SPÖ-Wirtschaftsprogramm präsentiert  

erstellt am
26. 11. 04

 Matznetter: "Wir wollen wieder unter die Top 3 in Europa"
SPÖ für Vollbeschäftigung, Verteilungsgerechtigkeit, Entlastung des Faktors Arbeit und gegen den Abbau der sozialen Systeme
Wien (sk) - "Das wichtigste Ziel der Sozialdemokratie ist, dass Vollbeschäftigung herrscht und, dass es zu einer Stärkung der Kaufkraft für alle kommt", so SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter am Mittwoch (24. 11.) in einem Hintergrundgespräch über das Wirtschaftsprogramm der SPÖ, das am kommenden Parteitag beschlossen wird. Nur so sei es möglich, dass Österreich wieder unter die wirtschaftlich besten Länder Europas und weltweit komme. "Wir wollen keinen weiteren Abbau des Sozialsystems, wir wollen erst dann eine Steuersenkung, wenn wir uns diese über Wachstumszugewinne auch leisten können und wir wollen die unselbstständige und selbstständige Arbeit steuerlich entlasten. Es muss die gesamte Breite der Wertschöpfung für die Finanzierung der öffentlichen Aufgaben und des Sozialstaates herangezogen werden." Gerade im Vergleich mit den Wirtschaftsprogrammen der anderen Parteien zeige sich, dass die SPÖ startklar und bereit für Regierungsaufgaben sei.

Matznetter präsentierte das seit 1982 erste Wirtschaftsprogramm der SPÖ, das über ein Jahr lang von mehr als 1.000 Unternehmern, Managern, Experten, Sozialpartnern und Interessierten ausgearbeitet und diskutiert wurde. "Es ist ein sozialdemokratisches Programm mit Ecken und Kanten, ein klares Gegenmodell zum neoliberalen Mainstream", sagte Matznetter.

Österreich sei in den letzten Jahren, was das BIP pro Kopf im Verhältnis zum Kaufkraftstandard anlangt, in Europa vom zweiten auf den fünften Platz abgerutscht. Im OECD-Feld sei man vom 5. auf den 10. Platz gefallen. "Wir haben die Spitzenposition verloren, die wir noch vor zehn Jahren hatten. Wir wollen wieder unter die Top 3 in Europa", so Matznetter, mit dem vorgelegten Programm werde Österreich dieses Ziel erreichen. Die wichtigsten Schritte dafür seien ein konstant hohes Wirtschaftswachstum sowie Vollbeschäftigung und eine Stärkung der Kaufkraft aller Menschen in Österreich. "Wir wollen, dass alle am zunehmenden Wohlstand teilhaben", so Matznetter, der sich vehement für Verteilungsgerechtigkeit aussprach. Umverteilung heiße aber nicht, dem einen etwas wegzunehmen, um es dem anderen zu geben. Viel wichtiger sei es, Wohlstandszuwächse zu erwirtschaften und diese gerecht zu verteilen.

"Die Politik muss alles tun, damit Österreich weiterhin ein hoch qualifizierter Standort bleibt und als solcher auch ausgebaut wird", betonte Matznetter. Ein Preiswettbewerb bei den Löhnen und Steuern würde nur bedeuten, die hochwertige Marke Österreich zu zerstören. Dafür sei es besonders wichtig in die Ressource Mensch vorrangig zu investieren. "Wir brauchen bestens ausgebildete und qualifizierte Menschen am Arbeitsmarkt", so Matznetter. Ebenso wichtig sei es auch, in die Infrastruktur und in die soziale Sicherheit zu investieren. Denn gerade die soziale Sicherheit sei für Österreich über Jahrzehnte hinweg ein entscheidender Standortvorteil gewesen.

Für den Standort Österreich sei es in Zukunft von großer Bedeutung, den Faktor Arbeit nachhaltig zu entlasten, denn Österreich liege deutlich über dem EU-Durchschnitt. Gerade die Lohnnebenkosten würden mit drei Prozent BIP den negativen Spitzenrang in Europa darstellen. Die Entlastung der unselbstständigen und selbstständigen Arbeit ist nur möglich, wenn die Bemessungsgrundlage verbreitert werde und die Unternehmensgewinne stärker herangezogen würden. Matznetter verwies darauf, dass die gesamte Wertschöpfung stärker als Grundlage für die Besteuerung herangezogen werden solle. Dies bringe eine deutliche Entlastung für alle Betriebe, die viele Arbeitsplätze in Österreich schaffen würden.

"Wir wollen keine neuen Steuern erfinden. Wir wollen nur dafür sorgen, dass Gerechtigkeit herrsche und jeder Teil der Gesellschaft einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung beitrage. Gerade bei der Körperschaftssteuer ist es nämlich so, dass große Konzerne ab dem kommenden Jahr wenig bis überhaupt keine Steuern mehr zahlen werden", argumentierte Matznetter. Es müsse zumindest Ziel sein, das durchschnittliche Einnahmenvolumen der letzten Jahre zwischen vier und sechs Milliarden Euro bei der Körperschaftssteuer wieder herzustellen, unter Beibehaltung des gesenkten nominellen KöSt-Satzes von 25 Prozent.

