Brüssel (esa) - In Brüssel fand am Sonntag (28. 11.) der erste europäische „Weltraumrat“
statt. Dieser für Europas Raumfahrt wichtige politische Meilenstein bot den Ministern, die insgesamt 27 Mitgliedstaaten
der Europäischen Union (EU) bzw. der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) vertraten, eine erste Gelegenheit
zu gemeinsamen Beratungen über die Entwicklung eines schlüssigen und umfassenden europäischen Weltraumprogramms.
Im Zuge des von den EU-Staats- und -Regierungschefs am 29. Oktober unterzeichneten Verfassungsvertrags für
Europa, in dem die Raumfahrt erstmals als geteilter Zuständigkeitsbereich der EU verankert ist, unterstreicht
der „Weltraumrat“ die Bedeutung von Weltraumtätigkeiten für zahlreiche EU-Politikbereiche.
Die Minister bestätigten auf der gestrigen Tagung, daß eine wirtschaftliche und wirksame Nutzung der
verfügbaren Ressourcen unabdingbar sei, damit das Angebot an weltraumgestützten Diensten und Infrastrukturen
auf die Nachfrage der Nutzer – Politikbereiche der EU und der Mitgliedstaaten und zum Vorteil aller Bürger
Europas – zugeschnitten werden kann. Die Minister waren sich auch einig darüber, daß die Besonderheit
des Raumfahrtsektors die Entwicklung einer angemessenen Industriepolitik und eine erhöhte Aufmerksamkeit öffentlicher
Stellen erfordere.
Den gemeinsamen Vorsitz des „Weltraumrates“ führten Edelgard Bulmahn, Ministerin für Bildung und Forschung
der Bundesrepublik Deutschland und derzeitige Vorsitzende des ESA-
Rates auf Ministerebene, und Laurens-Jan Brinkhorst, Wirtschaftsminister der Niederlande und amtierender Vorsitzender
des EU-Rates Wettbewerb. Zu den weiteren Teilnehmern der Tagung gehörten insbesondere der für Industrie
und Unternehmen, Wettbewerbsfähigkeit und Raumfahrtangelegenheiten zuständige EU-Kommissar und Vizepräsident
der Europäischen Kommission, Günther Verheugen, sowie der Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation
(ESA), Jean-Jacques Dordain.
Bundesministerin Edelgard Bulmahn erklärte: „Diese Tagung war für Europas Ambitionen in der Raumfahrt
ein großer Schritt nach vorn. Europa muß seine Kräfte für die Raumfahrt bündeln, um
das Potential von Weltraumtechnologien zum Wohl seiner Bürger besser zu nutzen. Das europäische Weltraumprogramm
wird Europas Rolle auf diesem wirtschaftlich und politisch höchst bedeutenden Gebiet erheblich stärken.“
Minister Brinkhorst sagte: „Dies war ein denkwürdiger Tag für die europäische Zusammenarbeit in
der Raumfahrt. Mit diesem ersten gemeinsam von der EU und der ESA abgehaltenen Weltraumrat hat Europa einen bedeutenden
Schritt hin zu einem soliden und schlüssigen europäischen Weltraumprogramm getan. Weltraumtechnologien
und anwendungen werden Europa bei der Verwirklichung seiner gemeinsamen Ziele in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit,
Umwelt und Sicherheit unterstützen. Ich bin zuversichtlich, daß unsere gemeinsamen Bemühungen zu
einem auf der Weltbühne starken und unabhängigen Europa beitragen werden.“
Kommissionsvizepräsident Günther Verheugen äußerte sich folgendermaßen: „Der heutige
erste „Weltraumrat“ war vielleicht noch kein großer Schritt für die Menschheit, doch schon die Tatsache,
daß wir eine gemeinsame europäische Weltraumpolitik entwerfen, ist ein riesiger Fortschritt. Die Raumfahrt
ist ein Bereich, in dem der Mehrwert einer gemeinsamen und schlüssigen Politik auf europäischer Ebene
ganz klar zutage tritt. Den industriellen Aspekten der Raumfahrt kommt im Hinblick auf die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit
der europäischen Industrie eine Schlüsselrolle zu.“
ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain schließlich bekräftigte: „Die Europäische Weltraumorganisation
blickt auf eine langjährige Erfahrung in der Bereitstellung weltraumgestützter Lösungen für
die Anforderungen von Europas Bürgern zurück. Wir sind bereit, die neuen Herausforderungen, die uns das
künftige europäische Weltraumprogramm stellt, anzunehmen.“
Das europäische Weltraumprogramm, dessen konzeptuelle Grundlage bis Ende 2005 festgelegt werden soll, wird
einen gemeinsamen, umfassenden und flexiblen Rahmen für alle Tätigkeiten und Maßnahmen der EU,
der ESA und anderer Beteiligter (z. B. nationaler Organisationen) schaffen, um die Ziele der umfassenden europäischen
Weltraumpolitik zu verwirklichen.
