Bundesstaat wird erst durch die neun selbständigen Länder begründet
Bregenz (vlk) - "Der vom Konvents-Vorsitzenden Franz Fiedler präsentierte
Verfassungsentwurf trägt in vielen wichtigen Bereichen dessen persönliche Handschrift und vermittelt
nicht das Ergebnis der Beratungen des Konvents. Er ist nicht konsensfähig, weil die Eigenständigkeit
der Länder und Gemeinden kaum Berücksichtigung findet." Das betonte Landtagspräsident Gebhard
Halder nach dem Europa-Ausschuss des Vorarlberger Landtages am Mittwoch (19. 01.).
Die geltende Bundesverfassung spricht ganz eindeutig von "selbstständigen Ländern". Im vorliegenden
Entwurf, so LTP Halder, sei davon jedoch kaum etwas zu spüren: "Der Bundesstaat wird von unten nach oben
aufgebaut und nicht umgekehrt. In Wien wird man zur Kenntnis nehmen müssen, dass erst die neun selbstständigen
Länder den Bundesstaat begründen. Dies sind für uns keine leeren Worte, sondern es ist der Auftrag,
Eigenständigkeit ernst zu nehmen."
Der Fiedler-Entwurf konzentriere viele Staatsaufgaben, in denen derzeit den Ländern wichtige Aufgaben zukommen,
beim Bund. Als Beispiele nannte Halder die Bereiche Gesundheit, Schule und Unterricht sowie das Energiewesen. "Zentralismus
pur" ortet LTP Halder auch im Spitalsbereich, wo der Entwurf vorsieht, Standortentscheidungen und die Ausstattung
von Spitälern ausschließlich in Wien zu entscheiden. Davon abgesehen bietet der Entwurf für Halder
in der Stärkung des Bundesrates keine taugliche Lösung.
Diffuse und zahnlose Bestimmungen
Als bedauerlich bezeichnet Halder die Vorschläge zur Verwaltungsreform: "Von einer echten Reform
kann keine Rede sein. Es handelt sich hier um diffuse und besonders zahnlose Bestimmungen, die keine Spur einer
echten Reform erkennen lassen." So sei die Gestaltung des Schulwesens völlig offen, ebenso die Zukunft
der Sicherheitsdirektion. LTP Halder: "Landesregierung und BH müssen im Katastrophenfall einen Zugriff
auf die Exekutive des Bundes haben. Die Sicherheit im Land darf nicht aufs Spiel gesetzt werden."
Ganz entschieden tritt Vorarlberg dem Ansinnen des Konvents-Vorsitzenden entgegen, Gemeinden unter 20.000 Einwohner
künftig ohne besonderes Ersuchen der Landesregierungen durch den Bundesrechnungshof prüfen zu können.
LTP Halder: "Die Kompetenz sollte hier den Ländern abgetreten werden. Sie sollten mit der Prüfung
ihre Landes-Rechnungshöfe betrauen können, da diese die regionalen Gegebenheiten einfach besser kennen."
EU-Verfassung: Wichtige Anliegen durchgesetzt
EU-Botschafter Gregor Woschnagg informierte über den Europäischen Verfassungsvertrag. Er verwies
insbesondere auf die Möglichkeiten der regionalen Parlamente, frühzeitig auf die EU-Gesetzgebung Einfluss
zu nehmen. Die neue Europäische Verfassung qualifizierte der Botschafter Österreichs bei der EU als echten
Fortschritt gegenüber dem derzeitigen Zustand. Woschnagg freute sich auch darüber, dass Österreich
in den Beratungen seine wesentlichsten Anliegen durchgesetzt habe. Dies gelte auch für die Forderungen der
Länder. So sei insbesondere die Kompetenz der Mitgliedsstaaten in der Daseinsvorsorge und in der Verfügung
über die Wasserrecourcen erhalten geblieben. |