"Jeder einzelne Kirchenaustritt ist schmerzlich"  

erstellt am
18. 01. 04

Zunahme der Kirchenaustritte im "Krisenjahr" 2004 - In der Erzdiözese Wien stiegen die Austritte um 20 Prozent, aber auch die Zahl der "Rückkehrer" nimmt zu
Wien (stephanscom.at) - In der Erzdiözese Wien ist es im Vorjahr zum ersten Mal seit Jahren wieder zu einer Zunahme der Kirchenaustritte gekommen. Zwischen 1. Jänner und 30. November 2004 haben in der Erzdiözese Wien 15.223 Katholiken die Kirche verlassen, im Vergleichszeitraum des Jahres 2003 waren es 12.639 gewesen; das entspricht einer Zunahme von 20,4 Prozent. Die Zahlen für Dezember 2004 liegen noch nicht vor. Der Pressesprecher der Erzdiözese Wien, Erich Leitenberger, stellte dazu fest, jeder einzelne Kirchenaustritt sei für die Kirche "schmerzlich". In der Erzdiözese Wien gebe es aber auch ein eigenes Programm, um den Dialog mit den aus der Kirche ausgetretenen Katholiken weiterzuführen. Auch die Zahl der "Rückkehrer" zur katholischen Kirche steige in der Erzdiözese Wien langsam, aber kontinuierlich an, betonte Leitenberger. So waren im Jahr 1999 insgesamt 1.175 aus der Kirche ausgetretene Katholiken in der Erzdiözese Wien "zurückgekehrt"; im Jahr 2003 waren es bereits 1.315.

In der ersten Jahreshälfte noch Rückgang
In den ersten sechs Monaten des Jahres 2004 war in der Erzdiözese Wien die Zahl der Kirchenaustritte noch zurückgegangen. Vermutlich sei die Zunahme auf die kirchenpolitischen Turbulenzen in der zweiten Jahreshälfte zurückzuführen", so Leitenberger. Freilich genüge es nicht, den Menschen zu erklären, dass man "ohne Kirche nicht Christ sein kann". Es müsse auch alles getan werden, damit die Menschen "nicht verunsichert werden" und sich nicht wegen des "allzu Menschlichen in der Kirche" von der Glaubensgemeinschaft trennen. Dabei sei zu bedenken, dass Kirche "immer mehr ist als die tagesaktuelle Auseinandersetzung. Die eigentliche Schönheit der Kirche als Hüterin des Evangeliums bleibt trotz aller Makel und Runzeln erhalten".

Grundsätzlich hielt Leitenberger fest, dass Zahlen allein die entscheidenden Kriterien des kirchlichen Lebens - Glaube, Hoffnung, Liebe - noch nicht erfassen. Die Kirche gehe ihren Weg konsequent weiter - in der doppelten Treue zum Wort Gottes und zum Leben der Menschen, in der Bereitschaft zum vielfältigen Dienst an der Gesellschaft".

Alle aus der Kirche ausgetretenen Katholiken erhalten von Kardinal Christoph Schönborn einen persönlichen Brief, dem ein Fragebogen beigelegt ist, in dem die Beweggründe für den Austritt benannt werden können. Rund 20 Prozent der Ausgetretenen schicken diesen Fragebogen zurück. Ein Teil macht auch von der Möglichkeit Gebrauch, in einem weiteren persönlichen Brief von Kardinal Schönborn eine Antwort auf die im Fragebogen angesprochenen Problemfelder zu bekommen. Allein in der ersten Hälfte des Jahres 2004 ist Kardinal Schönborn auf diese Weise mit 350 Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen aus der Kirche ausgetreten waren, im Gespräch geblieben.
     
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