Nationalrat verabschiedet Bundeshaushalt 2005 mit Koalitionsmehrheit  

erstellt am
18. 11. 04

Bundesdefizit 2,4 %, gesamtstaatliches Defizit 1,9 % des BIP
Wien (pk) - Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen wurde am Mittwoch (17. 11.) das Budget 2005 angenommen. Zuvor war als letzte Budgetgruppe der Haushalt des Finanzressorts debattiert worden. Die Neuverschuldung des Bundes wird 2,4 % des BIP betragen, das Defizit des gesamtstaatlichen Haushalts infolge der Überschüsse der Länder 1,9 %.

Abgeordneter Dr. MATZNETTER (S) bezweifelte, dass es sich bei diesem Budget um eines des Zukunftsoptimismus handle und hier entsprechende Akzente gesetzt würden. In den 90er Jahren sei Österreich hinsichtlich des Wirtschaftswachstums überdurchschnittlich gut gelegen, habe weit bessere Arbeitsmarktdaten aufgewiesen und sei in Bezug auf die Preise besser dagestanden als heute. Anstatt Impulse zu setzen, habe man nun aber restriktive Budgets gemacht, und anstatt umzukehren, gehe die Regierung weiter auf dem falschen Weg. Die Steuerreform komme zur falschen Zeit und richte sich an die falschen Adressaten, was beachtliche Probleme für die heimische Finanzpolitik ergebe, zumal auch sonst falsche Akzente gesetzt würden, schloss der Redner.

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) zog eine Bilanz über den bisherigen Verlauf der Budgetdebatte und meinte, zum vorliegenden Budget gebe es keine Alternative. Die Opposition habe keine Konzepte vorgelegt, während die Regierung auf dem richtigen Weg sei. Die Opposition ergehe sich in Schwarzmalerei, die Regierung setze die richtigen Initiativen. Österreich sei gut unterwegs, heute stehe man wesentlich besser da als noch 1999. Die Konsolidierungspolitik der Regierung habe exzellente Ergebnisse gezeitigt, und das vorliegende Budget setze diesen Kurs fort. Die Kaufkraft werde gestärkt, das Wirtschaftswachstum gefördert, die Wachstumspolitik werde in diesem Budget fortgeschrieben und in die Zukunft investiert. Das Ergebnis könne sich sehen lassen, gab sich der Redner überzeugt.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) würdigte eingangs die qualitätvolle Arbeit der Beamten im Finanzressort und zeichnete sodann ein weniger optimistisches Bild als sein Vorredner. Wachstum, Beschäftigung und dergleichen müsse man hinsichtlich der Veränderungsraten betrachten und vor allem mit Ländern ähnlicher Größe und ähnlicher Struktur vergleichen. Es sei zu bezweifeln, ob die Zielsetzung "Aufschwung durch Entlastung" mit diesem Budget zu erreichen sei. Aus diesem Grunde habe man schon seinerzeit gefordert, jenen Teil der Steuerreform, der wirklich die Kaufkraft gestärkt hätte, vorzuziehen, doch diesem Rat sei die Regierung damals nicht gefolgt. Auch in anderen Punkten habe die Regierung den Ratschlägen nicht Folge geleistet und ein Budget vorgelegt, dessen Schwerpunkten seine Fraktion die Zustimmung nicht erteilen könne.

Abgeordneter BUCHER (F) konstatierte, die Opposition habe verhältnismäßig wenig substantielle Kritik an diesem Budget vorzubringen vermocht, und dies sei auch nicht verwunderlich, müsse man doch neidlos anerkennen, dass dieses Budget absolut richtig ist. Es sende die richtigen Signale aus und setze die richtigen Akzente für eine erfolgreiche Zukunft. So sei die Steuerreform zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Mit diesem Budget werde der Aufschwung in Österreich eingeleitet. Österreich stehe im internationalen Vergleich gut da, und das vorliegende Budget lege die Basis für weitere Erfolge.

