Dringliche der SPÖ zum Grundkonsens der Zweiten Republik  

erstellt am
17. 11. 04

Schüssel: Pensionskorridor geht auf Anregung der Sozialpartner zurück
Wien (pk) - Abgeordneter Dr. CAP (S) stellte einleitend fest, dass es eigentlich bedauerlich sei, eine derartige Dringliche einbringen zu müssen. Es gehe dabei nämlich um die "Gefährdung des Grundkonsenses der Zweiten Republik durch die Bundesregierung". Die Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik wäre undenkbar gewesen ohne die Einbindung aller ÖsterreicherInnen in eine vielfältige demokratische Struktur und eine Kultur der Mitbestimmung, wie z.B. im Rahmen der Sozialpartnerschaft. Derzeit sehe es aber so aus, dass auf der einen Seite die Regierungsvertreter im Konvent für eine neue Verfassungsordnung eintreten, auf der anderen Seite setzen sie aber tagespolitische Schritte, die dem gemeinsamen politischen Grundkonsens widersprechen.

Als Beispiel nannte Cap den Umgang mit den Arbeiterkammern, deren finanzielle Mittel nun gekürzt werden sollen, weil sie als Interessenvertretungen agieren und unangenehme Wahrheiten in der Öffentlichkeit sagen. Eine zentrale Frage sei auch, wie mit der Österreichischen Hochschülerschaft umgegangen wird, gab Cap zu bedenken. Wenn an dieser Institution gerüttelt wird, dann wolle man, dass die Studenten ihre Interessen nicht mehr effizient vertreten können. In einer Nacht- und Nebelaktion werde ein Initiativantrag, der u.a. die Abschaffung der Direktwahl des Zentralausschusses zum Inhalt hat, eingebracht, damit es nicht einmal eine Begutachtung geben könne, kritisierte der SPÖ-Klubobmann. Kritik übte Cap auch am Neuentwurf hinsichtlich der Neuordnung des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, wo anscheinend wieder herauskommen soll, dass die Regierungsvertreter die Mehrheit haben. Schließlich kam der Redner noch auf die "Massenneubesetzungen" im Polizeibereich zu sprechen, die als Reform ausgegeben werden.

Derartige Vorgänge habe es zu Zeiten, als die SPÖ die Alleinherrschaft gehabt hat, nie gegeben, weil sich die Sozialdemokraten für eine demokratische, liberale und offene Gesellschaft eingesetzt haben. Die V-F-Regierung verfolge aber Maßnahmen, denen eines gemein ist: Wesentliche Einrichtungen des österreichischen demokratischen Systems werden einseitig, gegen den Willen und die Interessen der Betroffenen verändert oder abgeschafft. Es sei daher gerechtfertigt, sich Sorgen um die Demokratie in Österreich zu machen.

Bundeskanzler Dr. SCHÜSSEL stellte fest, dass im Jubiläumsjahr 2005 nicht nur ein bestimmter Ausschnitt, sondern das volle Spektrum der Zweiten Republik, der Gegenwart und Zukunft beleuchtet werden soll. Es sei auch nicht richtig, dass die Anfechtungen beim Verfassungsgerichtshof explosionsartig gestiegen sind. Weiters machte der Bundeskanzler darauf aufmerksam, dass es seit dem Jahr 1999 zwar 30.000 Arbeitslose mehr gibt, aber gleichzeitig wurden zusätzliche 200.000 Arbeitsplätze geschaffen. Wenn man sich die Lohnsumme anschaue, dann könne man seit dem Jahr 1999 eine Steigerung um 12 Mrd. € auf 94 Mrd. € feststellen. Ebenso positiv sei die Bilanz am Exportsektor, wo ein Plus von 50 % zu verzeichnen ist.

Sodann widmete sich der Bundeskanzler dem Thema Pensionen und wies darauf hin, dass die Ausgaben für die Pensionen in Österreich seit dem Jahr 1999 um 4 Mrd. € gestiegen sind. Was die Einführung eines Pensionskorridors angeht, so sei diese Anregung von den Sozialpartnern gekommen, erinnerte Schüssel. Bei der Diskussion werde auch immer vergessen, zu sagen, dass die "Lebenspension" für den Korridorpensionisten um 1,5 % höher liegt.

