Prognose für 2005 und 2006  

erstellt am
23. 12. 04

Hoher Euro-Kurs bremst Konjunkturerholung
Wien (wifo) - Die österreichische Wirtschaft wuchs 2004 dank der regen Exportdynamik um rund 2%. In den Jahren 2005 und 2006 dürfte das Wachstum etwa 2¼% betragen; 2005 trägt die zweite Etappe der Steuerreform dazu bei; für 2006 wird eine leichte Belebung der Wirtschaft im Euro-Raum erwartet. Bedeutende Unsicherheiten bestehen bezüglich der Entwicklung des Euro-Kurses: Ein weiterer Anstieg könnte die Konjunkturerholung im Euro-Raum stärker bremsen.

Die Weltwirtschaft erzielte 2004 das höchste Wachstum seit 1½ Jahrzehnten. Im Zuge dieser Belebung nahmen die heimischen Exporte 2004 real um 10% zu. Dies hatte eine kräftige Ausweitung der Sachgüterproduktion zur Folge. Das Wirtschaftswachstum erreichte 2004 in Österreich – ebenso wie im Euro-Raum – fast 2%. Gemessen am Aufschwung in den USA und in Asien blieb die Entwicklung im Euro-Raum enttäuschend. Die mäßige Konjunkturerholung wurde schon im 2. Halbjahr durch den starken Anstieg des Euro-Kurses, hohe Rohölpreise und die Kaufzurückhaltung der Konsumenten gebremst.

In Österreich setzte die Belebung der Wirtschaft relativ spät ein, hielt aber auch in der zweiten Jahreshälfte an. Im III. Quartal stieg das reale BIP gegenüber dem Vorquartal kräftig (+0,8%) und übertraf das Vorjahresniveau um 2,7%. Die Exporte wuchsen ungemindert, und die Investitionstätigkeit wurde durch das Auslaufen der Investitionszuwachsprämie stimuliert. Auch der private Konsum erholte sich, das Weihnachtsgeschäft lief gut an. Im Oktober und November beurteilten die Unternehmen im WIFO-Konjunkturtest ihre Auftrags- und Geschäftslage weiterhin relativ günstig, die Einschätzung verbesserte sich aber nicht mehr gegenüber den Vormonaten.

Für 2005 wird die Wachstumsprognose auf +2,2% zurückgenommen, da der hohe Euro-Kurs und die Folgewirkungen der Rohölverteuerung die Wirtschaftsentwicklung dämpfen werden. Der Anstieg der Exporte wird durch die Stärke des Euro und das Nachlassen der Welthandelsdynamik gebremst. Da Investitionen ins Jahr 2004 vorgezogen werden, sind im Jahr 2005 entsprechende Ausfälle zu erwarten. Laut WIFO-Investitionstest planen die Sachgütererzeuger, ihre Ausrüstungsinvestitionen 2005 einzuschränken. Die wegen der hohen Rohölpreise steigende Inflation wird die Kaufkraft etwas beeinträchtigen. Die zweite Etappe der Steuerreform bringt jedoch eine Entlastung der Unternehmen und lässt auch die Nettoeinkommen der Arbeitnehmer 2005 real um 1¼% steigen. Das Wirtschaftswachstum wird 2005 deutlich höher ausfallen als im Euro-Raum.

Unter der Annahme, dass der Euro-Kurs und die Rohölpreise 2006 wieder etwas sinken, sollte sich das Wachstum im Euro-Raum 2006 auf etwa 2¼% beschleunigen. Für Österreich kann unter diesen Annahmen – die wegen der hohen Volatilität von Wechselkurs und Erdölpreisen mit großer Unsicherheit behaftet sind – mit einer Rate von +2,3% gerechnet werden.

Die Inflationsentwicklung steht im Zeichen der hohen Rohölpreise. Die Teuerungsrate erreichte in Österreich 2004 2,0%; davon ging etwa ½ Prozentpunkt auf den Energiepreisanstieg zurück. Für 2005 ist mit einer Beschleunigung der Inflation auf 2,3% zu rechnen: Strom, Gas und Mieten werden teurer, und die Tabaksteuer wird angehoben. Im Jahr 2006 ist ein spürbarer Rückgang der Inflationsrate auf 1,7% zu erwarten, wenn die Preise einiger Energieprodukte zurückgehen und die öffentlich beeinflussten Preise relativ stabil bleiben.

Das Wachstumstempo reichte bisher aus, um die Zahl der Arbeitsplätze deutlich zu steigern, aber nicht um die Arbeitslosigkeit signifikant zu verringern. Das liegt an der kräftigen Ausweitung des Arbeitskräfteangebotes. Die Beschäftigung reagiert bereits deutlich auf die Konjunkturverbesserung. Im Jahr 2004 erhöhte sich die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten um 20.000. Für 2005 und 2006 wird ein Anstieg um mehr als 25.000 erwartet, der zunehmend auch Vollzeitstellen betreffen wird. Die Zahl der Arbeitslosen nahm 2004 noch um fast 4.000 auf 244.000 zu, im Jahr 2005 dürfte sie etwa auf das Niveau von 2003 zurückgehen. Die Arbeitslosenquote könnte bis 2006 auf 6,7% (bzw. 4,2% laut Eurostat) sinken.

Das Maastricht-Defizit der öffentlichen Haushalte fiel 2004 mit 1,3% des BIP merklich höher aus als erwartet. Hauptursachen sind die Mindereinnahmen an Mehrwertsteuer sowie an Einkommen- und Körperschaftsteuer infolge der Investitionszuwachsprämie. Die zweite Etappe der Steuerreform wird das Defizit 2005 auf etwa 2% des BIP steigen lassen; durch Einmalmaßnahmen könnte es unter diese Marke gedrückt werden. 2005 sind geringere Lohnsteuereinnahmen zu erwarten als im Oktober prognostiziert, da die Lohnprognose nach unten revidiert wurde. Im Jahr 2006 dürfte das Defizit, wie im Stabilitätsprogramm angenommen, auf etwa 1¾% zurückgehen. Positiv wirken sich die erwartete Konjunkturerholung und das Auslaufen der Investitionszuwachsprämie auf den Staatshaushalt aus, andererseits bewirkt die Steuerreform weitere Ausfälle an Einkommen- und Körperschaftsteuer.

Quelle: WIFO
Autor: Ewald Walterskirchen
     
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