Bartenstein startet intensive Vorbereitungen für EU-Präsidentschaft 2006  

erstellt am
24. 11. 04

Expertenkreis erarbeitet Schwerpunktthemen und erstellt Expertise für eine generelle wirtschaftspolitische Strategie auf nationaler und internationaler Ebene
Wien (bmwa) - Wirtschafts- und Arbeitsminister Dr. Martin Bartenstein hat am Dienstag (23. 11.) einen Kreis von hochrangigen wirtschaftspolitischen Experten zu sich gebeten, um über Schwerpunktthemen des Ministeriums für die Österreichische EU-Präsidentschaft 2006 zu beraten und eine generelle wirtschaftspolitische Strategie auf nationaler und internationaler Ebene zu erarbeiten. Der Einladung sind unter anderen Director Jan Horst Schmidt (Europäische Kommission - DG ECFIN), Director Gert-Jan Koopman (Europäische Kommission - DG Enterprise), Dr. Giuseppe Nicoletti (OECD Paris, Economics Department) und Prof. Dr. Wilhelm Kohler (Eberhard-Karlsuniversität Tübingen) und aus Wien Prof. Dr. Helmut Kramer (WIFO), Univ.Prof. Dr. Bernhard Felderer (IHS), Univ.Prof. Mag. Dr. Fritz Breuss (WU Wien) und Univ.Prof. Dr. Christoph Weiss sowie Mag. Wolfgang Polt (Joanneum Research) gefolgt. Themenschwerpunkte waren Produktivität, Europäischer Binnenmarkt inklusive Dienstleistungen, Europäischer Forschungsraum, Clusterbildung und Regionalpolitik zusammen mit einer Strukturfondsreform. In nicht reglementierter Folge sind weitere Gesprächsrunden geplant.

Überlegt wurden Studien zur Vertiefung einzelner Schwerpunkte für die Wettbewerbsfähigkeits-Räte unter Österreichischer Präsidentschaft sowie die Erstellung eines wirtschaftspolitischen Positionspapiers des BMWA. Eine Broschüre mit den wesentlichen Stellungnahmen und Studienergebnissen soll als generelle Vorbereitung für die Räte Wettbewerbsfähigkeit sowie Beschäftigung und Soziales dienen. Parallel dazu wird die Expertenrunde eine generelle Beurteilung des "Lissabon-Prozesses" aus volkswirtschaftlicher und wirtschaftspolitischer Sicht erarbeiten und den Minister bei der Auswahl von Schwerpunkten und Strategien für ein mögliches Nationales Aktionsprogramm in Österreich beraten. Für die generelle wirtschaftspolitische Strategie werden die größten Herausforderungen der nächsten Jahre und die dazu gehörenden Prioritäten erörtert.

Produktivität
Produktivitätssteigerungen werden als die wichtigste Quelle wirtschaftlichen Wachstums gesehen, wofür vor allem Wissen und innovative Technologien eingesetzt werden müssen. Davon ausgehend seien die Ursachen für die Unterschiede zwischen Europa einerseits und den USA sowie dem asiatischen Raum andererseits zu untersuchen, war man sich in der Sitzung einig. Dabei gehe es auch um das Verhältnis zwischen den angestrebten Produktivitätssteigerungen und Anpassungserfordernissen an den EU-Arbeitsmärkten und um Zusammenhänge zwischen Ökoeffizienz (gekennzeichnet durch Ressourcen-, und Prozesseffizienz, Kostenersparnis und Steigerung der Umweltverträglichkeit) und der Wettbewerbsfähigkeit.