Sodann ging Schüssel auf die Diskussion rund um die Arbeiterkammerumlage ein. Im Regierungsprogramm 2000 wurde festgelegt, dass die Sozialpartner aufgefordert werden, darüber nachzudenken, wie sie einen Beitrag zur Absenkung der Lohnnebenkosten leisten können. Die Wirtschaftskammer etwa habe alle Einsparpotentiale überprüft und dann die Unternehmerbeiträge um 150 Mill. € abgesenkt, zeigte der Bundeskanzler auf. Die Arbeiterkammer habe dies allerdings nicht gemacht; ihr werden im kommenden Jahr - nicht aufgrund einer Mitgliederbefragung, sondern wegen eines Automatismus - sogar um 15 % mehr Mittel zur Verfügung stehen.

Was die österreichische Hochschülerschaft angeht, so habe sich seit dem UOG einiges verändert, meinte Schüssel. Das Zentrum der Entscheidung habe sich nämlich an die Universitäten verlagert, argumentierte er, und deshalb sollen auch die Vertretungen vor Ort gestärkt werden. Der Hochschülerschaft stehe aber insgesamt kein Euro weniger zur Verfügung. Außerdem gebe es denselben Wahlmodus wie bei den Arbeiterkammern, die Landeskammer werde direkt gewählt, die Bundesvertretung aber indirekt.

Bei der Polizei und Gendarmerie werde derzeit ein ganz großes Verwaltungsprojekt umgesetzt, wo vier Wachkörper zusammengelegt werden, führte Schüssel weiter aus. Das Vorhaben wurde hervorragend vorbereitet, es wurde ausführlich und sorgfältig mit den Betroffenen diskutiert. Notwendig und sinnvoll war es, die Kommanden von 45 auf 9 zu reduzieren, erklärte der Bundeskanzler, und deshalb mussten auch alle Funktionen ausgeschrieben werden. Bezüglich der Reform des Hauptverbandes wies Schüssel darauf hin, dass der Verfassungsgerichtshof nicht die Parität aufgehoben hat. Kritik habe er daran geübt, dass bei der Bestellung des Verwaltungsrates und der Aufgabenzuweisung an die Geschäftsführung weder die Hauptversammlung noch die Organe der Versicherungsträger ein Mitwirkungsrecht hatten. Diesen Vorgaben wurde mit dem neuen Entwurf Rechnung getragen, war Schüssel überzeugt. Die Frage einer zusätzlichen verfassungsmäßigen Verankerung müsse im Konvent diskutiert werden.

Abgeordneter Mag. DARABOS (S) bezeichnete die Antworten des Bundeskanzlers auf die Fragen der SPÖ als Provokation. Sie waren nämlich genau von jenem Geist getragen, den die Sozialdemokraten kritisieren: Demokratiefeindlichkeit sowie mangelnde Aufklärung und Transparenz. Darabos war der Meinung, dass sich Österreich sehr wohl in einem Jammertal befinde. Er sei noch in einem Österreich aufgewachsen, das sich im europäischen und weltweiten Vergleich nach oben entwickelt hat und in dem es noch Chancengleichheit und Zukunft gegeben hat. Mittlerweile seien die Ministerien, wie etwas das Innenressort, und wichtige Institutionen (z.B. Hauptverband) schwarz eingefärbt. Wie undemokratisch vorgegangen wird, zeige das Verhalten von Minister Strasser, der noch immer nicht bereit ist, Zivildiener adäquat zu bezahlen und Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisse umzusetzen. Der Höhepunkt sei nun, dass laut darüber nachgedacht werde, wie die Arbeiterkammer bestraft werden soll. Auch bei der österreichischen Hochschülerschaft verfolge die Regierung unter Schüssel dasselbe Grundmuster: Wenn man die Wahlen nicht gewinnt, dann werden einfach die Spielregeln geändert. Mit all diesen Maßnahmen werde der demokratische Grundkonsens in Österreich gefährdet, befürchtete Darabos.

In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter ÖLLINGER (G) klar, dass von September 2000 bis September 2004 die Zahl der unselbständig Beschäftigten um nur 16.700 gestiegen ist.

Es könne nicht nur eine arrogante Regierungspolitik, sondern auch eine arrogante Oppositionspolitik geben, meinte Abgeordneter Dr. LOPATKA (V). Selbstverständlich müssen die Abgeordneten rund um die Uhr für Diskussionen zur Verfügung stehen. Er bitte aber darum, dass die Familien und Kinder aus dem Spiel gelassen werden. Es sei nämlich schon mehrmals vorgekommen, dass "Politagiteure" des ÖGB die Betriebe von Mandataren besuchen und deren Familien für die Regierungspolitik verantwortlich machen. Dies sei wohl auch nicht der Grundkonsens, den wir alle wollen, betonte Lopatka. Die ÖVP treten natürlich für starke Interessenvertretungen ein, führte der Redner weiter aus. Die Pflichtmitgliedschaft bedinge aber auch eine besondere Verantwortung bei jenen, die mit diesem Votum ausgestattet sind. Außerdem habe es in den letzten Jahren kaum eine Institution gegeben, die einen so großen Mittelzuwachs aufweisen konnte wie die Arbeiterkammer. Währenddessen habe die Bundeswirtschaftskammer im selben Zeitraum 150 Mill. € eingespart.
     
