Verlagerung an den Verfassungsgesetzgeber – Soziale Grundrechte und Demokratie-Paket unabdingbar
Wien (sk) - Genau ein halbes Jahr nach ihrem Amtsantritt als Zweite Nationalratspräsidentin
ließ Barbara Prammer ihre bisherige Amtszeit am Donnerstag (16. 12.) in einer Pressekonferenz Revue
passieren. Sie äußerte sich zufrieden mit dem "sehr spannenden und arbeitsreichen halben Jahr".
Prammer verwies auf ihre Vorsitzführung beim Ausschuss acht des Österreich-Konvents, der sich mit parlamentarischer
Kontrolle beschäftigt, und lobte "die hervorragende Arbeit" der Mitglieder. Prammer unterstrich
die Forderungen der Sozialdemokraten nach sozialen Grundrechten und einem Demokratie-Paket. Im Asylbereich mahnte
Prammer entsprechende personelle Ausstattung ein und forderte von Schüssel die baldige Klärung der Personalentscheidungen
über das Amt des Innenministers sowie des Verteidigungsministers.
Als "eines der wichtigsten Projekte" im letzten halben Jahr nannte Prammer das Kinder- und Jugendparlament
und kündigte eine Weiterführung der Aktion an. Es sei "absolut richtig", die Forderung, das
Wahlalter auf 16 Jahre zu senken, aufrecht zu erhalten. "Wenn es uns nicht gelingt, die jungen Menschen für
die Politik zu begeistern, dann sind wir in einer Situation, die keine gute Zukunft für Österreich bedeutet",
zeigte sich Prammer überzeugt. Die Zweite Nationalratspräsidentin unterstrich die Bedeutung, Kindern
und Jugendlichen so früh wie möglich den Blick für Politik zu eröffnen und sieht das auch als
Aufgabe des Parlaments.
Bezüglich des Österreich-Konvents erklärte Prammer, dass man schon jetzt davon sprechen könne,
dass die Arbeit der Konventsmitglieder von hoher Qualität ist. "In allen Bereichen liegen viele Vorschläge
vor." Die weitere Vorgehensweise müsse nun sein, anhand der Ergebnisse die Arbeit zum Verfassungsgesetzgeber
zu verlagern. Als "absolut kontraproduktiv" bezeichnete es Prammer, "wenn jetzt wer auch immer daran
ginge, einen neuen Verfassungstext zu schreiben". Dies würde die Arbeit des Konvents schmälern,
es erscheine "unter dem Strich unmöglich", jetzt einen Entwurf zu machen, der nicht in ganz zentralen
Punkten bei der Debatte im Parlament verändert werden würde. "Hier besteht durchaus die Gefahr,
wichtige Erkenntnisse einzelner Expertinnen und Experten entlang dieser Debatte zu verlieren", so Prammer.
Dass die sozialen Grundrechte in einer Verfassung festgeschrieben werden müssen, "steht für mich
als Sozialdemokratin fest", so Prammer. Ebenso die Verdichtung demokratischer Rechte. Hier nannte Prammer
die Erweiterung der Minderheitsrechte im Parlament, konkret die Möglichkeit, dass die parlamentarische Minderheit
einen Untersuchungsausschuss einsetzten kann. "Wir brauchen ein großes Demokratie-Paket, und nicht -
wie in der letzten Zeit passiert - Demokratie-Abbau."
"Die Europäische Menschenrechtskonvention hat Verfassungsrang, das muss uns heilig sein!", sagte
Prammer "bewusst sehr pointiert", da sie Gegenteiliges im Asylbereich erfahren musste. "Für
alle, die meinen, dass jeder Asylsuchende in das Eck der Kriminalität gerückt werden muss: Man sollte
sich klar machen, dass es bei sehr vielen Menschen um die blanke Existenz geht." Die entsprechende personelle
Ausstattung des Asylbereichs fordert Prammer daher ebenso ein, wie die Entscheidung der Strasser-Nachfolge. "Ich
hoffe sehr, dass es nicht allzu lange dauern wird, bis wir die Klärung darüber haben, wer denn nun tatsächlich
der Innenminister oder die Innenministerin ist, und wer denn tatsächlich Verteidigungsminister oder Verteidigungsministerin
ist", betonte Prammer. Die Themen würden sowohl im Verteidigungs- als auch im Innenressort "brennen",
so Prammer. Ihres Erachtens sei es für die österreichische Bevölkerung "nicht zumutbar",
dass in dieser Frage allzu lange Unklarheit herrsche: "Hier ist der Herr Bundeskanzler gefordert, so rasch
wie möglich eine Klärung herbeizuführen", unterstrich Prammer. |