSER sah sich mit seinem Budget durch die Einschätzung der EU-Kommission bestätigt
und gab sich überzeugt, mit dem vorliegenden Budget die richtigen Schritte zu einer gedeihlichen Entwicklung
gelegt zu haben. Die Beschäftigung steige weiter, die Arbeitslosigkeit werde perspektivisch sinken. Die Regierung
tue alles, um die Trendwende am Arbeitsmarkt einzuleiten, und die Budgetpolitik werde sich in dieser Hinsicht als
erfolgreich erweisen, erklärte Grasser, der auf die Entlastungen hinwies, die durch das vorliegende Budget
erzielt werden würden. Man sei in einer Aufschwungphase, und es gelte, diesen auch für sich zu nutzen,
so der Minister.
Sodann ging der Redner auf die Reform der Finanzverwaltung ein, die beachtliche Einsparungen gebracht und in der
Zukunft konkrete Verbesserungen bewirken werde. Weiters setzte sich der Redner mit der Entwicklungshilfe und mit
der Bundesfinanzierungsagentur auseinander. Es sei gelungen, nennenswerte Erfolge zu erzielen, und diesen Weg gehe
man mit dem vorliegenden Budget, das ein solides Fundament für die Zukunft bilde, konsequent weiter, kündigte
das Regierungsmitglied an, das abschließend noch auf den Finanzausgleich einging.
Abgeordneter Mag. MOSER (S) meinte hingegen, das ohnehin schwache Wachstum sei lediglich exportgestützt.
Die Inlandsnachfrage sei nach wie vor erschreckend schwach, und das wirke sich auch auf das Wirtschaftswachstum
aus. Es gebe zahlreiche Einmalmaßnahmen, was 2006 zu entsprechenden Problemen führen werde. Der Minister
beschränke sich auf Budgetkosmetik und verschleudere zudem Volksvermögen, und dieser "Dilettantismus"
sei abzulehnen, meinte Moser unter Bezugnahme auf die Entwicklung rund um die VA Tech. In diesem Sinne brachte
er einen Entschließungsantrag betreffend einen Verzicht auf eine vollständige Privatisierung des Unternehmens
ein.
Abgeordneter AUER (V) brachte namens der Koalitionsparteien einen Abänderungsantrag zum Bundesfinanzgesetz
ein. Demnach wird der Bund den Ländern und den Gemeinden, wie bei den Finanzausgleichsverhandlungen vereinbart,
jeweils zusätzlich 100 Mill. € überweisen. Außerdem werden zusätzlich 12 Mill. € für
Landeslehrer zur Verfügung gestellt. Dadurch steigen die für das kommende Jahr prognostizierten Ausgaben
des Bundes von 64,21 Mrd. € auf 64,42 Mrd. €, das Defizit des Bundes wächst um 0,1 %. Am angepeilten gesamtstaatlichen
Defizit 2005 in der Höhe von 1,9 % ändert sich allerdings nichts, weil, wie es in den Erläuterungen
heißt, dem höheren Defizit des Bundes höhere Überschüsse der Länder im gleichen
Ausmaß gegenüberstehen.
Generell merkte Auer an, die Regierung sei bei der Senkung der Abgabenquote auf unter 40 % auf einem guten Weg.
Seiner Ansicht nach werden im Budget 2005 zudem die richtigen Schwerpunkte gesetzt. Österreich schneide bei
einem "Benchmark"-Vergleich in Europa in vielen Bereichen hervorragend, zum Teil sogar am besten ab,
betonte der Abgeordnete.
Abgeordnete SBURNY (G) setzte sich mit der Verteilungsfrage auseinander und wies darauf hin, dass es bei
den Einnahmen aus der Körperschaftssteuer von 2001 bis 2005 eine Reduktion um 40 % gebe. Unternehmen zahlten
40 % weniger Steuer als noch vor einigen Jahren. Die Einnahmen aus der Einkommensteuer seien hingegen im gleichen
Zeitraum um 8,5 % gestiegen. Sburny zufolge lässt sich an diesen Zahlen die Prioritätensetzung der Regierung
klar erkennen. Bemerkenswert findet Sburny darüber hinaus, dass das Steuersystem in Österreich "in
keiner Weise geschlechtsneutral ist". |
Abgeordneter DI HOFMANN (F) skizzierte, der Vermögensstand der ÖIAG sei im Jahr 1999 bei 9 Mrd.
