Schüssel: Pensionskorridor geht auf Anregung der Sozialpartner zurück
Wien (pk) - Abgeordneter Dr. CAP (S) stellte einleitend fest, dass es eigentlich bedauerlich
sei, eine derartige Dringliche einbringen zu müssen. Es gehe dabei nämlich um die "Gefährdung
des Grundkonsenses der Zweiten Republik durch die Bundesregierung". Die Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik
wäre undenkbar gewesen ohne die Einbindung aller ÖsterreicherInnen in eine vielfältige demokratische
Struktur und eine Kultur der Mitbestimmung, wie z.B. im Rahmen der Sozialpartnerschaft. Derzeit sehe es aber so
aus, dass auf der einen Seite die Regierungsvertreter im Konvent für eine neue Verfassungsordnung eintreten,
auf der anderen Seite setzen sie aber tagespolitische Schritte, die dem gemeinsamen politischen Grundkonsens widersprechen.
Als Beispiel nannte Cap den Umgang mit den Arbeiterkammern, deren finanzielle Mittel nun gekürzt werden sollen,
weil sie als Interessenvertretungen agieren und unangenehme Wahrheiten in der Öffentlichkeit sagen. Eine zentrale
Frage sei auch, wie mit der Österreichischen Hochschülerschaft umgegangen wird, gab Cap zu bedenken.
Wenn an dieser Institution gerüttelt wird, dann wolle man, dass die Studenten ihre Interessen nicht mehr effizient
vertreten können. In einer Nacht- und Nebelaktion werde ein Initiativantrag, der u.a. die Abschaffung der
Direktwahl des Zentralausschusses zum Inhalt hat, eingebracht, damit es nicht einmal eine Begutachtung geben könne,
kritisierte der SPÖ-Klubobmann. Kritik übte Cap auch am Neuentwurf hinsichtlich der Neuordnung des Hauptverbands
der Sozialversicherungsträger, wo anscheinend wieder herauskommen soll, dass die Regierungsvertreter die Mehrheit
haben. Schließlich kam der Redner noch auf die "Massenneubesetzungen" im Polizeibereich zu sprechen,
die als Reform ausgegeben werden.
Derartige Vorgänge habe es zu Zeiten, als die SPÖ die Alleinherrschaft gehabt hat, nie gegeben, weil
sich die Sozialdemokraten für eine demokratische, liberale und offene Gesellschaft eingesetzt haben. Die V-F-Regierung
verfolge aber Maßnahmen, denen eines gemein ist: Wesentliche Einrichtungen des österreichischen demokratischen
Systems werden einseitig, gegen den Willen und die Interessen der Betroffenen verändert oder abgeschafft.
Es sei daher gerechtfertigt, sich Sorgen um die Demokratie in Österreich zu machen.
Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL stellte fest, dass im Jubiläumsjahr 2005 nicht nur ein bestimmter Ausschnitt,
sondern das volle Spektrum der Zweiten Republik, der Gegenwart und Zukunft beleuchtet werden soll. Es sei auch
nicht richtig, dass die Anfechtungen beim Verfassungsgerichtshof explosionsartig gestiegen sind. Weiters machte
der Bundeskanzler darauf aufmerksam, dass es seit dem Jahr 1999 zwar 30.000 Arbeitslose mehr gibt, aber gleichzeitig
wurden zusätzliche 200.000 Arbeitsplätze geschaffen. Wenn man sich die Lohnsumme anschaue, dann könne
man seit dem Jahr 1999 eine Steigerung um 12 Mrd. € auf 94 Mrd. € feststellen. Ebenso positiv sei die Bilanz am
Exportsektor, wo ein Plus von 50 % zu verzeichnen ist.
Sodann widmete sich der Bundeskanzler dem Thema Pensionen und wies darauf hin, dass die Ausgaben für die Pensionen
in Österreich seit dem Jahr 1999 um 4 Mrd. € gestiegen sind. Was die Einführung eines Pensionskorridors
angeht, so sei diese Anregung von den Sozialpartnern gekommen, erinnerte Schüssel. Bei der Diskussion werde
auch immer vergessen, zu sagen, dass die "Lebenspension" für den Korridorpensionisten um 1,5 % höher
liegt.
Sodann ging Schüssel auf die Diskussion rund um die Arbeiterkammerumlage ein. Im Regierungsprogramm 2000 wurde
festgelegt, dass die Sozialpartner aufgefordert werden, darüber nachzudenken, wie sie einen Beitrag zur Absenkung
der Lohnnebenkosten leisten können. Die Wirtschaftskammer etwa habe alle Einsparpotentiale überprüft
und dann die Unternehmerbeiträge um 150 Mill. € abgesenkt, zeigte der Bundeskanzler auf. Die Arbeiterkammer
habe dies allerdings nicht gemacht; ihr werden im kommenden Jahr - nicht aufgrund einer Mitgliederbefragung, sondern
wegen eines Automatismus - sogar um 15 % mehr Mittel zur Verfügung stehen.
