iv-Chef Veit Sorger in der ORF-Pressestunde  

erstellt am
01. 03. 05

Am Sonntag (27. 02.) stellte sich IV-Chef Veit Sorger in der ORF-Pressestunde Fragen von Christian Rainer ("profil") und Waltraud Langer (ORF). Eine seiner Positionen zielte in Richtung einer Erhöhung der täglichen Normalarbeitszeit von acht auf zehn, der Höchstarbeitszeit auf zwölf und der Wochenarbeitszeit auf bis zu 60 Stunden. Dadurch würden, so Sorger, Tausende Arbeitsplätze entstehen.
     
Flexibilität mit Vernunft Ja! - Lohnkürzung: Nein!
ArbeitnehmerInnen schon jetzt mehr als flexibel!
Wien (ögb) - "Es ist erschütternd und gleichzeitig entlarvend, wenn IV-Präsident Sorger versichert, die Industrie wolle keinen Lohnraub, und in den Nebensätzen und Erläuterungen dann sein wahres Gesicht zeigt. Genauso verhält es sich, wenn IV-Präsident Sorger die bewährte Sozialpartnerschaft lobt und gleichzeitig mitten in einem Verhandlungsprozess der Sozialpartner gemeinsam mit der Wirtschaftskammer einen Gesetzesentwurf zur Arbeitszeitverlängerung und Lohnkürzung mit seinen Forderungen präsentiert, die die Sozialpartner auf ArbeitnehmerInnenseite zuvor schon als inakzeptabel bezeichnet haben", so der ÖGB-Vizepräsident und Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Bau-Holz Johann Driemer in Reaktion auf die Äußerungen Sorgers in den letzten Tagen.

Driemer weiter: "IV-Präsident Sorger behauptet nach wie vor und entgegen den Meinungen zahlreicher Experten, wenn die Menschen zehn bis 12 Stunden am Tag, 60 Stunden in der Woche arbeiteten, würden dadurch mehr Arbeitsplätze entstehen. Er hat freilich noch nie erklären können, wie das funktionieren soll. Der ÖGB und die Gewerkschaften haben oft genug bewiesen, dass in den Kollektivverträgen sehr wohl die Möglichkeit besteht, jegliche Produktionsspitzen effizient abzudecken und vermehrte Jahresbeschäftigung zu schaffen. Was Sie wollen, Herr IV-Präsident, ist, dass die ArbeitnehmerInnen diese zusätzlichen Leistungen gratis erbringen. Dazu kommt noch, dass Mehrbelastungen zu Gesundheitsschäden und vermehrter Krankheit führen. Und das ist weder für die Gewerkschaften noch für die betroffenen ArbeitnehmerInnen akzeptabel!"

In Österreich wird hervorragende Arbeit geleistet, und diese hervorragende Arbeit gemeinsam mit einer hohen Produktivität und niedrigen Lohnstückkosten macht die österreichischen Unternehmen wettbewerbsfähig. Driemer: "Es ist erschütternd, wenn Sie, Herr IV-Präsident Sorger, meinen, dass Sie nach der Streichung von Überstundenzuschlägen ohnehin bereit wären, im Falle eines betrieblichen Mehrertrages auch den ArbeitnehmerInnen ein Stückchen vom Erfolg abtreten zu wollen. Die ArbeitnehmerInnen leisten laufend hervorragende Arbeit und steigern so die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen. Dafür müssen sie auch entsprechend entlohnt werden und zwar nicht nur dann, wenn es dem Unternehmer gerade passt. Sie wissen ganz genau, Herr IV-Präsident, dass mangelnder Unternehmenserfolg im überwiegenden Teil der Fälle an Management- und Finanzierungsfehlern liegt und nicht an der Qualität der geleisteten Arbeit."

