Bildungspolitik / Bildungsreform  

erstellt am
20. 01. 04

 Gusenbauer erfreut über Erwachen der ÖVP aus bildungspolitischem Dämmerschlaf
SPÖ will noch vor dem Sommer eine große Bildungsreform beschließen - alle Vorschläge liegen auf dem Tisch
Wien (sk) - Erfreut zeigte sich SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer über erste Anzeichen in der ÖVP, aus ihrem "bildungspolitischen Dämmerschlaf" zu erwachen, in dem sie sich in den letzten Monaten befunden hat. Wenn auch jetzt eine Beweglichkeit in der ÖVP wahrzunehmen sei, so werde man sich aber nicht "mit wolkigen Ankündigungen" zufrieden geben, so Gusenbauer Mittwoch (19. 01.) in einer Pressekonferenz. "Wir wollen jetzt Nägel mit Köpfen machen und bereits im Februar einen Unterausschuss im parlamentarischen Unterrichtsausschuss bilden, um noch in der Frühjahrssession einen umfassenden Reformvorschlag für unser Bildungssystem zu erarbeiten und diesen im Jahr 2005 zu beschließen", unterstrich Gusenbauer.

Die SPÖ werde sich daher nicht vertrösten lassen und werde auf einen konkreten parlamentarischen Fahrplan pochen, so der SPÖ-Vorsitzende. Für ihn ist der Zeitplan kein Problem, da alle Vorschläge bereits auf dem Tisch liegen. Die SPÖ spricht sich für ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen aus, für eine gemeinsame Ausbildung aller 10- bis 14jährigen, individuelle Begabungsförderung, flächendeckende Kinderbetreuungseinrichtungen und eine grundsätzliche Reform der Lehrerausbildung, erklärte der SPÖ-Vorsitzende. Das Ziel sei, dass kein Kind zurück bleibe und dass diese Vorschläge so rasch wie möglich umgesetzt werden.

Gusenbauer wiederholte seinen Vorschlag, die derzeit gültige Zwei-Drittel-Mehrheit in Schulfragen abzuschaffen, um eine größere Beweglichkeit zu erhalten. Beschlüsse in Schulangelegenheit sollten daher in Zukunft mit einfacher Mehrheit erfolgen. "Ich glaube aber nicht, dass das die ÖVP will, sie will nur eine Reduktion der Zwei-Drittel-Entscheidungen. In der zentralen Frage der Schulorganisation will sie die Zwei-Drittel-Mehrheit beibehalten. Wenn sie aber in dieser Frage Beweglichkeit zeigt, und bis zum Sommer ein Beschluss mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit möglich ist, so ist mir das auch recht", unterstrich der SPÖ-Chef.

Zur Lehrerausbildung merkte Gusenbauer an, dass es zuerst zu einer grundsätzlichen Reform der Ausbildung kommen muss, bevor man den nächsten Schritt setzt, zu schauen, wer dafür geeignet ist. Der Stand der Ausbildung in den Pädagogischen Akademien entspreche nicht mehr den Anforderungen, sie müsse erneuert und verbessert werden. "Heute Lehrer zu sein, bedeutet etwas anders als vor 30 oder 40 Jahren. Wenn man individuelle Begabungsförderungen einführen will, dann ist das ein anderes Konzept, als bisher gelehrt wird. Wenn es darum geht, nicht mehr nach dem Maßstab zu selektieren, was man am schlechtesten kann, sondern Stärken zu stärken, dann muss man auch in der Lehrerausbildung etwas ändern", so Gusenbauer. Die Lehrerausbildung soll jedenfalls in Kooperation mit den Hochschulen erfolgen, wie man diese Ausbildungsstätten dann nennt, ist nichts anderes als "ein Türschild".

Die SPÖ habe ursprünglich den Vorschlag unterbreitet, ein Institut für Spitzenforschung zu schaffen. "Wenn die ÖVP und Ministerin Gehrer diesen Vorschlag jetzt mit Zeitverzögerung aufnehmen, so ist das sinnvoll. Denn je früher ein derartiges Institut geschaffen wird, desto besser ist es", sagte Gusenbauer. Ein derartiges Institut dürfe aber nicht auf Kosten der bestehenden Universitäten finanziert werden. Es müsse zusätzlich zu dem bestehenden Universitätensystem finanziert werden, hielt der SPÖ-Vorsitzende fest.

 

 Amon: Typisch SPÖ - zwei Schritte nach vor, drei zurück - auch bei Bildungsreform
Wien (övp-pk) - Die jüngsten Äußerungen von SPÖ- Chef Alfred Gusenbauer spiegelten eins zu eins wider, worum es der SPÖ in der Bildungsdiskussion gehe: "Polemik - vollkommen egal, was von anderer Seite vorgeschlagen wird. Und das auch um den Preis, sich selbst diametral zu widersprechen", sagte ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon am Mittwoch (19. 01.). Das zeige auch die Schwierigkeit einer ernsthaften bildungspolitischen Diskussion mit der SPÖ auf: "Vorschläge von Seiten der ÖVP werden rundheraus abgelehnt, wie etwa die Beispiele 'Politische Bildung' oder 'Verhaltensvereinbarung' gezeigt haben. Aber auch Vorschläge, die aus der SPÖ und sogar von ihrem Vorsitzenden kommen, sind mit der SPÖ nicht umzusetzen", erläuterte Amon.

Noch am 16. September des Vorjahres habe Gusenbauer "nach dem Vorbild Finnlands Eingangsprüfungen für die Pädagogen-Ausbildung" gefordert. "Die heutigen Aussagen Gusenbauers zeigen, wie ernst die SPÖ ihre eigenen Vorschläge nicht einmal ein halbes Jahr nach deren Präsentation nimmt", so Amon, der hofft, dass sich die SPÖ auch im Bildungsbereich "einem ernsthaften, seriösen Dialog öffnet, dessen Ergebnisse gemeinsam umgesetzt werden können."
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller vier im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

zurück