Öffentliche Finanzen der EU-Staaten kränkeln  

erstellt am
03. 02. 05

Mangelnde Haushaltsdisziplin als Hauptursache der Schwäche
Brüssel (övp-pd) - "Der Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments hat heute meinen Bericht über den Stand der öffentlichen Finanzen in der Wirtschafts- und Währungsunion mit großer Mehrheit angenommen. Die darin enthaltenen Fakten geben keinen Anlass zur Beruhigung", sagte der Wirtschaftssprecher der ÖVP-Delegation und EVP-ED-Fraktions- vizepräsident Mag. Othmar Karas am Mittwoch (02. 02.) in Brüssel. "Seit Einführung des Stabilitäts- und Wachstumspakts haben insgesamt zwölf Mitgliedstaaten seine Bestimmungen verletzt, darunter fünf Mitgliedstaaten, die dem Euro-Raum angehören, sowie Großbritannien und sechs neue Mitgliedstaaten. Das Haushaltsdefizit des Euro-Raums ist 2003 auf 2,7% des BIP angestiegen, nachdem es im Jahr 2000 noch 1,1% und 2001 1,6% betrug. Der Konjunkturzyklus ist aber nur zum Teil für die höheren Defizite verantwortlich. In Wirklichkeit liegt das Problem weitgehend in der Lockerung der Haushaltspolitik in einigen Mitgliedstaaten", kritisierte Karas.

"Der von der Kommission in ihrer früheren Wirtschaftsprognose angekündigte Wirtschaftsaufschwung ist bis Ende 2003 nicht eingetreten. Der Wirtschaftsausschuss teilt meine Ansicht, dass die BIP-Wachstumsrate im Euro-Raum unter anderem wegen des Ausbleibens struktureller Reformen in vielen Mitgliedstaaten erneut hinter den Voraussagen zurückgeblieben ist", so Karas weiter. Auch hätten einige Mitgliedstaaten auf die gegen sie erfolgte Einleitung des Defizit-Verfahrens nicht mit ausreichenden Maßnahmen zur Bekämpfung ihres Defizits reagiert. "Für die Aussichten für eine baldige Senkung ihres Defizits unter 3% des BIP gibt es ebenfalls genügend berechtigten Grund zur Sorge."

Karas unterstrich die Bedeutung der Einführung struktureller Reformpakete als entscheidend für finanzielle Nachhaltigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. "Dabei kann es keine Ausnahme von den Bestimmungen und Verfahren des Stabilitäts- und Wachstumspakts geben. Die EU-Organe dürfen sich ihrer Verantwortung für die Durchführung, Kontrolle und Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht entziehen", betonte Karas. Die Mitgliedstaaten werden in der Entschließung des Parlaments aufgefordert, ihr Defizit, sofern nicht bereits geschehen, deutlich unter 3% des BIP zu senken: "In guten Zeiten sollten ausreichende Finanzrücklagen gebildet werden, damit in schlechten Zeiten konjunkturpolitische Maßnahmen getroffen werden können, ohne Gefahr zu laufen, gegen die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu verstoßen", so Karas.

Auch die neuen Mitgliedstaaten werden eindringlich aufgefordert, die Reform ihrer öffentlichen Finanzen durch eine Umschichtung von Mitteln zu beschleunigen und damit einen weiteren Schritt hin zur Sicherstellung einer echten Konvergenz ihrer Volkswirtschaften zu unternehmen. "Mein Bericht stellt die Fakten ungeschminkt dar. Es wird auch deutlich, dass eine einfache Änderung der Regeln des Stabilitätspakts kein Beitrag zu einer Verbesserung ist, sondern nur eine weitere Ausflucht zur Vermeidung struktureller Lösungen", so Karas abschließend.
     
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