Fischler: Österreichischer EU-Beitritt hat sich gelohnt
Wien (bmwa) - Die Entwicklung der Europäischen Union ist eine historisch einzigartige Erfolgsgeschichte,
die eine Zone des Wohlstands, der Stabilität und des Friedens in Europa geschaffen hat. Der Beitritt Österreichs
vor zehn Jahren und die Erweiterung um zehn weitere Mitglieder vor knapp einem Jahr haben unser Land wirtschaftlich
und politisch dorthin gerückt, wo es historisch und geographisch seit jeher hingehört: ins Herz Europas."
Das erklärte Wirtschafts- und Arbeitsminister Dr. Martin Bartenstein am Donnerstag (20. 01.) zum Auftakt
des vom Wirtschaftsministerium gemeinsam mit der Industriellenvereinigung organisierten Symposiums "10 Jahre
österreichische EU-Mitgliedschaft - Erfolgsbilanz für die österreichische Wirtschaft" im Haus
der Industrie.
Dieser Veranstaltungsort, so der Minister, habe eine besondere Symbolik, sei doch die Industriellen Vereinigung
eine der ersten Institutionen gewesen, die sich für den Beitritt Ö zur EU ausgesprochen haben. Aber auch
die anderen Sozialpartner hätten in historischer Einmütigkeit dazu beigetragen, dass der Eu-Beitritt
in der Volksabstimmung von 1994 angenommen wurde. In der Folge sei eine der erfolgreichsten und eindrucksvollsten
politischen Umgestaltungen des zwanzigsten und beginnenden einundzwanzigsten Jahrhunderts in einer für historische
Dimensionen äußerst kurzen Zeit - weniger als fünfzehn Jahre vom Fall des Eisernen Vorhangs bis
zum Beitritt der neuen EU-Mitgliedstaaten - verwirklicht worden.
Die Erweiterung der EU sei nicht ein Anliegen der jüngsten Vergangenheit, sondern sei vom damaligen Bundeskanzler
Josef Klaus schon 1965 vor dem Europarat eingemahnt worden, erinnerte Bartenstein rückblickend.
Die österreichische EU-Mitgliedschaft - eine Erfolgsbilanz
In seinem Rückblick auf zehn Jahre Österreich in der EU verwies Bartenstein auf wirtschaftswissenschaftliche
Analysen, denen zu Folge das BIP 2004 um etwa 6 Mrd. € bzw. 740 € pro Kopf höher ist als ohne EU-Beitritt
und Österreich mit einem durchschnittlichen BIP-Wachstum von 3% pro Jahr zwischen 1995 und 2003 (zu laufenden
Preisen und Kaufkraftparitäten) trotz des hohen Ausgangsniveaus das durchschnittliche EU-Wachstum übertroffen
hat. Daraus resultiere im Durchschnitt ein um brutto 110 Euro höheres Jahreseinkommen pro Kopf als ohne EU-Beitritt.
Dank der EU-Mitgliedschaft seien in den letzten zehn Jahren rund 70.000 Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen
worden.
Steigerung der Exporte und Auslandsinvestitionen
In seiner Rede erinnerte Bartenstein daran, dass der EU-Beitritt für Österreich einen echten Internationalisierungsschub
brachte und die österreichischen Unternehmen die neuen Exportchancen auch deutlich genützt hätten:
1994 lag der Anteil der österreichischen Exporte am BIP bei 22,5%, im Jahr 2003 bereits bei 35,2%, das traditionelle
Handelsbilanzdefizit Österreichs konnte dadurch sukzessive verringert und 2002 sogar zu einem Überschuss
gewandelt werden. Außerdem sei es gelungen, die im Außenhandel dominierende Rolle Deutschlands von
einem 38 % Anteil vor dem EU-Beitritt auf derzeit 32 % zurückzuschrauben.
Eine enorme Steigerung sei bei den Volumina der Auslandsinvestitionen zu verzeichnen: Lagen Anfang der 1990er-Jahre
die Direktinvestitionsbestände auf der Passivseite (Investitionen ausländischer Unternehmen in Österreich)
bei rund 7% des BIP und auf der Aktivseite (Investitionen österreichischer Unternehmen im Ausland) gerade
einmal bei 2% des BIP, so lag 2003 der Bestand an Direktinvestitionen in bzw. aus Österreich mit 46,7 bzw.
