Haubner: Gerechter Vergleich oder Musterprozess statt Monsterverfahren  

erstellt am
21. 02. 05

Wien (nst) - Am Montag 21.2.2005 beginnen am Landesgericht Salzburg die Verhandlungen im größten Zivilprozess der 2. Republik. 3.235 Geschädigte des "WEB/Bautreuhand/IMMAG- Skandals" haben rund 127 Mio Euro (Kapitalverlust und Ertragsschaden) gegen die Salzburger Sparkasse eingeklagt. Konsumentenschutzministerin Ursula Haubner hat sich in diesem Konflikt eindeutig auf die Seite der Bürger gestellt und fordert eine rasche, konsumentenfreundliche Lösung. "Mir geht es darum, dass die Menschen zu ihrem Recht kommen. 3.235 Geschädigte sprechen eine deutliche Sprache. Die Salzburger Sparkasse kann sich nicht länger hinter ihrer Verzögerungstaktik verstecken", so Haubner.

Der Vorwurf: Zwei Vorstandsmitglieder sowie der Kreditreferent der Salzburger Sparkasse wurden nicht rechtskräftig" als Beitragstäter zu den Untreuehandlungen der WEB-Manager in den Neunzehnachtzigerjahren strafrechtlich verurteilt. Die Salzburger Sparkasse haftet den geschädigten Anlegern deren Gelder statt für die versprochenen Veranlagungen zum Stopfen von Finanzlöchern verwendet wurden, für die erlittenen Schäden. Da sich die Salzburger Sparkasse insbesondere auch auf Verjährung beruft und zu einem Verjährungsverzicht nicht bereit war, mussten die Ansprüche eingeklagt werden.

Das Sozialministerium hat den Verein für Konsumenteninformation (VKI) beauftragt, für jene rund 2300 Geschädigten, die sich einen Prozess mangels Rechtsschutzversicherung nicht leisten konnten - mit Risikoübernahme durch den Prozesskostenfinanzierer AdvoFin Sammelklagen zur Verhinderung drohender Verjährungen einzubringen. Daneben unterstützen die Rechtsschutzversicherer rund 750 Geschädigte. Vergleichsverhandlungen haben bislang zu keinem Erfolg geführt. Das "letzte Angebot" der Salzburger Sparkasse (und der dahinter stehenden Erste Bank Gruppe) beträgt 15 Mio Euro und wurde von der Klägergemeinschaft als zu gering zurückgewiesen.

Nun droht ein "Monsterverfahren" mit einem unvorstellbaren Prozesskostenaufwand. Ein Verhandlungstag kostet, so die Berechnungen des Richtersenates, allein an Anwaltskosten rund 400.000 Euro. Bei geschätzten 160 Verhandlungstagen drohen Prozesskosten von rund 70 Mio Euro alleine für die Erste Instanz. Der Richtersenat wäre jahrelang mit der Causa beschäftigt. "Es ist mir ein dringendes Anliegen, ein solches "Monsterverfahren" mit unvorstellbarem Verhandlungs- und Kostenaufwand für Gericht, Parteien und nicht zuletzt auch die Aktionäre der Bank zu vermeiden", sagt Ministerin Haubner und appelliert an die Salzburger Sparkasse sowie an die Erste Bank Gruppe, entweder rasch doch noch einen annehmbaren Vergleichsvorschlag zu präsentieren oder einer geordneten rechtlichen Klärung durch einen Musterprozess zuzustimmen.

Die Klägergemeinschaft zeigt jedenfalls Bewegung: Am 21.2.2005 wird das Klagebegehren in etwa um jenen Ertragsschaden eingeschränkt, der länger als drei Jahre vor Klagseinbringung zurückliegt. Es wird nunmehr ein Kapitalbetrag von rund 44 Mio Euro und ein Ertragsschaden von rund 10 Mio Euro samt Zinsen begehrt. "Nun sollte die Sparkasse ernsthaft überlegen, ihr Angebot deutlich zu verbessern, dann kann vielleicht noch eine rasche Einigung gefunden werden", sagt Haubner.

Kommt es zu keiner raschen Einigung, dann wären die strittigen Tat- und Rechtsfragen gerichtlich zu klären. Dabei gibt es unzählige Beispiele, wo bei Massenproblemen eine Klärung durch prozessökonomische Musterprozesse gefunden werden konnte. Statt mit 400.000 Euro könnte man mit rund 20.000 Euro pro Verhandlungstag das Auslagen finden und das Gericht würde nicht mit über 3000 Fällen auf Jahre blockiert. Die Führung eines Musterprozesses ist im wesentlichen von der Kooperation der Salzburger Sparkasse abhängig: Diese müsste sich mit einem Ruhen der restlichen anhängigen Klagen bei Verzicht auf den Einwand der Verjährung einverstanden erklären. Dazu war die Sparkasse bislang nicht bereit.

"Der ganze Sparkassensektor war im Streit um Kreditzinsen bei Verbraucherkrediten seinerzeit bereit, mit mir und den Konsumentenschützern von VKI und AK eine Vereinbarung abzuschließen, die dazu beigetragen hat, diese Fragen außergerichtlich zu klären und man hat sich nicht hinter dem formalen Argument der Verjährung zu verstecken gesucht", erinnert sich Haubner und wundert sich abschließend, weshalb die Sparkasse Salzburg nun nicht einmal bereit wäre, strittige Sach- und Rechtsfragen in einem geordneten Musterprozess mit mehreren Musterfällen zu klären.
     
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