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Außenpolitik / EU-Beitritt der Türkei |
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erstellt am
15. 12. 04
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Schüssel: Wir wollen die Türkei an Europa anbinden
Wien (bpd) - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel unterstrich am Dienstag (14. 12.) im
Pressefoyer nach dem Ministerrat die Position Österreichs zur Frage der Aufnahme von Verhandlungen der Türkei
mit der EU. Schüssel "Wir wollen die Türkei an Europa anbinden. In dieser Frage sind sich alle politischen
Gruppierungen in Österreich einig. Dieser sehr ambitionierte Reformprozess, der in der Türkei begonnen
wurde, darf nicht gestoppt, sondern muss weitergeführt und ermutigt werden. Deshalb ist der Beginn der Verhandlungen
von Bedeutung. Die Offenheit des Prozesses muss jedoch sichtbar zum Ausdruck gebracht werden. Der Türkei muss
die Beitrittsperspektive, um die sie sich jahrzehntelange bemüht hat, gelassen werden. Jetzt geht es darum,
diese Türen nicht zu schließen, sondern die Verhandlungen zu eröffnen, die entweder einen Beitritt
beinhalten oder zu einem Ergebnis sui generis führen können. Diese Offenheit gewinnt erst dann an Bedeutung,
wenn man in bestimmten Bereichen einen neuen Rahmen der Verhandlungen und neue Inhalte einbringt."
Der Bundeskanzler betonte, dass die Aufnahme eines so großen Landes wie der Türkei nur mit entsprechenden
Schutzklauseln und dauerhaften Derogationen bewältigt werden könne. Schüssel: "Daher haben
wir im Verhandlungsprozess einige wichtige Elemente eingebracht." Dazu gehören die Aufnahmefähigkeit
der EU, ein ständiges Monitoring und die Unterbrechung der Verhandlungen auf Antrag der Mitgliedsstaaten.
Auch sollten die Verhandlungen nicht vor dem Abschluss der Finanzverhandlungen für die Jahre 2014 bis 2020
beendet werden können. |
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Cap: Mehrheitsantrag im Hauptausschuss bindet den Bundeskanzler
Laut Fortschrittsbericht der EU erfüllt Türkei politische Kriterien für
Beitrittsverhandlungen nicht
Wien (sk) - Die Position der SPÖ in Sachen EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei bekräftigte
der gf. SPÖ-Klubobmann Josef Cap am Dienstag (14. 12.) und untermauerte sie auch anhand des Fortschrittsberichts
der EU zur Türkei: Liest man den Fortschrittsbericht der EU-Kommission genau, dann werde deutlich, dass die
politischen Kriterien von Kopenhagen - laut den Beschlüssen von Helsiniki Voraussetzung für die Aufnahme
von Beitrittsverhandlungen - derzeit von der Türkei nicht erfüllt werden. Zur Sitzung des Hauptausschusses
am Mittwoch (15. 12.) betonte Cap, dass rechtlich völlig klar sei, dass ein Antrag zur Türkei, der
eine Mehrheit findet, für den Bundeskanzler auch bindend sei.
Da die Präsidialkonferenz entschieden habe, dass in der Sitzung des Hauptausschusses ein Bindungsantrag zulässig
sei, sei rechtlich klar, dass ein Antrag, der die Mehrheit findet, den Bundeskanzler beim EU-Rat am 16./17. Dezember
auch bindet, betonte Cap. Die SPÖ wird einen Antrag einbringen, der die Aufnahme von Verhandlungen mit der
Türkei mit dem Ziel einer Strategischen Partnerschaft, orientiert am EWR-Modell, fordert. "Alle Fraktionen
sind eingeladen mitzustimmen", so Cap.
Inhaltlich verwies Cap auf den Fortschrittsbericht der Kommission und zitierte daraus: So heißt es darin,
dass es zwar Fortschritte gegeben habe, Folterfälle aber immer noch, wenngleich "seltener" auftreten,
im ersten Halbjahr 2004 seien immerhin 692 Klagen wegen Menschenrechtsverletzungen bei türkischen Menschenrechtsorganisationen
eingegangen. Seit Oktober 2003 habe der Europäische Menschenrechtsgerichtshof die Türkei 132 Mal wegen
Menschenrechtsverletzungen verurteilt. "Probleme" gebe es laut Kommissionsbericht auch bei der freien
Meinungsäußerung; der Bericht spricht von "beschränktem Fortschritt". Weiters heißt
es, dass der Grundsatz der Unabhängigkeit der Justiz "durch mehrere Verfassungsbestimmungen ausgehöhlt"
sei. Probleme konstatiert der Bericht auch in Sachen Gleichberechtigung von Mann und Frau, bei Kinderrechten und
Kinderarbeit und bei Religionsfreiheit, Minderheiten- und Gewerkschaftsrechten.
