Sozialpolitik / Dienstleistungsscheck  

erstellt am
25. 02. 05

 SPÖ lehnt Regierungsentwurf ab
SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Bures: Regierung zu dilettantisch, um eine gute Idee umzusetzen - Regierungsentwurf wahrscheinlich gleichheitswidrig =
Wien (sk) - "Wir bedauern es sehr, dass die Regierung zu dilettantisch ist, um eine gute Idee umzusetzen", so urteilt SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures über den Regierungsentwurf für einen Dienstleistungsscheck, der Ende vergangenen Jahres in Begutachtung gegangen ist. Die SPÖ steht dem Projekt, einen legalen Arbeitsmarkt für haushaltsnahe Dienstleistungen zu schaffen, "sehr positiv" gegenüber, sagte Bures. Was die Regierung in ihrem Entwurf vorgelegt habe, enttäusche freilich die hohen Erwartungen. Das Modell der Regierung sei wahrscheinlich gleichheitswidrig, überbürokratisch und verursache überdies mehr kosten als es für die Sozialversicherung bringe.

Die Minister Bartenstein und Rauch-Kallat seien "nicht in der Lage, aus einer guten Idee etwas zu machen", so Bures. Ihre Kritik am Regierungsentwurf im Detail: Die per Dienstleistungsscheck beschäftigten Arbeitnehmer werden arbeits- und sozialrechtlich schlechter gestellt als vergleichbare Beschäftigte. Sie zahlen höhere Beiträge (5 Prozent Krankenversicherung, 15 Prozent Pensionsversicherung) als alle anderen unselbständig Beschäftigten, bekommen aber weniger Leistungen. Sie haben nur einen Anspruch aus Sachleistungen, keinen Anspruch auf Krankengeld und Wochengeld.

Diese Ungleichbehandlung sei im Hinblick auf eine mögliche Verfassungswidrigkeit zu prüfen, sagte Bures, die hier anmerkte, dass bei dieser Regierung der Verdacht auf Verfassungswidrigkeit immer aufkomme. Weiters hält es Bures für falsch, das AMS mit der bürokratischen Abwicklung des Schecks zu befassen. Das sei eine zusätzliche Belastung für das AMS und für die betroffenen Arbeitnehmer.

Die Kosten übersteigen die zusätzlichen Einnahmen für die Sozialversicherung deutlich. Bei dem von der Regierung angepeilten Ziel, 2,5 Millionen Schecks für 20.000 Personen im Jahr 2010, belaufen sich die Administrationskosten auf 2,5 Millionen Euro, die zusätzlichen Einnahmen für die Sozialversicherung günstigstenfalls auf 2,35 Millionen Euro.

Die SPÖ ist mit ihrer Kritik am Entwurf der Regierung keineswegs alleine, betonte Bures. Sie verwies auf durchwegs ablehnende Stellungnahmen von Arbeiterkammer, Hauptverband, den "Landesregierungen von Wien bis Bregenz" und vom Finanzministerium. "Es ist schade, dass die Regierung diese Chance vertan hat", resümierte Bures. Immerhin gehe es hier um einen sehr wichtigen Bereich in einer bekannt schwierigen Situation am Arbeitsmarkt.

Wie relevant der haushaltsnahe Dienstleistung zahlenmäßig seien, zeige eine Microzensus-Erhebung. 400.000 Haushalte nehmen demnach ein- oder zweimal wöchentlich solche Dienstleistungen in Anspruch, angemeldet als Vollzeit beschäftigt sind freilich nur 3.500 Personen, 7.000 Personen sind teilzeitbeschäftigt, erläuterte Bures.

"Zurück an den Start mit dem Entwurf", so die Forderung der SPÖ an die Regierung. Die Regierung solle sowohl mit den Oppositionsparteien als auch mit den Sozialpartnern in Verhandlungen treten. "Die SPÖ ist gerne bereit, der Regierung unter die Arme zu greifen", sagte Bures. Konkret tritt die SPÖ dafür ein, dass die Abwicklung des Schecks nicht über das AMS läuft, sondern dass der Scheck bei der Post und bei Banken eingelöst werden kann, die Sozialversicherungsabgaben werden dabei automatisch an die Sozialversicherung überwiesen.

Und die Ungleichbehandlung bei den Beitragssätzen müsse beseitigt werden, betonte Bures. "Es ist klar, dass es nicht zwei Gruppen von Arbeitnehmern geben soll." Es sei absolut unverständlich, dass Arbeitnehmer mit niedrigstem Einkommen über den Dienstleistungsscheck höhere Beitragssätze für Krankenversicherung und Pensionsversicherung haben sollen als etwa Kanzler Schüssel oder Finanzminister Grasser, kritisierte Bures.

In dem Zusammenhang bekräftigte Bures die Kritik der SPÖ an der Arbeitsmarktpolitik der Regierung. Sie wirft insbesondere dem Arbeitsminister Ignoranz und Untätigkeit vor, Bartenstein habe "außer ein paar dürren Worten" nichts zu bieten, und das angesichts der höchsten Arbeitslosenzahl in der Geschichte der Zweiten Republik, so Bures. Die SPÖ fordert mehr Mittel für aktive Beschäftigungspolitik (mittelfristig sollen zusätzlich 250 Millionen Euro bereitstehen) und mehr Investitionen in Infrastruktur. Derzeit sind 364.000 Menschen auf Jobsuche, 800.000 unselbständig Beschäftigte sind mindestens einmal im Jahr arbeitslos.

 

 Steibl: Illegale Arbeitsverhältnisse legalisieren
Mindestaufwand an Bürokratie ist notwendig
Wien (övp-pk) - Kein Verständnis für den "rein parteipolitisch motivierten Rundumschlag" von SPÖ- Bundesgeschäftsführerin Doris Bures in Sachen Dienstleistungsscheck zeigte am Donnerstag (24. 02.) ÖVP-Familiensprecherin Ridi Steibl. "Der Dienstleistungsscheck hat das Ziel, bestehende illegale Arbeitsverhältnisse zu legalisieren und mit Sozialversicherungsschutz zu versehen", so Steibl.

"Der Begutachtungsentwurf versucht, durch neue und innovative Zugänge das System möglichst simpel zu halten", so Steibl. Es müsse aber auch Bures klar sein, dass die heute in den meisten Fällen geübte Praxis der Schwarzbeschäftigung an Einfachheit niemals zu überbieten sei. "Wenn man in diesem Bereich etwas zustande bringen will, soll man es möglichst unbürokratisch gestalten. Ein Mindestaufwand an Bürokratie ist aber leider notwendig, das sagt einem schon der gesunde Hausverstand."

"Der Begutachtungsentwurf liegt jedenfalls vor, und wir werden die diesbezüglichen Stellungnahmen der Experten sehr ernst nehmen", so Steibl. "So ergibt sich die Möglichkeit, ein an sich sehr gutes Modell in einzelnen Teilbereichen vielleicht noch weiter zu verbessern", so die ÖVP-Familiensprecherin abschließend.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller vier im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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