Österreich-Konvent  

erstellt am
14. 01. 04

 Khol: Fiedler-Entwurf annehmbar, wenn Kompetenzen mit Ländern akkordiert
Zeit bis Abschluss des Konvents für Verbesserungen nützen
Wien (övp-pd) - Noch nie habe es einen derartigen Text für eine neue österreichische Verfassung gegeben, der bereits jetzt zur Hälfte von allen akzeptiert werde, betonte Nationalratspräsident Dr. Andreas Khol am Donnerstag (13. 01.) anlässlich einer Pressekonferenz zu dem von Konventspräsident Franz Fiedler gestern vorgelegtem Verfassungstext. "Der Fiedler-Entwurf ist jedoch ein Fiedler-Entwurf und nicht mein Entwurf", so Khol. Es gebe viele Dinge, die ihm fehlen oder wo er enttäuscht sei, dass sie nicht enthalten sind. Auch die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Länder müsse neu verhandelt werden. In der Schul- und Sicherheitsverwaltung bedürfe es ebenfalls Nachbesserungen. Wenn es hier ein Einvernehmen gebe, könne Khol seinen Kollegen im Bundesparteivorstand der Österreichischen Volkspartei empfehlen, dem Textvorschlag zuzustimmen. Schließlich müsse jeder selbst entscheiden, was in der Waagschale der Wünsche und Forderungen wichtiger wiege, so Khol.

Der Nationalratspräsident zeigte sich guter Hoffnung, dass bis zum Schlusskonvent am 28. Jänner ein vollständiger Textentwurf vorliege. Damit sei der erste Schritt für eine neue Verfassung in Österreich gesetzt. Wie lange jedoch der zweite, dritte und vierte Schritt der politischen Konsensbildung dauern werde, bleibe abzuwarten, so Khol. Der Österreich-Konvent und damit "70 weise Frauen und Männer" habe jedenfalls ihre Aufgabe erfüllt, einen Textvorschlag zu erarbeiten.

Viele der gesetzten Ziele des Konventes wurden dabei erreicht. Anstelle der verstreuten und umfangreichen Verfassungsgesetze sollte ein Text treten. Dieses Ziel habe Franz Fiedler erreicht. Auch der "Verfassungsschotter" wurde weggeräumt und bereinigt. Selbst auf einen Grundrechtskatalog konnte man sich einigen. Schließlich erwarten die Bürger, ihre Rechte "kompakt, deutsch, verständlich" erfahren zu können. Das Ziel, anstelle der Vielfalt einen einheitlichen, modernen von allen akzeptierten Text zu stellen, sei damit ebenfalls erreicht worden. Alleine diese Tatsache "ist bereits unzweifelhaft ein großer Erfolg". Auch das Ziel eines zeitgemäßen Rechtsschutzes konnte durchgesetzt werden. Es wurde Einvernehmen erzielt, dass eine Ebene der Gerichtsbarkeit eingespart werde. Landesverwaltungsgerichte sollen an die Stelle der Unabhängigen Verwaltungssenate und der Landesregierung als Berufungsinstanz treten, was "einen Verzicht der Politik auf Gestaltung" bedeute, so Khol. Selbst die Neuformulierung des Gemeinderechts sowie die Verbesserung und Ausdehnung der Kontrolle des Rechnungshofes sei erfolgt.

Zwei Ziele seien jedoch nicht zur Gänze erreicht worden, so Khol. Völlig neu verhandelt werden müsse die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Mit den Ländern sei nicht verhandelt worden. Diese hätten jedoch bereits eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die in diesen Tagen aller Voraussicht nach einen eigenen Vorschlag im Rahmen des Konvents einbringen wird, worüber noch bis zum Schlusskonvent verhandelt werden könne. Sollte es hier keine Einigung geben, "wird man eben die derzeitige Kompetenzverteilung beibehalten müssen". Denn ohne Zustimmung der Landeshauptleute sei eine Beschlussfassung nicht möglich. "Dies ist der einzige Punkt, wo ich mit dem Entwurf von Präsident Fiedler grundsätzlich nicht einverstanden bin und auch nicht kann", so Khol. Nachbesserungsbedarf gebe es auch bei der Schulverwaltung als auch bei der Sicherheitsverwaltung. Dabei handle es sich jedoch nur mehr um "Retuschen".

Der Nationalratspräsident führte weiters an, dass ihm in der Präambel der Bezug auf Südtirol fehle. Nicht einverstanden sei er ebenfalls mit dem Justizrat. Auch die von der ÖVP geforderte fünfjährige Legislaturperiode sei nicht durchgegangen. "Der entscheidende Punkt beim Weben des neuen Kleides für die Republik ist jedoch, was liegt in der Waagschale der Forschritte und was wiegt schwerer", so Khol. "Alles was vorliegt, ist schon so viel. Es erfüllt mich auch mit Freude für Präsident Fiedler, dass so unterschiedliche Experten wie Präsident Adamovich, Prof. Mayer, Prof. Öhlinger oder Prof. Grabenwarter durch die Bank die Qualität des Vorschlages loben."

