Darmstadt (esa/esoc) - Nach ihrem siebenjährigen Gemeinschaftsritt mit
Cassini durch das Sonnensystem ist die ESA-Sonde Huygens am Freitag (14. 01.) wie geplant durch die Atmosphäre
des größten Saturnmondes, Titan, abgestiegen und sicher auf seiner Oberfläche gelandet.
Die ersten wissenschaftlichen Daten erreichten das Europäische Raumflugkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt
heute nachmittag um 17.19 Uhr MEZ. Huygens ist der erste erfolgreiche Versuch der Menschheit, eine Sonde in einer
anderen Welt im fernen Sonnensystem zu landen. „Dies ist eine großartige Leistung für Europa und seine
amerikanischen Partner bei dem ehrgeizigen Unterfangen, das System des Saturn zu erforschen“, sagte ESA-Generaldirektor
Jean-Jacques Dordain.
20 Tage nach ihrer Abtrennung von der Muttersonde Cassini am 25. Dezember hat Huygens nach einem Alleinflug über
4 Millionen km die äußere Atmosphäre des Titan erreicht. Um 11.13 Uhr MEZ begann sie in etwa 1
270 km Höhe über Titan ihren Abstieg durch dessen dunstige Wolkendecke. In den folgenden drei Minuten
mußte die Sonde zunächst von 18 000 auf 1 400 km/h abbremsen.
Mit Hilfe einer Reihe von Fallschirmen wurde ihre Geschwindigkeit dann auf unter 300 km/h verringert. In rund 160
km Entfernung von der Oberfläche wurden die wissenschaftlichen Instrumente der Sonde ausgefahren und der Atmosphäre
des Titan ausgesetzt. In 120 km Höhe wurde der Hauptfallschirm abgeworfen und durch einen kleineren ersetzt,
um den Abstieg fortzusetzen; Huygens’ Aufsetzen auf der Oberfläche des Titan war für 13.34 Uhr MEZ vorgesehen.
Die ersten Daten weisen darauf hin, daß die Sonde heil gelandet ist, mit großer Wahrscheinlichkeit
auf einer festen Oberfläche.
Vier Minuten nach ihrem Eintritt in die Atmosphäre hat die Sonde mit der Übertragung ihrer Daten an Cassini
begonnen und dies nach ihrer Landung mindestens so lange getan, wie sich die Muttersonde über dem Horizont
des Titan befand. Die erste Meldung, daß Huygens „am Leben“ war, kam vom Green-Bank-Teleskop im US-Bundesstaat
West Virginia, das bereits um 11.25 Uhr MEZ ein schwaches, aber eindeutiges Funksignal von Huygens aufgefangen
hatte. Radioteleskope auf der Erde registrierten dieses Signal noch lange nach Ende der erwarteten Lebensdauer
der Sonde.
Die von Cassini weitergeleiteten Huygens-Daten wurden vom Bodenstationsnetz der NASA für interplanetare Missionen
empfangen und unverzüglich ans ESOC gesandt, wo derzeit ihre wissenschaftliche Auswertung im Gange ist.
„Titan war von jeher das Ziel im System des Saturn, bei dem der Bedarf an unmittelbar von einer Sonde erfaßten
Daten sehr wichtig ist“, sagte Professor David Southwood, der Wissenschaftsdirektor der ESA. „Wir werden uns mit
einer faszinierenden Welt beschäftigen und warten nun gespannt auf die wissenschaftlichen Ergebnisse.“
„Alle Huygens-Wissenschaftler sind begeistert. Das lange Warten hat sich gelohnt“, meinte der Huygens-Missionsleiter
der ESA, Dr. Jean-Pierre Lebreton im ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt. Mit Huygens soll erstmals vor Ort eine gründliche
Analyse der Chemie der Titanatmosphäre vorgenommen werden; auch soll die Sonde die ersten Photos von der verborgenen
Oberfläche des Titan aufnehmen und einen detaillierten „Wetterbericht“ erstellen.
Einer der Hauptgründe für die Entsendung von Huygens zum Titan ist die Möglichkeit, daß dessen
stickstoff- und methanreiche Atmosphäre und seine Oberfläche chemische Eigenschaften aufweisen, die denen
der Erde in ihrem frühen Stadium ähneln. In Kombination mit den Beobachtungen der Muttersonde Cassini
wird Huygens völlig neue Erkenntnisse über den geheimnisvollen Saturnmond liefern.
„Der Abstieg durch die Titanatmosphäre war eine einmalige Gelegenheit, und der Erfolg heute zeigt, daß
unsere Partnerschaft mit der ESA ein exzellenter Entschluß war“, freute sich der beigeordnete NASA-Administrator
für Wissenschaft, Alphonso Diaz.
Die Mission Cassini/Huygens ist ein Gemeinschaftsvorhaben der NASA, der ESA und der italienischen Raumfahrtagentur
ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL), eine Abteilung des California Institute of Technology in Pasadena, leitet
die Mission im Auftrag des NASA-Büros für Weltraumwissenschaft in Washington. Der Cassini-Orbiter wurde
vom JPL entworfen, entwickelt und gebaut.
„Die hervorragende Teamarbeit in Europa und den USA zwischen Wissenschaftlern, der Industrie und den Raumfahrtagenturen
war der Grundstein für den Riesenerfolg, den wir heute feiern“, schloß Jean-Jacques Dordain. |