Finanzausgleich nimmt letzte parlamentarische Hürde  

erstellt am
21. 12. 04

Im Bundesrat ist am 20. Dezember kein Einspruch erfolgt
Wien (pk) – Im Rahmen der Debatte in der Länderkammer über das Finanzausgleichsgesetz, der Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 und des Österreichischen Stabilitätspaktes erinnerte Bundesrat KRAML (S) an die Zustimmung der SPÖ zum neuen Finanzausgleich im Nationalrat. Den sozialdemokratischen Bundesräten sei dies nicht möglich, sagte Kraml, und kritisierte die Belastungspolitik für die Gemeinden infolge der Mindereinnahmen durch die Steuerreform der Bundesregierung. Der Finanzminister lasse sich die Steuerreform teilweise von Ländern und Gemeinden finanzieren und verlange von Ländern und Gemeinden im Stabilitätspakt, Überschüsse abzuliefern. Die wachsende Zahl von Gemeinden, die mangels finanziellen Spielraums auf Investitionen verzichten müssen, werde zu einem Problem für die regionale Wirtschaft, für Wachstum und Beschäftigung. Dazu kommen die Belastungen unter dem Titel "Gesundheitspaket", die die armen Mitbürger treffen, wenn sie eine neue Brille, Medikamente oder einen Spitalsaufenthalt brauchen.

Bundesrat HÖSELE (V) zitierte SPÖ-Vertreter aus den Bundesländern, die angesichts der Haltung der Bundes-SPÖ zum Abschluss des Finanzausgleichs Sorgen um die Regierungsfähigkeit der SPÖ geäußert haben. Der Abschluss eines Finanzausgleichs setze die politische Tugend voraus, tragfähige Kompromisse auszuhandeln und zu ihnen zu stehen. Der vorliegende Finanzausgleich leite eine Trendwende zugunsten der Länder und Gemeinden ein, merkte Hösele mit Genugtuung an, und bekannte sich für die Zukunft zu einer transparenteren Gestaltung des Finanzausgleichs durch einheitliche Festsetzung des Gesamtsteueraufkommens im Rahmen eines aufgabenorientierten Finanzausgleichs. Hösele kündigte seitens der Steiermark an, den Stabilitätspakt 2005 nicht erfüllen zu können, wies generelle Kritik am Stabilitätspakt aber mit dem Hinweis auf die enorme Verbesserung der internationalen Position Österreichs durch die stabilitätsorientierte Budgetpolitik der Regierung Schüssel zurück: Österreich, das beim Budgetdefizit 1999 noch hinter Deutschland auf dem 14. Platz in der EU lag, rangiere 2004 vor Deutschland auf dem 7. Platz.

Bundesrätin Dr. LICHTENECKER (G) räumte ein, bei dem schwierigen Unterfangen "Finanzausgleich" seien Fortschritte erzielt worden durch die Umwandlung von Abgaben, bei der interkommunalen Zusammenarbeit, die eine Überwindung des Kirchturmdenkens erwarten lasse, und bei der Finanzierung des sonderpädagogischen Förderbedarfs. Versäumnisse ortete Lichtenecker bei der Einführung des aufgabenorientierten Finanzausgleichs und bei der Zusammenführung von Ausgaben- und Einnahmenverantwortung. Als Nachteil für die Werbe- und Medienwirtschaft sah die Bundesrätin, dass es nicht gelungen sei, die Werbeabgabe abzuschaffen. Beim neuen, abgestuften Bevölkerungsschlüssel bedauerte die Bundesrätin, dass größere Gemeinden in ihren Funktionen als regionale Zentren nicht gestärkt würden. Den Stabilitätspakt lehnen die Grünen ab, weil er unrealistisch sei und massive Sparpakete ab 2008 befürchten lasse.