Bundesminister Mag. GRASSER sah sich mit seinem Budget durch die Einschätzung der EU-Kommission bestätigt und gab sich überzeugt, mit dem vorliegenden Budget die richtigen Schritte zu einer gedeihlichen Entwicklung gelegt zu haben. Die Beschäftigung steige weiter, die Arbeitslosigkeit werde perspektivisch sinken. Die Regierung tue alles, um die Trendwende am Arbeitsmarkt einzuleiten, und die Budgetpolitik werde sich in dieser Hinsicht als erfolgreich erweisen, erklärte Grasser, der auf die Entlastungen hinwies, die durch das vorliegende Budget erzielt werden würden. Man sei in einer Aufschwungphase, und es gelte, diesen auch für sich zu nutzen, so der Minister.

Sodann ging der Redner auf die Reform der Finanzverwaltung ein, die beachtliche Einsparungen gebracht und in der Zukunft konkrete Verbesserungen bewirken werde. Weiters setzte sich der Redner mit der Entwicklungshilfe und mit der Bundesfinanzierungsagentur auseinander. Es sei gelungen, nennenswerte Erfolge zu erzielen, und diesen Weg gehe man mit dem vorliegenden Budget, das ein solides Fundament für die Zukunft bilde, konsequent weiter, kündigte das Regierungsmitglied an, das abschließend noch auf den Finanzausgleich einging.

Abgeordneter Mag. MOSER (S) meinte hingegen, das ohnehin schwache Wachstum sei lediglich exportgestützt. Die Inlandsnachfrage sei nach wie vor erschreckend schwach, und das wirke sich auch auf das Wirtschaftswachstum aus. Es gebe zahlreiche Einmalmaßnahmen, was 2006 zu entsprechenden Problemen führen werde. Der Minister beschränke sich auf Budgetkosmetik und verschleudere zudem Volksvermögen, und dieser "Dilettantismus" sei abzulehnen, meinte Moser unter Bezugnahme auf die Entwicklung rund um die VA Tech. In diesem Sinne brachte er einen Entschließungsantrag betreffend einen Verzicht auf eine vollständige Privatisierung des Unternehmens ein.

Abgeordneter AUER (V) brachte namens der Koalitionsparteien einen Abänderungsantrag zum Bundesfinanzgesetz ein. Demnach wird der Bund den Ländern und den Gemeinden, wie bei den Finanzausgleichsverhandlungen vereinbart, jeweils zusätzlich 100 Mill. € überweisen. Außerdem werden zusätzlich 12 Mill. € für Landeslehrer zur Verfügung gestellt. Dadurch steigen die für das kommende Jahr prognostizierten Ausgaben des Bundes von 64,21 Mrd. € auf 64,42 Mrd. €, das Defizit des Bundes wächst um 0,1 %. Am angepeilten gesamtstaatlichen Defizit 2005 in der Höhe von 1,9 % ändert sich allerdings nichts, weil, wie es in den Erläuterungen heißt, dem höheren Defizit des Bundes höhere Überschüsse der Länder im gleichen Ausmaß gegenüberstehen.

Generell merkte Auer an, die Regierung sei bei der Senkung der Abgabenquote auf unter 40 % auf einem guten Weg. Seiner Ansicht nach werden im Budget 2005 zudem die richtigen Schwerpunkte gesetzt. Österreich schneide bei einem "Benchmark"-Vergleich in Europa in vielen Bereichen hervorragend, zum Teil sogar am besten ab, betonte der Abgeordnete.

Abgeordnete SBURNY (G) setzte sich mit der Verteilungsfrage auseinander und wies darauf hin, dass es bei den Einnahmen aus der Körperschaftssteuer von 2001 bis 2005 eine Reduktion um 40 % gebe. Unternehmen zahlten 40 % weniger Steuer als noch vor einigen Jahren. Die Einnahmen aus der Einkommensteuer seien hingegen im gleichen Zeitraum um 8,5 % gestiegen. Sburny zufolge lässt sich an diesen Zahlen die Prioritätensetzung der Regierung klar erkennen. Bemerkenswert findet Sburny darüber hinaus, dass das Steuersystem in Österreich "in keiner Weise geschlechtsneutral ist".
   

