Angelobung und Antrittsrede der neuen Innenministerin  

erstellt am
23. 12. 04

Schüssel: Liese Prokop ist richtige Persönlichkeit für das Innenministerium
Wien (bpd) - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel stellte am Mittwoch (22. 12.) nach der Angelobung durch den Bundespräsidenten Liese Prokop als neue Innenministerin vor. Schüssel: "Das Innenministerium ist eines der zentralen und sensibelsten Ressorts. Es muss


Bundeskanzler Wolfgang Schüssel stellt die neue Innenministerin vor

Foto: BM.I/Pospischil
daher von einer Persönlichkeit mit Augenmaß, Charakterstärke, Entscheidungskraft und Krisenfestigkeit geleitet werden. Liese Prokop weist alle diese Eigenschaften auf und verfügt überdies über eine lange politische Erfahrung." Bundeskanzler Schüssel wies auf die wichtigen Reformmaßnahmen, die in nächster Zeit im Innenressort anstehen, hin. Dazu gehören die Zusammenlegung aller Exekutivdienste, Weichenstellungen im Bereich der Flüchtlingsbetreuung, ein neues Asyl- und Zivildienstgesetz und die Vorbereitung der EU-Präsidentschaft.

Bundesministerin Liese Prokop betonte, dass sie die notwendigen Reformen in der Exekutive im Einklang mit den Mitarbeitern umsetzen wolle. Zudem kündigte sie die Schaffung von "maßgeschneiderten"

Sicherheitskonzepten für die Bundesländer an. "Die regionale Abstimmung ist hier entscheidend. Bei der Reform geht es nicht nur um organisatorische Fragen, sondern um die innere Zusammenführung."

 

 Prokop: Sicherheit für alle Menschen ist oberstes Ziel
Neue Innenministerin präsentierte ihre Positionen und Vorstellungen im Nationalrat
Wien (övp-pk) - Österreich soll weiter eines der sichersten Länder bleiben. Ab 1. Juli 2005 wird Österreich einen modernen und einheitlichen Sicherheitswachkörper für die Bevölkerung haben. Wir arbeiten wirkungsvoll an einem menschlichen Asylsystem, und wir wollen die internationale Zusammenarbeit. Die EU-Präsidentschaft wird entsprechend vorbereitet. Der Zivildienst soll weiterhin eine wichtige Rolle spielen. "Diesen Weg will ich mit Ihnen gehen", umriss die neue Innenministerin Liese Prokop am Mittwoch (22. 12.) im Nationalrat ihre Positionen und Vorstellungen und bat die Abgeordneten um ihre Mitarbeit.

"Sicherheit in unserem Land zu gewährleisten ist eine ganz wichtige Aufgabe", sagte Prokop und wies darauf hin, dass dabei alle Verantwortlichen gemeinsam vorgehen sollten. "Nur dann wird es auch gelingen". Dies gelte für Bund, Länder, Gemeinden und für die im Parlament vertretenen Parteien. "Die Herausforderungen, die dieses Amt mit sich bringt, sind gewaltig. Ich wusste das, deswegen habe ich sehr gründlich nachgedacht und darf heute sagen: Ich freue mich auf diese Aufgabe in der österreichischen Bundesregierung. Ich werde versuchen, mein Bestes einzubringen, so wie ich es 23 Jahre in Niederösterreich getan habe", so Prokop weiter. "Ich war gewöhnt, in einem Team zu arbeiten und werde es auch hier tun. Ich weiß, dass im Innenministerium eine Reihe von wichtigen Aufgaben auf mich warten, ich weiß aber auch, dass Ernst Strasser ein hervorragend bestelltes Haus hinterlässt. Die Weichen sind gestellt", bedankte sich die neue Ministerin bei ihrem Amtsvorgänger und den über 31.000 Beamten, die Tag und Nacht für die Sicherheit sorgen. Ihrer erfolgreichen und konsequenten Arbeit sei es zu verdanken, dass Österreich zu den sichersten Ländern der Welt gehört.