47,0 Mrd. € knapp über der 20%-Marke.
Diese Daten und andere internationale Vergleich belegen für den Wirtschaftsminister, dass Österreich
während seiner EU-Mitgliedschaft seine Wettbewerbsfähigkeit deutlich verbessern konnte und sich in wesentlichen
internationalen Rankings von Wirtschaftsstandorten weit vorne befindet. Dank einer hohen Flexibilität, der
niedrigen Jugendarbeitslosigkeit und der Motivation sowie Produktivität der Beschäftigten konnte Österreich
seinen Platz im World Competitiveness Report des Schweizer IMD-Instituts im Vergleich der 60 wichtigsten Industrienationen
der Welt von Platz 24 (1998) auf Platz 13 verbessern.
Österreich als Gewinner der Ostöffnung und der EU-Erweiterung:
Einmal mehr konnte Bartenstein auf die überproportionalen Vorteile verweisen, die Österreich
aus der jüngsten EU-Erweiterung ziehen konnte und noch kann: Die Vorteile, die die österreichische Wirtschaft
aus dem seit 1989 nach und nach liberalisierten Handel und dem Kapitalfluss gezogen hat, werden sich durch die
EU-Erweiterung noch weiter vergrößern und konkretisieren, zeigte sich der Minister überzeugt, so
dass Österreich laut einer Studie des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW)voraussichtlich
der größte Gewinner der EU-Erweiterung unter den alten EU-Mitgliedsstaaten mit einem Wirtschaftswachstum
von zusätzlich 0,7% sein wird. Die neuen Mitgliedstaaten zählen nämlich zu den Top-Exportdestinationen.
Der Exportzuwachs in die Beitrittsländer lag 2003 bei +3,0%, und damit doppelt so hoch als der Zuwachs der
Gesamtexporte.
Ausblick - Der weitere Prozess
Für die kommenden zehn Jahre erwartet Bartenstein eine Erweiterung der EU um Bulgarien, Rumänien
und mit ziemlicher Sicherheit auch Kroatien und einen "Kandidatenstatus" für weitere Staaten des
Westbalkans. Hier seien österreichische Unternehmen - nach österreichischen Banken auch andere Branchen
- bereits unterwegs und hätten begonnen, Fuß zu fassen. Die Übernahme der rumänischen Petrom
durch die OMV sei das spektakulärste Beispiel dafür.
Neben der Erweiterung sei aber auch eine Vertiefung voranzutreiben, setzte der Minister fort und meinte damit die
Vollendung des Ratifizierungsprozesses der neuen EU-Verfassung.
Für die Zeit der österreichischen Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 appellierte Bartenstein
an die Sozialpartner wie schon 1998 an einem Strang zu ziehen und Differenzen hintenanzustellen. |
Fischler: Österreichischer EU-Beitritt hat sich gelohnt
"Der EU-Beitritt hat Österreich reicher gemacht", sagte Alt-EU-Kommissar Dr. Franz Fischler
anlässlich des Symposiums. Österreich ist gemessen am Bruttoinlandsprodukt das sechst reichste Land.
Ohne EU-Beitritt wäre das Bruttoinlandsprodukt um sechs Milliarden Euro geringer ausgefallen.
"10 Jahre EU-Mitgliedschaft kann uns mit Stolz erfüllen und haben viele deutliche Verbesserungen für
die Bevölkerung gebracht, aber man muss auch die Probleme erkennen und anpacken", meinte Fischler.
Nachhaltiges Wachstum ist wichtig um international nicht an Terrain zu verlieren. Vor allem im Bereich Forschung
und Entwicklung sind weitere Verbesserungen notwendig. Für Fischler zählen Beschäftigung, Einwanderung,
Unternehmensgründung, Bürokratieabbau, ländliche Entwicklungs- und Grenzregionsprogramme sowie Umwelttechnologien
zu den wichtigsten Herausforderungen.
"Österreich ist moderner geworden. Der politische Auftrag muss sein, Österreich zukunftsweisend
zu halten", erklärt Fischler abschließend. |