Gemeinsamer Brief der Verantwortlichen der christlichen Kirchen in Österreich an Konvents-Präsident
Franz Fiedler
Wien (epd Ö) - Bereits jetzt ist "mehr Konsens als Dissens" über viele Teile
der neuen österreichischen Bundesverfassung erkennbar. Dies betonen die Verantwortlichen der christlichen
Kirchen in Österreich in einem am Mittwoch (22. 12.) veröffentlichten gemeinsamen Brief an den Präsidenten
des Österreich-Konvents, Franz Fiedler. Dankbar sei festzustellen, dass "christliche Inhalte in den Konventstexten
erkennbar sind, vor allem im Bereich der Grundrechte, einschließlich der sozialen Grundrechte", heißt
es in dem Brief, der u.a. von Kardinal Christoph Schönborn, dem evangelisch-lutherischen Bischof Herwig Sturm
und dem griechisch-orthodoxen Metropoliten Michael Staikos unterzeichnet wurde.
Die Repräsentanten der Kirchen appellieren an die Verantwortung der Politik. Da der Mensch im Mittelpunkt
der Bemühungen um eine neue österreichische Bundesverfassung stehe, sei parteipolitisches Taktieren jedenfalls
dann nicht am Platz, "wenn die Rechte der Bürgerinnen und Bürger neu gefasst, ausgebaut und gesichert
werden sollen". Schon bisher sei im Konvent - "auch durch die Anregungen der Kirchen" - zwischen
den Standpunkten vermittelt worden, heißt es in dem Brief. Daher werde es auch im Nationalrat gelingen, "zukunftsweisende
Lösungen zu finden". Durch die Wahrnehmung der staatspolitischen Verantwortung aller Parteien sollte
die Chance, jetzt eine neue, der Zeit entsprechende Bundesverfassung zu formulieren und zu beschließen, genützt
werden. Grundsätzlich bezeichnen die Verantwortlichen der Kirchen die Einleitung der Reform der Bundesverfassung
als "eine verdienstvolle politische Tat".
In dem Brief an Fiedler wird an die gemeinsame Stellungnahme der Kirchen beim Konvents-Hearing am 21. November
2003 erinnert. Die Kirchen unterstützten die Tätigkeit des Konvents durch eine "ökumenische
Expertengruppe" und durch den Einsatz der Vorsitzenden des Ökumenischen Rates der Kirchen, Oberin Christine
Gleixner, die Mitglied des Konvents ist. Wörtlich heißt es in dem Brief: "Die Kirchen sprechen
ihre eigenen Belange an, versuchen aber ebenso für jene zu sprechen, die keine Stimme haben oder deren Stimme
in der Politik nicht ausreichend gehört wird". Die Diskussionsbeiträge und Vorschläge der Kirchen
würden in erster Linie die Grundwerte einer neuen Verfassung, die Grundrechte, insbesondere die religiösen
und sozialen Grundrechte, Staatsziele und -aufgaben sowie den Bereich Schule und Bildung betreffen.
Grundsätzlich betrachten die Verantwortlichen der Kirchen die Mitwirkung im Konvent als Beispiel für
Beratungsvorgänge mit der Politik. Die Kirchen kündigen an, dass sie auch den parlamentarischen Prozess
für eine neue Bundesverfassung begleiten und gemäß ihrem Auftrag, "ob gelegen oder ungelegen",
das Wort ergreifen werden. |