Hierfür ist im Frühjahr 2005 ein zweiter „Weltraumrat“ geplant, auf dem allgemeine Grundsätze für
die Aufteilung der Rollen und Verantwortlichkeiten aller Beteiligten, die Ermittlung von Prioritäten sowie
industriepolitische Grundsätze festgelegt werden sollen.
Hintergrund:
Der „Weltraumrat“ wurde eingesetzt, um die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und
der ESA, die auf ihrem 2003 angenommenen und im Mai dieses Jahres in Kraft getretenen Rahmenabkommen beruht, besser
zu koordinieren und zu erleichtern.
Dieses Rahmenabkommen verfolgt zwei Hauptziele. Das erste gilt der kohärenten und schrittweisen Entwicklung
einer umfassenden europäischen Raumfahrtpolitik, mit der insbesondere erreicht werden soll, die Nachfrage
nach Diensten und Anwendungen, die zur Unterstützung der EU-Tätigkeit Raumfahrtsysteme verwenden, und
die für die Befriedigung dieser Nachfrage notwendige Bereitstellung von Raumfahrtsystemen und Weltrauminfrastruktur
durch die ESA aufeinander abzustimmen. Die ESA handelt also de facto als ausführende Organisation für
Weltraumvorhaben der EU.
Das zweite besteht darin, eine gemeinsame Grundlage und geeignete praktische Vorkehrungen für eine effiziente
und für beide Seiten nutzbringende Zusammenarbeit zwischen der ESA und der Europäischen Gemeinschaft
zu schaffen, die den jeweiligen institutionellen und operationellen Rahmen beider Institutionen voll respektieren,
um die Aufstellung gemeinsamer Initiativen zu erleichtern und für einen soliden Rahmen für die Zusammenarbeit
zwischen der ESA und der Europäischen Gemeinschaft zu sorgen, die für alle europäischen Bürger
von Vorteil ist.
Die EU und die ESA arbeiten seit drei Jahren gemeinsam an einer europäischen Raumfahrtpolitik, die die Ziele
der Raumfahrt festlegt und nach Bedeutung einstuft. Das europäische Weltraumprogramm, das auf einer Tagung
des „Weltraumrats“ Ende 2005 genehmigt werden soll, wird eine gemeinsame Plattform bilden, die alle Tätigkeiten
und Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft, der ESA und anderer Beteiligter zur Verwirklichung der
Ziele der europäischen Raumfahrtpolitik umfaßt.
Das europäische Weltraumprogramm wird im Lichte der umfassenden Empfehlungen des von der Europäischen
Kommission im November 2003 angenommenen Weißbuchs über die europäische Raumfahrtpolitik aufgestellt,
das einen Aktionsplan für die Umsetzung einer erweiterten europäischen Raumfahrtpolitik darstellt. Das
in Zusammenarbeit mit der ESA ausgearbeitete Weißbuch enthält Vorschläge für gemeinsame ESA-EK-Initiativen,
deren Durchführung auf die Grundlage des Rahmenabkommens gestellt wird. |