Produktion steigt 2004 kräftig um 8 Prozent, Umsatz nur 4 Prozent – Handelsbilanzdefizit
wieder rückläufig, Preisdruck hält an
Wien (ba-ca) - Österreichs Elektroindustrie konnte 2004 ihre Produktion voraussichtlich kräftig
um rund 8 Prozent steigern. Parallel zum hohen Produktionswachstum blieb das Umsatzwachstum der Branche mit ungefähr
4 Prozent auf rund 12 Milliarden Euro deutlich dahinter zurück. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Branchenbericht
der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) Konzernvolkswirtschaft. "Die Diskrepanz im Umsatz- und Produktionswachstum",
so BA-CA Ökonom Günter Wolf, "ist Ausdruck des anhaltend hohen Preisdrucks. Preiseinbußen
waren 2004 in unterschiedlichem Ausmaß in allen Bereichen der Elektroindustrie zu beobachten."
Die Spartenergebnisse weichen erheblich voneinander ab: Nach drei Jahren hoher Rückgänge konnten 2004
in der Erzeugung nachrichtentechnischer Geräte wieder Zuwächse verbucht werden, bis zum September 11
Prozent. Im heterogenen Bereich der Medizin- und Messtechnik und Optik waren es knapp 8 Prozent. Gleichzeitig ist
der Umsatz in der Erzeugung elektrotechnischer Ausrüstungsgüter um etwa 1 Prozent gesunken, im anteilsmäßig
kleinen Segment der Computererzeugung um gut 15 Prozent. Neben den Leistungen gewerblicher Betriebe werden hier
auch die Hersteller von Computer und optischer Geräte berücksichtigt - Sparten, die in der traditionellen
Industriegliederung fehlen.
"Die heimische Elektroindustrie ist im Spartendurchschnitt konkurrenzfähig", so Günter Wolf,
"was sie an der laufenden Verbesserung des Handelsdefizits seit Ende der 90er-Jahren beweist." Die Exporteinbußen
2003 infolge der internationalen Konjunkturschwäche, die eine Ausweitung des Defizits auf rund 1 Milliarde
Euro brachte, konnten voraussichtlich schon 2004 wieder kompensiert werden. Bis Oktober 2004 sind die Exporte um
7,7 Prozent auf 9,3 Milliarden Euro und die Importe um 5,1 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro gestiegen. Trotz des
positiven Gesamtergebnisses stehen einige Bereiche der Elektroindustrie vor allem die Hersteller nachrichtentechnischer
Geräte beziehungsweise von Unterhaltungselektronik unter Druck. War die Handelsbilanz in dieser Warengruppe
1998 noch im Plus, standen 2003 Exporten von 1,8 Milliarden Euro Importe im Wert von fast 2,5 Milliarden Euro gegenüber.
Das Defizit hat sich 2004 weiter ausgeweitet.
Der Importdruck in einigen Sparten der Elektroindustrie resultiert auch aus der intensiven internationalen Arbeitsteilung
der Branche. "Besonders Osteuropa hat als relativ kostengünstiger Produktionsstandort für Österreichs
Elektroindustrie an Bedeutung gewonnen, genauso wie als Absatzmarkt", sagt Günter Wolf. Zwischen 1997
und 2003 sind die Exporte in die Region um durchschnittlich 5,6 Prozent im Jahr auf 2,6 Milliarden Euro gestiegen,
die Importe aus der Region immerhin um 12,7 Prozent im Jahr auf 1,9 Milliarden Euro. Fast doppelt so schnell haben
in diesem Zeitraum die Importe von Elektronikprodukten aus China zugelegt, überwiegend Konsumelektronik, Handys
und Audio-Video-Geräte. Allein in den ersten zehn Monaten 2004 sind die Chinaimporte um 29 Prozent auf 614
Millionen Euro gestiegen. Der Anteil Chinas an allen Elektroimporten Österreichs kletterte auf mehr als 6
Prozent - der entsprechende Anteil der USA ist nur unwesentlich höher. Aus Osteuropa kamen knapp 18 Prozent
der Importe, aus der EU 47 Prozent.
Die hohe Nachfrage nach Unterhaltungselektronik und Kommunikationstechnik privater Haushalte konnte die Erosion
der Inlandsproduktion nicht stoppen. Insgesamt sind die Ausgaben für diese Produkte in den letzten fünfzehn
Jahren um 112 Prozent gestiegen. Aufgrund der kräftigen Preisrückgänge bei vielen dieser Produkte
sind die Ausgaben preisbereinigt sogar noch wesentlich stärker gestiegen, nämlich um 224 Prozent. "Die
Diskrepanz zwischen nominellen und realen Ausgabensteigerungen bei Elektroprodukten macht den enormen Preisdruck
in diesen Segmenten klar", stellt der BA-CA Ökonom fest.
Einer der Gründe, warum in diesem Segment mit der weiteren Verdrängung der Inlandsfertigung zu rechnen
ist, sind die ausgeprägte Preissensivität und die relativ geringe Markenloyalität der Konsumenten.
Dazu kommt, dass Teile der Produktpalette der Elektroindustrie nicht mehr der Qualifikations- und Kostenstruktur
in Österreich entsprechen. "Weitere Restrukturierungen werden noch Arbeitsplätze kosten, die nicht
durch Zuwächse in den dynamischen Bereichen der Elektroindustrie kompensiert werden können", so
Günter Wolf. Seit Mitte der 90er Jahre sind 14 Prozent der Arbeitsplätze in der Branche verloren gegangen.
Allein in den ersten elf Monaten 2004 ist die Beschäftigung in der österreichischen Elektroindustrie
um weitere 3,7 Prozent auf durchschnittlich 61.500 Arbeitnehmer gesunken. |