Bures
- Lebenssituation der Frauen hat sich massiv verschlechtert
Knoll: SPÖ-Modell der bedarfsorientierten Grundsicherung soll im Herbst vorliegen
Wien (sk) - SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures und die Leiterin der Zukunftswerkstätte
Gertraud Knoll, die auch Mitglied im Kompetenzteam Soziales ist, zeigten am Vortag des Internationalen Frauentages
die Verschlechterung der Lebenssituation von Frauen unter der Regierung Schüssel auf. Bures: "Die Regierung
steht der Lebenssituation von tausenden Menschen und der Situation von Armut völlig ignorant gegenüber.
Das ist der Vorwurf, den man dieser Regierung machen muss." Das Kompetenzteam Soziales der SPÖ wird bis
Herbst ein Modell der bedarfsorientierten Grundsicherung erarbeiten, mit dem Ziel der raschen Reintegration am
Arbeitsmarkt. Das Modell werde Wege aus der Armut aufzeigen, so Knoll in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit
der SPÖ-Bundesgeschäftsführerin.
Die Zahl der armutsgefährdeten Personen ist in Österreich unter Verantwortung der Regierung Schüssel
dramatisch gestiegen, verweist Bures auf den Sozialbericht. Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der armutsgefährdeten
Personen um 114.000 auf mehr als eine Million gestiegen. Und 460.000 Menschen leben in akuter Armut, das ist ein
Anstieg von 58,6 Prozent seit 2000. "Der Sozialbericht zeigt, dass sich das Problem der Armutsgefährdung
drastisch vergrößert", so Bures. Besonders Alleinerzieherinnen und Pensionistinnen seien massiv
betroffen.
Die Kluft zwischen Arm und Reich werde immer größer, verwies Bures auf eine "market"-Umfrage,
wonach 63 Prozent der Befragten angeben, dass sich diese Kluft vergrößert hat, nur fünf Prozent
sagen, die Kluft hat sich verkleinert. Für 61 Prozent ist es wichtig, dass es keine große Kluft zwischen
Arm und Reich gibt. Die realen Einkommen seien gesunken: Bei den weiblichen Angestellten beträgt der reale
Einkommensverlust in den letzten vier Jahren zwei Prozent, bei den Arbeiterinnen elf Prozent. Die sinkenden Einkommen
würden sich auch auf die Einkommensentwicklung im Alter drastisch auswirken, so Bures. Die Pensionsgesetzgebung
der Regierung werde in Zukunft zu Altersarmut führen. Auch die Pensionsanpassungen der letzten fünf Jahre
seien unter der Inflationsrate gelegen, was zu realen Pensionsverlusten führe.
Mit 361.000 Arbeitslosen Ende Februar habe Österreich die höchste Arbeitslosigkeit in der Zweiten Republik
zu verzeichnen. 47.000 junge Menschen unter 25 Jahren finden keine Arbeit. Seit dem Jahr 2000 ist die Arbeitslosigkeit
um 25 Prozent gestiegen, die Jugendarbeitslosigkeit um 30 Prozent. "In jeder Regierung müssten die Alarmglocken
läuten", so Bures. Die Schüssel-Regierung bilde aber beim Aufwand für aktive Arbeitsmarktpolitik
am BIP das "traurige Schlusslicht" in der EU.
Kompetenzteam Soziales wird sich die neue Armut vornehmen
"Dass die österreichische Sozialdemokratie diesen Entwicklungen nicht tatenlos zusehen wird,
liegt auf der Hand. Wir sind immer für soziale Gerechtigkeit, für Verteilung des Wohlstands und eine
faire Verteilungspolitik eingetreten und wir haben ein Kompetenzteam Soziales gegründet, wo wir uns genau
dieser Themen annehmen werden", so Bures. Als oberste Priorität werde sich das Kompetenzteam Soziales
mit dem Phänomen der neuen Armut und der Entwicklung befassen, vor allem auch im Hinblick auf Frauenarmut
und die Rolle der Frauen, so Bures. "Uns geht es eben darum, den Wunsch der Bevölkerung - 67 Prozent
wünschen sich eine neue soziale Regierung - zu entsprechen. Wir werden auch aufzeigen, dass es Lösungsansätze
aus dieser neuen Armut, Auswege aus dieser neuen Armut auch tatsächlich gibt."
Bures: "Es gibt in Österreich keine Frauenpolitik mehr"
Dass die Frauen der Regierung am Vortag des Frauentages zum Fotoshooting antreten, davon hätten die
Frauen in Österreich nichts. Die weiblichen Regierungsmitglieder würden sich selbst lieber in ein gutes
Licht rücken und vor die Kamera stellen, als sich der Probleme der Frauen anzunehmen. Bures: "Es gibt
in Österreich keine Frauenpolitik mehr." Durch den Wechsel von Haupt auf Rauch-Kallat habe sich für
die Frauen nichts verbessert.