Was die österreichische Hochschülerschaft angeht, so habe sich seit dem UOG einiges verändert, meinte
Schüssel. Das Zentrum der Entscheidung habe sich nämlich an die Universitäten verlagert, argumentierte
er, und deshalb sollen auch die Vertretungen vor Ort gestärkt werden. Der Hochschülerschaft stehe aber
insgesamt kein Euro weniger zur Verfügung. Außerdem gebe es denselben Wahlmodus wie bei den Arbeiterkammern,
die Landeskammer werde direkt gewählt, die Bundesvertretung aber indirekt.
Bei der Polizei und Gendarmerie werde derzeit ein ganz großes Verwaltungsprojekt umgesetzt, wo vier Wachkörper
zusammengelegt werden, führte Schüssel weiter aus. Das Vorhaben wurde hervorragend vorbereitet, es wurde
ausführlich und sorgfältig mit den Betroffenen diskutiert. Notwendig und sinnvoll war es, die Kommanden
von 45 auf 9 zu reduzieren, erklärte der Bundeskanzler, und deshalb mussten auch alle Funktionen ausgeschrieben
werden. Bezüglich der Reform des Hauptverbandes wies Schüssel darauf hin, dass der Verfassungsgerichtshof
nicht die Parität aufgehoben hat. Kritik habe er daran geübt, dass bei der Bestellung des Verwaltungsrates
und der Aufgabenzuweisung an die Geschäftsführung weder die Hauptversammlung noch die Organe der Versicherungsträger
ein Mitwirkungsrecht hatten. Diesen Vorgaben wurde mit dem neuen Entwurf Rechnung getragen, war Schüssel überzeugt.
Die Frage einer zusätzlichen verfassungsmäßigen Verankerung müsse im Konvent diskutiert werden.
Abgeordneter Mag. DARABOS (S) bezeichnete die Antworten des Bundeskanzlers auf die Fragen der SPÖ als
Provokation. Sie waren nämlich genau von jenem Geist getragen, den die Sozialdemokraten kritisieren: Demokratiefeindlichkeit
sowie mangelnde Aufklärung und Transparenz. Darabos war der Meinung, dass sich Österreich sehr wohl in
einem Jammertal befinde. Er sei noch in einem Österreich aufgewachsen, das sich im europäischen und weltweiten
Vergleich nach oben entwickelt hat und in dem es noch Chancengleichheit und Zukunft gegeben hat. Mittlerweile seien
die Ministerien, wie etwas das Innenressort, und wichtige Institutionen (z.B. Hauptverband) schwarz eingefärbt.
Wie undemokratisch vorgegangen wird, zeige das Verhalten von Minister Strasser, der noch immer nicht bereit ist,
Zivildiener adäquat zu bezahlen und Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisse umzusetzen. Der Höhepunkt sei
nun, dass laut darüber nachgedacht werde, wie die Arbeiterkammer bestraft werden soll. Auch bei der österreichischen
Hochschülerschaft verfolge die Regierung unter Schüssel dasselbe Grundmuster: Wenn man die Wahlen nicht
gewinnt, dann werden einfach die Spielregeln geändert. Mit all diesen Maßnahmen werde der demokratische
Grundkonsens in Österreich gefährdet, befürchtete Darabos.
In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter ÖLLINGER (G) klar, dass von September
2000 bis September 2004 die Zahl der unselbständig Beschäftigten um nur 16.700 gestiegen ist.
Es könne nicht nur eine arrogante Regierungspolitik, sondern auch eine arrogante Oppositionspolitik geben,
meinte Abgeordneter Dr. LOPATKA (V). Selbstverständlich müssen die Abgeordneten rund um die Uhr
für Diskussionen zur Verfügung stehen. Er bitte aber darum, dass die Familien und Kinder aus dem Spiel
gelassen werden. Es sei nämlich schon mehrmals vorgekommen, dass "Politagiteure" des ÖGB die
Betriebe von Mandataren besuchen und deren Familien für die Regierungspolitik verantwortlich machen. Dies
sei wohl auch nicht der Grundkonsens, den wir alle wollen, betonte Lopatka. Die ÖVP treten natürlich
für starke Interessenvertretungen ein, führte der Redner weiter aus. Die Pflichtmitgliedschaft bedinge
aber auch eine besondere Verantwortung bei jenen, die mit diesem Votum ausgestattet sind. Außerdem habe es
in den letzten Jahren kaum eine Institution gegeben, die einen so großen Mittelzuwachs aufweisen konnte wie
die Arbeiterkammer. Währenddessen habe die Bundeswirtschaftskammer im selben Zeitraum 150 Mill. € eingespart. |
In einer tatsächlichen Berichtigung wies Abgeordneter VERZETNITSCH (S) darauf hin, dass keine Politagiteure
des ÖGB, sondern "Du-Bekanntschaften" von Mandataren die Abgeordneten daheim aufgesucht haben.