"Daher spricht die Kommission in ihren Empfehlung - zwar ohnehin schon geschönt, aber trotzdem nur -
davon, dass die Voraussetzungen in 'ausreichendem Ausmaß' erfüllt sind. Das entspricht nicht den Anforderungen
des Rates von Helsinki, wo gefordert wird, dass die Voraussetzungen voll erfüllt sein müssen." Und
schließlich werde im Entwurf der holländischen Präsidentschaft für den Europäischen Rat
am 16./17. Dezember von der Erfüllung der politischen Kriterien überhaupt nicht mehr gesprochen. "Damit
kommen wir zu dem Schluss, dass die politischen Kriterien für die Aufnahme eines Beitrittsverhandlungsprozesses
nicht gegeben sind", so Cap.
"Was man aber machen kann und machen soll, ist die Aufnahme von Verhandlungen für eine strategische Partnerschaft,
ein EWR-ähnliches Modell, für eine wirtschaftlich und politisch weiter vertiefte Zusammenarbeit mit der
Türkei. Das halte ich für absolut notwendig und glaube, dass das auch ganz wichtig wäre", so
der gf. SPÖ-Klubobmann. Das sei das Modell, das die SPÖ vorschlage, "wo wir auch glauben, dass es
der ehrlichere Weg wäre". Denn in Brüssel höre man bei Gesprächen manchmal, Beitrittsverhandlungen
sollen begonnen werden, sie werden schon irgendwie scheitern. "Das ist unseriös. Das ist unseriös
gegenüber der Türkei und unseriös gegenüber den EU-Bürgern."
Ob sogenannte "ergbnisoffene Verhandlungen" auch zu einer strategischen Partnerschaft führen können,
diese Frage verneinte Cap. Es gebe nur die Möglichkeit, Verhandlungen über einen Beitritt oder Verhandlungen
über eine EWR-ähnliche Partnerschaft zu beginnen; das Rechtsinstitut eines "ergebnisoffenen Verhandelns"
gebe es nicht.
Generell bezweifelt Cap, ob die EU selbst reif für einen Türkei-Beitritt sei. Es gelte nun, die letzten
große Erweiterung zu verkraften; die EU-Verfassungen müssen nun ratifiziert werden, und in den nächsten
Jahren müsse es zu gravierenden Veränderungen in der Struktur des EU-Haushalts kommen. Auch die Gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik müsste bei einem Türkei-Beitritt auch finanziell auf ganz neue Beine
gestellt werden. "Sonst verdreifacht sich der EU-Beitrag der Nettozahler", so Cap. |
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Spindelegger: Kein Beitrittsautomatismus bei Türkei-Verhandlungen
Beitritt hängt auch von Beitrittsfähigkeit der EU ab
Wien (övp-pk) - "Es muss klar sein, dass es beim Beitritt der Türkei nicht darum geht,
von Haus aus alle Türen zuzuschlagen", sagte der außenpolitische Sprecher der ÖVP, Dr. Michael
Spindelegger am Dienstag (14. 12.). Gleichzeitig sei es aber ebenso wichtig zu vermitteln, dass es keinen
wie immer gearteten Automatismus bei den Verhandlungen gebe. "Wir wollen Ergebnisoffenheit bei den Verhandlungen",
so Spindelegger.
Der außenpolitische Sprecher der ÖVP verwies in diesem Zusammenhang auf SPÖ-Europaabgeordneten
Hannes Swoboda, der im heutigen "Kurier" ebenfalls festgestellt hat, dass es wichtig sei, der Türkei
Beitrittsverhandlungen aufzumachen, aber gleichzeitig zu signalisieren, dass das "keine g'mahte Wiesn"
sei. Im Gegensatz dazu wolle SPÖ-Klubchef Josef Cap den Bundeskanzler an eine Verhandlung in Richtung eines
speziellen Nachbarschaftsmodells binden. "Das zeigt, dass die österreichischen Sozialdemokraten auf europäischer
Ebene klug genug sind, einen gemeinsamen Weg in dieser Frage zu suchen, der Klubobmann im österreichischen
Nationalrat aber lieber populistische Stimmungsmache betreibt", so Spindelegger.