Bundesrat Ing. KAMPL (F) zeigte sich froh darüber, dass die Bundesregierung mit den Ländern sowie mit dem Städte- und Gemeindebund einen einigermaßen gerechten Finanzausgleich zustande gebracht hat. Dazu gehört auch das Ziel, im Gesundheitswesen eine Ausgabenreduktion herbeizuführen. Die Bürgermeister kleiner Gemeinden, in denen mehr als 4 Millionen Menschen leben, können zufrieden sein, weil sie das erste Mal seit 1948 etwas mehr Geld bekommen. Der Wiener Bürgermeister Häupl sei einer der härtesten Vertreter einer Politik zugunsten großer Städte. Diese Politik laufe dem Ziel entgegen, die Menschen in der Region zu halten, wo sie geboren sind. Denn "jeder Österreicher muss gleich viel wert sein", schloss Bundesrat Kampl.

Staatssekretär Dr. FINZ wies die Ansicht zurück, Gemeinden und Länder hätten Nachteile durch die Steuerreform. Sie müssten sich deshalb an der Steuerreform beteiligen, weil ihnen die Absicherung des Wirtschaftsstandorts direkte Vorteile bringe: Jeder neue Betrieb erhöhe das Aufkommen an Kommunalabgabe. Der Finanzstaatssekretär bemühte sich auch, Befürchtungen wegen eines Belastungspakets 2008 zu zerstreuen. "Österreich erreicht einen ausbalancierten Haushalt ohne Belastungspaket", erfuhren die Bundesräte. Die Mehreinnahmen im Gesundheitswesen dienen der Erhaltung der medizinischen Spitzenleistungen, hielt Finz fest.

Die Finanzausgleichspartner hatten sich beim letzten Finanzausgleich auf die Vorlage eines aufgabenorientierten Finanzausgleichs geeinigt, vierzehn Tage vor Beginn der Verhandlungen haben die Vertreter der Städte und Gemeinden aber signalisiert, dass sie sich auf einen solchen Finanzausgleich nicht einigen können, informierte der Staatssekretär.

Der Finanzausgleich 2005 kenne keine Verlierergemeinden, betonte der Finanzstaatssekretär, er setze Schritte in Richtung gemeindeübergreifende Regionalentwicklung, die Gespräche über die Abschaffung der Werbeabgabe werden in einer eigens dafür geschaffenen Arbeitsgemeinschaft geführt.

Bundesrätin Mag. NEUWIRTH (S) bedauerte, dass es nicht gelungen sei, eine grundlegende Reform des Finanzausgleichs herbeizuführen und ortete als Ursachen dafür die schwache Konjunktur und die Budgetpolitik des Bundes. Die Bundesrätin verteidigte die Wohnbauförderung als ein wesentliches sozial-, wirtschafts-, integrations- und raumordnungspolitisches Instrument. Hinsichtlich der Finanzierung der Spitäler habe die SPÖ ganz andere Vorstellungen als die Bundesregierung, erinnerte die Bundesrätin und machte kritisch darauf aufmerksam, dass die Gemeinden durch den Finanzausgleich nicht zurückbekommen, was sie durch die Steuerreform verlieren. Der Budgetpolitik der Bundesregierung stellte Neuwirth ein schlechtes Zeugnis aus.

Bundesrat MAYER (V) bezeichnete es als eine große Leistung, in finanziell schwierigen Zeiten mehr Mittel für die Gemeinden zur Verfügung stellen zu können. Hinsichtlich der Spitalsfinanzierung erinnerte der Vorarlberger Bundesrat an den Gesundheitsfonds seines Bundeslandes und an dessen Vorbildwirkung in Sachen Verwaltungsreform und Effizienzsteigerung. Es gelte, dem Patienten die Sicherheit zu geben, dass er die bestmögliche Behandlung erhalte. Voraussetzung dafür sei, dass die Spitäler finanzierbar bleiben.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) bekundete, kein Problem mit Tabaksteuererhöhungen zu haben, machte aber auf das Beispiel Deutschland aufmerksam, wo höhere Tabaksteuern dazu führten, dass die Menschen ihre Zigaretten vermehrt im Ausland kauften und die Steuereinnahmen zurückgingen. Im Übrigen brach die Bundesrätin eine Lanze für die Trafikanten, die ein Element der Nahversorgung im ländlichen Raum darstellen.