In einer weiteren tatsächlichen Berichtigung widersprach Abgeordneter PARNIGONI (S) Abgeordnetem Lopatka.
Es sei nicht richtig, dass er und Gusenbauer die Zusammenführung von Polizei und Gendarmerie verlangt haben;
es wurde lediglich über die Neuordnung der Struktur der Sicherheitsbehörden geredet.
In einer persönlichen Erwiderung führte Abgeordneter DONABAUER (V) aus, dass es sich bei dem angesprochenen
Vorfall nicht um einen Besuch gehandelt hat. Die Gruppe sei nämlich, ohne zu fragen, in seinen Betrieb eingedrungen
und habe dann seine Frau "anagitiert". Er verbitte sich solche Aktionen, denn die Familie müsse
aus den politischen Streits herausgehalten werden.
Abgeordneter SCHEIBNER (F) hielt fest, die Geschichte der Zweiten Republik sei eine Erfolgsgeschichte gewesen.
Der Konsens habe gelautet: Nie wieder Krieg und nie wieder unüberbrückbare Konflikte zwischen den Parteien.
Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte habe sich aber, so Scheibner, der Gedanke, die Parteien würden für
die Menschen arbeiten, umgedreht. Die Leute hätten immer weniger das Gefühl gehabt, sie stünden
im Mittelpunkt der Interessen der Parteien, vielmehr seien sie immer mehr von den Parteien abhängig geworden.
Um Posten oder eine Wohnung zu bekommen, habe man ein Parteibuch gebraucht.
Das Konzept der FPÖ unterscheide sich in dieser Frage vom Konzept der SPÖ, unterstrich Scheibner. Für
die FPÖ habe die Partei ein Dienstleister zu sein, eine Plattform für Ideen, und sie müsse für
die Menschen arbeiten. Der starke Parteieneinfluss und vorhandene Privilegien sind seiner Ansicht nach erst mit
dem Regierungseintritt der FPÖ zurückgedrängt worden. Scheibner bemängelte überdies, dass
die FPÖ als Oppositionspartei nie in Verhandlungen eingebunden gewesen sei und Abänderungsanträge
zu Gesetzen vielfach erst in letzter Minute vorgelegt wurden.
Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) zeigte sich über die Stellungnahme von Bundeskanzler Schüssel
enttäuscht und meinte, es sei symptomatisch, was dieser in seiner Rede ausgeblendet habe. Das Thema, um das
es heute gehe, seien nicht unterschiedliche Positionen zu Sachfragen, beispielsweise zur Pensionsreform, betonte
sie, sondern vielmehr Macht, Machtmissbrauch, der Missbrauch von Mehrheiten und das, was passiere, wenn man das
Augenmaß verliere. Glawischnig forderte Demut im Ausüben von Macht und Respekt vor Andersdenkenden ein.
Für Glawischnig ist es das Wesen und die Stärke von Demokratie, Kritik nicht nur zuzulassen, sondern
auch zu fördern. Die Regierung lässt dies ihrer Meinung nach aber vermissen. Die Stellungnahme von Nationalratspräsident
Khol zum Einfrieren der Arbeiterkammer-Beiträge wertete die Abgeordnete als "befremdlich" und ersuchte
um Zurückhaltung.
Abgeordnete CSÖRGITS (S) betonte, die Politik der Regierung werde zu Recht von den Interessenvertretungen
der ArbeitnehmerInnen und der Studierenden kritisiert. Die Antwort der Regierungsfraktionen sei, dass sie gegen
die ÖH und die Arbeiterkammer agitiere. Csörgits selbst sprach sich vehement gegen ein Einfrieren der
Arbeiterkammer-Beiträge aus und gab zu bedenken, dass dies in letzter Konsequenz weniger Schutz, weniger Service
und weniger Rechte der ArbeitnehmerInnen bedeuten würde. Die Arbeiterkammer sorge dafür, dass ArbeitnehmerInnen
nicht nur Rechte hätten, sondern ihre Rechte auch bekommen, unterstrich sie. Ein Einfrieren der Mitgliedsbeiträge
wäre ihr zufolge "ein reiner Willkürakt".
