Brüssel (eu.int) - Die Europäische Kommission hat heute eine
Empfehlung an den Rat zum aktualisierten österreichischen Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2003
- 2007 beschlossen, das am 18. November 2003 vorgelegt wurde. Dies entspricht der Verordnung des Rates über
den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken.
Gemäß den plausibel erscheinenden Projektionen des Programms wird sich das Wirtschaftswachstum von
0,9% im Jahr 2003 auf rund 2½% ab dem Jahr 2005 beschleunigen, so dass im Zeitraum 2003-2007 eine durchschnittliche
jährliche Wachstumsrate von 2,0% erzielt wird. Die öffentliche Finanzlage verschlechterte sich im Jahr
2003 beträchtlich von einem nahezu ausgeglichenen Haushalt auf ein projiziertes Defizit von mindestens 1,0%
des BIP. Die Wachstumsverlangsamung war nur zum Teil für diesen Defizitanstieg verantwortlich, der vor allem
durch diskretionäre Maßnahmen verursacht wurde. In der Fortschreibung des Stabilitätsprogramms
werden für den gesamten Programmzeitraum Defizite projiziert, die in drei der fünf Jahre 1% des BIP überschreiten.
Insbesondere wird für 2005 mit einem deutlichen Anstieg des Defizits gerechnet, da die geplante erhebliche
Steuerentlastung nur zum Teil von einer entsprechenden Ausgabenzurückhaltung begleitet sein wird. Nach der
Aufwärtsrevision der Zahlen für 2001 und 2002 dürfte die Schuldenquoten den neuesten Projektionen
zufolge erst bis 2007 unter den Referenzwert von 60% zurückgeführt werden. Auf der Grundlage der Empfehlung
der Kommission dürfte der Rat am [20. Januar] eine förmliche Stellungnahme zum aktualisierten österreichischen
Stabilitätsprogramm abgeben.
Die Empfehlung der Kommission wurde auf Initiative des für Wirtschaft und Währung zuständigen Kommissionsmitglieds
Pedro Solbes beschlossen.
Die wichtigsten Schlussfolgerungen der Kommission zur Fortschreibung des österreichischen Stabilitätsprogramms
lauten:
- Das makroökonomische Szenario, von dem ausgegangen wird, beruht auf der Annahme, dass sich das jährliche
BIP-Wachstum von 0,9% im Jahr 2003 auf 2½% im Jahr 2005 und den Folgejahren beschleunigt, so dass sich bezogen
auf den gesamten Programmzeitraum ein durchschnittliches Wachstum von 2,0% ergibt. Das makroökonomische Szenario
der Fortschreibung erscheint im Großen und Ganzen plausibel, dürfte jedoch etwas optimistisch sein.
- Die Fortschreibung des Stabilitätsprogramms hält an den Haushaltszielen des vorigen Programms fest.
Für den gesamten Programmzeitraum sind Defizite projiziert; diese werden voraussichtlich in drei der fünf
Jahre 1% des BIP überschreiten, so dass sie im Durchschnitt der Jahre 2003-2007 bei 1,0% des BIP liegen dürften.
Die Defizitvorausschätzungen beruhen auf der unveränderten Haushaltsstrategie, erhebliche strukturelle
Einsparungen in Verbindung mit umfangreichen Steuersenkungen zu erreichen, und so die Abgabenquote bis zum Jahr
2006 von ihrem Spitzenwert - 45,4% im Jahr 2001 - auf 43% des BIP zu senken.
- Für 2003 wird den Projektionen der Fortschreibung zufolge eine zunehmend angespannte öffentliche
Finanzlage zu verzeichnen sein. Das im Jahr 2002 verzeichnete geringfügige Defizit von 0,1% des BIP wird sich
voraussichtlich auf 1,3% des BIP im Jahr 2003 erhöhen, eine Entwicklung, die nur zum Teil auf die Wachstumsverlangsamung
zurückzuführen sein dürfte. Im Lichte der bis Ende November verfügbaren Zahlen schließt
die Kommission in ihren Berechungen nicht aus, dass das Defizitergebnis im Jahr 2003 geringer als veranschlagt
ausfallen könnte.
- - Nach einer vorübergehenden Verbesserung im Jahr 2004 wird bedingt durch umfangreiche Einkommensteuersenkungen
mit einem deutlichen Anstieg des Defizits auf 1,5% im Jahr 2005 gerechnet. Danach wird sich das Defizit voraussichtlich
allmählich auf 1,1% des BIP im Jahr 2006 und 0,4% des BIP bis 2007 verringern. Wegen des diskretionären
Charakters der das steuerliche Ergebnis beeinflussenden Faktoren folgt das konjunkturbereinigte Defizit der Entwicklung
der nominalen Zahlen und verbessert sich erst 2007 um den nötigen ½ Prozentpunkt auf 0,5% des BIP.