Driemer abschließend: "Ich sage es noch einmal: Die Kollektivverträge ermöglichen schon seit langem flexible und wenn nötig auch längere und auf die Bedürfnisse der Branche abgestimmte Arbeitszeitregelungen. Auch über eine Jahresarbeitszeit und Jahreseinkommen hat die Gewerkschaft Bau-Holz mit Vertretern der Bauwirtschaft bereits 2003 gesprochen. In den Bau- und Holzbranchen besteht kein Bedarf nach anderen Regelungsinstrumenten als die der Kollektivverträge. Die Gewerkschaften wissen um die Notwendigkeit der Abdeckung von Auftragsspitzen und Maschinenlaufzeiten und handeln seit Jahren im Arbeitszeitbereich danach. Diese Modelle dürfen aber nicht als Vorwand für Lohnkürzungen dienen. Flexibilität darf keine Einbahnstraße zu Lasten der ArbeitnehmerInnen sein. Was IV-Präsident Sorger will, ist eine reine Lohnkürzung auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen, über die er das Mäntelchen der Globalisierung und wirtschaftlichen Notwendigkeit hängt. Das ist der falsche Weg. Eine Lohnkürzung führt ganz sicher nicht zu der von der Volkswirtschaft dringend benötigten Kaufkraftsteigerung. Herr IV-Präsident: Die GBH wird im Schulterschluss mit dem ÖGB nicht zulassen, dass es zu weiteren Gesundheitsbelastungen und Umverteilungen von Arbeitnehmerinnen-Einkommen zu Gunsten der Gewinnmaximierung der Unternehmen und des Finanzkapitals kommt."
     
Stummvoll: Antworten auf Globalisierung müssen gefunden werden
20.000 bis 30.000 zusätzliche Arbeitsplätze bringen Kaufkraft-Schub
Wien (övp-pk) - "Die Aussagen von IV-Präsident Veit Sorger in der "ORF-Pressestunde" sind ein wertvoller Beitrag im Rahmen einer Strategie für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung", sagte ÖVP-Finanz- und Industriesprecher Dr. Günter Stummvoll am Sonntag (27. 02.). Die Schaffung von 20.000 bis 30.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen in Österreich sei es wert, die Fragen der Arbeitszeitflexibilisierung intensiv und umfassend zu diskutieren.

In diesem Zusammenhang wies Stummvoll auch darauf hin, dass die Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen in dieser Größenordnung "einen Schub für das Wirtschaftswachstum und die Kaufkraft bedeutet". Ebenso sei Sorger in seiner Einschätzung zuzustimmen, dass ein Hochlohnland wie Österreich entsprechende Antworten auf die Globalisierung finden müsse: "Globalisierung sollte nicht nur als Gefahr, sondern auch als Herausforderung und Chance erkannt werden", so Stummvoll.

Es sei ein richtiger Schritt, die Flexibilisierung der Arbeitszeit in eine umfassende Strategie einzubinden - von zusätzlichen Bildungsaktivitäten bis hin zum Angebot an ausreichend vorhandenen Kinderbetreuungsplätzen. "Dazu steht die ÖVP, die sich immer als Familienpartei bekannt hat", so Stummvoll, der somit auch die Vorschläge von WIFO-Chef Günter Aiginger, Überstunden gegen Bildungsaktivitäten zu tauschen, positiv bewertet. "Beim Tempo der Veränderungen der Arbeitswelt sind zusätzliche massive Bildungsanstrengungen sowohl für die Wirtschaft als auch für den Standort notwendig", sagte Stummvoll.

Abschließend appellierte der ÖVP-Finanz- und Industriesprecher an all jene, die an einer Strategie für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung interessiert sind, zu einer offenen, ehrlichen und vorurteilsfreien Diskussion über diese Agenda, bei der auch eine ordentliche Portion Kreativität gefragt sei.

 

Amon: Klares NEIN zu einer gesetzlichen Änderung der Arbeitszeit
Wien (öaab) - Ein Unternehmen ist nur so gut, wie seine Mitarbeiter es sind. Daher muss man diese in die Frage der Flexibilisierung, so überhaupt ein Bedarf danach besteht, unbedingt einbeziehen. Und es kann daher auch nicht sein, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit ausschließlich Nachteile, wie ein Kürzung der Löhne durch den Wegfall der Überstundenzuschlägen, erleiden müssen.

Der ÖAAB sieht keinen Bedarf an einer gesetzlichen Änderung der Arbeitszeit, wie es von der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung gefordert wird. "Erstens sind die gesetzlichen und kollektivvertraglichen Rahmenbedingungen völlig ausreichend und flexibel genug und zweitens ist diese Thematik die ureigenste Angelegenheit der Kollektivvertrags- partner, womit mir hier eine gesetzliche Neuregelung unnötig erscheint", betonte ÖAAB-Generalsekretär Abg.z.NR Werner Amon.

Es gebe schon Bereiche, wo man mehr Flexibilität in der Arbeitswelt brauche, sagte Amon - etwa bei der Frage des Lebensbegleitenden Lernens, etwa durch Sabbatical-Modelle, in der Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder bei der Pflege. "Es gibt weit reichende Möglichkeiten, hier von allen Seiten Flexibilität unter Beweis zu stellen - und zwar in Fragen, die zum Nutzen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich wären, und nicht zu ihrem Schaden", so Amon.