In einer tatsächlichen Berichtigung wies Abgeordneter VERZETNITSCH (S) darauf hin, dass keine Politagiteure des ÖGB, sondern "Du-Bekanntschaften" von Mandataren die Abgeordneten daheim aufgesucht haben.

In einer weiteren tatsächlichen Berichtigung widersprach Abgeordneter PARNIGONI (S) Abgeordnetem Lopatka. Es sei nicht richtig, dass er und Gusenbauer die Zusammenführung von Polizei und Gendarmerie verlangt haben; es wurde lediglich über die Neuordnung der Struktur der Sicherheitsbehörden geredet.

In einer persönlichen Erwiderung führte Abgeordneter DONABAUER (V) aus, dass es sich bei dem angesprochenen Vorfall nicht um einen Besuch gehandelt hat. Die Gruppe sei nämlich, ohne zu fragen, in seinen Betrieb eingedrungen und habe dann seine Frau "anagitiert". Er verbitte sich solche Aktionen, denn die Familie müsse aus den politischen Streits herausgehalten werden.

Abgeordneter SCHEIBNER (F) hielt fest, die Geschichte der Zweiten Republik sei eine Erfolgsgeschichte gewesen. Der Konsens habe gelautet: Nie wieder Krieg und nie wieder unüberbrückbare Konflikte zwischen den Parteien. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte habe sich aber, so Scheibner, der Gedanke, die Parteien würden für die Menschen arbeiten, umgedreht. Die Leute hätten immer weniger das Gefühl gehabt, sie stünden im Mittelpunkt der Interessen der Parteien, vielmehr seien sie immer mehr von den Parteien abhängig geworden. Um Posten oder eine Wohnung zu bekommen, habe man ein Parteibuch gebraucht.

Das Konzept der FPÖ unterscheide sich in dieser Frage vom Konzept der SPÖ, unterstrich Scheibner. Für die FPÖ habe die Partei ein Dienstleister zu sein, eine Plattform für Ideen, und sie müsse für die Menschen arbeiten. Der starke Parteieneinfluss und vorhandene Privilegien sind seiner Ansicht nach erst mit dem Regierungseintritt der FPÖ zurückgedrängt worden. Scheibner bemängelte überdies, dass die FPÖ als Oppositionspartei nie in Verhandlungen eingebunden gewesen sei und Abänderungsanträge zu Gesetzen vielfach erst in letzter Minute vorgelegt wurden.

Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG (G) zeigte sich über die Stellungnahme von Bundeskanzler Schüssel enttäuscht und meinte, es sei symptomatisch, was dieser in seiner Rede ausgeblendet habe. Das Thema, um das es heute gehe, seien nicht unterschiedliche Positionen zu Sachfragen, beispielsweise zur Pensionsreform, betonte sie, sondern vielmehr Macht, Machtmissbrauch, der Missbrauch von Mehrheiten und das, was passiere, wenn man das Augenmaß verliere. Glawischnig forderte Demut im Ausüben von Macht und Respekt vor Andersdenkenden ein.

Für Glawischnig ist es das Wesen und die Stärke von Demokratie, Kritik nicht nur zuzulassen, sondern auch zu fördern. Die Regierung lässt dies ihrer Meinung nach aber vermissen. Die Stellungnahme von Nationalratspräsident Khol zum Einfrieren der Arbeiterkammer-Beiträge wertete die Abgeordnete als "befremdlich" und ersuchte um Zurückhaltung.

Abgeordnete CSÖRGITS (S) betonte, die Politik der Regierung werde zu Recht von den Interessenvertretungen der ArbeitnehmerInnen und der Studierenden kritisiert. Die Antwort der Regierungsfraktionen sei, dass sie gegen die ÖH und die Arbeiterkammer agitiere. Csörgits selbst sprach sich vehement gegen ein Einfrieren der Arbeiterkammer-Beiträge aus und gab zu bedenken, dass dies in letzter Konsequenz weniger Schutz, weniger Service und weniger Rechte der ArbeitnehmerInnen bedeuten würde. Die Arbeiterkammer sorge dafür, dass ArbeitnehmerInnen nicht nur Rechte hätten, sondern ihre Rechte auch bekommen, unterstrich sie. Ein Einfrieren der Mitgliedsbeiträge wäre ihr zufolge "ein reiner Willkürakt".