Abgeordneter DI HOFMANN (F) skizzierte, der Vermögensstand der ÖIAG sei im Jahr 1999 bei 9 Mrd. €, der Schuldenstand bei 4 Mrd. € gelegen. Mittlerweile hätten die Schulden durch eine erfolgreiche Privatisierungspolitik auf 1,6 Mrd. € gesenkt werden können, ohne dass sich am Vermögensstand etwas geändert hätte. Zur Kritik der Opposition am Budgetdefizit 2005 merkte Hofmann an, auch in den 30 Jahren, in denen sozialdemokratische Finanzminister für den Bundeshaushalt verantwortlich gewesen seien, habe es kein einziges Budget ohne Defizit gegeben. Österreich ist für ihn "ein hervorragender Wirtschafts- und Arbeitsstandort".

Abgeordneter Mag. HOSCHER (S) vertrat die Auffassung, dass durch das Budget 2005 "die Verteilungsschieflage" zu Lasten der unselbständig Beschäftigten weiter verschärft wird. Er wandte sich außerdem gegen einen Steuerwettbewerb bei den Unternehmenssteuern nach unten. Hoscher zufolge hätte man den prognostizierten Wachstumseffekt durch die Steuerreform mit einem deutlich geringeren Mitteleinsatz erreichen können, hätte man nicht "Klientelpolitik" betrieben.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) hielt fest, man könne das heutige Budget nicht mit den Budgets Ende der 90-er Jahre vergleichen. Heute würden Österreich wesentlich bessere Wachstumszahlen prognostiziert als dem Durchschnitt der EU-Länder, betonte er. Darüber hinaus machte er darauf aufmerksam, dass mehr als 50 % der unselbständig Beschäftigten keine Lohnsteuer zahlten. Die Regierung setzt seiner Meinung nach die richtigen Maßnahmen zur richtigen Zeit.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) wies darauf hin, dass im Budget 2005 auch Dividenden der Post AG an den Finanzminister vorgesehen seien. Gleichzeitig schränke die Post ihre Dienstleistungen massiv ein, klagte sie. Moser brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem sie die Bundesregierung und insbesondere den Verkehrsminister auffordert, ehestmöglich eine Neufassung der Post-Universaldienstverordnung vorzulegen, um einem "Kahlschlag" bei den Postämtern vorzubeugen.

Abgeordneter Mag. IKRATH (V) zeigte kein Verständnis für die Haltung der SPÖ zur Senkung der Körperschaftssteuer und zur Einführung der Gruppenbesteuerung. Er wies darauf hin, dass es zum einen zahlreiche kritische Stellungnahmen von SPÖ-Finanzsprecher Matznetter zu diesen beiden Maßnahmen gebe, gleichzeitig habe Matznetter gegenüber der "Presse" aber ausgeschlossen, diese bei einer künftigen Regierungsbeteiligung der SPÖ wieder rückgängig zu machen. Nach Meinung von Ikrath werden durch die Steuerreform zahlreiche Arbeitsplätze gesichert.

Abgeordneter EDER (S) betonte, die SPÖ habe in vielen Bereichen gute Alternativen zur Politik der Regierung. Er verwies unter anderem auf das Wirtschaftsprogramm, das Bildungsprogramm und das Wohnungsprogramm. Kritik übte Eder unter anderem daran, dass der Bevölkerung von der Regierung zuletzt 31 Belastungen auferlegt worden seien. Außerdem gab er zu bedenken, dass die Gehaltserhöhung für die Beamten unter der Inflationsrate liege.

Abgeordnete TAMANDL (V) setzte sich kritisch mit dem Budget der Gemeinde Wien auseinander und meinte, dieses sei im Vergleich zum Budget des Bundes weder transparent noch bürgernah. Auch der Gender-Aspekt würde nicht berücksichtigt. Durch die Steuerreform des Bundes steigt Tamandl zufolge die Kaufkraft der Bevölkerung.

