Goldenes Verdienstzeichen des Landes Wien für Franz Leitner  

erstellt am
19. 01. 04

Stadträtin Wehsely ehrt Widerstandskämpfer
Wien (rk) - Hunderte Kinder verdanken Franz Leitner ihr Leben. Er hat sie in der Zeit seiner fünfeinhalbjährigen Gefangenenschaft als blockältester Häftling im KZ Buchenwald gerettet. 1999 erhielt er dafür vom Staat Israel den Ehrentitel "Gerechter unter den Völkern". Heute wurde der mittlerweile 86-jährige Widerstandskämpfer von Stadträtin Maga Sonja Wehsely mit dem Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien ausgezeichnet.


Herbert Leitner übernahm in Vertretung seines Vaters Franz Leiter das Goldene Ehrenzeichen des Landes Wien von StR. Mag. Sonja Wehsely, Foto: media wien
"2005 wurde von der Bundesregierung zum Gedenkjahr ausgerufen. Heuer jähren sich auch tatsächlich viele Ereignisse, die uns zum Nachdenken anregen sollten, bevor wir sie feiern", so Wehsely in ihrer Laudatio. "2005 bedeutet auch 60 Jahre seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und damit eines Regimes, das Leid, Not und Zerstörung gebracht hat und Millionen Menschen das Leben gekostet hat."

Mit Franz Leitner ehre das Land Wien einen Menschen, "der uns allen ein Vorbild an Menschlichkeit, Mut und Geradlinigkeit sein kann, der auch in einer Zeit, als es lebensgefährlich war, zu seiner politischen Überzeugung gestanden ist, dafür inhaftiert und in ein KZ verschleppt wurde, und der nicht nur selbst überlebt hat, sondern auch hunderten Kindern durch seinen Einsatz das Leben gerettet hat", sagte die Stadträtin in ihrer bewegten Rede.

Franz Leitner wurde am 12. Februar 1918 in Wiener Neustadt geboren. 1936 schloss er seine Schulbildung an der Staatsgewerbeschule für Maschinenbau mit Matura ab, im selben Jahr wurde er wegen der Zugehörigkeit zum illegalen kommunistischen Jugendverband zu vier Monaten Kerker sowie einer 15-monatigen Polizeistrafe verurteilt. Am Tag des Kriegsbeginns, also am 1. September 1939, wurde er gemeinsam mit 14 anderen verhaftet und eine Woche später mit Hunderten Häftlingen aus Wien in das KZ Buchenwald bei Weimar deportiert. Er war damals 21 Jahre alt.

Zwei Tage vor der Befreiung des KZ durch amerikanische Truppen konnte sich Franz Leitner gemeinsam mit anderen selbst befreien. In den fünfeinhalb Jahren hat er das Leben Hunderter Kinder gerettet. Als gewählter Blockältester des "Kinderblocks" mit bis zu 400 Kindern konnte er die Lebensbedingungen seiner Mitgefangenen verbessern. Das verlangte neben Mut auch Kreativität. So wurde Lagerpersonal bestochen, von Deportation bedrohte Menschen wurden versteckt, zusätzliche Essensrationen organisiert.

Nach der Befreiung im Mai 1945 kam Franz Leitner zurück nach Wiener Neustadt. Dort wurde er mit seinen 27 Jahren Bezirkssekretär der KPÖ, ein Jahr später Vizebürgermeister, 1950 Stadtrat. 1953 ging er nach Graz, wo er zunächst als Landessekretär und ab 1958 als Landesobmann der steirischen KPÖ tätig war. Von 1961 bis 1970 war er Abgeordneter zum Steiermärkischen Landtag. Heute noch gehört Leitner dem Präsidium des Bundesverbandes der ehemaligen österreichischen Widerstandskämpfer und Opfer des Faschismus an.

1999 wurde Franz Leitner mit dem Ehrentitel "Gerechter unter den Völkern" der Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem geehrt und ist damit einer von insgesamt 80 ÖsterreicherInnen, die diesen höchsten Titel tragen dürfen, der vom Staat Israel an Menschen mit nicht-jüdischer Herkunft verliehen werden kann.
     
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