Graz (fh joanneum) - Jugendwohlfahrt und Soziale Arbeit haben viele Facetten und die Anforderungen in diesem
Bereich sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark gestiegen. Der Studiengang „Sozialarbeit“ an der FH Joanneum
möchte hier einen wesentlichen Beitrag leisten. Nicht nur in vielen Projekten, die am Studiengang laufen,
sondern auch mit der Organisation der internationalen Tagung „Konfliktfeld Jugendwohlfahrt“, zeigt sich das Engagement
des Studiengangs und des Studiengangsleiters Klaus Posch.
Das Punk-Problem hat die Grazer Gemüter den ganzen letzten Sommer erhitzt. Da war von Punk-Abwehr und Punk-Verordnung
zu lesen. Es wurde gerätselt, wie man dem Problem Herr werden könnte und man suchte den Grund für
das Problem „Grazer Punks“. Hier schaltete sich auch der Studiengang „Sozialarbeit“ der FH Joanneum ein. Gemeinsam
mit dem Magistrat Graz haben Studierende begonnen, ein Konzept für die Sozialarbeit mit Punks zu erstellen.
Doch man wollte das Thema auch hintergründiger beleuchten und organisierte eine Tagung zum Thema „Konfliktfeld
Jugendwohlfahrt“. Bei dieser Tagung haben namhafte Vortragende zu diesem Thema referiert und mit Praxisexperten
diskutiert.
Parenting oder die Frage: Wie bewerte ich das „Elternsein“
Einer dieser Experten war Masud Hoghughi, der an der Universität Hull in Großbritannien forscht.
Für Hoghughi steht „Parenting“ im Zentrum seiner Betrachtungen. Mit Parenting meint der britische Psychologe
weniger Elternschaft, als vielmehr Prozesse der Fürsorge, Pflege, Kontrolle und Entwicklung von Kindern und
Jugendlichen. Das können bzw. müssen nicht nur Eltern leisten, sondern hier ist auch Engagement der Politik
und der Wirtschaft gefordert. Hoghughi stellte fest, dass die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in unserer Gesellschaft
unterbewertet ist. Sie werde lediglich als Nebenbei-Job wahrgenommen. Die entscheidende Frage ist also, was muss
getan werden, um Parenting zu ermöglichen?
„Es geht heute in erster Linie um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie“, erklärt Klaus Posch, Studiengangsleiter
„Sozialarbeit“ an der FH Joanneum. In diesem Bereich ortet Posch großen Nachholbedarf. Die Wirtschaft müsse
sich ihrer Verantwortung stärker bewusst werden und müsse aufhören, die Probleme auf die Familien
abzuwälzen. Für Klaus Posch steht außer Zweifel, dass „eine moderne Gesellschaft sich nicht nur
auf ökonomischen Erfolg stützt, sondern auch auf den Erfolg im Bereich Beziehung zwischen den Generationen,
Erziehung und Sozialisation.“ Ein Standpunkt, der durch die aktuelle PISA-Debatte bestätigt wird.
Gelebte soziale Phantasie
Für Studiengangsleiter Klaus Posch ist es wichtig, dass die Grundsätze des Studiengangs nicht nur verbal
formuliert, sondern auch gelebt werden. So wurde es einer Studentin ermöglicht, ihr zweites Studienjahr auf
vier Semester aufzuteilen. Der Grund dafür war die Geburt ihres Sohnes am Ende des zweiten Semesters. „Nach
dem regulären Studienplan weiterzustudieren war genauso undenkbar, wie ein oder zwei Jahre auszusetzen“, erklärt
die junge Mutter Ines Stuchly-Weissensteiner. Diese Regelung war aber nicht nur an der FH Joanneum eine Premiere.
Auch für die Stipendienstelle war dieser Fall Neuland. Erst über das Bundesministerium für Bildung,
Wissenschaft und Kultur konnten alle auftretenden Probleme betreffend Studienbeihilfe gelöst werden.
Kaum Trockenschwimmkurse
„Das Tolle an der FH Joanneum ist, dass es nur dort Trockenschwimmkurse gibt, wo es unbedingt notwendig
ist“, zeigt sich Klaus Posch erfreut über den starken Praxisbezug in der Ausbildung. Die zahlreichen Projekte
am Studiengang untermauern diese Ansicht. Erfreulich dabei ist, dass zahlreiche Projektergebnisse direkt übernommen
werden. So wird zum Beispiel ein von StudentInnen des 1. Jahrgangs erarbeitetes Konzept zur Qualitätssicherung
im Group-Councelling bereits in Österreichs Strafvollzugsanstalten umgesetzt.
Im Sommer 2005 wird der Studiengang seine ersten Absolventen hervorbringen. Klaus Posch sieht positiv in die Zukunft
seiner Studierenden: „Die Rückmeldungen aus den Berufspraktika waren sehr gut, manchmal sogar euphorisch.
Wir bauen am Keller. Das mag nicht immer attraktiv sein und lässt sich nicht so gut vermarkten. Aber unsere
Absolventen bekommen ein sehr gutes Fundament, um sich im Laufe ihres Berufslebens den Herausforderungen der Praxis
in der Sozialen Arbeit mit Erfolg, Freude und Enthusiasmus stellen zu können.“ |