Fischer: Aus der Vergangenheit lernen, Mut für die Zukunft schöpfen  

erstellt am
17. 01. 04

Bundespräsident dankt für die österreichische Hilfe in Südostasien
Wien (pk) - Bundespräsident Heinz Fischer ging anlässlich der Auftaktveranstaltung zum Jubiläumsjahr 2005 am Freitag (14. 01.) zunächst auf die Flutkatastrophe in Südostasien ein. Er habe mit Dankbarkeit zur Kenntnis genommen, wie sehr die Republik Österreich mit einem Herzen fühlt, mit einem Kopf denkt und auch gemeinsam handelt, wenn es um die Anteilnahme am Schicksal der Katastrophenopfer, am Leid ihrer Angehörigen und um Hilfe für die Betroffenen gehe. Er wolle sich als Bundespräsident bei allen Helferinnen und Helfern für ihren enormen Einsatz ganz ausdrücklich bedanken. Und er bedanke sich auch für jede einzelne Spende und für jeden einzelnen Euro.

Die Solidarität und Anteilnahme gelte natürlich in besonderer Weise den Landsleuten und persönlich Bekannten, aber sie sei ganz bestimmt nicht nur auf Österreich beschränkt, betonte Fischer, sondern gelte in grenzüberschreitender Weise allen Opfern, gleichgültig aus welchem Land sie stammen, welche Sprache sie sprechen oder welche Religion sie haben. Das Leid dieser Katastrophe habe uns zu einer globalen Familie gemacht, die gemeinsam trauert, gemeinsam zu helfen versucht und solidarisch um einen Wiederaufbau bemüht ist. Dies soll auch durch eine interkonfessionelle Gedenkveranstaltung zum Ausdruck gebracht werden, zu der er gemeinsam mit dem Bundeskanzler für kommenden Mittwoch in den Redoutensaal der Wiener Hofburg eingeladen habe, erklärte Fischer.

Sodann kam Fischer auf das Jubiläumsjahr 2005 zu sprechen. Er erinnerte daran, dass Österreich vor wenigen Tagen das erste Jahrzehnt seiner Mitgliedschaft in der Europäischen Union vollendet hat. Ganz besonders wichtig sei die historische Tatsache, dass die Zweite Republik heuer auf einen erfolgreichen und friedlichen Weg von genau sechs Jahrzehnten zurückblicken könne. Der Bundespräsident wies darauf hin, dass es im Verlaufe dieses Jahres noch weitere wichtige Jubiläen geben wird, nicht zuletzt das halbe Jahrhundert seit dem Abschluss des Staatsvertrages, seit der Beschlussfassung über das Neutralitätsgesetz und seit dem Beitritt zu den Vereinten Nationen.

Ausgangspunkt der friedlichen und positiven Entwicklung der Zweiten Republik sei die Wiedergeburt eines demokratischen Gemeinwesens im Frühjahr 1945, also vor 60 Jahren, gewesen. Voraussetzung dafür war das Ende des grausamen und leidvollen Krieges. Auch das Ende der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus stehe mit diesem Datum in Verbindung und daher auch das Ende der Konzentrationslager und das Ende des Anschlusses, erinnerte der Bundespräsident. "Vor 60 Jahren gab es gewissermaßen den Triumph der rot-weiß-roten-Fahne über das Hakenkreuz, den Triumph der Demokratie über die Diktatur." Alle danach folgenden innen- und außenpolitischen Erfolge in der Zweiten Republik wären nicht möglich gewesen ohne die im Jahr der Wiedergeburt der Republik gemeinsam gelegten Grundsteine.

Man dürfe sich aber nicht in Versuchung führen lassen, die Erfolge der Vergangenheit als Garantieschein für eine bequeme Zukunft zu betrachten, gab der Bundespräsident zu bedenken. Der Blick auf eine positive Vergangenheit sei natürlich ein Grund zur Freude, aber der Blick in die Zukunft sei etwas anderes, allein schon deshalb, weil die Zukunft immer in Varianten gedacht werden müsse. Die Zukunft sei mit Anstrengungen und Unsicherheiten verbunden. "Unsere Aufgabe und unser Recht ist es, aus der Vergangenheit zu lernen und daraus den Mut zur Zukunft zu schöpfen. Unsere Aufgabe ist es auch, Risken richtig einzuschätzen und nach Möglichkeit zu begrenzen."

Mit den Jubiläen, mit den Gedenkveranstaltungen und Feiern im Laufe des Jahres 2005 werde man letztlich nur dann zufrieden sein, wenn man den Rückblick in den Dienst der Zukunft stelle und wenn man den richtigen Maßstab für die Beurteilung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu findet, sagte Fischer.

Das alles könne aber nicht das Werk einzelner Personen, einzelner Parteien oder einzelner Institutionen sein. Es könne nur gelingen, wenn sich alle gemeinsam bemühen und gemeinsam daran arbeiten. "Um diese Gemeinsamkeit darf ich Sie bitten, aus Respekt vor den großen Leistungen der Wiederaufbaugenerationen, aber auch aus Respekt vor der Größe der vor uns liegenden Aufgaben. Unserer Heimat, der Republik Österreich, und damit Ihnen allen wünsche ich eine gute und friedliche Zukunft."

Nach der Rede des Bundespräsidenten wurde erstmals ein kurzer Auszug aus einer großen zeitgeschichtlichen ORF-Dokumentationsreihe zum Jahr 2005 präsentiert, in der Hugo Portisch mit zum Teil noch nie veröffentlichten Bildern und Dokumenten nachzeichnet, wie "Österreich vom halb zerstörten Land zum drittreichsten Land Europas werden konnte".
     
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