Selbstverständlich können bis Ende Jänner keine Wunder geschehen, aber aus den Vorbildern der Gesamtänderung der Schweizer Bundesverfassung und auch aus dem Vorbild des Europakonvents könnte man doch Ermutigung empfangen. "Vielleicht holen wir mit unserem Verfassungsprozess den europäischen Verfassungsprozess sogar noch ein", so Khol. Das Jahr 2005 solle jedenfalls für den zweiten Schritt genützt werden, den Vorschlag ins Parlament zu bringen. Dann käme der dritte Schritt, wenn im Ausschuss des Nationalrates sowie des Bundesrates der Feinschliff vorgenommen werde. "Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut", zeigt sich Khol realistisch. Sollte es mit einer neuen Verfassung für Österreich bis ins Jahr 2006 dauern, sei dies auch kein Malheur, so Khol abschließend.

 

 Cap: Khol Aussagen belegen Einseitigkeit von Fiedlers Verfassungsentwurf
Wien (sk) - Die heutige überaus positive Kommentierung von Nationalratspräsidenten Andreas Khol zum Verfassungsentwurf von Konventspräsident Fiedler belege, dass dieser Entwurf einseitig ist und in den wesentlichen Inhalten und Formulierungen den ÖVP-Vorstellungen entspricht, stellte der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Josef Cap Donnerstag (13. 01.) gegenüber dem Pressedienst der SPÖ fest.

Dort wo der Entwurf Fiedlers Neues beinhalte, habe er stets die Version der ÖVP übernommen, stellte Cap fest. Das gelte für die Formulierung über das Auskunftsrecht, über die Restriktionen bei den sozialen Grundrechten, über die Gesetzesbeschwerde, die Neuregelung des Gemeinderechts, das Briefwahlrecht, die Möglichkeit der schrankenlosen Ausgliederung von staatlichen Aufgaben, die Bestimmungen über das Universitätsrecht oder das Volksgruppenrecht, wo es zu keiner Weiterentwicklung komme. Jene Punkte, die für die SPÖ wesentlich seien, wie vor dem VfGH einklagbare soziale Grundrechte, Stärkung der demokratischen Rechte, Wahlaltersenkung auf 16 auf Bundesebene, Verankerung der Selbstverwaltung der Sozialversicherung oder die Verankerung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, die von der ÖVP abgelehnt wurden, fehlten auch im Fiedler-Entwurf. Der von Khol behauptete Konsens könne sich daher nur auf jene Teile beziehen, in denen Fiedler die bestehende Verfassung umformuliere. Dafür brauche man aber keinen Konvent, schloss Cap.

 

 Scheibner: Konvent: Opposition soll sich nicht vor Verantwortung drücken
Fiedler-Entwurf ist taugliche Diskussionsgrundlage, auch wenn noch vieles abzuändern ist
Wien (fpd) - Mit der jetzigen Kritik von SPÖ und Grünen am Verfassungsentwurf bestätige sich, was sich schon seit einigen Wochen andeute, daß nämlich die Opposition von Anfang an keinen Erfolg des Österreich-Konvents gewollt habe, weil sie glaube, daß dies als Erfolg der Regierung gesehen werde, sagte FPÖ-Klubobmann Herbert Scheibner am Donnerstag (13. 01.).

Leider zeige sich, daß eine staatspolitische Verantwortung bei SPÖ und Grünen nicht gegeben sei und sie rein parteitaktisch agieren würden, meinte Scheibner. Die Parlamentsparteien hätten aber die Verantwortung, eine neue, moderne und zukunftsorientierte Verfassung zu entwickeln. In diesem Sinne sei der Vorschlag Fiedlers eine taugliche Diskussionsgrundlage, auch wenn noch viele Dinge wie etwa bei der Kompetenzverteilung abzuändern seien.

Scheibner forderte die Opposition auf, sich nicht wieder vor der Verantwortung zu drücken, sondern gemeinsam mit den Regierungsparteien ein positives Ergebnis für alle zu erzielen. Der freiheitliche Klubobmann verwies auch darauf, wie wichtig man stets in den Verhandlungen das Konsensprinzip genommen habe. Man sei der Opposition sehr weit entgegengekommen, so etwa beim Grundrechtskatalog. Die jetzige Vorgangsweise der Opposition sei daher sehr bedauerlich.