Europäischer Binnenmarkt - Dienstleistungen
Ausgehend vom "Wim Kok-Expertenbericht", der wegen einer Vielzahl rechtlicher und administrativer Hemmnisse bei Dienstleistungen eine starke Fragmentierung Europas in einzelne nationale Märkte - verbunden mit zu hohen Preisen, zu niedrigem Produktivitätswachstum und einem in den letzten zehn Jahren sogar zurückgegangenen Niveau eines Intra-EU-Handels mit Dienstleistungen - nachweist, beschäftigt sich die Expertenrunde mit Potenzialen der Produktivitätsentwicklung und alternativen Regulierungsdesigns zu Produktivitätsverbesserungen im Dienstleistungssektor sowie Maßnahmen zur Forcierung von Dienstleistungsexporten. Im Hinblick auf die Erreichung der "Lissabon-Ziele" sei die Vollendung des Binnenmarktes für Dienstleistungen unabdingbar, da 70% des BIP und der Arbeitsplätze auf diesen Sektor entfallen.

Europäischer Forschungsraum
Auf europäischer Ebene muss sich die Politik in den Bereichen Forschung, Technologie und Innovation (FTI)die mit der Arbeitsteilung zwischen nationaler und EU-Ebene befassen. Aufgabe Österreichs wird es sein, vor dem Hintergrund einer vorwiegend klein- und mittelbetrieblich strukturierten Wirtschaft mit einem unterdurchschnittlichen Anteil an wissensintensiven Sektoren - wie sie neben Österreich auch viele andere Mitgliedstaaten aufweisen - derzeitigen und geplanten Ansätze und Instrumente der europäischen FTI-Politik voranzutreiben und strukturelle Verbesserungen zu erreichen. Im einzelnen suchen die Experten nach den Auswirkungen der Produktion von öffentlichen Gütern auf europäischer Ebene (Rüstung/Verteidigung, Verkehr/Umwelt), den Einflüssen einer gezielten innovationsgesteuerten öffentliche Vergabe auf das Wachstum und den Konsequenzen der EU-FTI-Politik (Rahmenprogramme, Strukturfondsmittel, Innovationspolitik etc) für Österreich. Weiters werden die Möglichkeiten und die Bedeutung nachfrageinduzierter Innovation (z.B. im Rahmen von 'Lead-Market' Konzepten, Rolle von Public Procurement etc.) insbesondere im Bereich der Biotech- und IKT-Industrien erörtert.

Cluster
Cluster werden als geeignete Instrumente zur Förderung der Interaktion zwischen den Beteiligten aus Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft an Innovationsprozessen und Technologieimplementierungen gesehen, wobei nach wie vor die klassische Forschungsförderung (Stärkung der Unternehmensforschung, Grundlagenforschung) ein Schwerpunkt der Förderungsziele der Innovation ist. Daher werden sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene konkrete Wirtschaftscluster/Sektoren mit hohem Wachstums- und Beschäftigungspotential gesucht und die Einflüsse rechtlicher Rahmenbedingungen (kartell-, beihilfen-, und gewerberechtlich) auf den Erfolg einzelner Cluster angesprochen.

Strukturfondsreform und Regionalpolitik
Da die derzeit auf europäischer Ebene laufende Diskussion über neue Strukturfonds und Regionalbeihilfeleitlinien voraussichtlich erst unter österreichische Präsidentschaft abgeschlossen wird, sind unter anderem die Auswirkungen der Förderungen während der letzten Strukturfondsperiode auf das wirtschaftliche Gefüge bzw. die regionale Einkommensverteilung in Österreich zu untersuchen. Vor allem sind aber die Konsequenzen aufzuzeigen, die sich aus der Neuverteilung der Mittel nach der EU-Erweiterung ergeben: Einerseits könnte es durch ein zu hohes Gefälle der Förderungsintensität zwischen den neuen Mitgliedstaaten und den ex-EU 15 (insbesondere Deutschland und Österreich) zu Standortverlagerungen kommen, andererseits werden in den strukturschwachen Gebieten der neuen EU-Mitglieder durch die Strukturfondsmittel diverse Wirtschaftsbereiche neu gestaltet bzw. neu belebt, was für exportorientierte Unternehmen aus "alten" EU-Ländern neue Chancen bietet. Besonderes Augenmerk wird auf das Fördergefälle in den Grenzregionen zu den neuen Mitgliedstaaten und die damit verbundene Gefahr der Abwanderung von Betrieben zu richten sein.
     
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