IV-Präsident Sorger: Wiener Börse
mit Doppelstrategie zum Markt- und Qualitätsführer in Zentraleuropa machen und "Börse an die
Börse bringen"
Wien (PdI) - Dr. Veit Sorger, Präsident der Industriellenvereinigung (IV) , stellte am Freitag
(11. 03.) gemeinsam mit IV-Generalsekretär Mag. Markus Beyrer und IV-Chefökonom Dr. Christian
Helmenstein die IV-Kapitalmarktstrategie der Öffentlichkeit vor. Sorger erklärte bei der Präsentation
vor Medienvertretern: „Internationale Analysen zeigen uns, dass besser entwickelte Finanzsysteme mehr Wachstum
ermöglichen - ein leistungsfähigerer Kapitalmarkt stärkt die Innovationskraft unserer Unternehmen.
Für die österreichische Industrie ist der Zugang zu einem hochentwickelten Kapitalmarkt mit zeitgemäßen
Finanzierungsinstrumenten als Ergänzung zur traditionellen Kreditfinanzierung erfolgsentscheidend.“ Für
den Börseplatz Wien seien neue Chancen in der Wachstumsregion Zentraleuropa entstanden, die nun pro- aktiv
für die Unternehmen und den Standort realisieret werden müssten. „Mit unserer Kapitalmarktstrategie tragen
wir aber auch dem Strukturwandel in der europäischen Börsenlandschaft Rechnung, der Ergebnis des Binnenmarktes
und der Währungsunion ist.“
Doppelstrategie für die Wiener Börse umsetzen!
Die IV empfiehlt für die Wiener Börse eine „Doppelstrategie“, demnach ist eine multilaterale
Kooperationslösung einer Fusionslösung vorzuziehen. Dabei sollte sich die Wiener Börse auf bestimmte
Marktsegmente konzentrieren, um europäische
(Co-)Marktführerschaft zu erringen. Sorger: „Zum einen gilt es, das liquide Marktsegment für den Handel
in Aktien österreichischer Unternehmen - insbesondere von Flaggschiff-Unternehmen mit Marktführerschaft
in ihren jeweiligen Produktnischen - auszubauen. Zum anderen ist durch Kooperation in allen weiteren Produktbereichen
wie auch bei der funktionalen Organisation eine effiziente Leistungserbringung unter Weitergabe der Kostenvorteile
an die Emittenten zu erreichen.“
Für den Wachstumsmarkt Mittel- und Osteuropa sollte an der Wiener Börse ein spezielles Marktsegment geschaffen
werden, das aus den Zentral- und Osteuropa-Aktivitäten österreichischer und internationaler Unternehmen
besteht. „Charakteristisch für dieses Segment sind die überdurchschnittlichen Wachstumserwartungen für
die darin notierten Unternehmen.“ Damit könnte man die Erstemissions-Aktivität an der Wiener Börse
beleben, ohne eine Verlagerung bestehender Börsennotizen (Listings) nach sich zu ziehen. Andererseits könnte
auf dieser Basis ein separater Index geschaffen werden.
Privatisierungspotenziale auf Länder- und Gemeindeebene ausschöpfen!
Die Industriellenvereinigung empfiehlt nachdrücklich, die Zahl der an der Wiener Börse gelisteten inländischen
Unternehmen zu erhöhen. „Gerade die Beteiligungsportfolios der österreichischen Bundesländer bieten
sich hier an - wir fordern deshalb die Erstellung eines Inventars von grundsätzlich privatisierungs- und später
auch börsefähigen Unternehmen im Landes- bzw. Gemeindeeigentum wie Landesenergieversorger, Bundesländerflughäfen,
Abwasserentsorgungsverbünde, Immobiliengesellschaften und Landeshypothekenbanken“, erklärte der IV-Präsident.
Neben effizienteren Strukturen bringt die Privatisierung auch neue Investitionsspielräume für die öffentliche
Hand.
Sorger: Börse soll selbst an die Börse gehen
Der IV-Präsident schlug darüber hinaus vor: „Schließlich sollte auch die Wiener Börse nach
internationalem Beispiel selbst an die Börse gehen - damit könnte sie sich noch besser als marktorientiertes
Dienstleistungsunternehmen darstellen.“ IV-Chefökonom Helmenstein ergänzte internationale Vergleichswerte:
„Mehrere Börsen wie Euronext als Zusammenschluss der Börsen in Amsterdam, Brüssel, Paris, Lissabon
und der Londoner Liffe, OMX als Zusammenschluss von Stockholm, Helsinki und Tallinn, sowie die Börsen von
Riga und Vilnius sind selbst börsenotiert. Die Warschauer Börse erwägt einen Börsegang im Laufe
des Jahres 2005. Im Falle der bereits seit dem Jahre 2001 notierten Deutschen Börse erfolgt das Listing inzwischen
sogar im Segment der dreißig führenden deutschen Werte!“ Außerdem stellte Helmenstein Details
zu den weiteren Eckpunkten der Kapitalmarktstrategie, wie Notierungspotenziale, Mezzaninfinanierungen, Bundesanleihen
und Venture Fonds, Zukunftsvorsorge II sowie die „Börse als Wissensbroker“ als künftige Chancen für
die Wiener Börse vor.