Für Spindelegger besteht kein Zweifel, dass die Türkei unter der derzeitigen Regierung Reformwillen zeigt,
gleichzeitig zeige die politische Realität aber, dass sie bis zur Erfüllung der politischen Kriterien
noch einen langen Weg vor sich habe. "Ein Vollbeitritt der Türkei ist möglich, es gibt aber auch
die Möglichkeit, dass dieser nicht erreichbar ist", so Spindelegger. Für diesen Fall müsse
es andere Optionen geben, die sicherstellen, dass die Türkei auch in Zukunft in den europäischen Strukturen
verankert bleibe. Nicht zuletzt hänge der mögliche Beitritt der Türkei auch von der Fähigkeit
der EU ab, diesen zu bewerkstelligen. "Jetzt wie Cap alle Türen zuzuschlagen hat aber ebenso wenig Sinn
wie den Eindruck zu vermitteln, dass der Beitritt so und so schon beschlossene Sache ist", so Spindelegger
abschließend. |
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Scheibner: Hauptausschuß: FPÖ bringt eigenen Antrag ein
Bundeskanzler soll sich beim Europäischen Rat gegen die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen
mit der Türkei aussprechen
Wien (fpd) - "Die FPÖ wird im heutigen Hauptausschuß ihre Position zur Frage eines EU-Beitritts
der Türkei in einem eigenen Antrag einbringen", stellte FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner klar.
FPÖ und ÖVP seien in ihren Meinungen zu weit auseinander gelegen, denn die ÖVP wollte Verhandlungen
mit offenem Ausgang. Die FPÖ sei aber gegen einen Vollbeitritt der Türkei zur Europäischen Union,
"da wir einen solchen nicht für adäquat und möglich erachten. Wir sind daher gegen reine Beitrittsverhandlungen",
betonte Scheibner vor der Sitzung des Hauptausschusses.
"Die FPÖ wird daher den Bundeskanzler ersuchen, sich beim Europäischen Rat am 16. und 17. Dezember
2004 in Brüssel gegen die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auszusprechen, entsprechende
Schlußfolgerungen abzulehnen und stattdessen für Verhandlungen mit der Zielrichtung einer primärrechtlich
verankerten verstärkten Zusammenarbeit in Form einer Partnerschaft für Europa einzutreten. Wir wollen
enge Beziehungen zwischen Europa und der Türkei, aber keinen Vollbeitritt", sagte Scheibner. |
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Vollmitgliedschaft der Türkei Verhandlungsziel
Van der Bellen: Für raschen Beginn der Verhandlungen - Vor 2014 nicht an Beitritt
zu denken
Wien (grüne) - Die Grünen werden in einem Antrag im Parlamentsausschuss am Mittwoch (15. 12.)
die Bundesregierung auffordern, der Eröffnung von Beitrittsverhandlungen zuzustimmen und als Ziel der Verhandlungen
den Beitritt der Türkei zur EU zu definieren. In dem Antrag fordern die Grünen unter anderem auch einen
raschen Beginn der Verhandlungen.
Zum derzeitigen Zeitpunkt sei der Ausgang der Beitrittsverhandlungen noch offen, heißt es in dem Antrag.
Die begonnenen Reformen müssten weiter verfolgt und umgesetzt werden. Doch auch die EU müsse sich weiter
entwickeln, damit ein Beitritt möglich werde. Die Grünen fordern, dass sich die Regierung für "klare
Vorgaben" für beide Seiten während der Verhandlungen einsetzt.
"Es soll sich keine der beiden Seiten Illusionen machen", betonte Bundessprecher Alexander Van der Bellen.
Die Kurden-Fage und die offenen Fragen bezüglich der Menschen-, Minderheiten- und Frauenrechte und der Rechtsstaatlichkeit
in der Türkei müssten gelöst werden. Bis zu einem Beitritt werde es noch sehr lange dauern.
"Vor dem Jahr 2014 ist an einen Beitritt nicht zu denken", sagte Van der Bellen. Bis 2014 laufe die Budgetperiode
der EU; davor sei nicht abschätzbar, wie sie den Beitritt der Türkei wirtschaftlich verkraften werde.
Die Grünen fordern als einzige Parlamentsfraktion, dass der Vollbeitritt der Türkei als Ziel der Verhandlungen
definiert wird. |
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