Die SPÖ beschäftige sich in ihrem Programm ausführlich mit der Frage einer funktionierenden Marktwirtschaft und einem fairen Wettbewerb. Die öffentliche Hand müsse im Markt eine Schiedsrichterfunktion ausüben. "Diese muss auch aktiv wahrgenommen werden", so Matznetter, der darauf verwies, dass der Markt ständigen Störungen unterworfen sei und es in vielen Branchen keinen Wettbewerb mehr gäbe.

Gerade die Klein- und Mittelbetriebe (KMU) komme eine wichtige Rolle im Programm zu. Die KMU seien entscheidend für Österreich, denn sie tragen zu zwei Drittel zur Wertschöpfung in unserem Land bei und seien der stabile Faktor bei der Beschäftigung. Klein- und Mittelbetriebe würden ihre MitarbeiterInnen langfristig bis zur Pension beschäftigen. Und wenn unser Ziel Vollbeschäftigung ist, dann müssen wir die Klein- und Mittelbetriebe in unserem Land stärken und ihnen gleichzeitig Sicherheiten bieten", hielt Matznetter fest.

"Wie die Budgetpolitik eines Landes aussieht, ist eine der entscheidenden Fragen überhaupt", so Matznetter. Man wolle weg von der zwanghaften Politik, die Steuern senke, Defizite verursache, anschließend im Sozialsystem Sparpakete vornehme, um dann wieder Steuern zu senken. "Wir wollen keinen weiteren Abbau des Sozialsystems, wir wollen erst dann eine Steuersenkung, wenn wir uns diese über Wachstumszugewinne auch leisten können, wir wollen die Massenkaufkraft stärken und wir wollen den Faktor Arbeit steuerlich entlasten", fasste Matznetter abschließend noch einmal die zentralen Eckpfeiler des SPÖ-Wirtschaftsprogramms zusammen.

 

 Lopatka: Guten Morgen, Herr Matznetter!
Österreich ist in internationalen Rankings bereits unter den Top 3
Wien (övp-pk) - Als immer eigenartiger bezeichnete ÖVP-Generalsekretär Dr. Reinhold Lopatka am Donnerstag (25. 11.) die wirtschaftspolitischen Wünsche der SPÖ in der Vorweihnachtszeit. In Richtung SPÖ-Budgetsprecher hielt Lopatka fest: Noch im September proklamierte Matznetter das SPÖ-Ziel, unter die Top 5 der Industriestaaten der Welt zu kommen. "Heute rückt Matznetter vom eigenen Programm ab und schwenkt auf ÖVP-Linie um, wenn er unter die Top 3 in Europa will. Wir haben dieses Ziel bereits erreicht, und nehmen in internationalen Rankings den Podestplatz ein. Laut Herbstprognose der EU-Kommission blicken wir in eine noch bessere Zukunft", so Lopatka.

Wenn man die 14 Strukturindikatoren der EU-Kommission zur Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zusammenrechne, liege Österreich unter den drei besten EU-Ländern. "Was die Wettbewerbsfähigkeit betrifft, erreicht Österreich somit bei der Europa meisterschaft einen Podestplatz", betonte der ÖVP- Generalsekretär. Österreich sei aber wirtschaftlich auch hervorragend für die Zukunft gerüstet und brauche auch den internationalen Vergleich nicht zu scheuen. "Bei sieben von acht Schlüsselparametern für die Wirtschaft liegt Österreich 2005 laut Herbstprognose der Europäischen Kommission über dem europäischen Durchschnitt und in einem genau im EU-Schnitt", sagte Lopatka.

Während die SPÖ mit veralteten sozialistischen, wissenschaftlich nicht haltbaren Denkansätzen ihre Retropolitik in Wirtschaftsfragen immer wieder aufs Neue beweise, habe die Regierung mit der Steuerreform und den Konjunkturbelebungsmaßnahmen bereits die Basis für künftige Erfolge gelegt. Matznetter solle daher erst gar nicht anfangen, über Budget- und Wirtschaftsfragen nachzudenken. Das SPÖ-Bekenntnis zu einer hohen Steuer- und Abgabenquote und die Versuche der Wiedereinführung abgeschaffter Steuern sei nur ein weiteres Beispiel für die sozialistische Retropolitik. "Unser Credo hingegen lautet: Wachstum schafft Arbeit, Arbeit schafft Wohlstand. Und dafür hält die Volkspartei im Gegensatz zum Zick-Zack der SPÖ klaren Kurs", so Lopatka abschließend.
     
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