Burgstaller: Schwangerschaftsabbruch ist allerletzter Ausweg aus einer sehr schwierigen Situation
Salzburg (lk) - Voraussichtlich im April dieses Jahres werden alle Vorbereitungen abgeschlossen sein,
um in den Landeskliniken Salzburg Schwangerschaftsabbrüche nach der in Österreich geltenden Fristenlösung
durchführen zu können, erklärte Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller am Mittwoch (09. 02.)
in einem Informationsgespräch. Sie wies gleichzeitig darauf hin, dass sie mit Beratungsangeboten und Unterstützungsmaßnahmen
alles dazu beitragen wolle, damit es nicht zu Schwangerschaftsabbrüchen komme. Der Schwangerschaftsabbruch
müsse der allerletzte Ausweg aus einer verzweifelten Situation sein.
Wenn sich eine Frau jedoch zu einem Schwangerschaftsabbruch entschlossen habe, müsse dies unter den besten
medizinischen und psychologischen Bedingungen in einem öffentlichen Krankenhaus möglich sein. Dies sei
auch in anderen Bundesländern, wie etwa in der Steiermark, Oberösterreich oder Niederösterreich
so. „Es geht vor allem darum, dass wir eine Frau oder ein Mädchen, die sich in einer so verzweifelten Situation
befinden, nicht alleine lassen und anderswohin schicken. Kein Mensch will Schwangerschaftsabbrüche, und wir
versuchen, dass wir es durch Beratung, Aufklärung und Unterstützung nicht so weit kommen lassen“, sagte
Landeshauptfrau Burgstaller.
Als Organisationseinheit dafür ist eine „Spezialambulanz für Schwangerschaftsabbrüche“ mit Eingriffsraum
innerhalb der „Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe“ vorgesehen, erläuterte der
Direktor der Salzburger Landeskliniken, Dr. Max Laimböck. Eingriffe sollen an Samstagen von 9.00 bis 16.00
Uhr durchgeführt werden, wobei 15 Termine pro Tag möglich sind. Die Schwangerschaftsabbrüche werden
sowohl medikamentös als auch in Lokalanästhesie oder unter Vollnarkose vorgenommen. Der Preis beträgt
pro Eingriff 425 Euro inklusive aller Leistungen.
Wiener Gynäkologe soll Spezialambulanz leiten
Geleitet wird die „Spezialambulanz für Schwangerschaftsabbrüche“ von Dr. Christian Fiala, Facharzt
für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Gynmed Ambulatorium Wien, der auch Organisator des FIAPAC-Kongresses
„Gemeinsam die Gesundheit von Frauen verbessern“ ist. Solange wie notwendig, werden neben Dr. Fiala zwei Fachärzte
des Gynmed Ambulatoriums einmal in der Woche nach Salzburg kommen, um Abbrüche durchzuführen.
Die Ärzte des Gynmed Ambulatoriums werden sich in Salzburg engagieren, damit Frauen in der Krisensituation
einer ungewollten Schwangerschaft die Möglichkeit haben, in der Nähe ihres Wohnortes den Abbruch nach
dem aktuellsten Stand der Medizin durchführen zu lassen. Damit wird signalisiert, dass Frauen auch in dieser
Situation ernst genommen und bestmöglich behandelt werden. Eine derartige Vertrauenssituation ist auch die
Voraussetzung, um eine Verbesserung der Verhütung zu besprechen und einer Wiederholung vorzubeugen, erklärte
Dr. Fiala.
FIAPAC ist eine gemeinnützige Vereinigung von Fachkräften, die auf dem Gebiet des Schwangerschaftsabbruches
und der Verhütung arbeiten, erläuterte Dr. Fiala in dem Informationsgespräch. Ihre Ziele sind, den
Zugang zu Abbruch und Verhütung zu verbessern, eine hohe Qualität in der Behandlung und Betreuung zu
gewährleisten, medizinische Fortschritte bzw. neue Behandlungsformen umzusetzen sowie die Prävention
von ungewollten Schwangerschaften. FIAPAC hat in den vergangenen Jahren fünf Kongresse organisiert, deren
Notwendigkeit sich, so Fiala, aus der Häufigkeit solcher Eingriffe ergibt.
Das Gynmed Ambulatorium Wien ist eine Krankenanstalt für Schwangerschaftsabbruch und Familienplanung. Das
Team der Gynmed ist im Juni 2003 vom Krankenhaus Korneuburg, wo im Jänner 1999 der medikamentöse Abbruch
mit Mifegyne® eingeführt wurde, nach Wien übersiedelt. Im Gynmed Ambulatorium werden alle drei Methoden
des Abbruchs angeboten, medikamentös, chirurgisch in örtlicher Betäubung sowie chirurgisch in Vollnarkose,
erläuterte Dr. Fiala.