Sie werde sich bemühen, dass es so bleibt, versprach Prokop. Sicherheit für alle Menschen sei das oberste Ziel. Dafür gelte es, Kriminalität mit allen geeigneten Mitteln zu bekämpfen. Es gelte, ein maßgeschneidertes regionales Sicherheitskonzept für und mit den Bundesländern zu erarbeiten. Der Sicherheitsapparat sei weiter zu modernisieren und die Rechtsgrundlagen an die geänderte Situation anzupassen. Zudem sei es wichtig, die internationale Zusammenarbeit zu pflegen. "Denn Sicherheitsprobleme machen nicht vor Grenzen halt. Sie müssen auch grenzüberschreitend behandelt werden."

Prokop zeigte sich erfreut, dass die Kriminalstatistik eine positive Entwicklung signalisiere. Die beste Statistik helfe aber nichts, wenn dies nicht auch im Empfinden der Menschen bestätigt werde. Daher sei es notwendig, konsequent daran zu arbeiten, die positiven Entwicklungen weiter zu steigern und vor allem auch für die Menschen spürbar zu machen. Die zentrale Grundlage dafür liege in der Schaffung einer einheitlichen modernen Polizei für ganz Österreich. Die eingeleitete Zusammenarbeit werde wie geplant umgesetzt. Gleichzeitig sei es Prokop wohl bewusst, dass ein derartiges "Jahrhundertwerk" auch Probleme und Verunsicherung mit sich bringe. Vordringlichste Aufgabe werde es daher sein, diese Ängste zu nehmen und Konflikte zu lösen. Sie werde in den kommenden Wochen und Monaten daher verstärkt den Dialog mit den Mitarbeitern der Exekutive suchen und sich ein persönliches Bild darüber machen, welche ergänzenden Maßnahmen bei der Umsetzung von Team 04 erforderlich seien.

Hilfe bei Not, Stopp bei Mißbrauch und Strafe bei Kriminalität
Als ihre zentrale Aufgabe sehe sie, dass neben der organischen Zusammenführung auch die innere Zusammenführung von Polizei und Gendarmerie gelinge. "Der zweite große Arbeitsschwerpunkt ist ein möglichst wirkungsvolles und menschliches Asylsystem. Ziel ist es, in der großen Tradition der österreichischen Hilfsbereitschaft weiter zu arbeiten, sich aber in einem Europa von heute zu bewähren und zu bewegen." Für dieses Ziel würden folgende drei Prinzipien gelten: Hilfe, wo es um Not geht, Stopp, wo es um Missbraucht geht und Strafe, wo es um Kriminalität geht. Dass dabei die menschliche Seite berücksichtigt werden müsse, habe die Regierung mit dem Vertrag zwischen Bund und Ländern bewiesen. Schutzbedürftige Fremde müssten entsprechend betreut werden. Wer allerdings gegen Gesetze verstoße, könne nicht damit rechnen, bei uns bleiben zu dürfen. Es müsse zudem allen klar sein, dass die Bekämpfung von Kriminalität oder die Bewältigung der Asylfrage nur in enger internationaler Zusammenarbeit vorangetrieben werden kann. "Mehr Sicherheit in unserem unmittelbaren Umfeld ist auch mehr Sicherheit für uns."

Für die Vorbereitung der EU-Präsidentschaft 2006 sieht Prokop als die großen Aufgaben die Gewährung der optimalen Sicherheit für alle Beteiligten mit möglichst wenig Einschränkungen für die Bürger unseres Landes, die weitere Heranführung der Balkanländer an die Sicherheitsstandards sowie die Heranbildung einer engen Polizeikooperation in der EU, "damit Europa nicht nur ein gemeinsamer Raum der Freiheit und Wirtschaft ist, sondern auch der gemeinsamen Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger". Als weitere zentrale Aufgabe bezeichnete Prokop die Ausverhandlung von "Schengen 3" gemeinsam mit Deutschland, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden bis Mitte 2005. Mit diesen Ländern berät Österreich gerade eine besonders enge Form der polizeilichen Zusammenarbeit.