€, der Schuldenstand bei 4 Mrd. € gelegen. Mittlerweile hätten die Schulden durch eine erfolgreiche Privatisierungspolitik
auf 1,6 Mrd. € gesenkt werden können, ohne dass sich am Vermögensstand etwas geändert hätte.
Zur Kritik der Opposition am Budgetdefizit 2005 merkte Hofmann an, auch in den 30 Jahren, in denen sozialdemokratische
Finanzminister für den Bundeshaushalt verantwortlich gewesen seien, habe es kein einziges Budget ohne Defizit
gegeben. Österreich ist für ihn "ein hervorragender Wirtschafts- und Arbeitsstandort".
Abgeordneter Mag. HOSCHER (S) vertrat die Auffassung, dass durch das Budget 2005 "die Verteilungsschieflage"
zu Lasten der unselbständig Beschäftigten weiter verschärft wird. Er wandte sich außerdem
gegen einen Steuerwettbewerb bei den Unternehmenssteuern nach unten. Hoscher zufolge hätte man den prognostizierten
Wachstumseffekt durch die Steuerreform mit einem deutlich geringeren Mitteleinsatz erreichen können, hätte
man nicht "Klientelpolitik" betrieben.
Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) hielt fest, man könne das heutige Budget nicht mit den Budgets Ende
der 90-er Jahre vergleichen. Heute würden Österreich wesentlich bessere Wachstumszahlen prognostiziert
als dem Durchschnitt der EU-Länder, betonte er. Darüber hinaus machte er darauf aufmerksam, dass mehr
als 50 % der unselbständig Beschäftigten keine Lohnsteuer zahlten. Die Regierung setzt seiner Meinung
nach die richtigen Maßnahmen zur richtigen Zeit.
Abgeordnete Dr. MOSER (G) wies darauf hin, dass im Budget 2005 auch Dividenden der Post AG an den Finanzminister
vorgesehen seien. Gleichzeitig schränke die Post ihre Dienstleistungen massiv ein, klagte sie. Moser brachte
einen Entschließungsantrag ein, in dem sie die Bundesregierung und insbesondere den Verkehrsminister auffordert,
ehestmöglich eine Neufassung der Post-Universaldienstverordnung vorzulegen, um einem "Kahlschlag"
bei den Postämtern vorzubeugen.
Abgeordneter Mag. IKRATH (V) zeigte kein Verständnis für die Haltung der SPÖ zur Senkung
der Körperschaftssteuer und zur Einführung der Gruppenbesteuerung. Er wies darauf hin, dass es zum einen
zahlreiche kritische Stellungnahmen von SPÖ-Finanzsprecher Matznetter zu diesen beiden Maßnahmen gebe,
gleichzeitig habe Matznetter gegenüber der "Presse" aber ausgeschlossen, diese bei einer künftigen
Regierungsbeteiligung der SPÖ wieder rückgängig zu machen. Nach Meinung von Ikrath werden durch
die Steuerreform zahlreiche Arbeitsplätze gesichert.
Abgeordneter EDER (S) betonte, die SPÖ habe in vielen Bereichen gute Alternativen zur Politik der Regierung.
Er verwies unter anderem auf das Wirtschaftsprogramm, das Bildungsprogramm und das Wohnungsprogramm. Kritik übte
Eder unter anderem daran, dass der Bevölkerung von der Regierung zuletzt 31 Belastungen auferlegt worden seien.
Außerdem gab er zu bedenken, dass die Gehaltserhöhung für die Beamten unter der Inflationsrate
liege.
Abgeordnete TAMANDL (V) setzte sich kritisch mit dem Budget der Gemeinde Wien auseinander und meinte, dieses
sei im Vergleich zum Budget des Bundes weder transparent noch bürgernah. Auch der Gender-Aspekt würde
nicht berücksichtigt. Durch die Steuerreform des Bundes steigt Tamandl zufolge die Kaufkraft der Bevölkerung.
