Verfassung: Kirchen sehen "mehr Konsens als Dissens"  

erstellt am
23. 12. 04

Gemeinsamer Brief der Verantwortlichen der christlichen Kirchen in Österreich an Konvents-Präsident Franz Fiedler
Wien (epd Ö) - Bereits jetzt ist "mehr Konsens als Dissens" über viele Teile der neuen österreichischen Bundesverfassung erkennbar. Dies betonen die Verantwortlichen der christlichen Kirchen in Österreich in einem am Mittwoch (22. 12.) veröffentlichten gemeinsamen Brief an den Präsidenten des Österreich-Konvents, Franz Fiedler. Dankbar sei festzustellen, dass "christliche Inhalte in den Konventstexten erkennbar sind, vor allem im Bereich der Grundrechte, einschließlich der sozialen Grundrechte", heißt es in dem Brief, der u.a. von Kardinal Christoph Schönborn, dem evangelisch-lutherischen Bischof Herwig Sturm und dem griechisch-orthodoxen Metropoliten Michael Staikos unterzeichnet wurde.

Die Repräsentanten der Kirchen appellieren an die Verantwortung der Politik. Da der Mensch im Mittelpunkt der Bemühungen um eine neue österreichische Bundesverfassung stehe, sei parteipolitisches Taktieren jedenfalls dann nicht am Platz, "wenn die Rechte der Bürgerinnen und Bürger neu gefasst, ausgebaut und gesichert werden sollen". Schon bisher sei im Konvent - "auch durch die Anregungen der Kirchen" - zwischen den Standpunkten vermittelt worden, heißt es in dem Brief. Daher werde es auch im Nationalrat gelingen, "zukunftsweisende Lösungen zu finden". Durch die Wahrnehmung der staatspolitischen Verantwortung aller Parteien sollte die Chance, jetzt eine neue, der Zeit entsprechende Bundesverfassung zu formulieren und zu beschließen, genützt werden. Grundsätzlich bezeichnen die Verantwortlichen der Kirchen die Einleitung der Reform der Bundesverfassung als "eine verdienstvolle politische Tat".

In dem Brief an Fiedler wird an die gemeinsame Stellungnahme der Kirchen beim Konvents-Hearing am 21. November 2003 erinnert. Die Kirchen unterstützten die Tätigkeit des Konvents durch eine "ökumenische Expertengruppe" und durch den Einsatz der Vorsitzenden des Ökumenischen Rates der Kirchen, Oberin Christine Gleixner, die Mitglied des Konvents ist. Wörtlich heißt es in dem Brief: "Die Kirchen sprechen ihre eigenen Belange an, versuchen aber ebenso für jene zu sprechen, die keine Stimme haben oder deren Stimme in der Politik nicht ausreichend gehört wird". Die Diskussionsbeiträge und Vorschläge der Kirchen würden in erster Linie die Grundwerte einer neuen Verfassung, die Grundrechte, insbesondere die religiösen und sozialen Grundrechte, Staatsziele und -aufgaben sowie den Bereich Schule und Bildung betreffen.

Grundsätzlich betrachten die Verantwortlichen der Kirchen die Mitwirkung im Konvent als Beispiel für Beratungsvorgänge mit der Politik. Die Kirchen kündigen an, dass sie auch den parlamentarischen Prozess für eine neue Bundesverfassung begleiten und gemäß ihrem Auftrag, "ob gelegen oder ungelegen", das Wort ergreifen werden.
     
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