Keine gesicherten Daten über Zahl der Schwangerschaftsabbrüche
Da Schwangerschaftsabbrüche in Österreich nicht meldepflichtig sind und die Kosten nicht von den Krankenkassen
übernommen werden, liegen keine gesicherten Daten über deren Zahl vor. Die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch
variieren laut der Studie „Abortion costs in Europe“ von Christian Fiala, Sophie Hengl und Chantal Birman von 0
bis 517 Euro in Europa. In den meisten der westlichen EU-Staaten bekommt ein Großteil der Frauen die Kosten
für eine Abtreibung jedoch gänzlich bzw. fast gänzlich rückerstattet. Im Gegensatz dazu müssen
die meisten Frauen in den östlichen EU-Staaten so wie in Österreich die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch
selber bezahlen. In einigen Ländern ist der Schwangerschaftsabbruch verboten. Dazu zählen z. B. Irland,
Malta, Polen und Portugal.
Drei verschiedene Methoden
Derzeit werden in Österreich folgende Methoden angeboten: medikamentös mit Mifegyne®, chirurgisch
in örtlicher Betäubung bzw. Vollnarkose. Es ist auch Aufgabe der Beratung, über alle Methoden ausführlich
zu informieren und auf die jeweiligen Vor- und Nachteile hinzuweisen. Administrative oder finanzielle Überlegungen
bei der Suche nach der geeigneten Methode sollten keine Rolle spielen. Erst dann kann jede Frau die für sie
richtige Entscheidung treffen, sagte Dr. Fiala.
Rechtliche Situation in Österreich
In Österreich ist der Schwangerschaftsabbruch seit dem 1. Jänner 1975 mit der „Fristenlösung"
geregelt. Dies bedeutet, der Abbruch einer Schwangerschaft ist straffrei, wenn er bis zum dritten Schwangerschaftsmonat
von einer/m Ärztin/Arzt nach vorheriger Beratung durchgeführt wird. Die Beratung ist in Österreich
jedoch im Unterschied zu anderen Ländern im Gesetzestext nicht näher definiert, d. h. sie stellt keine
Zwangsmaßnahme beim Schwangerschaftsabbruch dar. Auch gibt es keine anderen Restriktionen, wie eine vorgeschriebene
Wartezeit zwischen der ersten Beratung und dem Abbruch (drei Tage in Deutschland oder sieben Tage in Frankreich).
Durch diese Rahmenbedingungen ist es möglich, die Beratung und Begleitung ausschließlich nach den individuell
sehr verschiedenen Bedürfnissen der betroffenen Frauen auszurichten.
Andererseits fehlen in Österreich Durchführungsbestimmungen für einen Schwangerschafts- abbruch
sowie eine Regelung für eine Kostenübernahme. In Österreich sind Ärzt/innen nicht verpflichtet,
Abtreibungen vorzunehmen. Außerhalb von Wien gibt es nur wenige Ärzt/innen oder Krankenhäuser,
die auch öffentlich die Durchführung von Abbrüchen anbieten. Dies bedeutet, dass Frauen außerhalb
der Großstadt oft nicht die Möglichkeit haben, in der Nähe ihres Wohnortes den Eingriff vornehmen
zu lassen. Die Abbrüche werden meist in Ordinationen von niedergelassenen Fachärzt/innen oder Praktischen
Ärzt/innen durchgeführt, sagte Dr. Fiala.
Schweiger: Persönliche Entscheidung der Frauen anerkennen
Das Salzburger Frauengesundheitszentrum ISIS unterstütze die geltende gesetzliche Regelung zum Schwangerschaftsabbruch
und fordere seit Jahren eine frauengerechte Umsetzung, einschließlich einer Verbesserung der Prävention
von ungewollten Schwangerschaften, betonte Mag. Petra Schweiger, Klinische und Gesundheitspsychologin vom Frauengesundheitszentrum
ISIS. Wie im Frauengesundheitsbericht 2000 dargelegt, sei die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen
in einem öffentlichen Krankenhaus im Bundesland Salzburg nicht nur bei medizinischer Indikation, sondern auch
nach eigenem Verlangen der betroffenen Frau eine wesentliche Maßnahme zur Verbesserung der Gesundheit von
Frauen.