Abgeordneter KOPF (V) erklärte, die Sozialpartnerschaft sei eine Errungenschaft, die er und seine Fraktion nicht missen möchte. Er glaube auch, dass die Sozialpartnerschaft nur deshalb so stark sei, weil es in den einzelnen Organisationen eine Pflichtmitgliedschaft gebe. Diese Pflichtmitgliedschaft lege den Organisationen aber, so Kopf, auch besondere Verpflichtungen auf. Sie seien angehalten, sparsam mit den Mitgliedsbeiträgen umzugehen, diese zweckmäßig einzusetzen und insgesamt ihre Aufgaben gesetzeskonform wahrzunehmen. Er wies darauf hin, dass sich die Wirtschaftskammer bereits ein Sparprogramm verordnet und ihre Mitgliedsbeiträge um 30 % gesenkt habe.

Abgeordneter BROUKAL (S) machte in einer tatsächlichen Berichtigung geltend, dass zwar die Mitgliedsbeiträge der Wirtschaftskammer gesenkt worden seien, viele Leistungen nunmehr aber extra bezahlt werden müssten.

Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) meinte, der von Abgeordneter Glawischnig geforderte Respekt vor Andersdenkenden müsse auch gegenüber den Regierungsparteien gelten. Es könne nicht so sein, dass man Gesetze, zu denen man eine andere Meinung habe, ständig als undemokratisch qualifiziere, sagte sie. SPÖ und Grüne sollten nicht nur Respekt einfordern, sondern ihn selbst leben.

In Richtung SPÖ richtete Partik-Pable die Frage, ob diese die Schuldenpolitik zum Grundkonsens der Zweiten Republik zähle. Für die FPÖ gehört ihr zufolge jedenfalls die langfristige Zukunftssicherung für alle Österreicherinnen und Österreicher dazu. Die Abgeordnete verwies in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit der Pensionsreform.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) skizzierte, Bildungsministerin Gehrer habe ihm im Oktober einige Varianten zur Änderung des ÖH-Gesetzes präsentiert und angekündigt, einen Konsens mit der Hochschülerschaft zu suchen und die Opposition einzubinden. Nun hätten die Abgeordneten Brinek und Achleitner "überfallsartig" einen Initiativantrag eingebracht, was zur Folge habe, dass der Gesetzentwurf nicht in Begutachtung gehe. Grünewald bezweifelt überdies, dass das Motiv für die Gesetzesänderung ist, die Autonomie der Studentenvertretungen an den einzelnen Universitäten zu stärken, und machte darauf aufmerksam, dass, setze man die Gesetzesänderung um, das Wahlergebnis der letzten ÖH-Wahlen auf den Kopf gestellt würde.

Abgeordneter BROUKAL (S) führte aus, beim Antrag der Regierungsfraktionen gehe es um eine Quasi-Beseitigung der Bundes-ÖH. ÖVP und FPÖ gingen aber nicht offen vor, sondern versuchten zu "tarnen, tricksen und täuschen". Broukal zufolge waren die Betroffenen nicht in die Formulierung des Antrags eingebunden, es habe sich von den ÖH-Vorsitzenden der einzelnen Universitäten auch niemand für die Abschaffung der Direktwahl der Bundes-ÖH ausgesprochen. Er glaubt, dass die Regierung mit dem vorliegenden Gesetzesantrag die selbstbewusste Bundes-ÖH mundtot machen will. Die SPÖ werde dafür kämpfen, dass es nicht so weit komme.

Abgeordnete Dr. BRINEK (V) bekräftigte, man könne die Einbringung eines Initiativantrags im Parlament, und sei es in den späten Abendstunden, nicht als Gefährdung des Grundkonsenses der Zweiten Republik qualifizieren und als Schande bezeichnen. Die Abgeordneten seien oft genug mit dem Vorwurf konfrontiert, sie würden Vorschläge der Regierung lediglich absegnen, erklärte sie, wenn nun "parlamentarisches Selbstverständnis" entwickelt werde, sei es der Opposition auch nicht recht. Brinek betonte, von einer Abschaffung der Bundesvertretung der ÖH stehe in ihrem Antrag nichts, vielmehr würde durch die Gesetzesänderung die Basis gestärkt und das Subsidiaritätsprinzip verwirklicht.