 

 Österreich-Konvent für Glawischnig gescheitert
Statt krampfhaft Kelsen zu übertreffen lieber BVG-Novelle machen
Wien (grüne) - Der Österreich-Konvent mit dem Ziel, eine neue Bundesverfassung auszuarbeiten, ist für die Grüne Vizechefin Eva Glawischnig gescheitert. Dies zeige auch die Aussage von Nationalratspräsident Andreas Khol, dass die neue Verfassung nicht binnen Jahresfrist beschlossen werden müsse. "Das ist von Khol und der ÖVP das Eingeständnis des Scheiterns", so Glawischnig am Rande der Grünen Klubklausur im Gespräch mit der APA.

Statt krampfhaft an dem "Traum festzuhalten, einen Kelsen des 21. Jahrhunderts" zu machen, sollten der jetzigen Verfassung die "Karies-Zähne" gezogen werden. Besser wäre es, eine BVG-Novelle mit den Konsenspunkten zu machen.

Die strittige Kompetenzverteilungsfrage scheitere ja an den ÖVP-Ländervertretern. "Der Widerstand der Bundesländer gegen irgendwelche vernünftigen Neuregelungen" sei das Problem. Insgesamt habe man sich die Latte zu hoch gelegt, so Glawischnig. (APA)

 

Pramböck: Fiedler-Entwurf für Kommunen enttäuschend
Kommunale Forderungen unberücksichtigt - Weitgehende Zementierung des Statuts Quo - Lichtblick Daseinsvorsorge
Wien (rk) - "Aus der Sicht des Österreichischen Städtebundes ist dieser Vorschlag wirklich enttäuschend. Lediglich im Bereich der interkommunalen Zusammenarbeit (Kooperations- möglichkeit über Bezirks- und Landesgrenzen hinweg, Verwaltungsrechtliche Verträge) und in der Wahlaltersenkung auf 16 Jahre für die Gemeinderatswahlen können wir eine Verbesserung für die kommunalen Strukturen erkennen", so Städtebund-Generalsekretär Erich Pramböck nach einer ersten Analyse der Details des Verfassungsentwurfes von Konventspräsident Franz Fiedler. Alle übrigen Vorschläge brächten entweder ein Festhalten am Status quo oder in einigen Bereichen sogar einen Rückschritt hinter die bisherigen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten.

"Vor allem die bedeutenden Bereiche der Finanzverfassung, des Konsultationsmechanismus und die Stellung der Städte mit eigenem Statut wurden völlig unbefriedigend gelöst. Der Österreichische Städtebund hat in den Verhandlungen des Österreich-Konvents zahlreiche Textvorschläge eingebracht, jedoch kein einziger dieser Textbausteine wurde im Verfassungsentwurf berücksichtigt", erklärte Pramböck.

"Insbesondere haben wir uns gerade in der Frage der Parität im Finanzausgleich - also einer Regelung, die ein Drüberfahren' vom Bund über die Städte und Gemeinden verhindern soll - deutlich mehr erwartet. Auch beim Konsultationsmechanismus (z. B. bei der Berücksichtigung der Belastungen aus dem EU-Recht) sind kommunalfreundlichere Lösungen notwendig", bringt Generalsekretär Dr. Erich Pramböck seine Unzufriedenheit auf den Punkt. Ferner kritisierte Pramböck, dass die Forderung der Österreichischen Städtebundes nach einer Stärkung der Städte mit eigenem Statut (Rechtsanspruch für Städte ab 20.000 Einwohnern und Optionsrecht für Städte ab 10.000 Einwohnern) nicht Eingang in den Fiedler- Entwurf gefunden habe.

Innovative Ideen, um die kommunalen Strukturen im Sinne einer bürgernäheren Verwaltung zu stärken und finanziell abzusichern, seien laut Städtebund offensichtlich in der Diskussion über einen neuen Grundrechtskatalog bzw. einer neuen Kompetenzverteilung vollkommen nebensächlich geblieben.

Begrüßenswert sei, dass der Entwurf eine Stärkung der interkommunalen Zusammenarbeit vorsehe und dass die Leistungen der Daseinsvorsorge, wenn auch nicht in der vom Städtebund geforderten Form, eine Berücksichtigung im Entwurf gefunden haben.

"Bei allfälligen Nachverhandlungen muss es zu einer wesentlich intensiveren Auseinandersetzung mit den kommunalen Strukturen und Anliegen kommen, so wie wir es auf der EU-Ebene erlebt haben. In Straßburg hat sogar gestern das Europäische Parlament nochmals die Gemeindeautonomie unterstrichen. Dort sind wir also schon ein paar Schritte weiter als in Österreich", schloss Pramböck.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller vier im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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