Kinder und Jugendliche beteiligen sich an der Aufarbeitung der Geschichte
Eisenstadt (blms) - Das Landesmuseum in Eisenstadt hat die diversen Jubiläen im Jahr 2005 zum
Anlass genommen, um sich von 14. April bis 17. Juli unter dem Titel „Russenzeit. Burgenland 1945-1955“ im Rahmen
einer Sonderschau intensiv mit dem Nachkriegsgeschehen zu befassen. Die Vorbereitungsarbeiten laufen bereits auf
Hochtouren. Ein Schwerpunktbereich dieser Präsentation wurde von Schülern im Rahmen eines Schulprojektes
mittels Zeitzeugenbefragungen vorbereitet. „Die Ausstellung setzt sich mit einem Teil unserer Vergangenheit auseinander,
der noch nie so intensiv beleuchtet wurde. Daher war für uns von Anfang an klar, dass verstärkt Schüler
in die Aufarbeitung integriert werden sollen“, erklärte dazu Landesrat Helmut Bieler.
Bei diesem Projekt, das in Kooperation mit dem Landesschulrat durchgeführt wurde, konnten burgenländische
Schüler Zeitgeschichte forschen. Die dabei entstandenen Interviews werden Bestandteil des „Oral-History-Bereiches“
der Sonderausstellung sein und mittels Media-Desk hörbar gemacht. Für das Projekt wurde je eine Schwerpunktschule
pro Region ausgewählt, wobei nur die Oberstufen teilnahmeberechtigt waren. Mit den Gymnasien in Neusiedl,
Eisenstadt-Kurzwiese, Oberpullendorf und Oberwart wurden sowohl die Regionen Seewinkel, Nord-, Mittel- und Südburgenland
abgedeckt, als auch die sprachlichen Minderheiten der Kroaten und Ungarn berücksichtigt.
An den vier Schulen haben sich insgesamt 74 SchülerInnen am Projekt beteiligt, die von zehn LehrerInnen betreut
wurden. Entsprechend der Auswahl der Zeitzeugen lag der Schwerpunkt eindeutig im Bereich der Alltagsgeschichte.
Für den Einstieg wurde über den Landesschulrat ein Leitfaden kommuniziert, der die Zielsetzung des Projektes,
Themenvorschläge, Allgemeines zur Technik der Oral-History und Dokumentationsmaterial enthielt. „Das Projekt
wurde von den SchülerInnen sehr engagiert im Geschichteunterricht, wie auch in den Wahlpflichtfächern
Geschichte und Politische Bildung durchgeführt“, so der Präsident des Landesschulrates, Dr. Gerhard Resch.
In einer Einarbeitungsphase wurden die Projektmitarbeiter mit dem Thema vertraut gemacht, wobei sie Hilfe von Historikern
erhielten. Zur Vorbereitung gehörten unter anderem das Erlernen des Handwerks der Oral-History und die Auswahl
der Interview-Partner. Auf dieser Basis wurden 40 Interviews mit Zeitzeugen aus 30 burgenländischen Orten
durchgeführt. Bieler dazu: „Rückmeldungen haben gezeigt, dass es für die Schüler anfangs notwendig
war, eine Hemmschwelle zu überwinden, die mit den ersten Interviews abgebaut wurde. Für die Interviewer
war es sehr motivierend, Geschichte unmittelbarer erleben zu können, als durch die Vermittlung in Schulbüchern.“
Der Nutzen des Schulprojektes ist weiter zu sehen, als jener für die Sonderausstellung. Die Gesamtversionen
der Interviews werden im Landesarchiv abgelegt und dienen dem Aufbau eines „Oral-History-Archives“, das der zeitgeschichtlichen
Forschung zur Verfügung stehen wird. Ausschnitte daraus werden neben der „Russenzeit“-Ausstellung auch in
einer Schau zum Thema Staatsvertrag in Neusiedl gezeigt.
Die Sonderausstellung Russenzeit wird von dem museumspädagogischen Vermittlungsprogramm „Nach dem Krieg“ begleitet.
„Wir freuen uns, dass wir auch heuer wieder unsere Zusammenarbeit mit dem Landesmuseum Burgenland fortsetzen können
und das bislang gemeinsam entwickelte museumspädagogische Angebot mit dem Erinnern an einen wichtigen Zeitabschnitt
burgenländischer Landesgeschichte fortsetzen können“, so Mag. Barbara Mayer von der Kulturvermittlung
Burgenland. Das diesjährige Angebot bietet Schülerinnen und Schülern ab der 4. Schulstufe die Möglichkeit,
die Ausstellung unter Anleitung erfahrener KulturvermittlerInnen in Kleingruppen zu erkunden und sich mit den historischen
Hintergründen und dem Alltagsleben unserer Region zur Zeit der russischen Besatzung auseinander zu setzen. |