Georg-Trakl-Preis für Lyrik 2004 geht an den österr. Autor Ferdinand Schmatz
Salzburg (lk) - Vor 90 Jahren, am 3. November 1914, setzte der Salzburger Dichter Georg Trakl verzweifelt
angesichts der Gräuel des Ersten Weltkrieges seinem Leben ein vorzeitiges Ende – ein Kriegsopfer, körperlich
unverwundet, seelisch zu Tode getroffen. Dem Leben des Salzburger Schriftstellers, nach dem auch einer der bedeutendsten
Lyrik-Preise benannt ist, der am Dienstag (16. 11.) an Ferdinand Schmatz überreicht werden wird, ist
ein Beitrag von Gerda Dohle vom Salzburger Landesarchiv in der morgen erscheinenden November-Ausgabe der Salzburger
Landes-Zeitung „Unser Land“ gewidmet.
Bedeutsam für die Entwicklung Trakls war eine aus dem Elsass stammende Gouvernante, die in Georg Trakl das
Interesse für französische Literatur – vielleicht für Literatur im Allgemeinen – weckte. Er war
ein introvertiertes Kind, das seine innere Ruhe in zunehmender Isolation suchte. Körperliche Bewegung oder
gar Sport versuchte er weitgehend zu vermeiden. 1892 kam Georg Trakl in die Volkschule und ab 1887 besuchte er
das k. k. Staatsgymnasium. Die dort herrschenden Zwänge bereiteten ihm im Laufe der Jahre immer größere
Probleme. Zudem fühlte er sich im fast völlig auf die deutschen Klassiker ausgerichteten Deutschunterricht
geistig eingeschränkt – für einen Schüler, der Nietzsche las und sich mit „moderner Literatur“ beschäftigte,
war im damaligen Schulsystem einfach kein Platz, schreibt Gerda Dohle. Nachdem Trakl die siebte Klasse wiederholen
hätte müssen, verließ er zu Schulbeginn 1905 das Gymnasium. In diesen Lebensabschnitt fallen Trakls
frühe literarische Versuche, aber auch erste Erfahrungen mit Drogen und exzessivem Alkoholgenuss. Er entschied
sich für den Beruf des Apothekers, welcher damals auch mit sechs Gymnasialjahren erreichbar war.
Dank seiner 1908 abgeschlossenen Ausbildung konnte er nach dem Einjährig-Freiwilligen-Jahr die Offizierslaufbahn
einschlagen. Ende September 1908 zog Trakl nach Wien, wo er das Pharmaziestudium und den Militärdienst absolvierte.
Trakl fühlte sich dort aber von der Reizflut des großstädtischen Lebens bedroht und flüchtete
sich in eine träumerische Innenwelt. Dennoch hatte die Wiener Moderne zweifellos Einfluss auf sein literarisches
Schaffen. Gegen Ende seines Studiums, 1910, entstanden einige Gedichte, darunter „Die Raben“, „Die Ratten“ und
„Die schöne Stadt“. In diesen Jahren wurde ihm verstärkt die Unvereinbarkeit von beruflicher und dichterischer
Existenz bewusst, und die materielle Absicherung seines Lebens war von diesem Zeitpunkt an ein ständiges Problem.
Nach einem kurzen Aufenthalt in Salzburg wurde er 1912 ins Garnisonsspital nach Innsbruck versetzt – Einsamkeit
und die von Bergen eingeengte Stadt drückten aber auf sein Gemüt. Die Zeitschrift „Der Brenner“ wurde
trotzdem zum beinahe ausschließlichen Publikationsorgan – genannt seien „Psalm I“, „Ein Winterabend“, „Helian“,
„Untergang“ oder die kurz vor Kriegsausbruch erschienenen Gedichte „Das Gewitter“, „Der Abend“ und „Die Nacht“.
Ende November 1912 verließ er den aktiven Militärdienst und arbeitete 1913 für kurze Zeit in einer
Apotheke in Oberndorf. Im Juli 1913 erhielt er eine Stelle im Kriegsministerium, die er aber bereits nach einem
Monat wieder aufgab – psychische Probleme sowie verstärkter Alkohol- und Drogenmissbrauch machten es ihm unmöglich
einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen.
Bei Kriegsbeginn 1914 meldete sich Trakl zum aktiven Dienst und wurde an die Ostfront, nach Galizien verlegt. Ein
traumatische Erlebnis, das ihm den Wahnsinn des Krieges vor Augen geführt hat, war zweifellos sein Einsatz
als Sanitäter, als er 90 Schwerverwundete ohne ärztliche Hilfe zwei Tage lang betreuen musste. Bereits
unter dem Einfluss der militärischen Niederlagen stehen die Gedichte „Grodek“ (Eindrücke der Schlacht)
und „Klage II“ (Ausdruck tiefer Daseinsangst). Zur Beobachtung seines Geisteszustandes wurde er im Oktober 1914
ins Garnisonsspital nach Krakau verlegt. Dort nahm er sich am 3. November 1914 mit einer Überdosis Kokain
das Leben und wurde am Rakovitzer Friedhof in Krakau beerdigt. 1925 erfolgte seine Überführung nach Mühlau
bei Innsbruck.
„Georg Trakl war einer von vielen Künstlern, die am Krieg zerbrachen – so auch der Linzer Maler Clemens Brosch,
der Jahre nach dem Krieg, 1926, am Pöstlingberger Friedhof mit einer Überdosis Chloroform Selbstmord
beging. Trakls Schicksal steht auch stellvertretend für die vielen Namenlosen, die an der Realität des
Krieges verzweifelten und bis heute verzweifeln“, schreibt Gerda Dohle abschließend. |