Bundesrat WEILHARTER (F) erläuterte die Absicht, im Zuge der Verwaltungsreform im Gesundheitswesen Einsparungen und Effizienzsteigerungen zu erzielen, und wies darauf hin, dass das Bundesland Kärnten auf diesem Gebiet als Vorbild vorangehe, habe es doch auf eine Erhöhung des Spitalskostenbeitrages verzichtet. "Kärnten zeigt vor, was gelebter Föderalismus ist", sagte Bundesrat Weilharter.

Bundesrat LINDINGER (S) listete die Aufgaben der Gemeinden bei der Befriedigung grundlegender Lebensbedürfnisse der Menschen auf: Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung sowie soziale und gesundheitliche Leistungen. Dadurch treten die Gemeinden als Nachfrager für die regionale Wirtschaft und das regionale Gewerbe auf. Vor diesem Hintergrund sei es bedauerlich, dass immer mehr kleine Gemeinden ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen können. Die Bundesregierung trage dafür die Verantwortung, sagte Lindinger. Das Gebot der Stunde müsste lauten, die Gemeinden zu entlasten.

Bundesrat BADER (V) kritisierte den "Paktbruch" der SPÖ und ihren "Zick-Zack-Kurs" beim Finanzausgleich. Einmal verlangten die Sozialisten mehr Geld für die Gemeinden, ein andermal stimmen sie gegen ihre eigenen Verhandlungsergebnisse, in denen mehr Geld für die Gemeinden paktiert werde. Er halte es für großartig, was für kleine Gemeinden im ländlichen Raum durch den neuen Bevölkerungsschlüssel erreicht werden konnte. Die ÖVP stimme gerne zu.

Bundesrat SCHENNACH (G) wiederholte die Kritik der Grünen, beim vorliegenden Finanzausgleich sei keine grundlegende Reform erreicht wurde. Er sehe den aufgabenorientierten Finanzausgleich nicht, den man angestrebt habe. Über die Zusammenführung von Ausgaben- und Einnahmenverantwortung sei nicht einmal diskutiert worden. Die Bundesräte, die dem neuen Stabilitätspakt zustimmen, sollten wissen, dass sie damit einer Steuer- und Abgabenerhöhung im Jahr 2008 zustimmen, denn dies sei notwendig, wenn das Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes 2008 erreicht werden soll.

Bundesrat WEISS (V) trat der Auffassung entgegen, Ballungsräume seien innovativer als ländliche Gemeinden und nannte Betriebe in Vorarlberger Kleingemeinden, die als Weltmarktführer in verschiedenen technischen Produktionen gelten. Wer von der Zusammenführung der Einnahmen- und Ausgabenverantwortung spricht, sollte dazu sagen, ob er dabei eine Kompetenzverlagerung zugunsten des Bundes oder zugunsten der Länder meine. Im zweiten Fall könne dies zu unterschiedlichen Steuern zwischen den Bundesländern führen, ein System, das in der Schweiz ganz gut funktioniere - aber dennoch müsse man wissen, ob man das wolle. Für bemerkenswert hielt der Vizepräsident des Bundesrates, dass sowohl die Grünen als auch die SPÖ dem Finanzausgleich überall dort zustimmten, wo sie in Regierungsverantwortung eingebunden sind. "Wir, die ÖVP, befinden uns mit unserer Zustimmung also in sehr guter Gesellschaft."

Bei der Abstimmung beschloss der Bundesrat jeweils mit den Stimmen der Regierungsparteien, gegen das Finanzausgleichsgesetz 2005, die Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes und gegen den Österreichischen Stabilitätspakt 2005 keinen Einspruch zu erheben.
     
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