Ökumenischer Gedenkgottesdienst anlässlich des 66. Jahrestages
der Novemberpogrome 1938 in Wien
Wien (epd Ö) - "Mechaye Hametim - Der die Toten auferweckt" lautete das Motto eines
ökumenischen Gedenkgottesdienstes in der Wiener Ruprechtskirche. Anlass war der 66. Jahrestag der Novemberpogrome
1938. Neben dem Wiener evangelischen Superintendenten Hansjörg Lein und dem Herzogenburger Probst Maximilian
Fürnsinn, die gemeinsam predigten, nahmen an dem Gedenken auch die Vorsitzende des Ökumenischen Rates
der Kirchen in Österreich, Oberin Christine Gleixner, und der altkatholische Bischof Bernhard Heitz teil.
"Es geht nicht nur um unsere Vergangenheit, sondern auch um unsere gegenwärtigen Wahrnehmungen",
betonte Lein. Das Symbol des Nationalsozialismus, das Hakenkreuz, sei immer noch nicht tot, sondern werde - wenn
etwa auf jüdischen Friedhöfen Gräber geschändet werden - wieder als "Waffe und Androhung
der Vernichtung" benutzt. Der Superintendent erinnerte an das Bild des tröstenden Gottes, wie es im Buch
der Offenbarung überliefert sei. Trösten habe nichts mit Vertrösten zu tun. Wer andern die Tränen
abwische, könne das nicht auf Distanz mit einem "Respektabstand" tun, sondern nur, indem er dem
andern "ganz nahe" komme.
Auf die Frage, wo Gott in all dem Leid gewesen sei, als Millionen von Frauen, Männern und Kindern in den Gaskammern
ums Leben kamen, gebe es wohl keine wirkliche Antwort, so Propst Fürnsinn. Die Christen seien nicht unschuldig
am Strom der Gewalt, und doch nehme sich Gott der Leidenden an und stehe ihnen zur Seite. Schuld könne zwar
nicht ausgelöscht werden, Reue und Erinnerung seien aber wesentliche Voraussetzungen der Selbsterneuerung.
Zur Wachsamkeit aufzurufen sei deshalb eine der wichtigsten Aufgaben des Gedenkens. Fürnsinn: "Erinnerung
schafft neue Wege in die Zukunft, sie verändert den Menschen."
Nach dem Gottesdienst in der Ruprechtskirche zogen die Teilnehmer schweigend zum Judenplatz, wo beim Mahnmal für
die ermordeten Juden brennende Kerzen als Gedenklichter aufgestellt wurden. |