Frauen haben, so Schweiger, das Recht auf Unterstützung, Respekt und Anerkennung ihrer persönlichen Entscheidung
für oder gegen eine Schwangerschaft, auf freien Zugang zu medizinischen Einrichtungen nach internationalen
Qualitätsstandards, auf leicht zugängliche, sachliche Information durch unabhängige Beratungsstellen
und Frauengesundheitszentren, auf kompetente Sexualpädagogik innerhalb und außerhalb der Schulen sowie
auf leichten und kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln.
Die Lebenssituationen von ungewollt schwangeren Frauen seien individuell sehr unterschiedlich. Beziehungsprobleme,
berufliche Gründe, Tabuisierung der Sexualität, fehlendes Wissen über die eigene Fruchtbarkeit,
finanzielle Nöte, unbewusste psychologische Mechanismen, aber auch ganz einfach ein Versagen der Verhütung
können zu einer ungewollten Schwangerschaft führen. Das Klima, in dem sich der Entscheidungsprozess einer
Frau zwischen Feststellung der Schwangerschaft und der Entscheidung für oder gegen die Schwangerschaft vollzieht,
habe einen sehr bedeutsamen Einfluss auf die spätere Verarbeitung, sagte Mag. Schweiger. Je einsichtiger und
behutsamer eine Gesellschaft und die Fachkräfte mit der sensiblen Frage nach der Abtreibung umgehen, desto
besser kann einer Frau in der Krisensituation geholfen werden und desto offener kann sie sich um Hilfe an andere
wenden. Eine wertfreie und nicht beeinflussende Schwangerschaftskonfliktberatung habe in dieser Hinsicht eine zentrale
Bedeutung.
Zahlreiche wissenschaftliche Studien würden belegen, dass Frauen nach einem Schwangerschaftsabbruch nur sehr
selten psychische Probleme mit dem Abbruch haben, wenn sie vorher gut informiert wurden, eine klare Entscheidung
getroffen haben sowie in einer freundlichen und warmen Atmosphäre optimal medizinisch betreut wurden.
Es gebe keine Belege dafür, dass Trennungen in Partnerschaften eine ursächliche Folge von Schwangerschaftsabbrüchen
sind. Vielmehr werden Frauen in instabilen Partnerschaften eher ungewollt schwanger. Andererseits könne eine
gemeinsame Haltung bei der Entscheidungsfindung die Partnerschaft stärken, erläuterte die Psychologin
Mag. Schweiger.
Die „Spezialambulanz für Schwangerschaftsabbrüche“ am St. Johanns-Spital werde neben den modernsten medizinischen
Standards ein fundiertes Beratungsangebot für „ungewollt schwangere“ Frauen bzw. Paare bereitstellen. Frauen,
die noch im Entscheidungskonflikt stehen, werden die Möglichkeit einer professionellen Schwangerschaftskonfliktberatung
in Zusammenarbeit mit dem Frauengesundheitszentrum ISIS und anderen psychologischen Beratungsstellen haben. „Nach
unseren Erfahrungen benötigen jedoch nur etwa zehn Prozent der ungewollt schwangeren Frauen eine psychologische
Beratung zur Entscheidungsfindung“, erklärte Mag. Schweiger.
Die Feststellung einer Schwangerschaft und die Entscheidung für oder gegen Mutterschaft seien etwas so Elementares
und Existentielles, dass die meisten Frauen sehr rasch nach Feststellung der Schwangerschaft wissen, was für
sie und allenfalls vorhandene Kinder sowie die Partnerschaft am besten ist, und sie besprechen sich mit Vertrauenspersonen
aus ihrem Umfeld, wie bei anderen intimen/persönlichen Problemen auch. Für diese Frauen wird eine Beratung
über die Methoden und den Ablauf im Vordergrund stehen.
Gespräche und Unterstützung in einem Umfeld, das „Akzeptanz in Wohlwollen“ vermittelt, sowie verständnisvolle
Freund/innen, Partner und Frauenärzt/innen seien hilfreich bei der weiteren psychischen Verarbeitung, so wie
bei jeder größeren Entscheidung im Leben. Der Ausbau zusätzlicher psychologischer Beratungsstellen
werde, so Schweiger, als nicht notwendig erachtet. Das vorhandene Netzwerk an Beratungsmöglichkeiten in Salzburg
decke die Nachfrage sehr gut ab, denn es sei nicht zu erwarten, dass das Angebot des Abbruchs am St. Johanns-Spital
eine Auswirkung auf die Gesamtzahl an Abbrüchen haben wird. Allerdings müssen ein Ausbau der Sexualerziehung
sowie ein besserer Zugang zu kostenlosen Verhütungsmitteln, insbesondere für Jugendliche und sozial Schwache,
gefördert werden. |