Stift Klosterneuburg: Aufbruch zu neuen Wegen  

erstellt am
23. 02. 05

Partnerschaft der Wiener Städtischen mit dem Stift Klosterneuburg
Wien/Klosterneuburg (wr. städtische) - Im Jahr 2014 feiert das Stift Klosterneuburg sein 900-jähriges Bestehen. Bis dahin wird die umfangreiche Renovierung des Stiftes abgeschlossen sein. Nach Beendigung der ersten Bauphase im Mai 2006 empfängt das Stift Klosterneuburg seine Gäste in einem prachtvollen Empfangsfoyer - der nie fertig gestellten barocken Sala terrena. Unter dem Motto „Sakrale Kunstschätze und imperiale Pracht vor den Toren Wiens“ wird dem Besucher die Vielfalt des Stiftes Klosterneuburg mit seiner langen Geschichte, seinen weitläufigen Gartenanlagen und großen Kunstschätzen näher gebracht.

Zur Baugeschichte
Als 1114 Markgraf Leopold III. das Stift neben seiner Residenz gründete, begann der Bau der Klosteranlage und der Kirche im romanischen Stil. Immer wieder wurden die Gebäude erweitert, umgebaut und für neue Aufgaben und entsprechend den Moden der Baustile adaptiert. Der größte Umbau startete 1730, als Kaiser Karl VI. Klosterneuburg zur Kloster-Residenz nach dem Vorbild des spanischen Escorial umbauen wollte. Nach zehnjähriger Bauzeit verstarb der Kaiser 1740 und seine Tochter Maria Theresia hatte an der Fortführung seines Planes kein Interesse. Knappe hundert Jahre bestand nur der Torso eines Hofes. Die geplante riesige Gartenanlage auf einer künstlichen Terrasse wurde praktisch nicht einmal begonnen, nur der Ausgang in den Garten, die Sala terrena unter dem Marmorsaal wurde errichtet: Lorenzo Mattielli schuf acht Atlanten, die jeweils mehr als 2,5 Meter groß, die Decke zu tragen scheinen. Erst im 19. Jahrhundert vollendete der Architekt Joseph Kornhäusel den Kaiserhof in barocker Formensprache. Die Sala terrena und der Zugang dazu blieben jedoch im Zustand des Jahres 1740, da die Gartenanlagen fehlten, bestand kein Bedarf zur Fertigstellung. Die riesigen Ausgänge blieben zugemauert und zwischen den Atlanten blieb das Ziegelmauerwerk der ersten Bauphase. Neu angelegt wurde damals aber der Konventgarten unterhalb des Stiftes in einer Größe von rund 12.300 m2, bepflanzt mit damals üblichen Bäumen wie verschiedenen Ahornsorten und einigen Exoten - wie einem Ginkgo-Baum und einer gelb blühenden Kastanie. Eine gleichfalls von Kornhäusel errichtete Orangerie vervollständigte diese Anlage.

Ende des 20. Jahrhunderts begann dann eine weitere Bauphase, als sich das Stift entschied, das Heizungsproblem durch eine komplett neue Anlage zu lösen: Man entschied sich für eine Biomasse-Heizung, die dafür konzipiert wurde, dass nicht nur der gesamte Stiftskomplex sondern auch zentrale Teile der Stadt mit Wärme versorgt werden können. Um den Eindruck des Stiftes nicht zu verändern, blieb nur die Möglichkeit, diese Anlage unter die Erde zu verlegen. Bei der Bauplanung entschied man sich, hier gleich ein weiteres Problem zu lösen: Eine Tiefgarage für Besucher-PKW und Busse bedeutet gleichzeitig eine Verkehrsentlastung für die obere Stadt und eine Entlastung der Parkplätze auf dem Rathausplatz. Gleichzeitig ergab sich dadurch die Notwendigkeit eines neuen Besucherzuganges - und da bot sich die bisher nur als Lager genutzte Sala terrena an.

Für die Gestaltung des neuen Besucherzentrums und die Gartengestaltung, samt Grünanlagen, wurde je ein Architekten wettbewerb ausgeschrieben. - beide sind inzwischen entschieden und im Stadium der Detailplanung.

Neue Wege durch neue Gärten
Die Neugestaltung der Gartenanlagen übertrug die Jury aus hochrangigen Fachleuten und Vertretern der Stiftsführung gemeinsam mit dem stiftseigenen Baubüro und der Gärtnerei DI Markus Beitl. Beitl war u.a. wesentlich an der Neugestaltung des Konventgartens Schloss Ranshofen und des Schlossparks von Ambras bei Innsbruck beteiligt.