Zu den Forderungen der Wirtschaft sagte Amon, dass diese "schon ein wenig komisch und oberflächlich" aussehen würden. Es sei weder definiert worden, in welchen Sparten überhaupt Flexibilisierungs-bedarf bestehe, noch "welche Einsparungen sich die Wirtschaft dadurch verspreche, wie WKÖ-Präsident Leitl gestern den Medien berichtete", so Amon weiter. Die IV sei hier jedenfalls schon weiter und spreche von 1. Mrd. Euro Einsparungen bei der Lohnsumme, was einen erheblichen Verlust an Kaufkraft bedeuten würde. "Das kann nicht im Interesse der Wirtschaft liegen", schloss Amon.

 

Abbau der Überstundenzuschläge schwächt Kaufkraft und gefährdet Arbeitsplätze
Wien (ak-wien) - "Der Abbau der Überstundenzuschläge schwächt sehr wohl die Kaufkraft und die Nachfrage und gefährdet so Arbeitsplätze", korrigiert AK Direktor Werner Muhm Aussagen von IV-Präsident Veit Sorger in der Pressestunde. Das Modell der Industrie bedeutet eine Millarde Euro weniger zu Lasten der ArbeitnehmerInnen und trifft auch die Kernbelegschaften in der Industrie. Muhm: "Das sind besonders schwere Einkommenseinbußen für diese qualifizierten Facharbeiter. Das werden vor allem die Klein- und Mittelbetriebe spüren - die Modegeschäfte, die Handwerker und der Tourismus." Damit vebunden wird der Verlust von rund 5.000 Arbeitsplätzen sein. Auch die Behauptung, dass die Eigenkapitalquote der Industrie unter 30 Prozent liegt, damit zu gering und weit entfernt von den gewünschten 40 Prozent ist, weist der AK Direktor zurück. Laut Wifo betrug die Eigenkapitalquote der österreichischen Industrie im Jahr 2001 mehr als 35 Prozent. Aus den Bilanzen 2002 und 2003 hat die AK sogar eine Eigenmittelquote von mehr als 42 bzw mehr als 39 Prozent ermittelt.

 

 Prinzhorn: Arbeitszeitflexibilisierung sichert Wettbewerbsfähigkeit
Sozialpartner sollen gangbare Lösungen diskutieren
Wien (fpd) - Der III. Nationalratspräsident und freiheitliche Industrie- und Finanzsprecher Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn versucht angesichts des heutigen Arbeitsmarktgipfels der Sozialpartner die Wogen in der Debatte um die Erhöhung der Normalarbeitszeit zu glätten. Flexibilisierung sei notwendig, dürfe sich aber nicht gegen die Arbeitnehmer richten. Der Flexibilisierungsvorschlag von Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer sei zu unterstützen, weil er zu einer Attraktivierung des Faktors Arbeit führe und die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Österreich sichere.

Die Formel "10-12-60" - 10 Stunden Normalarbeitszeit täglich, zwölf Stunden tägliche und 60 Stunden wöchentliche Maximalarbeitszeit bei einem Durchrechnungszeitraum von zwei Jahren - sei grundsätzlich zu bejahen. Es sei aber sicherzustellen, so Prinzhorn, dass der solcherart erwirtschaftete Mehrertrag auch den Arbeitnehmern zugute komme. Ein Aufteilungsschlüssel "50-50" sei in diesem Zusammenhang für den freiheitlichen Industriesprecher ein akzeptabler Kompromiss: 50 Prozent des zu erwartenden Produktivitätsgewinns von 1 Mrd. Euro sollten den Arbeitnehmern, 50 Prozent den Arbeitgebern zustehen - ob in Form von Gewinnbeteiligungen, Prämien oder Zuschüssen zur Weiterbildung, sei dabei eine Detailfrage.

