Kommissionspräsident Barroso stellt Fünfjahresprogramm vor
Brüssel (eu-int) - In Brüssel hat Kommissionspräsident José Manuel Barroso
vor dem Europäischen Parlament seine Vorstellung von den strategischen Zielen der Europäischen Union
bis 2010 zur Verwirklichung von Wohlstand, Solidarität und Sicherheit für alle Europäer dargelegt.
Mit diesem erstmaligen Vorschlag für ein gemeinsames strategisches Programm von Kommission, Parlament und
Rat unterstreicht die Kommission die Bedeutung einer gemeinsamen Festlegung und Umsetzung der strategischen Ziele
Europas durch alle Organe der Union. Das gleichzeitig angenommene Arbeitsprogramm der Kommission für das Jahr
2005 enthält bereits erste konkrete Schritte zur Verwirklichung dieser strategischen Ziele.
Kommissionspräsident Barroso erläuterte das Programm mit den Worten: "Wir müssen Europas enormes
unerschlossenes Potenzial freisetzen. Wir müssen klare Prioritäten definieren, wenn wir die Erwartungen
unserer Bürger an das Europa von 2010 erfüllen wollen. Wir müssen einen ähnlich mutigen und
kühnen Veränderungsprozess in Gang setzen wie 1985 mit dem Binnenmarkt, oder wie mit der gemeinsamen
Währung oder der Erweiterung der Europäischen Union auf 25 Mitgliedstaaten. Hierzu ist wirkliche Führung
erforderlich. Beide, die europäischen Organe ebenso wie die Mitgliedstaaten, stehen in der Verantwortung.
Es muss zu einer europäischen Erneuerung kommen. Die vor uns liegenden Herausforderungen sind so umfangreich
und komplex, dass sie nur im Geiste der Partnerschaft bewältigt werden können. Ich wünsche mir eine
dynamische Partnerschaft für die europäische Erneuerung: eine Partnerschaft für Wohlstand, Solidarität
und Sicherheit in unserem Kontinent."
Wohlstand
Die Kommission will Europa zurück auf den Pfad des langfristigen Wohlstands führen. An erster
Stelle stehen die Wiederherstellung nachhaltigen, dynamischen Wachstums und die Schaffung von Arbeitsplätzen
in Europa im Einklang mit der Strategie von Lissabon. Im letzten Jahrzehnt sind Wachstum und Produktivität
hinter der unserer wichtigsten Wirtschaftspartner zurückgefallen. Kernelemente des Programms werden sein:
Schaffung eines unternehmensfreundlichen Klimas
Die Unternehmen sollten in einem stabilen makroökonomischen Umfeld und unter europaweit einheitlichen
Spielregeln wirtschaften können, mit gleichen Rechten bezüglich Unternehmensgründungen, gemeinsamen
Regeln für verantwortungsvolle Unternehmensführung und geistiges Eigentum sowie einer fairen Regelung
der Unternehmensbesteuerung und handelsfreundlichen Zollsystemen.
Investitionen für den Wohlstand
Die Union ist entschlossen, 3% des BIP in die Forschung zu investieren und die Investitionen in die höhere
Bildung deutlich zu erhöhen - eine entscheidende Voraussetzung zur Schaffung einer florierenden wissensbasierten
Volkswirtschaft. Bei der Beseitigung von Schwachpunkten im Verkehrs-, Telekommunikations- und Energiewesen müssen
in der Politik neue Wege beschritten werden.
Den Wandel akzeptieren: Es müssen mehr Menschen dem Arbeitsmarkt zugeführt, die Schaffung von Arbeitsplätzen
unterstützt und mehr und bessere Arbeitsplätze gefördert werden.
Solidarität
Europas Verpflichtung auf Solidarität, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit sollen gewahrt und
gestärkt und die Kohäsion der erweiterten Union gefestigt werden. Zu den wichtigsten Bestandteilen des
Programms zählen eine Ausrichtung der Kohäsionspolitik auf die Förderung von Wettbewerbsfähigkeit
und Wachstum bei gleichzeitiger Verringerung des wirtschaftlichen Gefälles. Solidarität muss sich auch
auf künftige Generationen erstrecken, wozu eine fortdauernde Vorreiterrolle der EU in Fragen des Klimawandels,
des Umweltschutz und der nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen unerlässlich ist. Der
Schutz der Grundrechte und der Kampf gegen jegliche Diskriminierung stehen an vorderster Front in der europäischen
Politik, wie neue Initiativen gegen Diskriminierungen und die Einrichtung der Europäischen Grundrechteagentur
deutlich machen.
Sicherheit und Freiheit
Die Bürger erwarten zu Recht auch von der europäischen Ebene Maßnahmen zum Schutz ihrer
Gesundheit und Sicherheit. Die Verfassung wird die Handlungsmöglichkeiten der Union verbessern. An vorderster
Stelle bei der Bewältigung der Umwelt- und Gesundheitsrisiken steht die Umsetzung des 2004 vereinbarten Haager
Programms. Es gilt die Fähigkeit der Union zu gewährleisten, Krisen mit Frühwarnsystemen und sofortiger
Reaktion zu begegnen und langfristige Krisenprävention zu betreiben.
Europa als Partner in der Welt
Künftige Erweiterungen müssen aktiv vorbereitet werden, und die übrigen Länder des
westlichen Balkans sind an die Mitgliedschaft heranzuführen. Die Liberalisierung des Handels wird neue Möglichkeiten
für Exporte und hochwertige Arbeitsplätze auf wettbewerbsorientierten, offenen und geregelten Märkten
garantieren. Auf allen Ebenen müssen die Verhandlungen mit Nachdruck geführt werden: hauptsächlich
in der Welthandelsorganisation, etwa in der Doha-Runde, aber auch mit wichtigen bilateralen und regionalen Partnern
(China, Indien, Brasilien und Lateinamerika insgesamt, sowie konkrete Antworten für Afrika). Die Union sollte
eine Schlüsselrolle beim Zustandekommen und dann auch bei der Umsetzung einer Friedensregelung im Nahen Osten
spielen. Die transatlantischen Beziehungen gilt es wieder zu beleben. Eine erfolgreiche Nachbarschaftspolitik
und die eine engere Verzahnung mit Nachbarn wie Russland und der Ukraine werden ganz oben auf der Tagesordnung
stehen. Die Millennium-Entwicklungsziele für 2015 müssen das Leitmotiv für die Entwicklungspolitik
der Union sein.
Die Kommission hofft, noch vor Ende der luxemburgischen Präsidentschaft eine Einigung mit dem Europäischen
Parlament und dem Rat über die vorgeschlagenen strategischen Ziele zu erreichen. Damit würden die Europäischen
Organe eine starke gemeinsame Handlungsgrundlage für die nächsten 5 Jahre erhalten. |