Wien (wifo) - Die Belebung der Ausfuhr hielt im III. Quartal an und hatte
eine kräftige Ausweitung der Sachgüterproduktion zur Folge. Der jüngste starke Anstieg des Euro-Kurses
belastet nicht nur die Exportwirtschaft, sondern macht auch den Euro-Raum als Standort für Investitionen weniger
attraktiv.
Die Verbesserung der heimischen Konjunktur hielt im Sommer an. Im III. Quartal übertrafen die Exporte das
Vorjahresniveau nominell um 12%. Sehr hoch war die Nachfrage aus den USA und Südosteuropa, aber auch aus Deutschland.
Die österreichischen Unternehmen profitierten von Zulieferungen an die florierende deutsche Exportindustrie.
Der beträchtliche Anstieg des Euro-Kurses, von dem die deutsche Wirtschaft besonders betroffen ist, lässt
jedoch ein Abflauen der Exportdynamik erwarten.
Das rasche Wachstum der Weltwirtschaft schwächt sich allmählich ab. In den USA expandierte die Wirtschaft
im III. Quartal kräftig (+1% gegenüber dem Vorquartal), die Vorlaufindikatoren für das IV. Quartal
deuten aber auf eine Verlangsamung hin. In Japan und Europa fielen bereits die Ergebnisse für das III. Quartal
schwächer aus; dazu trug sicher auch der hohe Rohölpreis bei.
Die lebhafte Steigerung der Auslandsaufträge schlug sich in Österreich heuer in einer kräftigen
Zunahme der Sachgüterproduktion nieder. Im III. Quartal überstieg der Produktionsindex den Vorjahresstand
um 8%. Die Kfz-Industrie boomte, auch die Investitionsgüterbranchen weiteten ihre Produktion stark aus. Nur
die Konsumgüterbranchen erlitten Einbußen; dies steht im Einklang mit der schwachen Entwicklung des
privaten Konsums im Euro-Raum. In der Bauwirtschaft besserte sich die Auftragslage im Sommer, nach einer ungünstigen
Entwicklung im 1. Halbjahr zeichnen sich nun Produktionszuwächse ab.
Die privaten Haushalte erhöhten ihre Konsumausgaben im Sommer gegenüber dem Vorjahr deutlich – wie aufgrund
der geringen Dynamik der Vergleichsperiode zu erwarten war. Im Jahr 2004 bleibt der Zuwachs des privaten Konsums
jedoch mäßig. Das Verbrauchervertrauen verbesserte sich im Gegensatz zur Unternehmerstimmung heuer nicht.
Im III. Quartal überstiegen die Einzelhandelsumsätze das (schwache) reale Vorjahresniveau um fast 3%,
es wurden auch mehr neue Pkw zugelassen. Aufgrund dieser Belebung fielen die Umsatzsteuereinnahmen relativ kräftig
aus. Gegen Jahresende ist wegen des Auslaufens der Investitionszuwachsprämie sowie wegen der Körperschaftsteuersenkung
mit einer regen Investitionstätigkeit zu rechnen.
Die rezenteste Konjunkturinformation liefert die WIFO-Unternehmensumfrage vom November. Hier beurteilten die Unternehmen
ihre Auftrags- und Geschäftslage positiv, aber nicht günstiger als in den Vormonaten. Viele Unternehmen
erwarten einen Anstieg der Verkaufspreise – wohl eine Folge der Verteuerung von Energie und Rohstoffen.
Im Herbst trieb der Erdölpreis die Inflationsrate in die Höhe und ließ die Realeinkommen je Arbeitnehmer
leicht sinken. Anfang Dezember beruhigte sich die Situation auf den Rohölmärkten, die Preise gingen auf
etwa 40 $ je Fass (Brent) zurück. In Österreich erreichte die Inflationsrate im Oktober 2,6%, davon entfielen
0,6 Prozentpunkte auf die Teuerung von Energieprodukten.
Das Tempo der Konjunkturerholung reichte bisher nicht aus, um die Arbeitslosigkeit spürbar zu verringern.
Die Zahl der Arbeitslosen blieb im November auf relativ hohem Niveau (–1.400 gegenüber dem Vorjahr). Vermehrte
Schulungsmaßnahmen und Pensionsbewerbungen von Arbeitslosen verhinderten einen Anstieg der Arbeitslosenquote.
Die Zahl der Aktivbeschäftigten nahm infolge der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes kräftig zu (+30.000
bzw. +1%). Leider liegen zur Entwicklung von Voll- und Teilzeitarbeitsplätzen keine Informationen vor. Die
beträchtliche Zunahme der Zahl der offenen Stellen (+11%) deutet auf eine weitere Erholung der Beschäftigung
in den kommenden Monaten hin.
Starker Anstieg des Euro-Kurses
Der Euro-Kurs erhöhte sich Anfang Dezember auf 1,34 $ und war damit um rund 10% höher als vor einem Jahr.
Die Hauptursachen des Dollarverfalls liegen im hohen Leistungsbilanzdefizit der USA, im rascheren Anstieg der Inlandsnachfrage
als im Euro-Raum sowie in der Umschichtung der Portefeuilles vom Dollar zum Euro. Dies gilt insbesondere für
Notenbanken, die hohe Dollarreserven haben.
Die Auswirkungen des hohen Euro-Kurses sind für die Wirtschaft des Euro-Raums per Saldo ungünstig. Der
EZB-Präsident bezeichnete die Euro-Aufwertung deshalb als "unerwünscht". Der Export in den
Dollarraum wird erschwert; das trifft besonders Deutschland und damit indirekt auch Österreich. Neben der
Ausfuhr wird aber auch die Attraktivität des Euro-Raums für Investitionen beeinträchtigt. In der
gegenwärtigen Konjunktursituation wäre gerade ein Anspringen der Investitionen im Euro-Raum nötig,
um einen selbsttragenden Aufschwung herbeizuführen. Der Euro-Raum wird aber als Standort für international
tätige Unternehmen weniger interessant, weil die Kosten der Betriebsansiedlung bzw. -ausweitung relativ zu
anderen Standorten steigen und weil die massiven Wechselkursschwankungen das Investitionsrisiko erhöhen. Wenn
die Wechselkursveränderung als dauerhaft angesehen wird, lohnt es sich für multinationale Unternehmen
eher, im Dollarraum (einschließlich Chinas) zu investieren – zumal dort die Wachstumschancen wesentlich höher
sind als in Europa.
Importe werden durch den Anstieg des Euro-Kurses billiger. Ohne die Euro-Aufwertung hätte sich etwa Rohöl
noch stärker verteuert. Auch Urlaube im Dollarraum (USA, Karibik, China) werden spürbar billiger. Kurzfristig
können also Konsumenten und Touristen einen Vorteil aus der Höherbewertung des Euro ziehen, solange nicht
Export- und Beschäftigungseinbußen die Kaufkraft dämpfen.
Quelle: WIFO
Autor: Ewald Walterskirchen |