Ein weiterer Schwerpunkt sei der Zivildienstbereich, verwies die Ministerin auf die beeindruckenden Leistungen der Zivildiener sowie der Hilfs-, Pflege- und Rettungsorganisationen. Der Zivildienst müsse im Sinne der sozialen Sicherheit für Österreich in guter Form erhalten bleiben. Für die Zivildiener müssten die bestmöglichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Darüber hinaus würde über eine Verkürzung des Zivildienstes diskutiert. Sie erwarte sich Ende Jänner einen Vorschlag der Reformkommission. Auch in diesem Bereich wünschte sich Prokop eine gute Lösung auf breiter Basis.

 

 Cap: "Prokop hat eine ziemliche Baustelle geerbt"
Wien (sk) - "Das ist ein Durchhaus, aber keine Regierung", kritisierte der gf. SPÖ-Klubobmann Josef Cap am Mittwoch (22. 12.) im Nationalrat die Regierungsumbildung. Von "Stabilität und Kontinuität" in der Bundesregierung könne keine Rede sein, so Cap angesichts der vielen Rücktritte der letzten Jahre. Die neue Innenministerin habe eine "ziemliche Baustelle" geerbt, zeigte Cap auf: "Frau Innenminister, da wartet ziemlich viel auf Sie, denn Strasser ist in Wirklichkeit gescheitert". Der neuen Innenministerin legte Cap nahe, sich bei der anstehenden Postenbesetzung an "Kompetenz und Sicherheit" zu orientieren.

Seit 1999 habe es um 200.000 Delikte mehr gegeben, 3.000 Beamte wurden eingespart und die Aufklärungsrate sei auf 37 Prozent gesunken, zeigte Cap die Situation auf. Das Bild werde aber einfach durch neue Uniformen oder durch ein neues Design der Polizeiautos verändert, kritisierte Cap. Viele Menschen hätten die Veränderung in der Sicherheitspolitik am eigenen Leib erfahren, so Cap, der auf Einbrüche und Autoaufbrüche verwies.

"Landeshauptmann Pröll kriegt schon einen ganz wässrigen Mund", so Cap angesichts der 5.300 neu zu besetzenden Posten. Er, Cap, hoffe, dass sich die neue Innenministerin bei der Postenbesetzung nicht am Landeshauptmann und am Bundeskanzler orientiere, sondern nach Kompetenz und Sicherheit entscheide. Die "schauspielerische Leistung" von Schüssel bezeichnete Cap als "bewundernswert". Dieser "grinse" und sei "guter Laune", als hätte er das "Rotationsprinzip" in der Regierung eingeführt.

 

 Scheibner: FPÖ begrüßt rasche Neubesetzung des Innenministeriums
Wien (fpd) - FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner bezeichnete es am Mittwoch (22. 12.) im Nationalrat als gut und richtig, daß die Entscheidung zur Neubesetzung des Innenministeriums rascher erfolgt sei, als es vielleicht zu befürchten gewesen sei. Die FPÖ habe bei der letzten Debatte die Sorge geäußert, daß durch dieses Interregnum wichtige Reformen im Innenministerium verzögert worden wären. Verzögerungen wären nicht positiv gewesen, da man sich mit steigenden Kriminalitätszahlen und der offenen Frage einer notwendigen Regelung im Asylbereich konfrontiert sehe, sagte Scheibner.

Die neue Innenministerin Prokop werde in der FPÖ einen fairen, aber auch konsequenten Partner haben, erklärte Scheibner. Die FPÖ werde ihre Koalitionspartner auf der Bundesebene nicht in gute und schlechte unterteilen. "Und wir gehen davon aus, daß Sie das auch in Zukunft mit Ihrem Koalitionspartner nicht machen werden." Die Ministerin habe die freiheitliche Unterstützung und Zusammenarbeit, wenn sie konsequent gegen die steigende Kriminalität ankämpfe, wenn sie die Verunsicherung in der Exekutive beende, wenn sie dynamisch gegen Einsparungen bei der Sicherheit zu Felde ziehe und wenn sie gemeinsam mit der FPÖ bereit sei, auch manchmal unkonventionelle Maßnahmen zu setzen, die notwendig seien, wenn es etwa darum gehe, partiell Visapflicht einzuführen für jene Länder, bei denen man Kriminaltourismus in verstärktem Ausmaß zu verzeichnen habe.

