Wien (rk) - Durch Agenda21-Prozesse handeln immer mehr Menschen lokal, denken
dabei aber global. Sie übernehmen Verantwortung für ihr Lebensumfeld. Dass diese Initiative viele bewegt,
zeigte eine Tagung in Wien: rund 180 österreichische und internationale ExpertInnen trafen dieser Tage zusammen,
um die Zukunft der Mitbestimmung in Wien zu diskutieren.
Planungsstadtrat Rudolf Schicker zeigte sich erneut überzeugt von der Notwendigkeit vielfältiger BürgerInnenbeteiligung
auf dem Weg zu nachhaltiger Entwicklung. "Es ist gut, wenn Politiker und Politikerinnen durch die lokale Agenda
mit Dingen konfrontiert werden, die sie so noch nicht bedacht haben", so Schicker. Denn Agenda Prozesse sind
Lernfelder für alle Beteiligten: "Entscheidend ist es, klar zu sagen, was in einem Beteiligungsprozess
möglich ist und was nicht" stellte Zora Paulínová, Beraterin aus Bratislava, aus der Sicht
der Praxis fest. In Hannover ist die lokale Agenda 21 seit vielen Jahren nicht mehr wegzudenken. "Agenda Projekte
brauchen ein Budget und Freiräume für die Umsetzung", so Hans Mönninghoff, verantwortlicher
Stadtrat aus Hannover.
Wie bei PISA?: Finnland schon wieder Erster
In der Erstellung eines Gesamtprogrammes für die Integration aller Politikbereiche in die lokale Agenda
ist Helsinki Vorbild: "Wir haben erkannt, das lokale Agenda von unten wachsen soll, aber irgendwann unbedingt
ein gemeinsames Bekenntnis und eine gemeinsame Strategie aller EntscheidungsträgerInnen braucht", so
Kari Silfverberg, Agenda Manager in der Finnnischen Hauptstadt. "Agenda Prozesse brauchen internationalen
Rückhalt über Konventionen, genauso aber Rückhalt in der lokalen Politik und Verwaltung", meinte
Silvia Hesse, Leiterin der lokalen Agenda in Hannover
Und wie läuft es in Wien?
Die Umsetzung der Lokalen Agenda 21 hat in Wien mit einem Pilotversuch im Alsergrund, dem 9. Wiener Bezirk,
1998 begonnen. Im Unterschied zu vielen anderen europäischen Städten ist sie nicht im Ressort Umwelt
sondern im Ressort Stadtentwicklung angesiedelt und wird dezentral in den Wiener Bezirken umgesetzt. So können
BürgerInnen besser "lokales ExpertInnenwissen" einbringen und die Anbindung an die Bezirkspolitik
ist gegeben. Seit 2003 wurde die Lokale Agenda 21 kontinuierlich ausgeweitet. Derzeit laufen Agendaprozesse in
sechs Bezirken (5., 7., 9., 15., 22., 23. Bezirk), im Frühjahr 2005 wird der 3. Bezirk starten, im Herbst
2005 kommt voraussichtlich der 4. Bezirk hinzu. In den vergangenen eineinhalb Jahren entstanden 45 Agendagruppen
mit etwa 600 Agendaaktiven. Sie entwickeln und setzen Projekte um, die sich gleichermaßen um ökologische,
wirtschaftliche und auch soziale Zukunft bemühen. Derzeit steht in Wien insgesamt zur Begleitung der LA 21
Prozesse ein Budgettopf von insgesamt fast 1.000.000 Euro zur Verfügung.
Eine neue Konfliktkultur
Die Diskussionen von BürgerInnen in Agendagruppen und von BürgerInnen mit Politik und Verwaltung sind
nicht konfliktfrei. Im Gegenteil: gegensätzliche Interessen treffen aufeinander. Eine Agenda Aktive sagte
"Es ist für mich oft sehr schwierig, mit den unterschiedlichen Positionen umzugehen, wie soll das gehen?"
Mit Hilfe der vermittelnden Rolle der Agendabüros gelingt es immer wieder Konsenslösungen zu finden,
die umgesetzt werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass dies nicht immer zur vollen Zurfriedenheit jedes und
jeder Einzelnen erfolgen kann. Trotzdem halten die Lösungen, wenn sie "auf einem ehrlichen Rückhalt
in Politik und Verwaltung basieren, das ist der Schlüssel", stellte Silvia Hesse, Leiterin der lokalen
Agenda in Hannover fest. |