Pressekonferenz der OeNB zum Thema Zinssätze – Kredite – Einlagen im Jahr 2004
Wien (oenb) - Vor dem Hintergrund stabiler EZB-Zinsen entwickelten sich die Kundenzinssätze
für die Unternehmen und Haushalte im Jahr 2004 in Österreich weiterhin vorteilhaft.
Im Einlagenbereich lagen die leicht gestiegenen Zinssätze in den meisten Kategorien im Euroraum-Schnitt, bei
Einlagen mit längerer Bindungsdauer aber deutlich darüber. Dies steht in direktem Zusammenhang mit der
noch immer großen Bedeutung der Spareinlagen in Österreich.
Im Vergleich zum Durchschnitt des Euroraumes waren vor allem Zinssätze für Konsumkredite, aber auch für
Kredite an Unternehmen in Österreich wesentlich niedriger. Seit Mitte 2004 war eine deutliche Belebung der
Kreditnachfrage (+5,1 %) – insbesondere durch Private – zu beobachten. Bei den Fremdwährungskrediten ging
der relative Zinsvorteil des Schweizer Franken (CHF) gegenüber dem Euro-Kredit deutlich zurück. Trotzdem
expandierten die CHF-Kredite mit einem Jahresplus von 19 % auf ein Rekordniveau, wogegen Ausleihungen in Japanischen
Yen praktisch bedeutungslos wurden.
Hauptmotor für das stärkste Bilanzsummenwachstum der heimischen Banken seit 1999 (+7,9 %) war die Dynamik
des Auslandsgeschäftes. Mehr als die Hälfte des Zuwachses ging auf Forderungen an ausländische Kreditinstitute
– vorwiegend an die eigenen Töchter im Ausland – zurück.
Im Rahmen einer heute stattgefundenen Pressekonferenz präsentierte Direktor Mag. Dr. Peter Zöllner, Mitglied
des Direktoriums der Oesterreichischen Nationalbank, die Entwicklung der Kundenzinssätze, Einlagen und Kredite
im Jahr 2004. Trotz unveränderter Geldpolitik der EZB – so Direktor Zöllner – gab es 2004 Bewegung in
den Kundenzinssätzen der österreichischen Banken. Insbesondere bei den Kreditzinsen setzte sich der Abwärtstrend
über weite Strecken des Jahres fort. Gleichzeitig belebte sich die Kreditnachfrage.
Einlagenzinssätze leicht gestiegen
Bei den Einlagenzinssätzen gab es zwischen Dezember 2003 und 2004 allerdings sogar ein leichtes Plus (um 0,05
%-Punkte) was zur Folge hatte, dass die Spanne zwischen Kredit- und Einlagenzinssätzen im Neugeschäft
in diesem Zeitraum von 1,44 auf 1,25 %-Punkte sank.
Direktor Zöllner hob hervor, dass im Einlagenbereich die Zinssätze von neuen Einlagen privater Haushalte
in Österreich über dem Euroraum-Durchschnitt lagen, besonders deutlich bei längerfristig (über
2 Jahre) gebundenen Einlagen (Österreich 2,84% gegenüber 2,32% im Euroraum). Dies erkläre auch den
Umstand, dass Spareinlagen mit einem Anteil von rund 65% an den gesamten Einlagen nach wie vor bei den Österreichern
sehr beliebt sind, obwohl das Geld – trotz des niedrigen Zinsniveaus – vermehrt direkt auf den Gehalts- und Pensionskonten
gehalten wurde. Im Durchschnitt, so Direktor Zöllner, belief sich der Spareinlagenstand pro Kopf Ende 2004
auf 16.680 EUR, was einem historischen Höchststand entsprach. Auf den 23,7 Mio Sparbüchern lagen zu mehr
als 80% Beträge unter 10.000 EUR.
Bausparen war auch 2004 weiterhin eine sehr beliebte Anlageform. Das Volumen der Bauspareinlagen wuchs mit 4,4%
deutlich stärker als jenes der sonstigen Spareinlagen (+2,8%), wodurch sich ihr Anteil am Gesamtbestand der
Spareinlagen auf rund 13% erhöhte. Statistisch gesehen waren Ende 2004 rund 70% aller Österreicher in
Besitz eines Bausparvertrages.
