Zweite Weihnachtsfeier im All für die ESA
Paris (esa) - Nach einer 7-jährigen Reise durch das Sonnensystem steht in 1,25 Milliarden km
Entfernung von der Erde die Abtrennung der ESA-Sonde Huygens vom Cassini-Orbiter und ihr Eintritt in eine ballistische
Abstiegsbahn zum Titan bevor, dem größten und geheimnisvollsten Mond des Saturn, in dessen Atmosphäre
sie am 14. Januar eintauchen wird. Dann wird diese einzigartige Umgebung, von der angenommen wird, daß ihre
Chemie stark der der Erde kurz vor Beginn des Lebens vor rund 3,8 Milliarden Jahren ähnelt, erstmals vor Ort
von einem künstlichen Objekt erforscht.
Das Sondenpaar Cassini-Huygens, eine Gemeinschaftsmission der NASA, der ESA und der italienischen Raumfahrtagentur
(ASI), wurde am 15. Oktober 1997 gestartet. Nach knapp sieben Jahren und mehreren Vorbeischwungmanövern an
der Venus, der Erde und am Jupiter trat der Cassini-Orbiter mit der an seiner Seite befestigten Huygens-Sonde am
1. Juli dieses Jahres in eine Umlaufbahn um den Saturn ein und begann mit seiner Erkundung des Ringplaneten und
seiner Monde, die mindestens vier Jahre dauern soll. Der erste ferne Vorbeiflug an Titan am 2./3. Juli lieferte
Daten über die Atmosphäre des Mondes, die von den beim ersten nahen Vorbeiflug am 26. Oktober in 1 174
km Entfernung gesammelten Daten bestätigt wurden; diese Angaben wurden zur Validierung der Eintrittsbedingungen
für Huygens verwendet. Für den 13. Dezember ist ein zweiter naher Vorbeiflug des Sondenpaares an Titan
in 1 200 km Entfernung geplant, bei dem im Hinblick auf den Atmosphäreneintritt der Sonde zusätzliche
Daten gesammelt werden sollen.
Zentrale Etappen auf dem Weg zum Titan
Am 17. Dezember wird der Orbiter dann auf einen kontrollierten Kollisionskurs mit Titan gebracht, um Huygens
auf die richtige Bahn zu bringen, worauf am 21. Dezember alle Systeme für die Abtrennung der Sonde bereit
gemacht (einige der Termine und Uhrzeiten können sich aus betrieblichen Gründen geringfügig ändern,
ausgenommen die Uhrzeit für den Eintritt von Huygens in die Atmosphäre des Titan am 14. Januar, die mit
einer Genauigkeit von unter 2 Minuten feststeht) und die Timer der Sonde aufgeladen werden, um die Sonde wenige
Stunden vor ihrer Ankunft am Titan reaktivieren zu können.
Huygens soll am Morgen des 25. Dezember um etwa 05.08 Uhr MEZ ausgeklinkt werden. Da der Orbiter für die Abtrennung
eine präzise Ausrichtung gewährleisten muß, werden keine Echtzeit-Telemetriedaten zu empfangen
sein, bis er seine Hauptantenne wieder der Erde zuwendet und die gespeicherten Daten der Abtrennung übermittelt.
Die Signale werden uns erst nach über einer Stunde (67 Minuten) erreichen. Die endgültigen Daten zur
Bestätigung der Abtrennung werden zu einem späteren Zeitpunkt am 1. Weihnachtstag vorliegen.
Huygens taucht in die Atmosphäre ein
Nach ihrer Loslösung wird sich Huygens mit einer Geschwindigkeit von rund 35 cm/s von Cassini wegbewegen
und etwa siebenmal pro Minute um ihre eigene Achse rotieren, um auf Kurs zu bleiben. Erst nach der Öffnung
ihres Hauptfallschirms nach dem Eintritt in die Atmosphäre des Titan wird Huygens wieder Kontakt zu Cassini
aufnehmen. Am 28. Dezember wird der Orbiter seinen Kollisionskurs mit Titan verlassen, um seine Mission fortzusetzen
und sich auf den Empfang der Daten von Huygens und ihre spätere Weiterleitung zur Erde vorzubereiten.
Eintritt in eine geheimnisvolle Welt
Erst wenige Stunden vor ihrer Ankunft beim Titan am 14. Januar wird Huygens vollends reaktiviert. Der Eintritt
in die Atmosphäre ist für 11.15 Uhr MEZ geplant. Der Abstieg der Sonde soll etwa zwei Stunden und fünfzehn
Minuten dauern, in denen sie ihre wissenschaftlichen Daten an den Cassini-Orbiter funken wird, der sie später
am Nachmittag zur Erde weiterleiten soll. Sollte Huygens, die als Atmosphärensonde und nicht als Landegerät
ausgelegt ist, den Aufprall auf die Oberfläche des Titan „überleben“, könnte sie noch für zwei
weitere Stunden Daten übermitteln, bevor ihr Kontakt zu Cassini abbricht.
Die unmittelbar von Huygens ausgestrahlten Funksignale werden den Weltraum mit Lichtgeschwindigkeit durchqueren
und die Erde nach 67 Minuten erreichen. Funkspezialisten haben ein Experiment vorbereitet, bei dem eine ganze Reihe
von Radioteleskopen rund um den Pazifik nach jedem kleinsten Signal von Huygens spähen wird. Mit dem Empfang
von Daten ist frühestens um 11.30 Uhr MEZ herum zu rechnen.
Die Europäische Weltraumorganisation ist Eigentümerin der Huygens-Sonde und nimmt von ihrem Kontrollzentrum
ESA/ESOC in Darmstadt aus ihren Betrieb wahr. Der Cassini-Orbiter wurde vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der
NASA im kalifornischen Pasadena entworfen, entwickelt und gebaut. Das ebenfalls vom JPL betriebene Bodenstationsnetz
der NASA für interplanetare Missionen wird die Kommunikation über den Cassini-Orbiter unterstützen
und die Daten an das Kontrollzentrum der ESA in Darmstadt zur Verarbeitung weiterleiten. Die ASI hat die Breitbandantenne,
einen Großteil des Funksystems und Komponenten für zahlreiche wissenschaftliche Instrumente für
Cassini beigesteuert. Die Nutzlast von Huygens wurde von verschiedenen Teams bereitgestellt und von CNES, DLR,
ASI, PPARC und NASA finanziert. |