Allein die Grünfläche auf dem künstlichen Hügel der Überschüttung von Tiefgarage, Weinlager und Bio-Fernwärme macht eine Fläche von 17.350 m2 - die fast 1,5-fache Fläche des Konventgartens - aus: der Hügel wird begrünt werden, entlang des Weges zum Stift wird es je nach Jahreszeit blühen, ohne jedoch den Blick zum Stift zu beeinträchtigen. Entlang der Wiener Straße werden wieder die historischen Mandelbäume an der Stiftsmauer wachsen, deren Blüte den Klosterneuburgern seit Jahrzehnten anzeigt, dass der Frühling tatsächlich in Klosterneuburg Einzug gehalten hat.

Im untersten Teil des ehemaligen Teichgartens - im Einfahrtsbereich am Fuße des Hügels - wird entsprechend der Tradition des Stiftes Obst und Wein ausgepflanzt. Die neu geschaffene Bastei wird durch Kletterpflanzen begrünt und vorerst nur der unmittelbare Eingangsbereich in die Sala terrena, den Riesensaal wird in Anlehnung an die Planung von 1730 in barocker Manier bepflanzt. Gleichzeitig wird auch die historische Stiege zwischen Stiftsplatz und Besuchereingang wieder aktiviert und gärtnerisch gestaltet. Da der neue Besucherzugang ab 2006 zur Verfügung stehen soll, muss auch die gärtnerische Umgestaltung bis dahin durchgeführt werden.

Bis zur 900-Jahr-Feier der Stiftsgründung im Jahr 2014 werden alle Gartenanlagen im Stift Klosterneuburg erweitert und neu gestaltet: Als einer der frühen Schritte dorthin wird im Spitalsgarten entlang der Hundskehle der Blick zu den martialischen Wehrmauern freigelegt werden. Im Kaiserhof werden die Ecken begrünt, die Fläche für die Sommeroper und als Sammelpunkt für kirchliche Veranstaltungen - wie die jährliche Ministrantenwallfahrt - bleibt jedoch frei. Für die übrigen Grünanlagen sind die Details noch nicht entschieden. Angedacht sind aber auch Themengärten, die zum Stift passen: So etwa ein Hildegard-von-Bingen-Garten, der die wichtigsten von dieser Heilkundlerin und Heiligen propagierten Pflanzen präsentiert. Oder ein „Marien-Garten“, der alle jene Pflanzen umfasst, die als Symbol der Gottesmutter gegolten haben und als solche zu ihrer Verehrung gezogen wurden: Als ein grünes und blühendes Gebet…

Zugang durch die Baugeschichte
Der unfertig gebliebene Riesensaal stellt ein einzigartiges Denkmal für die Bauphasen eines barocken Gesamtkunstwerkes dar und muss natürlich als solches erhalten bleiben, gleichzeitig aber auch - mit den Nebenräumen - die notwendige Infrastruktur eines modernen Besucherzentrums anbieten: Informationspult und Kassa, Personalräume und Museumsshop, Café und Weinkost, WC und Garderobe., Diese Ausschreibung gewann Architekt DI Georg Driendl, der bisher u.a. zwei Ausstellungen zu Sigmund Freud gestaltet hat und für die Gesamkonzeption der Erweiterungsbauten und Adaptionen der Burg Forchtenstein verantwortlich zeichnete. Das derzeit in der Detailplanung befindliche Konzept Driendls übernimmt die einmalige Raumwirkung des Riesensaales ohne Beeinträchtigung und bietet flexible Lösungen durch die Verwendung von kontrastierenden Stahlelementen für die notwendigen Einbauten an.

Das Stift Klosterneuburg wird damit - nach der gelungen Adaptierung des sogenannten Müstingerkellers zur Vinothek (ausgezeichnet mit der Goldenen Kelle des Landes Niederösterreich für besonders gelungene Adaptierungen) - einen zweiten kunst- und architekturhistorisch besonders interessanten Raum für eine heutige Nutzung gestalten. Kein Zweifel, dass auch Driendls Konzept für Preise und Auszeichnungen als Spitzenkandidat feststehen wird.

Stift Klosterneuburg neu entdecken
Selbstverständlich wäre es falsch, nur den Eingangsbereich zu verändern - auch das Angebotsprogramm wird im Frühjahr 2006 wesentlich erweitert: Entsprechend der bipolaren Konzeption von Heiligtum und Herrschersitz werden die Besucher auf unterschiedlichen Wegen die reiche Geschichte des Stiftes als religiöses, kunsthistorisches und politisches Zentrum des Landes, sowie als Brennpunkt der Weinkultur erleben können.

Diese neue Gesamtkonzeption muss natürlich möglichst breit an die Öffentlichkeit herangetragen werden - und für die Unterstützung dabei dankt das Stift einem Partner, zu dessen Gründungsvätern auch das Stift Klosterneuburg zählte: der Wiener Städtischen Versicherung.

Lesen Sie diesen Beitrag auch im "Österreich Journal"
pdf-Magazin Ausgabe 31 vom 7. März 2005 (mit Fotos)
     
zurück