Abgeordneter STEIER (S) bezeichnet Länder, Städte und Gemeinden als die Verlierer der letzten
Jahre. Die Länder seien nur unwesentlich an zusätzlichen Steuereinnahmen beteiligt, skizzierte er, dafür
müssten sie durch die Steuerreform hohe Steuereinbußen hinnehmen. Gleichzeitig sei die Infrastruktur
in den ländlichen Gebieten in den letzten Jahren massiv ausgedünnt worden. Steier verwies u.a. auf die
Schließung von Postämtern, Bezirksgerichten und Wachzimmern. Kein Verständnis zeigte Steier überdies
dafür, dass der Finanzausgleich mit neuen Belastungen für die Bevölkerung gekoppelt werde.
Abgeordneter Dr. LIECHTENSTEIN (V) betonte, die Regierung habe bereits wesentliche Schritte zur Etablierung
eines modernen, zukunftsfähigen Steuerrechts in Österreich gesetzt. Seiner Meinung nach war die KöST-Senkung
in Österreich "absolut notwendig", um überhaupt noch Investoren anzulocken. Liechtenstein verwies
in diesem Zusammenhang auf die niedrige Unternehmensbesteuerung und die Einführung der Flat Tax in der Slowakei,
welche das östliche Nachbarland Österreichs zu einem Magneten für Unternehmer gemacht hätten.
Das Wachstum liege dort weit über dem europäischen Durchschnitt, unterstrich er.
Abgeordnete HAGENHOFER (S) ortete Defizite beim Ausbau der Infrastruktur und bei der Aus- und Weiterbildung,
insbesondere bei der Erwachsenenbildung. Die Rednerin konnte sich der optimistischen Darstellung des Finanzministers
betreffend die KMU nicht anschließen und meinte vielmehr, Großhandelsketten würden aus dem Boden
schießen, während die kleinen Unternehmen sterben und die Nahversorgung eingestellt werde.
Abgeordneter Ing. SCHULTES (V) begrüßte die Rückflüsse aus der EU in die Landwirtschaft
und stellte fest, Österreich sei hinsichtlich Landwirtschaft sogar Nettoempfänger.
Abgeordneter Mag. GASSNER (S) kritisierte, die kommende Steuerreform gleiche nicht einmal die Belastungen
der ersten fünf Jahre dieser Regierung aus. Kein Verständnis zeigte der Redner auch für den abgeschlossenen
Finanzausgleich, der, wie er sagte, die Aushöhlung vor allem der kleinen Gemeinden fortsetze. Allein in seiner
eigenen Gemeinde würde durch die Erhöhung der Gebühren ein Minus von 90.000 € entstehen, rechnete
er vor.
Abgeordneter Dr. MAIER (V) führte die Ablehnung des Finanzausgleiches durch die SPÖ auf parteipolitische
Spekulationen zurück und fühlte sich in seiner positiven Einschätzung des Verhandlungsergebnisses
durch die zustimmenden Kommentare Sepp Rieders bestätigt.
Abgeordnete REST-HINTERSEER (G) beklagte totale Unsicherheit der Gemeinden als Folge dieses Budgets und
des Finanzausgleiches. Der Voranschlag sehe keinerlei Vorsorge für allfällige Rückzahlungen der
Getränkesteuer vor, andererseits würden die Gemeinden aber mit immer teureren Aufgaben konfrontiert,
warnte sie.
Abgeordneter GLASER (V) widersprach seiner Vorrednerin und betonte, die Regierung sorge mit dem Finanzausgleich
dafür, dass die Gebietskörperschaften eine Zukunft haben.
Abgeordneter AUER (V) brachte einen V-F-Abänderungsantrag ein, der Druckfehlerberichtigungen enthält.
Bei der Abstimmung wurde zunächst die Beratungsgruppe XI in der Fassung des V-F-Abänderungsantrages mit
den Stimmen der Regierungsparteien angenommen.
Die Entschließungsanträge von SPÖ und Grünen fanden keine Mehrheit.
Schließlich wurde das Bundesfinanzgesetz 2005 in Dritter Lesung mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ
verabschiedet. |