Knoll: Armut ist weiblich und wird immer jünger
"Österreich ist das drittreichste Land der EU, das heißt, wir haben, den größten,
jemals in der Geschichte Österreichs produzierten Reichtum. Und gleichzeitig haben wir aber die größte
Zahl von Menschen unter der Armutsgrenze", stellte die Leiterin der Zukunftskommission und Mitglied des Kompetenzteam
Soziales, Gertraud Knoll, fest. "Dazu noch 460.000, die akut arm sind. Akut arm sein bedeutet, dass Menschen
nicht mehr wissen, wie sie im nächsten Monat ihre Miete bezahlen können, oder dass sie bereits knapp
vor der Delogierung stehen oder hoch verschuldet sind. Diese Armut ist weiblich und sie wird immer jünger
- so kann man es am besten auf den Punkt bringen."
Knoll kritisierte, dass die Regierung über den Sozialbericht nicht diskutieren wolle: "Die Regierung
ist zu feig, um sich den Fakten zu stellen." Sozialministerin Haubner sei nicht bereit, über den Sozialbericht
zu reden, Wirtschaftsminister Bartenstein hoffe angesichts der dramatischen Arbeitslosigkeit auf die Talsohle.
Unerträglich für einen Bundeskanzler einer modernen Demokratie ist für Knoll die Aussage Schüssels:
"Ich lasse mir das Land nicht schlechtreden." Wenn die Regierungsarbeit kritisiert werde, werde nicht
das Land schlecht geredet, dies sei vielmehr Kern der Demokratie. Außerdem gehöre Österreich nicht
dem Bundeskanzler: "Gottvaterverwechslungen haben im Jahr 2005 nichts verloren."
Der Sozialstaat habe fünf Jahre "Frontalangriff von Schwarz-Blau" überlebt, "das heißt,
er ist im Kern in Ordnung". Allerdings hätten der Druck der Globalisierung und die falschen politischen
Antworten der Regierung - Pensionskürzungen, Belastungswelle, fehlende Arbeitsmarktpolitik - Risse im sozialen
Netz verursacht.
SPÖ arbeitet fieberhaft an Lösungen
Die Negativspirale nach unten müsse schnellstens gestoppt werden, so Knoll. "Während sich
die Regierung davonstiehlt, arbeitet die SPÖ fieberhaft an Lösungen. Wir möchten, dass der Sozialstaat
von morgen garantiert, dass die Menschen vor Armut geschützt werden." Bis zum Herbst werde das Kompetenzteam
Soziales ein Modell zur bedarfsorientierten Grundsicherung erarbeiten, die zum Ziel habe, dass die Reintegration
am Arbeitsmarkt möglichst schnell stattfinde. Es werde ein "partnerschaftliches Modell sein, das aus
Rechten und Pflichten besteht", verwies Knoll auf das Beispiel der Schuldnerberatung: Menschen, die unter
die Armutsgrenze gerutscht sind, dürfen nicht als Bittsteller behandelt werden, sondern sollen an ihrer Lösung
mitwirken und sich für die Durchführung auch verantwortlich fühlen. Es werde regional zugängliche
Zentren geben, also gebündelte Kompetenzen für die Betroffenen, so Knoll. |
Lopatka: Bures und Knoll sollen der Realität ins Auge sehen
Unsachliche Jammerei kann eigene Unfähigkeit nicht überdecken
Wien (övp-pk) - "Vollkommen realitätsfern" nannte ÖVP-Generalsekretär
Dr. Reinhold Lopatka am Montag (07. 03.) die Ausführungen von SPÖ-Bundesgeschäftsführerin
Doris Bures zur Frauen- und Sozialpolitik. "Auch durch den Umstand, dass Bures heute mit der längst in
der Versenkung verschwundenen ehemaligen Zukunftshoffnung Gertraud Knoll aufgetreten ist, werden ihre Krankjammereien
nicht wahrer."
"Die ÖVP hat in den letzten Jahren mehr frauenfördernde Maßnahmen gesetzt als die SPÖ
in den vergangenen 30 Jahren", so Lopatka, der als Beispiele den Anstieg der Frauenerwerbsquote von 59,6 auf
62,8 Prozent und die Anhebung der Zuverdienstgrenze beim Alleinverdienerinnen-(erzieherinnen)absetzbetrag nannte.
Die Sozialleistungen an die privaten Haushalte seien von 1999 bis 2003 um neun Milliarden Euro, also um über
1.100 Euro pro Kopf und Jahr erhöht worden. "Von der Steuerreform profitieren vor allem die kleinen Einkommen,
sind doch seit 1999 über 350.000 Einkommensbezieher zur Gänze aus der Steuerpflicht entlassen worden.
Insgesamt müssen damit über 2,5 Millionen Einkommensbezieher keine Einkommenssteuer zahlen", sagte
Lopatka. Damit sei die Behauptung von Bures, dass nur die Reichen von dieser Reform profitieren, "in das Reich
der Phantasie" zu verweisen.