Im Asylrecht müsse man ganz klar unterscheiden zwischen dem Grundsatz, allen wirklich Verfolgten die notwendige Unterstützung und Asyl zu geben, und der Notwendigkeit, alles gegen den Mißbrauch des Asylrechts zu unternehmen. Hier gebe es Handlungsbedarf, betonte Scheibner. Die Anerkennungsquote betrage zwanzig Prozent. Achtzig Prozent der Asylwerber würden also andere Gründe als wirkliche Asylgründe vorbringen. Es sei menschlich notwendig, den zwanzig Prozent alle Unterstützung zu geben und auszuschließen, daß achtzig Prozent auf Kosten der zwanzig Prozent wirklich politisch Verfolgten versuchten, in Österreich Aufenthalt zu finden und finanzielle und materielle Unterstützung zu erhalten. Auch von den NGOs sei zu verlangen, diese Unterscheidung zu treffen.

Es dürfe kein Augenzwinkern geben, sagte Scheibner. Wenn jemand in einem Asylverfahren stehe und das Strafrecht mißachte, sei er aus diesem Asylverfahren zu entlassen und aus Österreich abzuschieben. Auch die Drittstaatenklausel müsse zu hundert Prozent durchgesetzt werden. Die Lücken im Asylgesetz müßten geschlossen werden. Scheibner nannte hier die Traumatisierung.

 

Hoffnung auf Kurswechsel – Prokop eine Chance geben
Wien (grüne) - Die Grünen hoffen unter Neo-Innenministerin Liese Prokop auf einen Kurswechsel. Menschenrechtssprecherin Terezija Stoisits und Sicherheitssprecher Peter Pilz richteten dazu elf Forderungen an die Strasser-Nachfolgerin - unter anderem die Zurücknahme der geplanten Verschärfungen im Asylrecht, ein Ende der "Umfärbung" bei der Polizei und die Halbierung der Zivildienst-Dauer. Stoisits: "Wir wollen der neuen Ministerin eine Chance geben. Eine Chance, sie ins Boot hineinzuholen."

Stoisits forderte Prokop auf, einen "Runden Tisch" zur Asylfrage einzuberufen. Von der Ministerin, die sich am Mittwoch in einer Nationalrats-Sondersitzung dem Parlament vorstellt, erwartet sie sich eine "verfassungskonforme Asylgesetznovelle", mehr Personal für Bundesasylamt und Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) sowie ein offenes Ohr für die Hilfsorganisationen, die bei ihrem Vorgänger Ernst Strasser (V) "an die Tür gerannt sind".

Die klassischen 100 Tage Einarbeitungszeit könne es für Prokop nach der Teil-Aufhebung des Asylgesetzes durch den Verfassungsgerichtshof nicht geben, betont Stoisits: "Die Zeit für die Reparatur des Asylgesetzes ist längst abgelaufen." Pilz hofft nach dem Strasser-Abgang auf ein Umdenken: "Vielleicht gibt es die Einsicht, das es so nicht weiter geht." Strasser habe seiner Nachfolgerin ein "äußerst problematisches Erbe hinterlassen".

Als Beispiel nennt Pilz die Zivildienstreform, die derzeit in einer "Sackgasse" feststecke. Pilz drängt auf eine Verkürzung des Zivildienstes auf sechs Monate und auf gleiche Bezahlung von Zivil- und Präsenzdienern. Bei der Exekutive wollen die Grünen 1.000 zusätzliche Dienstposten und eine schnelle Neuregelung der Arbeitszeit und Bezahlung. Pilz: "Eine Republik, die sich Eurofighter leisten kann, muss ich auch öffentliche Sicherheit leisten."

Außerdem fordern die Grünen eine "seriöse Drogenpolitik". Prokop müsse die "Propagandarazzien am Drogenmarkt" beenden und die Polizei stattdessen für konkrete Aufklärungsarbeit einsetzen. Nötig wäre für Pilz auch eine Reform der Geheimdienste, um das "unkoordinierte Neben- und Gegeneinander" der polizeilichen und militärischen Dienste zu beenden. Im Jänner wollen die Grünen diesbezügliche Vorschläge machen.
        

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller vier im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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