25 Jahre "Islamische Glaubensgemeinschaft" in Österreich  

erstellt am
09. 12. 04

Präsident Schakfeh: "Muslime bekennen sich zu ihrer österreichischen Heimat" - Bundespräsident Fischer betont Toleranz und Bereitschaft zum voneinander Lernen
Wien (stephanscom.at) - Im Zeichen des "österreichischen Weges" des Dialogs stand am Montagabend (06. 12.) im Wiener Rathaus der Festakt zum 25-jährigen Bestehen der "Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich". Als Gratulanten stellten sich aus der Politik u.a. Bundespräsident Heinz Fischer, Nationalratspräsident Andreas Khol, Bildungsministerin Elisabeth Gehrer und der Wiener Bürgermeister Michael Häupl ein. Weihbischof Helmut Krätzl, der evangelische Bischof Herwig Sturm, Oberin Christine Gleixner als Vorsitzende des Ökumenischen Rates, sowie Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg gratulierten ebenfalls zum 25. Geburtstag.

Prof. Anas Schakfeh, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, hob in seiner Begrüßungsansprache ausdrücklich den besonderen Weg Österreichs im Umgang mit den nahezu 340.000 islamischen Einwohnern hervor. Zum einen sei es in den 25 Jahren seit der offiziellen Anerkennung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich zu einer weitgehenden rechtlichen Gleichstellung gekommen, zum anderen habe es, gerade nach den Ereignissen in Folge des 11. Septembers 2001, "beispiellose Akte der Solidarisierung mit den Muslimen in Österreich" gegeben. Österreich sei in dieser Beziehung ein Aushängeschild in Europa, so Schakfeh, der auch auf den islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen verwies. Derzeit würden zirka 40.000 Schüler in mehr als 2.700 Schulen unterrichtet.

Die eigentliche "Erfolgsgeschichte" habe sich jedoch in den Köpfen der Menschen vollzogen. So sei der Großteil der Muslime voll in die österreichische Gesellschaft integriert und bekenne sich "bewusst und nicht ohne Stolz zu Österreich als der selbstverständlichen Heimat", so Schakfeh.

Nachdenkliche Worte kamen von Bundespräsident Fischer: Zwar habe er immer wieder die Integrationswilligkeit der islamischen Mitbürger wahrgenommen, doch sei "alles nicht so einfach". Auch in Österreich gebe es weiterhin Spannungen, Probleme und Vorurteile. Um so wichtiger sei es jedoch, dass mit Präsident Schakfeh und seinen Mitarbeitern engagierte Menschen "mit Augenmaß" an der Spitze der Islamischen Glaubensgemeinschaft stehen. Toleranz, aufeinander Hören und voneinander Lernen - das sei die Botschaft auch für die Zukunft.

Kultureller Bestandteil Österreichs
Bürgermeister Häupl hob in seinem Grußwort hervor, dass die Muslime zu einem Bestandteil der österreichischen Gesellschaft geworden seien; sie seien nicht nur als Gäste geduldet, sondern voll integriert. Noch bestehende Ängste und Haltungen des Misstrauens würden aber auch für die Zukunft die große Herausforderung für gemeinsame Anstrengungen bleiben.

Bildungsministerin Elisabeth Gehrer lobte die gute Zusammenarbeit bei der Entwicklung moderner Lehrpläne für den islamischen Religionsunterricht, sie forderte aber auch mehr gegenseitiges Verständnis für die immer wieder aufbrechenden Differenzen und verbleibenden Unterschiede ein. Als besonderes "Geburtstagsgeschenk" konnte Gehrer Präsident Schakfeh die Genehmigung von sieben durch die Glaubensgemeinschaft beantragten Schulinspektoren zur Qualitätssicherung des islamischen Religionsunterrichtes zusagen. Zugleich bedankte sich Gehrer für die klaren Worte der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich gegen Fanatismus, Fundamentalismus und Terrorismus.

Auch Nationalratspräsident Khol lobte das Miteinander, das bereits seit dem Islamgesetz von 1912 ein "Klima des organischen Wachstums" fördere. Die Diskussionen und Streitigkeiten in anderen Ländern gelte es dabei vom österreichischen Erfolgsmodell so gut wie möglich fern zu halten.

Die evangelische Theologin Prof. Susanne Heine sprach in ihrer Festrede jenes "Doppelgesicht der Religion" an, dem es standzuhalten gelte. Dieses Doppelgesicht zeige sich immer dort, wo Religionen nicht nur zu gutem Handeln, zu Nächstenliebe und Solidarität, sondern ebenso auch zu Hass und Krieg motivieren können. Die Gefahr, dass "aus Sehnsucht Sucht und aus Vision Illusion" wird, steige, je mehr man sich in die Religion als eine "Festung" zurückziehe und je stärker man sich um ihre aggressive Verteidigung bemühe. In Österreich habe man dennoch großes geschafft. So sei aus vorübergehender Toleranz die tatsächliche rechtliche Anerkennung geworden. Sie plädiere für eine gute Nachbarschaft zwischen christlichen, jüdischen, muslimischen und agnostischen Bürgerinnen und Bürgern, so Heine: "Eine Frau muss sagen können, ich bin österreichische Muslimin, ein Mann muss sagen können, ich bin muslimischer Österreicher".

Krätzl: Zeugnis für den Frieden
Im Gespräch mit "Kathpress" und der ökumenischen Radioagentur "Omega" betonte der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl die gemeinsame Herausforderung für die Religionen, ein Zeugnis für einen Gott der Barmherzigkeit und des Friedens abzulegen. Zu einem solchen Gott, vor dem sich alle verantworten müssten, würden sich Juden, Christen und Muslime gemeinsam bekennen, betonte Krätzl, der in der Bischofskonferenz für den interreligiösen Dialog zuständig ist.

Prof. Schakfeh räumte ein, dass Österreich historisch von einer christlichen und dabei wiederum hauptsächlich katholischen Identität geprägt sei, die die Muslime auch nicht in Frage stellen wollten. Sie bestünden nur auf dem Recht, als gleichberechtigte Bürger des Landes ihre Religion frei auszuüben. Das ändere aber nichts an der grundsätzlichen christlichen Identität Österreichs.

Dass die Integration von Muslimen in Österreich besser sei als in anderen Ländern begründete Schakfeh damit, dass auf die muslimische Minderheit von der Mehrheit kein "Druck" ausgeübt werde, der zu einer Aufgabe der religiösen Identität führen würde. Das fördere die Loyalität der österreichischen Muslime, so der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft: "Wir betrachten uns als Bestandteil dieser Gesellschaft".
     
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