Auch die "Schwarzmalerei in Sachen Arbeitsmarktpolitik" entbehre jeder Grundlage. Erfolge der diesbezüglichen
Maßnahmen der Bundesregierung seien etwa an den Februar-Arbeitsmarktdaten abzulesen. Bei Jugendlichen unter
19 Jahren gebe es ein Minus von 3,9 Prozent, bei älteren Menschen ein Minus von 2,2 Prozent. "Die SPÖ-Frauen
jammern, wir machen aktive Beschäftigungspolitik", so Lopatka, der abschließend darauf hinwies,
dass die Ausgaben für aktive Arbeitsmarktpolitik seit dem Jahr 2002 bis 2004 um 127 Millionen Euro angestiegen
seien. "Das entspricht einem Plus von 20 Prozent." |
Achleitner: "Steuerreform verhindert Armutsgefährdung bei Alleinerzieherinnen"
FP/VP-Regierung unternimmt alles, um eine positive zukunftsorientierte Frauenpolitik zu
machen"
Wien (fpd) - "Mit der Steuerreform 2005 ist es gelungen, die Armutsgefährdung bei den Alleinerzieherinnen
mit Hilfe des Alleinverdienerabsetzbetrages abzuwenden. Wir können aber nicht innerhalb kurzer Zeit, jahrzehntelange
Versäumnisse rot-geführter Bundesregierungen aufarbeiten", sagte FPÖ-Frauensprecherin Abg.
Elke Achleitner am Montag (07. 03.) im Zuge des bevorstehenden Frauentages.
Durch die FPÖ-Regierungsbeteiligung sei auch das Verhältnis des Einkommens von Frauen zu jenem von Männern
deutlich verbessert worden", so Achleitner weiter. So habe trotz einer Zunahme der Teilzeitbeschäftigung
von Frauen um 150 Prozent in den vergangenen zwanzig Jahren der Durchschnitt der Fraueneinkommen gemessen an jenem
der Männereinkommen zugelegt. "1980 hat das Frauendurchschnittseinkommen 71,2 Prozent des Durchschnitts-
einkommens erreicht. 2001 erreichte es 81,2 Prozent und 2002 schließlich 82,2 Prozent", stellte Achleitner
fest.
Als Wunschziel definierte Achleitner, daß sich die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern schließt.
Man werde daher auch verstärkt Mädchen motivieren, frauenuntypische Berufe zu ergreifen. "Diese
Bundesregierung unternimmt alles, um eine positive zukunftsorientierte Frauenpolitik zu machen", schloß
Achleitner. |
Mängel bei "gender budgeting" müssen beseitigt werden
Sonderprogramm für Wiedereinsteigerinnen gefordert
Wien (grüne) - Die Grünen fordern vor dem morgigen Frauentag mehr Unterstützung für
berufstätige Mütter. Bei einer Pressekonferenz am Montag (07. 03.) verlangte die Grüne Frauensprecherin
Brigid Weinzinger ein Sonderprogramm für Wiedereinsteigerinnen (u.a. mehr Kinderbetreuung für unter Dreijährige)
und zur Stärkung der Frauenbeschäftigung. Bundessprecher Alexander Van der Bellen sieht in der mangelnden
Vereinbarkeit von Familie und Karriere eine "systematische Vernichtung von Humankapital".
"In die Ausbildung der Frauen wird viel investiert, aber spätestens nach dem ersten Kind kommt dann der
Karriereknick. Das wird uns in spätestens zehn Jahren auf den Kopf fallen", warnt Van der Bellen. "Die
Gleichstellung von Männern und Frauen ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch eine ökonomische
Frage".
Die steigende Frauenerwerbsquote ist vor allem auf Teilzeit und geringfügige Beschäftigung zurückzuführen.
Auf Vollzeitjobs umgerechnet ist die Frauenbeschäftigung seit 1995 sogar gesunken." kritisiert Weinzinger.
Die Grünen fordern daher ein ausreichend dotiertes Sonderprogramm zur Steigerung der Vollzeit-Erwerbsquote.
Als Ziel nennt Weinzinger 70 Prozent bis 2010. Zum Vergleich: 2003 lag die Frauenbeschäftigung bei 62,8 Prozent,
in Vollzeitäquivalente umgerechnet bei 51,7 Prozent.
Auch in der Budgetpolitik sieht Van der Bellen eine "Schieflage" zu Lasten der Frauen, etwa bei der Steuerreform.
Von der Senkung der Körperschaftssteuer können Frauen nach Ansicht des Grünen-Chefs kaum profitieren,
da Frauen vor allem Klein- und Kleinstunternehmen führen. Auch von den Maßnahmen bei der Einkommenssteuer
sei für diese Gruppe nichts zu erwarten.
Weinzinger verweist diesbezüglich darauf, dass 90 Prozent der von Frauen geführten Unternehmen einen
Jahresumsatz von unter einer Mio. Euro hätten.
Es ist blamabel, dass Gender-Budgeting - also die Berücksichtigung von Fraueninteressen bei der Budgeterstellung
- in Österreich praktisch nicht stattfindet." so Weinzinger So habe das Sozialministerium die "Behindertenmilliarde"
im Budget 2006 als Gleichstellungsmaßnahme angeführt. Die Parlamentsdirektion nenne unter "Gender-Aspekte"
ein Ausgleichs- und Bewegungstraining. "Eine glatte Themenverfehlung der Bundesregierung im Gender-Budgeting."
schließt Weinzinger. |