Abgeordneter KOPF (V) erklärte, die Sozialpartnerschaft sei eine Errungenschaft, die er und seine Fraktion
nicht missen möchte. Er glaube auch, dass die Sozialpartnerschaft nur deshalb so stark sei, weil es in den
einzelnen Organisationen eine Pflichtmitgliedschaft gebe. Diese Pflichtmitgliedschaft lege den Organisationen aber,
so Kopf, auch besondere Verpflichtungen auf. Sie seien angehalten, sparsam mit den Mitgliedsbeiträgen umzugehen,
diese zweckmäßig einzusetzen und insgesamt ihre Aufgaben gesetzeskonform wahrzunehmen. Er wies darauf
hin, dass sich die Wirtschaftskammer bereits ein Sparprogramm verordnet und ihre Mitgliedsbeiträge um 30 %
gesenkt habe.
Abgeordneter BROUKAL (S) machte in einer tatsächlichen Berichtigung geltend, dass zwar die Mitgliedsbeiträge
der Wirtschaftskammer gesenkt worden seien, viele Leistungen nunmehr aber extra bezahlt werden müssten.
Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) meinte, der von Abgeordneter Glawischnig geforderte Respekt vor Andersdenkenden
müsse auch gegenüber den Regierungsparteien gelten. Es könne nicht so sein, dass man Gesetze, zu
denen man eine andere Meinung habe, ständig als undemokratisch qualifiziere, sagte sie. SPÖ und Grüne
sollten nicht nur Respekt einfordern, sondern ihn selbst leben.
In Richtung SPÖ richtete Partik-Pable die Frage, ob diese die Schuldenpolitik zum Grundkonsens der Zweiten
Republik zähle. Für die FPÖ gehört ihr zufolge jedenfalls die langfristige Zukunftssicherung
für alle Österreicherinnen und Österreicher dazu. Die Abgeordnete verwies in diesem Zusammenhang
auf die Notwendigkeit der Pensionsreform.
Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) skizzierte, Bildungsministerin Gehrer habe ihm im Oktober einige Varianten
zur Änderung des ÖH-Gesetzes präsentiert und angekündigt, einen Konsens mit der Hochschülerschaft
zu suchen und die Opposition einzubinden. Nun hätten die Abgeordneten Brinek und Achleitner "überfallsartig"
einen Initiativantrag eingebracht, was zur Folge habe, dass der Gesetzentwurf nicht in Begutachtung gehe. Grünewald
bezweifelt überdies, dass das Motiv für die Gesetzesänderung ist, die Autonomie der Studentenvertretungen
an den einzelnen Universitäten zu stärken, und machte darauf aufmerksam, dass, setze man die Gesetzesänderung
um, das Wahlergebnis der letzten ÖH-Wahlen auf den Kopf gestellt würde.
Abgeordneter BROUKAL (S) führte aus, beim Antrag der Regierungsfraktionen gehe es um eine Quasi-Beseitigung
der Bundes-ÖH. ÖVP und FPÖ gingen aber nicht offen vor, sondern versuchten zu "tarnen, tricksen
und täuschen". Broukal zufolge waren die Betroffenen nicht in die Formulierung des Antrags eingebunden,
es habe sich von den ÖH-Vorsitzenden der einzelnen Universitäten auch niemand für die Abschaffung
der Direktwahl der Bundes-ÖH ausgesprochen. Er glaubt, dass die Regierung mit dem vorliegenden Gesetzesantrag
die selbstbewusste Bundes-ÖH mundtot machen will. Die SPÖ werde dafür kämpfen, dass es nicht
so weit komme.
Abgeordnete Dr. BRINEK (V) bekräftigte, man könne die Einbringung eines Initiativantrags im Parlament,
und sei es in den späten Abendstunden, nicht als Gefährdung des Grundkonsenses der Zweiten Republik qualifizieren
und als Schande bezeichnen. Die Abgeordneten seien oft genug mit dem Vorwurf konfrontiert, sie würden Vorschläge
der Regierung lediglich absegnen, erklärte sie, wenn nun "parlamentarisches Selbstverständnis"
entwickelt werde, sei es der Opposition auch nicht recht. Brinek betonte, von einer Abschaffung der Bundesvertretung
der ÖH stehe in ihrem Antrag nichts, vielmehr würde durch die Gesetzesänderung die Basis gestärkt
und das Subsidiaritätsprinzip verwirklicht.