Übernahme- und Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz als Nagelproben für die Politik
IV-Generalsekretär Mag. Markus Beyrer behandelte das Handlungsfeld „Regulatorische Rahmenbedingungen“ und
wies dabei auf zwei konkrete Gesetzesvorhaben hin, bei denen es der Gesetzgeber jetzt aktuell in der Hand hätte,
im Sinne der Stärkung des Kapitalmarkts in Österreich und der heimischen Unternehmen zu agieren: „Übernahmegesetz
und Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz sind zwei Materien, bei denen die Politik in den kommenden Wochen zeigen
kann, ob es ihr mit der Stärkung des Kapitalmarktes auch wirklich ernst ist!“ Bei der geplanten Novelle des
Übernahmegesetzes forderte Beyrer die Neuregelung der Kontrollschwelle im Gleichklang mit den Regelungen in
zahlreichen anderen Ländern - insbesondere mit dem Londoner City Code on Takeovers and Mergers - bei 30 Prozent.
Bei der passiven Kontrollerlangung soll im Interesse der Investoren klar geregelt werden, dass der Erwerber die
Option bekommt, entweder ein Übernahmeangebot abzugeben, seine Beteiligung auf unter 30 % zu reduzieren oder
die 30 % übersteigende Stimmrechte ruhend zu stellen.
Beim Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz sieht die IV im Entwurf neben einigen durchaus zu akzeptierenden Änderungen
insbesondere zwei falsche Weichenstellungen. So soll börsennotierten Unternehmen und deren Organen eine Haftung
für unrichtige Finanzinformationen auferlegt und die für eine Person höchstmögliche Zahl von
Aufsichtsratsmandaten durch Mehrfachzählungen weiter eingeschränkt werden.
Zur Schaffung eines europäischen Kapitalmarktes wird seitens der EU regelmäßig ein „Level Playing
Field“ beschworen. Gemeint ist damit, dass in allen Mitgliedstaaten für den Kapitalmarkt gleiche oder zumindest
vergleichbare Rahmenbedingungen herrschen sollen. Beyrer dazu: „Österreich sollte sich bei beiden Gesetzen
am internationalen Mainstream orientieren und nicht eigene Wege gehen. Besonders die geplanten zusätzlichen
Haftungen hätten extrem schädliche Auswirkungen auf den Kapitalmarkt.“
Finanzierungsbezogene Steuern abschaffen
Darüber hinaus sprach sich der IV-Generalsekretär dafür aus, dass finanzierungsbezogene
Steuern abgeschafft werden: "Transaktionsbezogene Steuern wie die Gesellschaftsteuer und die Kreditvertragsgebühr
wirken strukturkonservierend statt wachstumsfördernd. Die Mindestkörperschaftsteuer kann darüber
hinaus insbesondere bei Kleinbetrieben zur Erosion der Kapitalbasis beitragen.“ Auch stellt speziell die Kreditvertragsgebühr
eine administrative Zusatzbelastung für das österreichische Bankensystem dar. Vor diesem Hintergrund
erwartet die IV die Abschaffung dieser Steuern.
Generalsekretär Beyrer: Starker Kapitalmarkt für starken Industriestandort!
Der IV-Generalsekretär fasste abschließend zusammen: „Der Kapitalmarkt ist eine wichtige Schraube an
der weiter gedreht werden muss, wenn wir Österreichs Chance sich nachhaltig als Spitzenstandort in Europa
zu positionieren, wahrnehmen wollen. In dieser wichtigen Phase sollte die Parole für die Politik sein: ,Kapitalmarkt
stärken - Standort fördern - Wachstum schaffen“.
Die wichtigsten Punkte der IV-Kapitalmarktstrategie würden genau das bewirken:
- die wichtige Fokussierung der Wiener Börse auf Mittel- und Osteuropa
- die erfolgversprechende Doppelstrategie für die Wiener Börse (Marktsegment für den Handel österreichischer
Unternehmen ausbauen und in weiteren Produktbereichen mit mittel- und osteuropäischen Börsen Kooperationen
eingehen)
- der Börsegang der Wiener Börse
- die wachstumsstarke Etablierung von Venture-Capital- und Mittelstandsfinanzierung in Österreich sowie
- die zielgerichtete laufende Verbesserung der regulatorischen Rahmenbedingungen (Übernahme- und Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz,
Abschaffung finanzierungsbezogener Steuern)
Die IV-Kapitalmarktstrategie ist unter http://www.iv-net.at
abrufbar.
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