- - Der haushaltspolitische Kurs des aktualisierten Programms sollte einen ausreichenden Spielraum lassen, um
zu verhindern, dass die Defizitobergrenze von 3% des BIP bei einem normalen Konjunkturabschwung überschritten
wird. Jedoch dürfte das Ziel eines nahezu ausgeglichenen Haushalts unter vernünftigen makroökonomischen
und haushaltspolitischen Annahmen im Programmzeitraum nicht erreicht werden. Auch wenn sich die makroökonomischen
Abwärtsrisiken und die Wahrscheinlichkeit eines besseren als des für 2003 erwarteten Haushaltsergebnisses,
dessen positive Auswirkungen in den Folgejahren spürbar werden dürften, die Waage halten dürften,
sind die Risiken bezüglich der erwarteten Einsparungen auf Bundesebene und der Überschüsse auf den
unteren staatlichen Ebenen nicht unerheblich. Sollten die angekündigten Ausgabenkürzungen nur teilweise
durchgesetzt oder nicht wir geplant realisiert werden, so könnte sich vor allem die geplante vorübergehende
Abweichung von dem mittelfristigen Zielwert verstetigen.
- Um ein derartiges Risiko zu vermeiden, sollte die geplante Steuerreform von einer weiteren Ausgabenzurückhaltung
begleitet sein. Dies würde Österreich in die Lage versetzen, schneller als vorgesehen wieder zu einem
nahezu ausgeglichenen Haushalt zurückzukehren. Außerdem ist eine erheblich stärkere Rückführung
der Ausgaben auf regionaler und lokaler Ebene erforderlich. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass eine
riskante Strategie gefahren wird, wenn die Steuern gesenkt werden, ohne gleichzeitig eine angemessene Ausgabenzurückhaltung
sicherzustellen.
- Der öffentliche Bruttoschuldenstand wird voraussichtlich von 66,7% des BIP im Jahr 2002 auf unter 59,9%
im Jahr 2007 abgesenkt werden. Diese Vorausschätzung hängt entscheidend von optimistischen Annahmen bezüglich
des BIP-Wachstums und beträchtlichen Erlösen aus den geplanten Privatisierungen ab. Sollte einer dieser
Faktoren auch nur geringfügig hinter den Erwartungen zurückbleiben, so würde die Schuldenquote auch
noch im Jahr 2007 oberhalb des Referenzwertes verharren.
- Nach der Rentenreform von 2003 befindet sich Österreich offensichtlich in einer beträchtlich besseren
Ausgangsposition, um die durch die Bevölkerungsalterung entstehenden Haushaltsbelastungen aufzufangen. Diese
Einschätzung muss jedoch durch die tatsächlichen Entwicklungen bestätigt werden. Erstens gehen
die Projektionen von einer reformbedingten starken Erhöhung der Erwerbsquoten aus. Zweitens macht die Deckelung
der Einbußen bei den Rentenleistungen im Vergleich zur vorherigen Situation die langfristigen budgetären
Auswirkungen eher ungewiss. Außerdem werden die entlastenden Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen
durch eine unverhältnismäßig lange Übergangszeit für die Aufhebung der Regelung zur vorzeitigen
Pensionierung unnötig verzögert.
- Die in der Fortschreibung dargelegten wirtschaftspolitischen Maßnahmen sind nur zum Teil mit den in den
Grundzügen der Wirtschaftspolitik enthaltenen Empfehlungen vereinbar. So wird eine "nahezu ausgeglichene
konjunkturbereinigte Haushaltsposition" nur teilweise erreicht. Außerdem wird im Jahr 2005 die generelle
Vorgabe, "eine prozyklische Politik zu vermeiden", nicht beachtet. Auch wenn die geplante Reduzierung
der hohen Abgabenbelastung grundsätzlich ein angemessener Schritt ist, um die Angebotsbedingungen wachstumsfreundlicher
zu gestalten, sollte eine Reduzierung der Einnahmen von einer entsprechenden Ausgabenzurückhaltung begleitet
sein. Bezüglich der Länder und Gemeinden gibt es in der Fortschreibung keinerlei Angaben zu den "strukturellen
Einsparungen (auch) auf den unteren staatlichen Ebenen", die gehalten sind, dauerhaft Überschüsse
zu erzielen.
Nach dem vom Europäischen Rat im Juni 1997 in Amsterdam beschlossenen Stabilitäts- und Wachstumspakt
müssen die an der Eurozone teilnehmenden Länder jährlich aktualisierte Stabilitätsprogramme
vorlegen. Diese Programme geben Aufschluss darüber, wie die Länder die Ziele des Pakts, und insbesondere
das Ziel eines nahezu ausgeglichenen Haushalts oder Haushaltsüberschusses erreichen wollen.
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