Nationalratspräsident Dr. KHOL erteilte Abgeordnetem Martin Preineder (V) für wiederholtes Telefonieren
im Sitzungssaal einen Ordnungsruf.
Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) erklärte, vom Mundtotmachen bzw. Zerschlagen der ÖH könne überhaupt
keine Rede sein. Wenn Abgeordneter Broukal den Antrag richtig gelesen hätte, hätte er festgestellt, dass
auch in Zukunft die 21 Universitätsvertretungen direkt gewählt werden, konstatierte sie. Die geplante
Gesetzesänderung führe dazu, dass die einzelnen Universitätsvertretungen gestärkt würden.
Überdies werde es die Bundesvertretung nach wie vor geben. Insgesamt bekomme die Österreichische Hochschülerschaft
in Zukunft nicht weniger Geld, versicherte Achleitner.
Abgeordneter ÖLLINGER (G) kritisierte die autoritäre Wende in Österreich, die Umfärbung
und Umgestaltung von Institutionen, hielte es aber für ebenso falsch, zu den Verhältnissen der neunziger
Jahre zurückzukehren, wie dies die SPÖ wolle. Die schwarz-blaue Regierung hätte im Jahr 2000 die
Chance gehabt zu zeigen, dass sie es besser könne, sie hätte auf Klüngelabsprachen und darauf verzichten
sollen, die Republik von der ÖIAG über Universitäten, Kammern und Hauptverband bis hin zum ORF schwarz
einzufärben. Und die FPÖ, die in den achtziger Jahren angetreten sei, diese Politik zu ändern, sage
dazu auch bei der Hochschülerschaft ja, noch bevor der diesbezügliche Antrag im Haus liege.
Abgeordneter PARNIGONI (S) warf Innenminister Strasser vor, alle Macht an sich reißen zu wollen. Im
Gegensatz zu den Behördentraditionen des Landes wolle er alle Exekutivorgane unmittelbar dem Innenminister
unterstellen, verlange direkte Befehlsgewalt über alle Exekutivbeamten sowie eine von ihm völlig abhängige
Polizei - dies auch um den Preis einer im 21. Jahrhundert unerträglichen polizeistaatlichen Struktur. Parnigoni
kritisierte weiters die geplanten Neuausschreibungen tausender Führungspositionen in der Exekutive, was dazu
führen werde, dass der gesamte Sicherheitsapparat 2005 - trotz der angespannten Sicherheitslage - hauptsächlich
mit sich selbst beschäftigt sein werde.
Abgeordneter Dr. FASSLABEND (V) sah keinen Anlass, im Zusammenhang mit der Zusammenlegung von Polizei und
Gendarmerie von einer Gefährdung des Grundkonsenses der Zweiten Republik zu sprechen. Die SPÖ sei in
der Vergangenheit selbst für die Fusion von Polizei und Gendarmerie eingetreten.
Da das öffentliche Leben in Österreich von den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und
Zweckmäßigkeit bestimmt sei und diese Grundsätze auch für die Selbstverwaltung gelten, sei
es zulässig, eine 20-prozentige Einnahmensteigerung innerhalb weniger Jahre bei der Arbeiterkammer zu diskutieren,
ohne dass man deshalb von einer Gefährdung des Grundkonsenses sprechen könne.
Die geplanten Änderungen bei der Hochschülerschaft entsprechen Wünschen der Universitäten,
hielt Fasslabend fest und sah auch hier keinerlei Gefährdung des Grundkonsenses. Die SPÖ werde die Medien
vielleicht für einen Tag auf ihrer Seite haben, früher oder später werde ihr die Verletzung des
Grundkonsenses bei der Gesundheitsreform - pacta sunt servanda - auf den Kopf fallen.
Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) wandte sich entschieden gegen die Absicht der ÖVP, "die Studenten
zurechtzustutzen". In diesem Zusammenhang erinnerte der Abgeordnete, dass es bei der Pragmatisierung der Antragstellerin,
der Universitätslehrerin Brinek, eine Intervention gegeben habe. Brinek sollte nicht mit Steinen werfen, wenn
sie selbst im Glashaus sitze. Den Bundeskanzler forderte Jarolim schließlich dazu auf, darüber nachzudenken,
dass noch niemals so viele Gesetze wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben wurden wie in seiner Amtszeit.
In einer tatsächlichen Berichtigung wies Abgeordnete Dr. BRINEK (V) die Behauptungen des Abgeordneten
Jarolim über ihre Pragmatisierung als falsch zurück. Jarolims Versuch, sie als Hochschullehrerin und
Abgeordnete zu diskreditieren, falle auf ihn selbst zurück. |