"Derzeitiger Lebensstandard ist nicht haltbar"  

erstellt am
26. 11. 04

Symposium: Solidarität zwischen den Generationen - Wunsch oder Wirklichkeit?
Graz (lk) - In Mitteleuropa ist die Zahl der über 80-Jährigen in den letzten 30 Jahren um 800 Prozent gestiegen. Im Jahr 2050 wird jeder zehnte Europäer über 80 Jahre alt sein. Gewachsene Sozialsysteme - vor allem im Bereich der Pensionen und der Gesundheit - stehen vor dem Zusammenbruch. Droht ein „Krieg der Generationen“ oder wird ein Aufbruch in eine neue Zivilgesellschaft möglich? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Veranstaltung „Solidarität zwischen den Generationen - Wunsch oder Wirklichkeit?“, die am Donnerstag (25. 11.) auf Einladung von „Kinderleben“-Initiatorin Landeshauptmann Waltraud Klasnic und Landesrätin Mag. Kristina Edlinger-Ploder im Weißen Saal der Grazer Burg stattfand. Der Publikumsandrang war derart groß, dass sogar ein Nebenraum und das Foyer für die Veranstaltung geöffnet wurden.

„Unser derzeitiger Lebensstandard wird nicht zu halten sein, aber ein bewusstes Weniger kann auch zu einem Mehr an Glück führen,“ ist der heutige Hauptreferent Univ.-Prof. DDr. Reimer Gronemeyer, Theologe, bekannter Soziologe und Buchautor überzeugt. „Denn dass wir Lebensglück nicht in vermehrtem Luxus und Konsum finden, dämmert bereits vielen in der westlichen Wohlstandsgesellschaft.“ Der Ausweg aus der Kostenexplosion aufgrund der Überalterung der Gesellschaft könne nur in einem bescheideneren Lebensstil und größerer Solidarität in der Familie und der gesamten Gesellschaft bestehen. Den Konflikt zwischen Alt und Jung sieht Gronemeyer übrigens nicht nur zwischen den Generationen in Europa, sondern auch zwischen dem jungen Kontinent Afrika und dem „grauen“ Kontinent Europa.

„Krieg kommt von kriegen. Wer bekommt was?“ Für Gronemeyer kann der ökonomische Aspekt des Konflikts auf diese Frage reduziert werden. „Die jetzigen Pensionisten bekommen für jeden eingezahlten Euro zwei Euro Pension, die heute Dreißigjährigen werden vom eingezahlten Euro nur 80 Cent zurückbekommen. Diese Ungerechtigkeit birgt natürlich reichlich Konfliktstoff.“ Gronemeyer verweist aber auch auf den politischen und ökologischen Aspekt des Generationenkonflikts. „2020 wird jeder zweite Wähler über 60 sein. Das heißt, die ältere Generation hat die Möglichkeit, den Staat in Geiselhaft zu nehmen. Schon heute beruhen die ungerechten Pensionsregelungen ja auf der Angst der Regierungen die Stimmen der älteren Wähler zu verlieren.“ Für problematisch hält Gronemeyer auch, dass es seiner Generation gelungen ist, „die Risiken unseres Lebenstils in die nachfolgenden Generationen zu verlagern“. „Wir haben es geschafft, Müll zu produzieren, der noch 50.000 Jahre bewacht werden muss.“

Nach dem Hauptreferat diskutierten noch Univ.-Prof. Dr. Christian Friesl, Prof. Dr. Cornelia Kricheldorff, Ex-Tennis-Ass Barbara Paulus und die ORF-Sprecherin Ingrid Turkovic-Wendl über die Chancengleichheit für Jung und Alt.
     
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