Nationalratspräsident Dr. KHOL erteilte Abgeordnetem Martin Preineder (V) für wiederholtes Telefonieren im Sitzungssaal einen Ordnungsruf.

Abgeordnete DI ACHLEITNER (F) erklärte, vom Mundtotmachen bzw. Zerschlagen der ÖH könne überhaupt keine Rede sein. Wenn Abgeordneter Broukal den Antrag richtig gelesen hätte, hätte er festgestellt, dass auch in Zukunft die 21 Universitätsvertretungen direkt gewählt werden, konstatierte sie. Die geplante Gesetzesänderung führe dazu, dass die einzelnen Universitätsvertretungen gestärkt würden. Überdies werde es die Bundesvertretung nach wie vor geben. Insgesamt bekomme die Österreichische Hochschülerschaft in Zukunft nicht weniger Geld, versicherte Achleitner.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) kritisierte die autoritäre Wende in Österreich, die Umfärbung und Umgestaltung von Institutionen, hielte es aber für ebenso falsch, zu den Verhältnissen der neunziger Jahre zurückzukehren, wie dies die SPÖ wolle. Die schwarz-blaue Regierung hätte im Jahr 2000 die Chance gehabt zu zeigen, dass sie es besser könne, sie hätte auf Klüngelabsprachen und darauf verzichten sollen, die Republik von der ÖIAG über Universitäten, Kammern und Hauptverband bis hin zum ORF schwarz einzufärben. Und die FPÖ, die in den achtziger Jahren angetreten sei, diese Politik zu ändern, sage dazu auch bei der Hochschülerschaft ja, noch bevor der diesbezügliche Antrag im Haus liege.

Abgeordneter PARNIGONI (S) warf Innenminister Strasser vor, alle Macht an sich reißen zu wollen. Im Gegensatz zu den Behördentraditionen des Landes wolle er alle Exekutivorgane unmittelbar dem Innenminister unterstellen, verlange direkte Befehlsgewalt über alle Exekutivbeamten sowie eine von ihm völlig abhängige Polizei - dies auch um den Preis einer im 21. Jahrhundert unerträglichen polizeistaatlichen Struktur. Parnigoni kritisierte weiters die geplanten Neuausschreibungen tausender Führungspositionen in der Exekutive, was dazu führen werde, dass der gesamte Sicherheitsapparat 2005 - trotz der angespannten Sicherheitslage - hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt sein werde.

Abgeordneter Dr. FASSLABEND (V) sah keinen Anlass, im Zusammenhang mit der Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie von einer Gefährdung des Grundkonsenses der Zweiten Republik zu sprechen. Die SPÖ sei in der Vergangenheit selbst für die Fusion von Polizei und Gendarmerie eingetreten.

Da das öffentliche Leben in Österreich von den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit bestimmt sei und diese Grundsätze auch für die Selbstverwaltung gelten, sei es zulässig, eine 20-prozentige Einnahmensteigerung innerhalb weniger Jahre bei der Arbeiterkammer zu diskutieren, ohne dass man deshalb von einer Gefährdung des Grundkonsenses sprechen könne.

Die geplanten Änderungen bei der Hochschülerschaft entsprechen Wünschen der Universitäten, hielt Fasslabend fest und sah auch hier keinerlei Gefährdung des Grundkonsenses. Die SPÖ werde die Medien vielleicht für einen Tag auf ihrer Seite haben, früher oder später werde ihr die Verletzung des Grundkonsenses bei der Gesundheitsreform - pacta sunt servanda - auf den Kopf fallen.

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) wandte sich entschieden gegen die Absicht der ÖVP, "die Studenten zurechtzustutzen". In diesem Zusammenhang erinnerte der Abgeordnete, dass es bei der Pragmatisierung der Antragstellerin, der Universitätslehrerin Brinek, eine Intervention gegeben habe. Brinek sollte nicht mit Steinen werfen, wenn sie selbst im Glashaus sitze. Den Bundeskanzler forderte Jarolim schließlich dazu auf, darüber nachzudenken, dass noch niemals so viele Gesetze wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben wurden wie in seiner Amtszeit.

In einer tatsächlichen Berichtigung wies Abgeordnete Dr. BRINEK (V) die Behauptungen des Abgeordneten Jarolim über ihre Pragmatisierung als falsch zurück. Jarolims Versuch, sie als Hochschullehrerin und Abgeordnete zu diskreditieren, falle auf ihn selbst zurück.
     
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