Bei allem Verständnis für die Sorgen der Arbeitnehmer, bei einer Erhöhung der Normalarbeitszeit einen Reallohnverlust zu erleiden, dürfe die gesamtwirtschaftliche Betrachtung nicht zu kurz kommen. Nur durch eine maßvolle Flexibilisierung der Arbeitszeit könne der Wirtschaftsstandort Österreich dem gestiegenen Konkurrenzdruck begegnen. Es sei daher in erster Linie populistisch, wenn Gewerkschaft und Opposition im Zusammenhang mit der Erhöhung der Normalarbeitszeit von "Lohnraub" redeten. Denn, so Prinzhorn, die Beibehaltung des Status Quo würde mittelfristig viel drastischere Einschnitte in das österreichische Sozialgefüge mit sich bringen. Eine Senkung der Überstundenzuschläge sei nicht Selbstzweck, sondern der Versuch, den Faktor Arbeit attraktiver zu gestalten. Nur dadurch werde es möglich, im internationalen Wettbewerb erfolgreich zu sein und bestehende Arbeitsplätze zu erhalten bzw. neue zu schaffen. "Mit einem zusätzlichen Wachstum von 0,5 Prozent könnten durch das vorliegende Modell der Arbeitszeitflexibilisierung in den nächsten fünf Jahren zusätzliche 20.000 bis 30.000 Arbeitsplätze geschaffen werden", so der III. Nationalratspräsident.

Prinzhorn spricht sich aber für eine konsensuale Lösung am Verhandlungstisch aus. Die Sozialpartner sollten im Rahmen des heutigen Gipfels nach konstruktiven und vor allem gangbaren Lösungen suchen. "Mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeit darf auf keinen Fall zu einem Sozialdumping führen, das wäre auch ökonomisch nicht sinnvoll", meint der freiheitliche Industriesprecher abschließend.

 

 Walch gegen Ausweitung auf 10-Stunden Arbeitstag
Wien (fpd) - "Ein 10-Stunden Arbeitstag kommt für uns überhaupt nicht in Frage", so der Bundesobmann der Freiheitlichen Arbeitnehmer, NR-Abgeordneter Max Walch in einer Reaktion auf diesbezügliche Aussagen von IV-Chef Veit Sorger in der TV- Pressestunde.

Hinsichtlich Arbeitszeitflexibilisierung verwies Walch auf die diversen Kollektivverträge. "Die Arbeitnehmer in Österreich arbeiten bereits äußerst flexibel." Wenn die Wirtschaft nach weiterer Flexibilisierung rufe, solle sie mit den Sozialpartnern in Verhandlungen treten und auf Basis der derzeitigen Regelungen vernünftige Lösungen erarbeiten, allerdings nicht auf Kosten der Arbeitnehmer, so Walch. Eine Arbeitszeitverlängerung würde sich auf den Gesundheitszustand der Arbeitnehmer auswirken, Arbeitsunfälle und Krankenstände erhöhen. Walch ist überzeugt, daß eine Arbeitszeitverlängerung in weiterer Folge auch zu Personalabbau führe.

 

Öllinger: Der Lack ist ab. G’schichterl von mehr Arbeitsplätzen bestätigt niemand
WK-Leitl gegen Sozialpartnerschaft und für Alleingang per Gesetzesantrag
Wien (grüne) - „Der Lack ist ab“, erklärt der stv. Klubobmann und Sozialsprecher der Grünen, Karl Öllinger, und weiter: „Den Herrn Sorger und Leitl geht es nicht um Standortsicherheit, nicht um Wirtschaftsleistung und schon gar nicht um Arbeitsplätze. Da wollen sich einfach zwei Herren auf Kosten der ArbeitnehmerInnen profilieren.“

„Aber jetzt ist Schluss mit der Märchenstunde“, so Öllinger. „Das G´schichterl von der Mehrarbeit und den niedrigeren Löhnen, die angeblich mehr Arbeitsplätze schaffen, ist Sorger und Leitl zwischen den Fingern zerronnen. Kein Experte und keine Expertin hat sich dazu hergegeben, das G´schichterl zu bestätigen. Seifenblase, sozusagen.“

„Herr Leitl wird noch den Tag verfluchen, als er sich gegen sozialpartnerschaftliche Kollektivvertragsverhandlungen und für einen Alleingang mittels Gesetzesantrag entschieden hat“, vermutet Öllinger. Schließlich könne Leitl doch nicht ernsthaft davon ausgehen, dass sich die ArbeitnehmerInnen derart tiefe Einschnitte in Rechte (wie Löhne) einfach gefallen lassen. „Die Wirtschaftskammer sollte sich raschest überlegen, wie sie aus dieser Konfliktsituation wieder herauskommt. Die Begeisterung der Mitglieder über eine Führung, die sie in Arbeitskonflikte treibt, wird sich auf Dauer nämlich in Grenzen halten“, so Öllinger abschließend.
     
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