Fremdwährungskredite weiter hoch im Kurs
Rückläufige Zinssätze im Kreditbereich ließen sich laut Direktor Zöllner beispielsweise
bei neu vergebenen Wohnbaukrediten beobachten. Sie lagen im Dezember 2004 mit 3,83% um 0,44 %-Punkte niedriger
als Ende 2003. Die Zinssätze für das gesamte aushaftende Volumen der Wohnbaukredite lagen in Österreich
im Jahresverlauf zusätzlich deutlich (um 0,31 bis 0,44 %-Punkte) unter den Durchschnittswerten des Euroraums.
Noch viel deutlicher – nämlich um rund 2 %-Punkte – wurden in Österreich die Euroraum-Zinssätze
bei den neuen Konsumkrediten unterschritten. Aber nicht nur private Haushalte, sondern auch nichtfinanzielle Unternehmen
profitierten in Österreich vom vergleichsweise günstigeren Zinsniveau. Bei neu vergebenen Krediten mit
Volumina von bis zu 1 Million Euro lag der Zinssatz im Dezember 2004 in Österreich um 0,55 %-Punkte, bei Unternehmenskrediten
mit Volumina von über 1 Million Euro um 0,09 %-Punkte unter dem entsprechenden Euroraum-Vergleichswert. Als
Gründe für das deutlich niedrigere Zinsniveau in Österreich führte Direktor Zöllner insbesondere
den derzeit starken Wettbewerb, aber auch den Umstand an, dass in Österreich ein vergleichsweise hoher Anteil
der Kredite variabel verzinst vergeben wird.
Bei Betrachtung der Kreditvolumina konnte, so Direktor Zöllner, im Jahr 2004 ein deutlicher Anstieg um 5,1
% beobachtet werden – ein seit dem Jahr 2000 nicht mehr erreichter Wert. Vor allem das Privatkundengeschäft
zeigte sich für den Zuwachs hauptverantwortlich, wogegen die Kreditnachfrage im Firmenkundenbereich, u.a.
aufgrund anderer Finanzierungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel Wertpapieremissionen, nach zwei Jahren des Rückgangs
stagnierte.
Bei den Fremdwährungskrediten ließ sich im Jahr 2004 ein markanter Anstieg der Zinssätze bei CHF-Krediten
(von 1,55 % im Dezember 2003 auf 1,89 % im Dezember 2004) beobachten. Dennoch stieg das Gesamtvolumen aller ausstehenden
CHF-Ausleihungen an Nichtbanken im Jahr 2004 (wechselkursbereinigt) um 19% auf das Rekordniveau von 43 Mrd EUR
an. Direktor Zöllner hob hervor, dass das von Österreichs Banken vergebene Gesamtvolumen an CHF-Krediten
bereits mehr als 40% des Gesamtvolumens im Euroraum repräsentierte. Diese Kredite seien in Österreich
insbesondere in Tirol und Vorarlberg beliebt (FW-Kredite repräsentierten dort 35% bzw. 44% aller Kredite an
Nichtbanken – verglichen mit rund 20% im Österreich-Durchschnitt). Auch würden private Haushalte aus
Deutschland zunehmend CHF-Kredite bei österreichischen Banken nehmen. Diese hätten per Ende Dezember
bereits ein Volumen von mehr als 700 Mio EUR erreicht.
Auslandsgeschäft als Motor für größten Bilanzsummenanstieg seit 5 Jahren
Neben der steigenden Kreditnachfrage war, so Direktor Zöllner, vor allem das dynamische Auslandsgeschäft
der Banken für deren starkes Bilanzsummenwachstum verantwortlich. Aktivseitig erhöhten sich die Forderungen
an das Ausland im Jahresabstand seit Dezember 2003 um beachtliche 15,1%. Mehr als die Hälfte dieses Zuwachses
waren Forderungen an ausländische Kreditinstitute – vorwiegend an die eigenen Töchter im Ausland. Somit
wurden Ende 2004 rund 31% aller (unkonsolidierten) Aktiva im Ausland veranlagt – mit weiterhin steigender Tendenz.
Damit erreichten die in Österreich tätigen Banken im Jahr 2004 mit +7,9% das höchste (unkonsolidierte)
Bilanzsummenwachstum seit 1999. Die Bilanzsumme der 882 (minus 14 gegenüber 2003) österreichischen Kreditinstitute
erreichte Ende 2004 einen Wert von 652,76 Mrd EUR. Direktor Zöllner resümierte, dass diese Steigerung
auch im 10-Jahresschnitt, welcher bei +5,9% liegt, als überdurchschnittlich zu klassifizieren sei. |