Abgeordneter STEIER (S) bezeichnet Länder, Städte und Gemeinden als die Verlierer der letzten Jahre. Die Länder seien nur unwesentlich an zusätzlichen Steuereinnahmen beteiligt, skizzierte er, dafür müssten sie durch die Steuerreform hohe Steuereinbußen hinnehmen. Gleichzeitig sei die Infrastruktur in den ländlichen Gebieten in den letzten Jahren massiv ausgedünnt worden. Steier verwies u.a. auf die Schließung von Postämtern, Bezirksgerichten und Wachzimmern. Kein Verständnis zeigte Steier überdies dafür, dass der Finanzausgleich mit neuen Belastungen für die Bevölkerung gekoppelt werde.

Abgeordneter Dr. LIECHTENSTEIN (V) betonte, die Regierung habe bereits wesentliche Schritte zur Etablierung eines modernen, zukunftsfähigen Steuerrechts in Österreich gesetzt. Seiner Meinung nach war die KöST-Senkung in Österreich "absolut notwendig", um überhaupt noch Investoren anzulocken. Liechtenstein verwies in diesem Zusammenhang auf die niedrige Unternehmensbesteuerung und die Einführung der Flat Tax in der Slowakei, welche das östliche Nachbarland Österreichs zu einem Magneten für Unternehmer gemacht hätten. Das Wachstum liege dort weit über dem europäischen Durchschnitt, unterstrich er.

Abgeordnete HAGENHOFER (S) ortete Defizite beim Ausbau der Infrastruktur und bei der Aus- und Weiterbildung, insbesondere bei der Erwachsenenbildung. Die Rednerin konnte sich der optimistischen Darstellung des Finanzministers betreffend die KMU nicht anschließen und meinte vielmehr, Großhandelsketten würden aus dem Boden schießen, während die kleinen Unternehmen sterben und die Nahversorgung eingestellt werde.

Abgeordneter Ing. SCHULTES (V) begrüßte die Rückflüsse aus der EU in die Landwirtschaft und stellte fest, Österreich sei hinsichtlich Landwirtschaft sogar Nettoempfänger.

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) kritisierte, die kommende Steuerreform gleiche nicht einmal die Belastungen der ersten fünf Jahre dieser Regierung aus. Kein Verständnis zeigte der Redner auch für den abgeschlossenen Finanzausgleich, der, wie er sagte, die Aushöhlung vor allem der kleinen Gemeinden fortsetze. Allein in seiner eigenen Gemeinde würde durch die Erhöhung der Gebühren ein Minus von 90.000 € entstehen, rechnete er vor.

Abgeordneter Dr. MAIER (V) führte die Ablehnung des Finanzausgleiches durch die SPÖ auf parteipolitische Spekulationen zurück und fühlte sich in seiner positiven Einschätzung des Verhandlungsergebnisses durch die zustimmenden Kommentare Sepp Rieders bestätigt.

Abgeordnete REST-HINTERSEER (G) beklagte totale Unsicherheit der Gemeinden als Folge dieses Budgets und des Finanzausgleiches. Der Voranschlag sehe keinerlei Vorsorge für allfällige Rückzahlungen der Getränkesteuer vor, andererseits würden die Gemeinden aber mit immer teureren Aufgaben konfrontiert, warnte sie.

Abgeordneter GLASER (V) widersprach seiner Vorrednerin und betonte, die Regierung sorge mit dem Finanzausgleich dafür, dass die Gebietskörperschaften eine Zukunft haben.

Abgeordneter AUER (V) brachte einen V-F-Abänderungsantrag ein, der Druckfehlerberichtigungen enthält.

Bei der Abstimmung wurde zunächst die Beratungsgruppe XI in der Fassung des V-F-Abänderungsantrages mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen.

Die Entschließungsanträge von SPÖ und Grünen fanden keine Mehrheit.

Schließlich wurde das Bundesfinanzgesetz 2005 in Dritter Lesung mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ verabschiedet.
     
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