Parlament setzt ersten Schritt zur Ratifikation der EU-Verfassung  

erstellt am
18. 02. 05

Einhellige Zustimmung zu Ermächtigungsgesetz im Verfassungsausschuss
Wien (pk) - Der Verfassungsausschuss des Nationalrats setzte am Donnerstag (17. 02.) einen ersten Schritt zur Ratifikation der neuen EU-Verfassung. Einhellig stimmten die Abgeordneten einem Bundesverfassungsgesetz zu, das die Voraussetzung für die eigentliche Ratifikation der EU-Verfassung von Seiten Österreichs bildet. Darin wird festgelegt, dass die Genehmigung der neuen EU-Verfassung einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat und einer Zustimmung des Bundesrats - ebenfalls mit Zweidrittelmehrheit - bedarf. Ausdrücklich normiert wird zudem, dass Bestimmungen des Vertrags, durch die Verfassungsrecht geändert oder ergänzt wird, nicht ausdrücklich gekennzeichnet werden müssen. Diese Vorgangsweise wurde bereits bei anderen EU-Verträgen - etwa bei der Genehmigung des EU-Beitrittsvertrags oder der EU-Erweiterung - gewählt.

Im Rahmen der Diskussion wurde das Bundesverfassungsgesetz von allen vier Fraktionen begrüßt. Sowohl Abgeordneter Caspar Einem (S) als auch Abgeordnete Eva Glawischnig (G) betonten, es sei wünschenswert, dass Österreich die EU-Verfassung zügig und ohne unnötige Verzögerung ratifiziere. Beide werteten die EU-Verfassung zwar als in einigen Bereichen ungenügend, allerdings würden, so Einem, die Vorteile deutlich überwiegen. Abgeordnete Glawischnig erklärte, es gebe zur EU-Verfassung keine Alternative, sie mahnte allerdings, wie auch ihre Fraktionskollegin Terezija Stoisits, eine breite Information der Bevölkerung über die EU-Verfassung ein.

Zur Frage der Abhaltung einer Volksabstimmung über die EU-Verfassung in Österreich merkte Abgeordnete Ulrike Baumgartner-Gabitzer (V) an, ihrer Ansicht nach sei eine solche nicht notwendig, weil die neue EU-Verfassung keine Gesamtänderung der österreichischen Verfassung bewirke, eine Meinung, die auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel teilte. Er wies darauf hin, dass ein einziger Experte die gegenteilige These vertrete, und auch das nur in Bezug auf eine einzige Passage. Abgeordnete Helene Partik-Pable (F) wollte sich in dieser Frage noch nicht festlegen und hielt fest, die FPÖ werde die Volksabstimmungen in anderen EU-Ländern genau beobachten.

Was die Information der Bevölkerung betrifft, wies Bundeskanzler Schüssel auf zahlreiche Informationsveranstaltungen und die Auflage einer Broschüre mit den Eckpunkten der neuen EU-Verfassung hin.

Die neue EU-Verfassung bringt unter anderem eine Erweiterung der Kompetenzen der Europäischen Union, mehr Rechte für das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente - diese werden in Form eines Frühwarnsystems früher in EU-Vorhaben eingebunden -, eine verstärkte Zusammenarbeit in allen Bereichen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie ab 2014 eine Verkleinerung der Europäischen Kommission. Nur noch jeweils zwei Drittel der EU-Mitgliedsländer werden künftig - nach einem Rotationsprinzip - einen EU-Kommissar stellen können. Zudem wird das Amt eines ständigen Präsidenten des Europäischen Rates geschaffen, der von den Staats- und Regierungschefs für zweieinhalb Jahre gewählt wird, eine einmalige Wiederwahl ist möglich.

Das Einstimmigkeitsprinzip wird in zahlreichen Politikbereichen durch qualifizierte Mehrheitsentscheidungen abgelöst, wobei ein Beschluss nur dann zustande kommt, wenn zumindest 55 % der EU-Länder (mindestens 15 Mitgliedstaaten) zustimmen und diese zumindest 65 % der EU-Bevölkerung repräsentieren. Für eine Sperrminorität sind mindestens vier Mitgliedsländer erforderlich. Direkte Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union haben die Aufnahme der Europäischen Grundrechtscharta in die Verfassung und die Möglichkeit zu EU-weiten Volksbefragungen. Neu ist auch die Aufnahme einer Austrittsklausel in die EU-Verfassung.

Die neue EU-Verfassung kann nur dann in Kraft treten, wenn sie von allen Mitgliedsländern der Europäischen Union und vom Europäischen Parlament ratifiziert wird.

Zu Beginn der Sitzung war ein Antrag der SPÖ von den Koalitionsparteien abgelehnt worden, die Tagesordnung des Verfassungsausschusses um die Bürgerinitiative Nr. 21 zu ergänzen. Darin wird die Abhaltung Volksabstimmung über die neue EU-Verfassung gefordert.
     
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